2.

Die Musikanten und die Musikantenkutsche.

[13] Der Winter war vorübergegangen: der Frühling hatte die Erde mit seinem grünen, blumendurchwirkten Gewande geschmückt, die Auferstandene mit Lerchenjubel begrüßt, und nun lag ein heißer Sommer über den Fluren, deren reiche Fruchtfelder sich schon gelb färbten. Bienen summten jetzt geschäftig von Blume zu Blume und die Morgensonne lächelte[13] freundlich vom blauen Himmel herab, als aus dem Thore der Stadt Salzburg eine alte, gebrechliche Kutsche ihren Weg nach dem Fürstbischöflichen Lustschlosse Hellebrunn nahm.

Man sah es diesem Fuhrwerke an, daß es der Jahre und mit den Jahren der Schicksale viele erlebt hatte, und seine Geschichte glich in der That derjenigen manches Menschen, der in seiner Jugend goldene Tage gesehen und im Alter Zeiten kennen gelernt hatte, von welchen er mit Recht sagen kann: »sie gefallen mir nicht.«

»Golden« waren die Jugendtage dieses Fuhrwerkes allerdings, und zwar im eigentlichsten Sinne des Wortes gewesen; denn noch immer konnte man an einigen Stellen des seiner Zeit reichen – jetzt freilich nur noch in Trümmern vorhandenen – Schnitzwerkes Spuren von einstiger Vergoldung erkennen. Einem geübten Auge mußte selbst die Form und riesige Größe des Wagens auf den ersten Blick sagen, daß er einst den hohen Rang einer Fürstbischöflich-Salzburgischen Hofequipage eingenommen; wenn gleich nur der tiefer Eingeweihte wissen konnte, daß er sogar bei Kaiser Karl VI. Krönung als Staatscarosse mit in Frankfurt gewesen war. Aber diese schönen Tage waren freilich längst vorüber. Vom herrschaftlichen Staatswagen zur Equipage des Gefolges degradirt sank der alternde Freund, all' seines Glanzes durch den Zahn der Zeit beraubt, endlich zur »Musikanten-Kutsche« herab, das heißt, zu dem gefährlichen Fuhrwerke, mit welchem die Musiker der Hof-Capelle bei besonderen Gelegenheiten zum Dienste nach den fürstlichen Lustschlössern gebracht und wieder zurückgeliefert wurden. »Gefährlich« war der Wagen aber deshalb, weil er – im höchsten Grade invalid – den guten Salzburgern bereits schon über ein halbes Jahrhundert als »Musikanten-Kutsche« bekannt war.

Heute nun schleppte er, langsam und nach allen Seiten hin wackelnd, von zwei alten, dürren Pferden gezogen, den Vice-Capellmeister Mozart, und die Hofmusiker Adlgasser, Lipp, Schneuzer und Regenauer durch die lachende und blühende Frühlingslandschaft. Aber welche Stöße er auch, im heimtückischen Zorne über sein Alter und im aristokratischen Gefühle seiner Herabwürdigung, den Künstlern versetzte, in eines vermochte er sie nicht zu versetzen – und das war, in[14] eine üble Laune. Im Gegentheile, der Gesammtinhalt der »Musikanten-Kutsche« war heute besonders freudig angeregt, denn sie fühlten sich sämmtlich durch ein Ereigniß geehrt, welches ihren gemeinschaftlichen Freund, ihren allverehrten Vice-Capellmeister Mozart betraf.

Kurz vor ihrer Abfahrt hatte dieser nämlich einen Brief von Berlin erhalten, in welchem eine Gesellschaft musikalischer Notabilitäten ihm anzeigte, daß sie gesonnen sei, eine Zeitschrift unter dem Titel: »Kritische Briefe über die Tonkunst« herauszugeben. Nun aber ward Vater Mozart nicht nur in diesem Schreiben aufgefordert, bei diesem schönen und für die damalige Zeit höchst wichtigen Unternehmen mitzuwirken; – nein! die Gesellschaft sagte darin auch, daß sie gesonnen sei, jeden dieser Briefe an irgend eine hervorragende musikalische Persönlichkeit öffentlich zu richten, und daß sie sich daher erlauben werde, das erste Schreiben ihm zu dediciren. »Konnte« – heißt es in dem Briefe weiter – »die Gesellschaft bei diesem Vorsatze einen glücklicheren Anfang als mit Ihnen machen?«8

Dieses Zeichen der Achtung aus so weiter Ferne mußte nun natürlich nicht nur den, den es betraf, sondern auch – in ihm – die ganze Hof-Capelle ehren und erfreuen und so kam es denn, daß sich die ganze Gesellschaft der »Musikanten-Kutsche« heute in so heiterer Laune befand, wie der herrliche Frühlingstag, der die reizende Umgebung Salzburgs mit seinem schönsten Sommergolde überzog.

Da lag es ja, das freundliche Salzburg, – das alte Jouani der Römer, die Haupt- und Residenzstadt des gleichnamigen, damals noch reichsunmittelbaren Erzbisthums; – da lag es, hingestreckt an beiden Ufern der Salza, auf drei Seiten umschlungen von den grünen Armen bewaldeter Berge, während sich gegen Norden der Blick in ein fruchtbares Thal öffnete, das sich, längs der Salza hinab, in eine unabsehbare Ebene gegen das angrenzende Bayern verlor.

Auch das niedliche Schlößchen Emslieb winkte den Vorüberfahrenden und erinnerte sie, daß gerade dessen Besitzer, der Fürst Bischof zu Chiemsee, es sei, dessen Besuch am Salzburger Hofe die heutige Festlichkeit verursachte.

Und wie freundlich schimmerten durch die fruchtbeladenen Bäume der langen Obstallee, die die Hellebrunner Landstraße[15] bildete, die Gebäude der Kaiserburg, des Christani-Schlosses und des mit wahrhaft fürstlicher Pracht von Erzbischof Max Gandolph erbauten Froburger Majorats-Hofes. Die Weiher, welche den letzteren umgaben, blinkten aus der Ferne wie silberne Spiegel und zwischen den lichtgrünen Büschen warf hie und da eine Fontaine ihre blitzenden Wasserstrahlen empor.

Zu der Zeit nämlich, von welcher wir erzählen – der Mitte des vorigen Jahrhunderts – war Salzburg, dies Alpenland voll erhabener Naturschönheiten, Gletschern, Wasserfällen, Engpässen und Höhlen, noch ein selbstständiges Fürsten- und Erzbisthum, und machte als solches einen Theil des hundertfach zerklüfteten deutschen Reiches aus. Aber so klein und unbedeutend im Ganzen auch dies Stückchen deutscher Erde war, seine regierenden priesterlichen Herren hielten so gut einen Hof, wie der benachbarte Churfürst von Bayern! und wie der Churfürst es dem Kaiser im Hofhalt gleichzuthun strebte, so war es für die kleineren Fürsten eine Ehrensache, – wenigstens in Aemtern, Hofchargen und Aufwand, den churfürstlichen Höfen nicht nachzustehen.

So war denn auch der Haushalt der Erzbischöfe von Salzburg ganz den churfürstlichen nachgebildet,9 und obgleich das Ländchen unter Steuern und Abgaben fast erlag, und die Beamten Besoldungen bezogen, bei welchen sie – wie man zu sagen pflegt – weder leben noch sterben konnten – bestand doch der Hochfürstlich-Salzburgische Hofstaat aus folgenden Chargen:

Das Ministerium bildete der Obersthofmeister, Graf von Lodron, – der Oberstkämmerer, des heil. römischen Reiches, Graf von Lamberg, – der Obersthofmarschall, der Oberststallmeister, Reichsgraf von Künburg, – der Oberstjägermeister, Reichsgraf von Kinigl und der Leibgardehauptmann, als Kriegsminister. Ferner gab es hier sogar, wie am kaiserlichen Hofe, vier Erbämter: einen Erblandmarschall, einen Erbschenk, einen Erbkämmerer und einen Erbtruchseß, dreißig Kammerherren, von welchen die activen bei dem Lever, der hochfürstlichen Tafel u.s.w. den Dienst hatten und bei Kirchen- und Hoffesten, wie am Kaiserhofe zu Wien unter Maria Theresia, in spanischer Kleidung erscheinen mußten; gegen zwanzig geheime Räthe, einen Leibmedicus,[16] drei Hof-Capelläne, vierzehn Truchsesse und zahllose untergeordnete Aemter bei der Capelle, der Hofküche, der Silberkammer, der Confectstube, dem Marstall, – der allein über sechzig Bedienstete in Anspruch nahm – der Oberstjägermeisterei und der Leibgarde.10

So bildeten um jene Zeit alle die kleinen regierenden Reichsgrafen, Fürsten und Herren des heiligen römischen Reiches souveraine Höfe mit einem Alles erdrückenden Luxus; aber sie spielten auch – was das Schlimmste dabei war – die großen Souveraine selbst; und nirgends vielleicht war Ludwigs XIV. »L'état c'est moi!« mehr im Gange, als gerade an jenen kleineren deutschen Höfen. Daß dies aber bei dem jetzt regierenden Fürst-Erzbischofe von Salzburg, Sigismund, auch der Fall sei, wußte Niemand besser, als unsere kleine Gesellschaft, die jetzt von der »Musikanten-Kutsche« dem Lustschlosse Hellebrunn immer näher gebracht wurde. Hatte doch die Capelle, obgleich sie zumeist aus ausgezeichneten Musikern bestand, unendlich unter der souverainen Verachtung seiner hochfürstlichen Gnaden zu leiden, der selbst seine Capellmeister wie die untergeordnetsten Diener zu behandeln pflegte.

Das niederdrückende Bewußtsein dämpfte denn auch, mit der allmäligen Annäherung an den Ort ihrer Bestimmung, die bis dahin so ungetrübte Heiterkeit des würdigen Vice-Capellmeisters Mozart und seiner Freunde, und als sich nun das aus Marmor aufgeführte Schloß mit seinen altmodischen Stirngiebeln, Altanen und Vorsprüngen zeigte, hatte sich bereits ein trüber Ernst über Alle gelagert.

Jetzt endlich hielt der morsche Hofwagen an einem Nebenflügel des Prachtbaues, und während die Mitglieder der fürstlichen Capelle vorsichtig ausstiegen, um nicht durch irgend einen allzufesten Tritt ein Stück Fuhrwerk mitzunehmen, gewahrten sie auf der Terrasse vor dem Haupteingange zwei Männer, die, in ein tiefes Gespräch versunken, die Hände auf den Rücken gelegt, auf- und abgingen.

»Ist das nicht Graf Herberstein?« – frug jetzt der Vice-Capellmeister, indem er sich den Staub von den Kleidern[17] klopfte – »der wackere Herberstein, der Freund echter, classischer Musik und der freigebige Beschützer ihrer Jünger?«

»Allerdings ist er's?« – entgegnete Adlgasser – »aber er ist in sauberer Gesellschaft.«

»Wie so?« – frugen Mozart und Lipp zugleich.

»Nun« – fuhr jener fort – »kennt ihr denn den neuen Günstling seiner hochfürstlichen Gnaden nicht?«

»Aman

»Den Kammerdirector Aman, ja!«

»Was Kammerdirector?« – sagte Lipp spöttisch lachend – »Vorsteher der fürstlichen Canzlei. Ist dies etwa für einen ehemaligen Dorfschulmeister nicht genug?«

»Und doch ist dieser ehemalige Dorfschulmeister, der jetzt das Land tyrannisirt, seit vorgestern, was ich eben gesagt: Kammerdirector.«

»Unbegreiflich, unmöglich!« – rief Lipp; aber Regenauer flüsterte ihm ein »Stille!« zu, denn eben näherten sich die beiden Herren den Musikern, und wenn diese – außer Adlgasser – den gefürchteten neuen Günstling auch bis dahin noch nicht gesehen, so hatten sie doch schon so viel von ihm gehört, daß sie es für gut fanden, auf ihrer Hut zu sein. Sie folgten also einem Winke ihres Vice-Capellmeisters und traten in die große Halle, die dem unteren Dienstpersonale – also auch den Mitgliedern der Capelle – als Versammlungsort diente. Als sie hier aber Niemanden fanden und der alte Mozart sich vorsichtig überzeugt hatte, daß sie auch nicht belauscht würden, trat er wieder zu Adlgasser, und das begonnene Gespräch fortsetzend, frug er: »Was hat das eigentlich für eine Bewandtniß mit dem Aman

»Nun!« – rief jener erstaunt – »weiß Gott, Mozart, man sieht, daß Ihr ein wahres Muster eines Ehemanns seid und nie ein Wirthshaus, einen Club oder ein Kaffeehaus besucht; denn sonst müßtet Ihr doch wahrlich schon erfahren haben, was das ganze Land in Aufregung versetzt!«

»Ich komme allerdings außer in meinem Dienst und meinen Unterrichtsstunden wenig mit andern Menschen zusammen!« – versetzte der Vice-Capellmeister – »darum laßt hören, was Ihr wißt. Was das Land interessirt, interessirt auch mich.«

»Also hört,« – sagte Adlgasser – »dieser Aman war noch vor Kurzem Dorfschulmeister.«[18]

»Aber wie lernte ihn der Herr kennen?«

»Auf eine höchst sonderbare und räthselhafte Weise. So recht wurde die Sache nicht bekannt. Einige wollen wissen, er habe wegen eines Vergehens seiner Stelle entsetzt werden sollen, doch sei es den Vorstellungen und Bitten seiner Tochter – die ein gar hübsches und unschuldiges Wesen – gelungen, dem Vater die Gnade zu verschaffen, sich persönlich vor dem Herrn Erzbischof vertheidigen zu dürfen. Dies sei denn auch nicht nur der Fall gewesen, sondern man habe auch an höchster Stelle seine außerordentlichen Fähigkeiten erkannt. So ward Aman Canzlist der Hofkammer, kurz darauf deren Vorsitzender und vorgestern – mit Ueberspringung aller Kammerräthe – sogar ihr Director.«

»Hm!« – brummte hier der Vice-Capellmeister, mit dem Kopfe schüttelnd und eine Prise nehmend – »wer weiß, ob es so ist. Ich denke gern von meinen Nebenmenschen so lange das Gute, bis ich zum Gegentheil gezwungen werde. Und dann, unser allergnädigster Herr .... er ist ein frommer Mann .... ein Mann ....«

»Nach der Zeit!« – ergänzte Lipp, der unterdessen seine Geige aus dem Kasten genommen hatte, sie jetzt ansetzte und leise zu spielen und zu singen begann:


»Als der Großvater die Großmutter nahm,

Da wußte man nichts von Mamsell und Madam,

Die züchtige Jungfrau, das häusliche Weib,

Sie waren echt deutsch an Seel' und an Leib.


Als der Großvater die Großmutter nahm,

Da war ihr die Wirthschaft kein widriger Kram;

Sie las nicht Romane, sie ging an den Herd,

Und ihr Kind war mehr als ein Schoßhund ihr werth.


Als der Großvater die Großmutter nahm,

Da rief auch der Vaterlandsfreund nicht voll Gram:

O gäbe den Deutschen ein holdes Geschick

Die glücklichen Großvaterzeiten zurück!«


Aber Lipp hatte die letzte Zeile dieses, auf das Launigste vorgetragenen Liedes noch nicht beendet, als sich die Thüre des Gemaches rasch öffnete, und eine Gestalt unter ihr erschien, die ihm die Schlußworte auf den Lippen, die Töne auf dem[19] Instrumente ersterben machte. Alle standen wie vom Donner gerührt, bleich und unbeweglich, denn es waren seine hochfürstlichen Gnaden selbst.

Der Kirchenfürst, ein angehender Sechziger, konnte noch immer ein schöner Mann genannt werden, um so mehr, als seine frische Gesichtsfarbe gegen das weiße Haar seines Hauptes vortheilhaft abstach. Nur kündeten seine Züge einen ungemeinen Stolz, eine vernichtende Härte und eine nicht weniger ominöse Strenge. Jedermann wußte, wieviel er auf Kirchenzucht, Ernst und vor allen Dingen auf unbedingte Unterwürfigkeit seiner Unterthanen und Staatsdiener verlegen war – mit welcher, in der That kleinlichen Eitelkeit und Strenge er eine Hofetiquette festhielt, wie sie kaum am kaiserlichen Hofe üblich war; obgleich sein ganzes Reich nicht so viel Unterthanen zählte, als die einzige Stadt Wien.

Aber gerade diese Kleinheit seines Ländchens sollte Prachtentfaltung, Nachahmung der größeren Höfe und unumschränkter Despotismus vergessen machen. Und Despot war Sigismund um so mehr, als er, trotz seiner Jahre, noch im vollen Besitz aller geistigen Kräfte, und dabei höchst leidenschaftlicher Natur war. Seine ganze Umgebung zitterte daher vor ihm, und selbst in Wien und München war er so wenig beliebt, als bei dem benachbarten reichsunmittelbaren Adel und seinem eigenen Domkapitel.

Es läßt sich daher denken, in welchen Schrecken Lipp und die Freunde versetzt wurden, als seine hochfürstlichen Gnaden so unerwartet und zur ungelegenen Zeit, – gefolgt von mehreren Herren und Dienern, dem Hauscapellan und einigen Geheimeräthen – eintraten. In der That glühte denn auch das Antlitz des Fürsten vor Zorn, denn das Aufspielen eines so unkirchlichen Liedes in einem der erzbischöflichen Schlösser, däuchte ihm eine große Beleidigung seiner Würde, und da er gewohnt war, die Künstler seiner Hofkapelle mit seinen Stabstrompetern und den ordinärsten Dorfmusikanten auf gleiche Linie zu stellen, so behandelte er auch Lipp und seine Genossen nach diesem Maßstabe.

Eine fulminante Strafpredigt, in welcher von »lüderlichem Gesindel,« »leichtsinnigem Volk,« »nichtsnutzigen, unmoralischen Menschen« und dergleichen mehr die Rede war,[20] ergoß sich über die Armen, und tönte noch lange in ihren Ohren wieder, als der gestrenge Herr mit dem Gefolge schon lange das Gemach verlassen hatte.

Uebrigens waren Adlgasser, Lipp und die Anderen schön zu sehr an solche Scenen gewöhnt, um sich viel daraus zu machen. Nur der alte Mozart fühlte das Entwürdigende dieses Auftrittes in seiner ganzen Schärfe, und zwar um so mehr und um so tiefer, als er einmal gar keine Veranlassung dazu gegeben, und dann im Gefühle seines sittlichen und künstlerischen Werthes, über deren Anerkennung, selbst aus der Ferne, er erst vor wenigen Stunden so glücklich gewesen.

Indessen war es gut, daß Niemand Zeit blieb, lange über das Geschehene nachzugrübeln. Die Stunde für das Morgenconcert zu Ehren des hohen Besuchs war angebrochen und ein Lakei rief die Musiker in den großen Saal.

Es war eine recht gelungene Composition des Vice-Capellmeisters, die hier vor einer glänzenden Gesellschaft sehr tüchtig ausgeführt wurde. Nur kann man sich denken, mit welchen Gefühlen dies von Seiten der Künstler geschah, die denn auch – da jede Beifallsbezeigung gegen die Etiquette des Hofes verstoßen haben würde – eben so kalt und unbeachtet entlassen wurden, als man sie empfangen.

Dennoch war der Dienst nicht zu Ende, da ja höchsten Ortes auch noch später eine Musik befohlen werden konnte, und so begaben sich die Freunde wieder in das Gesindezimmer, wo sie mit den übrigen Dienern speisten, und ihre Ohren von deren albernen und gemeinen Späßen beleidigen lassen mußten. Ein namenlos niederdrückendes Gefühl, eine grenzenlose Langweile bemächtigte sich ihrer dabei, bis endlich gegen Abend der Herr Kammerdirector Aman herabsagen ließ: »die Musikanten seien entlassen

Quelle:
Heribert Rau: Mozart. Ein Künstlerleben. Berlin 4[o.J.], S. 13-21.
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