166.

[333] Salzb: den 29t Jenner 1778


Mon trés cher Fils!


Hier hast Du das originalschreiben vom h: v Heufeld. Die Wahrheit zu bekennen, hab ich mir nicht viel grosse gedanken von der ganzen Sache gemacht; dann mir scheint der K1 macht es wie unser Erzb: – Es soll etwas gutes seyn, und nicht viel kosten. Den Brief braucht ich nicht mehr zurück, die Mamma soll ihn nur [333] behalten. bey diesem Brief war ein zettl vom Director Messmer2 eingeschlossen, der heist von Wort zu Wort also: Liebster Freund; Ich begreiffe gar nicht, wie es möglich, daß sie auf ihre an mich geschickte Briefe keine antwort sollen erhalten haben, die ich ihnen doch nach meiner Krankheit, freilich etwas späth, aber gewiß geschrieben habe. Sollte wohl (welches ich aber kaum glaube) meine Frau, die wegen ihres Joseph immer heimlich in Ängsten war, schuld daran seyn, und die briefe nicht abgeschickt haben? – H: vetter Dr Messmer, der dieser Täg von hier nach Paris abreiset, und meinen Sohn ihnen aufs geratewohl mit bringen wollte, sollte eben diesen vorwurf ihnen machen. Nun unterbleibt wieder alles, da der h: Sohn nicht mehr in Salzb: ist. Sie können versichert seyn, daß ich sie herzlich liebe, und an allem Antheil nehme, was ihrem Hause begegnet. – warum haben sie ihren h: Sohn nicht gleich nach Wieñ geschickt? oder warum schicken sie ihn nicht noch? – ich gebe ihnen hiermit die getreueste Versicherung, daß er bey mir Wohnung, Kost und alles x: so lange er will, haben wird, und daß ich und alle anderen Freunde trachten würden ihm bald andere gute Dienste zu verschaffen: ohne seine persönliche Gegenwart wird hier nichts zu machen seyn. Hier ist doch immer ein guter Platz für ein grosses Talent: nur geht es manchmal nicht gleich; ab er durch unterstützung guter Freunde kommt man richtig zu sein em zweck – und am Ende ist es in Wieñ noch immer am besten zu leben. Sie kennen Ihre schwäbischen freunde, und den Ort selbst. wählen sie – und lassen mir es wissen. – Ich bin ihr und all der ihrigen alter Freund und Dr. Messmer. hätte der gute Messmer mir geantwortet, oder vielleicht seine Frau die Briefe nicht zurückgehalten, so würde ich ohne zweifl auf den gedanken gefahlen seyn Dich nach Wieñ zu schicken, da Du in seinem Hause, das Du kennest, gut gestanden wärest. wenigst bleibt Dir dieser Weeg nach Deinem Belieben [334] offen. Du siehst unter anderen, daß h: v. Heufeld, so ein lauer Christ, als er, wie wir ihn alle kennen, dennoch die Anmerkung macht, daß er Dir zutrauet, daß Du nach den von Deinen Eltern erhaltenen guten Grundsätzen, Dich vor übler Gesellschaft hütten wirst. Eben ein dergleichen unterredung hielt graf Khünburg Oberststallmeister diese täge mit mir, der eben, wie bekannt keinen Anspruch auf die Heiligkeit macht, und äusserte mir seine ängstigliche Besorgniß wegen Paris, da er Dich liebt und Paris kennet, wo man sich alle Mühe geben muß den gefahren auszuweichen; sonderheitl: muß man alle familiarität überhaupts – sonderheitl: mit iungen franzosen fliehen; und frauenzimmer die ihre versorgung suchen, stellen jungen Leuten von grossem Talent erstaunlich nach, um sie ums geld zu bringen, oder gar in ihre Falle und zum Manne zu bekommen. gott und Deine wachtbare Vernunft wird Dich bewahren. – Das würde wohl wohl mein Tod seyn! heute vormittage sind Janitsch und Reicha mit dem Postwagen nach Linz abgefahren. Sie werden in ihrem Concert gegen 70 fl eingenohmen haben. Der Erzb: gab nur 8 Thaler Einlage. Sie spielen beyde recht schön, haben eine erstaunliche fertigkeit und leichtigkeit des Bogens, sichere Intonation, einen schönen Ton und die grösteExpression. Der Reicha ist ein ganzer Kerl. Janitsch hat die Lollische3 manier, das adagio ist aber viel besser. Ich bin halt kein Liebhaber von den erschreckl: geschwindigkeiten, wo man nur kaum mit dem halben tone der violine alles herausbringen, und so zu sagen mit dem Bogen kaum die geige berühren und fast in Lüften spielen muß. Dann fählt ihm gar sehr viel im Cantabile, es kommen starke abstösse und allegro bossen darunter die dem zuhörer, der es versteht, völlig wehe thun. Reicha spielt besser Cantabl: Beyde aber haben den Beckischen fehler der zurückhaltung, wo sie das ganze Orchester mit Augenwink und ihrer Bewegung zurück halten, und dann erst wieder im vorigen Tempo fortgehen. am Ende spielten sie ein Duetto zusammen mit Contratempo und der erstaunlichsten Execution und Netigkeit. allein im Tempo nach der art völlig wie die zwei Besozzi in Turin,4 [335] die beyde tod sind. Sie waren gestern den ganzen Nachmittag noch bey uns bis 6 uhr abends. Deine schwester muste Deine Clavier Concerte aus der Spart spielen, und andere sachen x: wir spielten die Violine dazu. Deine Composition gefiehl ihnen erstaunlich. DasConcert, so Reicha spielte, war von ihm, recht gut, neue gedancken, und viel auf Deinen schlag, es gefiel auch dem Haydn. – Die operisten von München hätten sollen am Montage den 20t hier ankommen, allein es kam ein schreiben, wo graf Seau den Artickl, daß sie bey den deutschen Comoedien, ein Intermezzo dazwischen machen sollten, nicht eingehen will. Es ist eine Estaffette auf gr. Seaus unkosten nach München geschickt worden; daß sie diese zwischenspiele nicht machen därffen. Nun stehet dennoch noch zu erwarten. ob sie kommen, oder nicht: mir bleiben sie lieber aus! Itzt bleiben mir nur noch zween Posttäge über, wo ich Dir etwas schicken kann, wenn Du den 15 febr: abreisen willst: nämlich der 2te und 5te februar: – ich muß Dir also, um alle die Musik zu schicken, allzeit ein ziemlich starkes BriefPaquet schicken, welches theuer seye: allein in gottesnahmen, die Sonate à 4 mani und die Variationen sind Dir nothwendig. Wer wird nun dem Wolfg: Kampeln? Ist olfn Kspi emho5 – frey? – – nicht Kostenfrey? – – o, aufwie viele Sachen denke ich! hätte mir nur h: v grimm geantwortet, es wäre mir ein grosser Stein vom Herzen. alles empfehlt sich. die Nannerl und ich küssen euch millionmahl und bin der alte

Mzt.

Fußnoten

1 = Kaiser.


2 Schuldirektor Meßmer in Wien (s. den Brief vom 21. Juli 1773).


3 S. den Brief vom 18. Aug. 1771.


4 Alessandro († 1775) und Girolamo Besozzi († 1786), berühmte Oboisten.


5 Auflösung der Chiffren: sein Kopf läus


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 336.
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