217. [an Constanze Weber, die Braut; Wien]

[165] Den 29t Aprill 1782


liebste, beste freundin! –


Diesen Namen werden sie mir Ja doch noch wohl erlauben daß ich ihnen geben darf? – so sehr werden Sie mich Ja doch nicht hassen, daß ich nicht mehr ihr freund seyn darf, und sie – nicht mehr meine freundin seyn werden? – und – wenn sie es auch nicht mehr seyn wollen, so können sie es mir doch nicht verbieten, gut für sie, meine freundin, zu denken, wie ich es nun schon gewohnt bin. – überlegen sie wohl, was sie heute zu mir gesagt haben. – sie haben mir, (ohngeacht allen meinen bitten) 3 mal den korb gegeben, und mir gerade ins gesicht gesagt, daß sie mit mir nichts mehr zu thun haben wollten. – ich, dem es nicht so gleichgültig ist, wie ihnen, den geliebten gegenstand zu verlieren, bin nicht so hitzig, unüberlegt; und unvernünftig den korb – anzunehmen. – zu diesem schritte – liebe ich sie zu sehr. – Ich bitte sie also noch einmal die ursache dieses ganzen Verdrusses wohl zu überlegen und zu bedenken, welche war; daß ich mich darüber aufgehalten, daß sie so unverschämmt unüberlegt waren, ihren schwestern – Nota bene in meiner gegenwart zu sagen, daß sie sich von einem Chapeaux haben die Waden messen lassen1. – Das thut kein frauenzimmer welches auf Ehre hällt. – Die maxime in der kompagnie mit zu machen ist ganz gut. – Dabey muß man aber vielle Nebensachen betrachten. – ob es lauter gute freunde und bekannte beysammen sind? – ob ich ein kind oder schon ein Mädchen zum heyrathen bin – besonders aber ob ich eine versprochene braut bin? – hauptsächlich aber ob lauter leute meines gleichen, oder niedrigere als ich – besonders aber vornehmere als ich – dabey sind? – wenn es sich wirklich die Baroñin2 selbst hat thun lassen, so ist es ganz was anders, weil sie schon eine übertragene frau (die ohnmöglich mehr reitzen kann) ist. – und über-haupts eine liebhaberin vom Et caetera ist. – Ich hoffe nicht, liebste freundin, daß sie Jemals so ein leben führen wollten, wie sie, wenn sie auch nicht meine [166] frau seyn wollen. – wenn sie schon dem triebe mitzumachen (obwohl das mitmachen einer Manspersohn nicht allzeit gutsteht, destoweniger einem frauenzimmer – ) konnten sie aber ohnmöglich wiederstehen, so hätten sie im gottes Namen das Band genommen, und sich selbst die waden gemessen (so wie es noch alle frauenzimmer von Ehre in meiner gegenwart in dergleichen fälle gethan haben) und sich nicht von einem Chapeau – (ich – ich – würde es niemalen in beyseyn anderer – ihnen gethan haben – ich würde ihnen selbst das Band gereicht haben. – Destoweniger also von einem fremden – der mich gar nichts angeht. – Doch das ist vorbey. – und ein kleines geständnüss ihrer dortmaligen etwas unüberlegten aufführung würde alles wieder gut gemacht haben. und – wenn sie es nicht übel nehmen, liebste freundin, – noch gut machen. – Daraus sehen sie, wie sehr ich sie liebe. – – ich brause nicht auf wie sie; – ich denke – ich überlege – und ich fühle. – fühlen sie – haben sie gefühl – so weis ich gewis daß ich heute noch ruhig werde sagen können, die konstanze ist die Tugendhafte, Ehrliebende – vernünftige und getreue geliebte des Rechtschaffenen und für sie wohldenkenden

Mozart

Fußnoten

1 Eine Aufgabe beim Pfänderspiel.


2 Von Waldstädten.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 165-167.
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