252.

[222] Mon trés cher Pére!


Wieder ein kleines Briefchen! – ich habe, da heute in eine academie gehen muß, das schreiben auf künftigen Samstag sparren wollen – da ich aber etwas sehr Nothwendiges für mich zu schreiben habe, so muß ich schon die zeit stehlen um wenigstens dieses schreiben zu können. – [222] Die bewuste Musique1 habe bis Dato noch nicht erhalten. ich weis nicht was es damit für eine bewandtnüss hat. – Nun hat die italienische opera Buffa alhier wieder angefangen; und gefällt sehr. – Der Buffo ist besonders gut. er heist Benucci2. – ich habe leicht 100 – Ja wohl mehr bücheln3 durchgesehen – allein ich habe fast kein einziges gefunden mit welchem ich zufrieden seyn könnte; – wenigstens müsste da und dort vieles verändert werden. – und wenn sich schon ein Dichter mit diesem abgeben will, so wird er vieleicht leichter ein ganz Neues machen. – und Neu – ist es halt doch immer besser. – wir haben hier einen gewissen abate da Ponte4 als Poeten. – Dieser hat nunmehro mit derCorrectur im theater rasend zu thun. – muß per obligo ein ganz Neues büchel5 für den Salieri machen. – Das wird vor 2 Monathen nicht fertig werden. – dann hat er mir ein Neues zu machen versprochen; – wer weis nun ob er dann auch sein Wort halten kann – oder will! – sie wissen wohl die Herrn Italiener sind ins gesicht sehr artig! – genug, wir kennen sie! – ist er mit salieri verstanden, so bekomme ich mein lebtage keins – und ich möchte gar zu gerne mich auch in einer Welschen opera zeigen. – mithin dächte ich, wenn nicht Varesco wegen der Münchner opera6 noch böse ist – so könnte er mir ein Neues buch auf 7 Persoñen schreiben. – basta; sie werden am besten wissen ob das zu machen wäre; – er könnte unterdessen seine gedanken hinschreiben. und in Salzburg dann wollten wir sie zusammen ausarbeiten. – Das nothwendigste dabey aber ist. rechtComisch im ganzen. – und wenn es dan möglich wäre 2 gleich gute frauenzimmer Rollen hinein zu bringen. – Die eine müsste seria, die andere aber Mezzo Carattere seyn, aber an güte müssten beyde Rollen ganz gleich seyn. – Das dritte frauenzimmer kann aber ganz Buffa seyn, wie auch alle Männer wenn es nötig ist. – glauben sie daß mit demVaresco was zu machen ist, so bitte ich [223] sie bald mit ihm darüber zu sprechen; – sie müssen ihm aber nichts von dem sagen daß ich im Jullio selbst kommen werde – sonst arbeitet er nicht. – Denn es wäre mir sehr lieb wenn ich noch in Wien etwas davon erhalten könnte. – er würde auch seine sicheren 4 oder 500 fl: davon haben. – Denn es ist hier der Brauch daß der Poet allzeit die dritte Einahme hat. –

Nun muß ich schlüssen, denn ich bin noch nicht ganz angezogen. leben sie unterdessen recht wohl; – meine frau und ich küssen ihn 1000mal die hände, und wir umarmen unsre liebe schwester von ganz: herzen und sind Ewig Dero

gehorsamste kinder

W.A. Mozart


Wieñ den 7t May 1783

Fußnoten

1 Vgl. den Brief vom 12. April.


2 Franz Benucci, für den Mozart später den Figaro schrieb.


3 Vgl. den Brief vom 22. Januar.


4 Lorenzo da Ponte (1749–1838), der Librettist von »Le nozze di Figaro« und »Don Giovanni«.


5 »il ricco d'un giorno«.


6 »Idomeneo«.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 222-224.
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