212.[156] 1 [an den Sohn]

Hier ist das Kleid, so gut es ist. Ich musste es in der geschwindigkeit flicken lassen, denn der ganze Tafel unterfueder in dem Comißol [156] war zu fexen zerrissen. Dieß schreibe Samstag den 9ten nachts um halbe 10 uhr, denn heut hatte hl: Esser Concert auf dem Theater. Es blieben ihm doch 40 fl übrig, er kommt mit dieser Dilligence und wird alsogleich zu Dir Kommen. Er ist ein lustiger alter närrischer Kerl. Er spielt aber (wenn er ernstlich spielt) mit der sichersten und erstaunlichsten execution, und hat aber auch ein schönes adagio, das wenig starke Allegrospieler haben. Wenn er nun aber ins spassmachen kommt, dann spielt er auf der g Seite allein mit der grössten fertigkeit. mit einem bleystift hölzl, macht er auf die Seiten schlagend Stücke mit erstaunlicher geschwindigkeit und genauigkeit. Die Viola d'amour spielt er charmant. und was mich rührte und als eine anscheinende Kinderey frappierte, war sein Pfeifen mit dem Mund, wo er Recit: und Arie troz iedem finger mit aller Expreßion schleifer, Stosser, triller x: Kurz zum verwundern pfeift, und sich selbst mit der violinpizzicato accompagniert. Er war täglich bey uns, umt lfnln ocuhoo, wfl lfn uho;2 dabey aber ein geschicktes genie, das viel geld verdient – und dscu nflameo gled umt.3

addio wir Kissen Dich beyde am Montag schreibe ich Dir wieder, lebe wohl! bin Dein getreuer vatter

Salzb: den 9ten Dec: 1780.

Mzt


Die 2 trompetten Sordinen liegen beym Kleid.

gestern hat die graf Ernstin die letzte heil. öhlung empfangen. heute hat sie ihr Testament gemacht.

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 5. Dezember.


2 Auflösung der Chiffren: hat einen schuß wie ein haus;


3 doch niemals geld hat.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 157.
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