Verehrungswürdigster Freund

[63] Verehrungswürdigster Freund

und Ordensbruder!


Erschrecken Sie nicht über den Inhalt dieses Briefes; – nur bei Ihnen – mein Bester, da Sie mich und meine Umstände ganz kennen, habe ich das Herz mich ganz vertrauensvoll zu entdecken – künftigen Monat bekomme ich von der Direction (nach ietziger Einrichtung) 200 Ducaten für meine Oper; – können und wollen Sie mir 400 fl. bis dahin geben, so ziehen Sie Ihren Freund aus der größten Verlegenheit und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß Sie das Geld zur bestimmten Zeit baar und richtig mit allem Dank zurück haben sollen; ich würde, troz meiner täglich großen Ausgaben, doch mich nach Möglichkeit bis dahin noch gedulten, wenn nicht Neujahr wäre,[63] wo ich die Apotheken und Doctores (welche nicht mehr brauche) ganz zahlen muß, wenn ich nicht meinem Credit schaden will; – besonders haben wir Hundschowky1 auf eine (wegen gewissen Ursachen) etwas unfreundliche Art von uns weg gebracht, warum es mir nun doppelt am Herzen liegt ihn zu contentiren; – bester Freund und Bruder! – ich weiß nur zu gut, was ich Ihnen alles schuldig bin! – wegen den alten bitte ich Sie noch Gedult zu haben! – gewiß ist Ihnen die Bezahlung, dafür stehe ich mit meiner Ehre. Ich bitte Sie nochmals, reißen Sie mich nur diesmal aus meiner fatalen Lage, wie ich das Geld für die Oper erhalte, so sollen Sie die 400 fl. ganz gewiß wieder zurück haben; – und diesen Sommer hoffe ich gewis (durch die Arbeit für den König von Preußen) Sie von meiner Ehrlichkeit ganz überzeugen zu können – Morgen kann vermöge der Abrede Abends nichts seyn bey uns, – ich habe zu viele Arbeit, – wenn Sie ohnedies Zisler2 sehen, so bitte es ihm zu sagen – Donnerstag aber lade ich Sie (aber nur Sie allein) um 10 Uhr Vormittag zu mir ein, zu einer kleinen Oper-Probe; – nur Sie und Haydn lade ich dazu. – Mündlich werde ich Ihnen Cabalen von Salieri erzählen, die aber alle schon zu Wasser geworden sind – adjeu.


Ewig Ihr

dankbarer Freund und Br:

W.A. Mozart.


(300 fl. überschickt.)

Fußnoten

1 Schreibfehler? Lichnowsky?


2 Vermuthlich Jos. Zistler (Zißler?), Violinspieler.


Quelle:
Mozartiana. Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig 1880, S. 64.
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