Verehrungswürdiger D.B.

[64] Verehrungswürdiger D.B.

Liebster, bester Freund! –1


Die Ueberzeugung, daß Sie mein wahrer Freund sind und daß Sie mich als einen ehrlichen Mann kennen, ermuntert mich Ihnen mein Herz ganz aufzudecken und folgende Bitte an Sie zu thun. – Ich will ohne alle Ziererey nach meiner angebohrnen Aufrichtigkeit zur Sache selbst schreiten. –

Wenn Sie die Liebe und Freundschaft für mich haben wollten, mich auf 1 oder 2 Jahre mit 1 oder 2tausend Gulden gegen gebührende Interessen zu unterstützen, so würden Sie mir auf Acker und Pflug helfen! – Sie werden gewiß selbst sicher und wahr finden, daß es übel, ja unmöglich zu leben sey, wenn man von Einnahme zu Einnahme warten muß! – wenn man nicht einen gewissen, wenigstens den nöthigen Vorrath hat, so ist es nicht möglich in Ordnung zu kommen – mit nichts macht man nichts. – Wenn Sie mir diese Freundschaft thun, so kann ich erstl. (da ich versehen bin) die nöthigen Ausgaben zur gehörigen Zeit, folglich leichter entrichten, wo ich ietzt die Bezahlungen verschieben, und dann eben zur unbequemsten Zeit meine ganze Einnahme auf einmal herausgeben muß; 2tens kann ich mit sorgenloserm Gemüth und freyerm Herzen arbeiten, folglich mehr verdienen. – Wegen Sicherheit glaube ich nicht daß Sie einigen Zweifel haben werden! – Sie wissen so ohngefähr wie ich stehe – und kennen meine Denkungsart! Wegen der Subscription dürfen Sie keine Sorge haben, ich setze nun die Zeit um einige Monathe mehr hinaus; – ich habe Hoffnung auswärtig mehrere Liebhaber zu finden, als hier.[65]

Nun habe ich Ihnen, in einer Angelegenheit die mir sehr wichtig ist, mein Herz ganz sehen lassen, folglich als ein ächter Bruder gehandelt – aber nur gegen einen ächten Bruder kann man sich ganz heraus lassen. Nun sehe ich mit Sehnsucht einer Antwort, aber wirklich einer angenehmen Antwort entgegen; und ich weiß nicht – ich kenne Sie einmal als den Mann der so wie ich, wenn er anderst kann, seinen Freund aber wahren Freund, seinen Bruder aber ächten Bruder gewis unterstützt. Wenn Sie vielleicht so bald nicht eine solche Summe entbehren könnten, so bitte ich Sie mir wenigstens bis Morgen ein paar 100 Gulden zu leihen, weil mein Hausherr auf der Landstraße so indiscret war, daß ich ihn gleich auf der Stelle (um Ungelegenheit zu vermeiden) auszahlen mußte, welches mich sehr in Unordnung gebracht hat! –

Wir schlafen heute das erstemal in unserm neuen Quartier wo wir Sommer und Winter bleiben; – ich finde es im Grunde einerley wo nicht besser, ich habe ohnehin nicht viel in der Stadt zu thun und kann, da ich den vielen Besuchen nicht ausgesetzt bin, mit mehrerer Muße arbeiten; – und muß ich Geschäfte halber in die Stadt welches ohnehin selten genug geschehen wird, so fährt mich jeder Fiacer um 10 Xr. hinein, um das ist auch das Logis wohlfeiler, und wegen Frühjahr, Sommer und Herbst angenehmer, da ich auch einen Garten habe. Das Logis ist in der Währinger-Gasse bei den 3 Sternen No: 1352[66]

Nun nehmen Sie meine Briefe als das wahre Zeichen meines ganzen Vertrauens gegen Sie und bleiben Sie ewig mein Freund und Bruder, wie ich seyn werde bis ins Grab

Ihr wahrer innigster Freund und Bruder

W.A. Mozart.


P.S. Wenn werden wir denn wieder bey Ihnen eine kleine Musique machen?

Ich habe ein neues Tuett [Terzett?] geschrieben.


(den 17ten Juny 1788 200 fl. gesendet.)

Fußnoten

1 Vgl. O. Jahn, 1. Ausg. III. 489.


2 Das Haus in der Währingergasse »zu den drei (nicht 5) Sternen« ist jetzt mit Nr. 26 bezeichnet. O. Jahn, der in seiner Biographie (2. Ausg. II. 738) Nr. 16 angiebt, ist falsch berichtet worden. Das Haus, das jetzt die Nummer 16 trägt, ist ein neues Haus, und ist der Grund, auf dem es steht, erst in den letzten Decennien bebaut worden.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 67.
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