206.

[143] vienne ce 15de Decembre 1781


Ma très chère soeur!


Ich danke dir für alle die Neuekeiten die du mir geschrieben hast. hier sind meine 6 Sonaten. – für dich sind nur vier Neue dabey. – wegen den variationen war es nicht möglich, weil die Copisten zu viel zu thun haben. so bald es aber möglich ist, werde ich sie dir überschicken.

den 22ten du wirst unterdessen das Couvert über den brief an meinen vatter erhalten haben. die opera1 hat mir hl: v: Daubrawaick wieder zurückgeschickt, mithin muß ich mich um eine andere gelegenheit umsehen. Dem Ceccarelli würde freylich Bange dabey geworden seyn, wenn du seinen antrag angenommen hättest. – denn ich habe ihm davon geredet, und da sagt er gleich – certo, l'avrai preso meco subito. – und als ich ihn fragte, warum er dich nicht mitgenommen, wusste er keine bessere ursache, als: wo hätte ich sie denn hier hinthun müssen? – O wegen diesen, sagte ich, wäre mir nicht bange; ich wüsste orte genug wo man sie mit freuden aufnehmen würde; – und es ist auch wahr. wenn du gute Gelegenheit bekommst auf einige zeit hieher zu reisen, so schreibe es mir nur vorher. –

nicht wahr das loch in der thür2 ist eine gute komödie? – die sollst du aber hier aufführen sehen. – die gefahren der verführung ist auch ein gutes Stück. – das öfentliche geheimnüss ist nur als ein italienisches stück betrachtet anzunehmen. – denn die herablassung der fürstin mit dem Bedienten ist gar zu unanständig und wider alle Natur; das beste an diesen Stück ist wirklich – das öfentliche geheimnüss – nemlich die art wie sich die zwey liebenden, zwar in geheim, aber doch öfentlich verstehlich machen. wie heisst denn der springer? – der Elias vogt ist beym Böhm, und der Peterl ist in Berlin. – daß der feigele nach hauß gereißt, und der Andretter wieder in Salzburg ist, war mir wirklich eine Neuekeit. –

[144] Neues kann ich dir nichts schreiben, Meine liebe schwester, weil ich dermalen nichts weis. – wegen den alten bekanntschaften will ich dir gleich sagen, daß ich nur ein einziges mal bei der fr: v: Mesmer daraust war. – das hauß ist nicht mehr so wie es war. – wenn ich umsonst fressen will, so brauche ich nicht deswegen auf die Landstrass hinaus zu fahren, da habe ich in der Stadt zu fusse örter genug. – Die fischerischen wohnen im tiefen graben, wo ich niemalen fast hinzukommen habe. – doch wenn mich der Weege eben dahin trifft, mache ich ihnen auf einen augenblick eine visite; denn länger könnte ich das warme zimmerl, und den Wein auf den tisch nicht leiden. – ich weis wohl daß in diesem die grösste Ehrenbezeugung bey dergleichen leute besteht, allein ich bin kein liebhaber von dieser Ehrenbezeugung und noch weniger von dergleichen leute. – von Breanischen habe noch keine Seele gesehen. – mit dem grill (welcher nun verheyrathet ist) und Heyseld habe öfters gesprochen. –

wegen meiner schies-Caßa weis ich auch nicht was zu thun ist. – es muß Ja doch geld, intereße von den hundert gulden da seyn? – Musst halt zu diesem schreitten. – vielleicht bin ich das künftige Jahr glücklicher. – wegen der scheibe? –

gott! – in diesem augenblick erhalte ich ein schreiben von meinem lieben, besten vatter! – wie kann es doch so ungeheuer von Menschen3 geben? – gedult – vor zorn und Wuth kann ich nicht mehrer schreiben, nur das – daß ich ihm nächsten Postag darauf antworten werde – und ihm zeigen werde, daß es Menschen giebt, die mehr – als teufeln sind. – er möchte unterdessen ruhig seyn – sein sohn seye seiner vielleicht mehr Werth, als er glaube. – Addieu – ich küsse meinen liebsten, besten vatter 1000mal die hände, und dich, meine liebste schwester, umarme ich von herzen und bin Ewig Dein

aufrichtiger Bruder

W: A: Mozart.


an Mr d'yppold 1000 Complimente:

Adieu.

Fußnoten

1 »Idomeneo« (s. den vorhergehenden Brief).


2 S. den Brief vom 16. Juni.


3 S. den folgenden Brief.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 143-145.
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