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Salzburg den 20t Nov: 1780


Mon trés cher Fils!


Du wirst das Paquet, so gestern mit dem Postwagen abgesandt erhalten haben. Die Aria für schickaneder hoffe gewiß mit dem Postwagen zu erhalten; solltest Du sie aber, wie nicht hoffen will, noch nicht aufgegeben haben, so giebs auf die Post, schickaneder will alles bezahlen. Ich schäme mich, der ehrliche gute Mann ist doch so gar mit Dir zum Postwagen gelaufen, um bey Deiner abreise zu [145] seyn. Daß Du Dich bey der grmifn vsn Bmhagmrtln lfnocualfculeot,2 ist sehr wohl gethañ Du wirst wohl nach der Hand auch dem grmii Olnoulfa und dlr Prlofdlntfn3 deinen Besuch machen. wenn Du Deinen Besuch nicht vormittag sondern nach Tische machest, wird Dirs niemand übl nehmen, weil man weis, daß Du über Hals und Kopf zu schreiben hast. Für Deinen Glückwunsch danke Dir, und wünsche Dir entgegen glück das dlfnl splrf ght mhoimeet:4 auf dieses kommen alle folgen an.

h: Wegscheider sagt, Du sollst Dir vom gandville eine quittung geben lassen, daß Du ihm einen versiegelten Brief mit geld richtig behändiget hast. Da der Brief versiegelt war mag er sich nur an denjenigen hinnach wenden, der ihm das geld überschickt hat; Du must eine quittung haben, daß Du ihm es eingeliedert hast. damit Du keine zeit versäumst, wird h: Becke Dir gewiß die gefälligkeit thun und diesen schein abfordern, ausgenommen es wäre Dir im Weege es selbst im vorbeygehen zu thun.

Ist es wohl wahr, daß Mdme Mara sich darüber aufgehalten, weil man ihren Mann5 nicht accompagnieren ließ? – Daß Sie das orchester darüber angeruffen? Daß h: Cannabich mit h: Mara in einen Wortwechsel gerathen? – ich glaube dem Fiala hat es sein schwiegervatter geschrieben.

Du fragst wie das Familiengemälde ausfällt? – – noch ist nichts weiter daran gemacht worden. Ich hatte nicht zeit zu sitzen, und manchmal der Mahler nicht; und itzt darf Deine schwester nicht aus dem Hause gehen. Heute frühe war Dr: Barisani wieder bey uns. Er verschrieb ihr eine Brustlatwerge, – dann muß sie Brustthee nehmen, viel gerstenwasser trincken, gerstenschleim und leichte anfeuchtende speisen essen. Du weist, daß sie schon dortmals als die accademie beym Barisani war, lange schon schnupfen und einen mit vielem Husten begleiteten Cathar hatte, daß sie immer ausgieng, Lection gab, und dabey sich sehr erhitzte: sie kommt ja immer von [146] ihren Instructionen wie gebrathen zurück. Endlich sprach sie mit dem h: Dr: Barisani, und sie musste ihr alsogleich aderlassen, Sie ließ 7 untzen. und er sagte sie wäre in gefahr gewesen, eine Brustabzehrung zu bekommen. Nun da noch eine kleine trockene Huste nach dem aderlassen da ist, eine Tröckne im Hals und auf der Brust, so muß mit einer fleisigen Wartung, mit Diet, Ruhe, und anfeichtenden Mitteln der Brust zu Hilfe gekommen werden. Sie darf auch in keinem kalten zimmer mehr schlaffen. Ich muß nun wieder krankenwärther und mit meinen 61 Jahren auf dem Rücken der standhafteste seyn, ob ich gleich seit einigen Tagen selbst einen starken Cathar hatte, das gerstenwasser trincke, fusswasser nehme, und so ziemlich bey allem umlaufen, geschäften, Diensten, und schreiben und Denken einen guten Theil meines Cathars weggebeittelt habe. Basta! So lang es geht, – gehts! Ich werde nicht das glück auf dieser Welt haben mein Leben in Ruhe und ohne Sorge, wenigst die letzten Täge, mit vergnügen hinauszuleben, doch und dennoch hätte ich es verdient.

Nun weiter! – – Ceccarelli hat noch 11 Monat hier zu bleiben, es würde also eben recht für ihn seyn, wenn er hier nicht neuerdings engagiert wird, welches aber gewiß vermuthe.

Bald antwort, wegen schachtner, und wenn noch etwas etwa zu verändern wäre.

Am Ende schreibst Du: Tfl! kann wieder nicht alles schreiben, was ich schreiben möchte. – ja das glaube ich, wenn man dort, wo man am Punckte stehet alles schreiben soll, da fällt es oft nicht alles bey, was man schreiben wollte, – und erinnert man sich, dann fehlt die zeit dazu. Deine schwester Küsst Dich millionmahl und ich bin Dein alter redlicher vatter und freund

L Mozart


Wir empfehlen uns allen

Nun gehe in die Vesper und Lytaney, morgen ist mein Hochzeit Tag – itzt eine sehr traurige Erinnerung, die Dir unbegreiflich ist, – dermahl!

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Briefe vom 13. und 15. November.


2 Auflösung der Chiffren: grafin von Baumgarten einschmeichelst (s. Wolfgangs Brief vom 13. November).


3 graff Sensheim und der Presidentin


4 deine opera gut ausfallt:


5 Joh. Bapt. Mara (1744–1808), Cellist.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 147.
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