66. [an die Schwester, Nachschrift zum Brief des Vaters, München, 30. Dezember 1774]

[48] ich bitte meine Empfehlung an die Roxelana, und sie wird heunte abends mit den sultan den thee nehmen. an die jungfrau Mizerl1 bitte alles erdenkliches, sie soll an meiner liebe nicht zweiflen, sie ist mir beständig in ihrer reizenden negligèe vor augen; ich hab vielle hübsche mädl hier gesehen, aber eine solche schönheit habe ich nicht gefunden. Meine schwester soll nicht vergessen die variationes über den Menuett d'exaude von Ecart, und meine variazionen über denMenuett von fischer mitzunehmen. gestern ware ich in der Comödie, nähmlich in der mode nach der haushaltung; sie haben es recht gut gemacht. meine Empfehlung an alle guten freunde und freundinnen. ich hofe Du wirst – – – lebe wohl – – ich sehe Dich bald in München zu hoffen. von der frau von Durst2 habe ich ein Compliment auszurichten. ist es wahr, daß der hagenauer zu wien Profeßor der bildhauerey worden)?3 Der h: v: Mölk hat es den P: wasenau geschrieben, dan der brief hat mir seinen Pater wasenau gelesen. adieu. Der Mama küsse ich die hände, und damit hat es [48] heunt sein Ende. halte Dich recht warm auf der Reis, ich bitte Dich, sonst kanst Du Deine 14 täge zu haus sitzen, und hinter den ofen schwizen, wer wird Dich beschüzen? ich will mich nicht erhizen, jezt fängsts an zu blitzen. ich bin allzeit

Dein München


bruder den 1774sten 30. Anno Decembre.

Fußnoten

1 S. den Brief des Vaters vom 6. Februar 1773.


2 Eine verwitwete Dame in München, bei der die Schwester gelegentlich ihres Münchener Aufenthalts wohnen sollte (s. den Brief des Vaters vom 16. Dezember). Die Schwester wollte der Erstaufführung der neuen Oper Wolfgangs beiwohnen.


3 Ein Verwandter L. Hagenauers. Nach I.E. Engls Vermutung stammt das Medaillonbild am Geburtshause Mozarts von diesem Hagenauer, der vorher »Hofstatuarius« des Erzbischofs war.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 49.
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