*217. [an den Sohn]

[167] Salzburg, den 25. Decbr. 1780.


In der ganzen Stadt ist ein allgemeines Reden wegen der Güte Deiner Opera. Den ersten Lärm machte Baron Lerbach; die Hofkanzlerin [167] sagte es mir, daß er ihr erzählt habe, die Opera werde durchgehends außerordentlich gelobt. Den zweyten machte Herrn Becke's Brief an Fiala, den er aller Orten lesen ließ. Ich wünsche, daß der dritte Act die nämliche Wirkung thut, und hoffe es um so gewisser, als hier die größten Affecten vorkommen, und die unterirdische Stimme sehr überraschen und schaudernd seyn muß. Basta, ich hoffe, daß es heissen soll: Finis coronat opus. Suche nur das ganze Orchester bey guter Laune zu erhalten, ihnen zu schmeicheln und sie durch die Bank mit Lobeserhebungen Dir geneigt zu erhalten; denn ich kenne Deine Schreibart, es gehört bey allen Instrumenten die unausgesetzte erstaunlichste Aufmerksamkeit dazu, und es ist eben kein Spaaß, wenn das Orchester wenigstens drey Stunden mit solchem Fleiß und Aufmerksamkeit angespannt seyn muß. Jeder, auch der schlechteste Bratschist, ist auf's Empfindlichste gerührt, wenn man ihn tête à tête lobt, und wird dadurch eifriger und aufmerksamer, und so eine Höflichkeit kostet Dich nichts, als ein paar Worte. Doch – das weißt Du ja selbst, – ich sage es nur, weil man's oft da, bey der Probe, nicht gleich thun kann, und dann vergißt, und weil Du erst dann die Freundschaft und den Eifer des ganzen Orchesters nöthig hast, wenn die Opera in Scena ist. Die Lage des ganzen Orchesters ist dann ganz anders, und aller Mitspielenden Aufmerksamkeit muß noch mehr angespannt seyn. Du weißt, daß man nicht Alle zu Freunden haben kann. Es muß immer ein Zweifel und Aber mit unterlaufen. Man zweifelte, ob der zweyte Act so neu und gut als der erste Act ausfallen werde? – Da nun dieser Zweifel gehoben ist, so werden Wenige mehr für den dritten Act zweifeln. Aber ich wollte meinen Kopf wetten, daß Einige seyn werden, die zweifeln werden, ob diese Musik in Scena auf dem Theater auch die Wirkung wie im Zimmer machen werde? – – und da braucht's auch wirklich den größten Eifer und guten Willen des ganzen Orchesters.

Was anbelangt wegen der sechs Wochen1, so bin ich entschlossen, mich gar nicht zu rühren, noch Etwas zu melden; sollte aber eine Rede an mich kommen, so bin ich entschlossen, zu antworten, daß [168] wir es verstanden hätten, daß Du sechs Wochen nach componirter Opera wegen Probe und Production in München Dich aushalten könntest, in dem ich nicht vermuthen konnte, als glaubten Se. Hochfürstl. Gnaden, daß eine solche Opera in sechs Wochen componirt, abgeschrieben und aufgeführt werden könnte u.s.w.

Herr Esser hat mir und dem Ferrari von Augsburg2 geschrieben. Er rühmte die zwey Acte Deiner Opera, die er gehört, ganz besonders, und schrieb, daß von 5 bis 8 Uhr probirt wurde. Herr Becke, dem wir uns empfehlen, schrieb mir, daß der Chor im zweyten Acte beym Sturme so stark wäre, daß er Jedem, auch in der größten Sommerhitze, eiskalt machen müßte. Er rühmt die concertirende Arie der Dorothea Wendling im zweyten Acte außerordentlich u.s.w. Kurz, es wäre zu weitläufig, alle seine Lobsprüche über Alles herzusetzen.

Herr Ferrari macht Dir sein Compliment wegen des allgemeinen Beyfalls Deiner Oper. Er zeigte den Brief von Hrn. Esser, weil sich dieser darin wegen des Accompagnements bey seinem Concerte zu Salzburg bey dem ganzen Orchester bedankte, deßwegen bey Hofe Allen, besonders dem Haydn, Brunetti, Hafeneder etc.; und da lasen sie auch, daß er die zwey Acte gehört, und: che abbia sentito una musica ottima e particolare, universalmente applaudita.

Fußnoten

1 S. den Brief vom 18. Dezember.


2 S. Wolfgangs Brief vom 19. Dezember.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 169.
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