257.

[230] Vienne ce 2 de Jullet

1783


Mon trés cher Pére!


lezten Postage war mir der kopf so voll daß ich zu schreiben vergessen musste. – es war die Langin bey uns um die 2 arien zu Probiren, und wir hielten Rath um seiner zu seyn als unsere feinde – denn Ich habe ihrer genug, und die Langin hat wegen der storaci1 der Neuen Sängerin auch nun genug. – und ich dachte erst das Posttage ist als ich alleine war, und als ich es war, war es schon zu spätt. – Die opera il curioso indiscreto vom Anfoßi worinn die Lange und Adamberger zum erstenmale aufgetretten ist vorgestern Montags zum erstenmale gegeben worden. – es gefiel gar nichts als die 2 arien von mir. – und die 2te, welche eine Bravour arie ist, musste wiederhollet werden. – Nun müssen sie wissen daß Meine feinde so boshaft waren schon vorhinein auszusprengen; Mozart will die opera des anfoßi Corrigiren. – ich hörte es. – ich liess also dem graf Rosenberg sagen, daß ich die arien nicht hergebe, ausgenommen es wird folgendes so wohl teutsch als wälsch den bücheln beygedruckt.


Avertimento.


Le due Arie à carte 36 e a carte 102 sono state meße in Musica dal Sigr Maestro Mozart, per compiacere alla sigra Lange, non eßiendo quelle state scritta dal sig: Maestro anfoßi secondo la di lei abilità, mà per altrosoggetto. questo si vuole far noto perchè ne vada L'onore à chi conviene, senza che rimanga in alcuna parte pregnidicata la riputazione e la fama del più molto cognito Napolitano.


es wurde beygedruckt – und ich gab die arien her, welche so wohl mir als meiner schwägerin unausprechliche Ehre Machten. – und die Hr: feinde sind ganz betroffen! – Nun kömmt eine tour des hl [231] Salieri, welche nicht so viel mir als den armen Adamberger schaden thut. – ich glaube ich habe ihn: geschrieben daß ich auch für dem Adamberger ein Rondeau gemacht habe. – bey einer kleinen Probe (da das Rondeau noch gar nicht abgeschrieben war) ruft Salieri den adamberger auf die Seite, und sagte ihm, daß der graf Rosenberg nicht gerne sähe daß er eine arie hinein sezte, und er ihm folglich als ein guter freund rathe, es nicht zu thun. – Adamberger – aufgebracht über den Rosenberg und – dermalen zur unzeit stolz – wusste nicht sich anderst zu rächen, begieng die Dummheit und sagt – Nu Ja – um zu zeigen das Adamberg schon seinen Ruhm in Wieñ hat, und nicht nöthig hat sich erst durch für ihn geschrieb[ene] Musique Ehre zu machen, so wird er singn was darinn steht, und sein lebtage keine arie mehr einlegen. – was war der erfolg davon? – das, daß er gar nicht gefiel, wie es auch nicht anderst möglich war! – Nun reuet es ihn, aber zu spätt. – Denn wenn er mich heute ersuchte ihm das Rondeau zu gebn, so würde ich es nicht mehr hergeben. – ich kann es sehr gut in eine Meinige opera brauchen. – das ärgste aber dabey ist, daß die Prophezeyhung seiner frau und von mir wahr geworden ist, nemlich, daß der graf Rosenberg sammt der Direction gar kein wort davon weis, und das es nur so ein Pfiff des Salieri war. – Meine frau befindet sich gott lob wieder ganz gut bis auf einen kleinen Chatar. – wir küssen ihn beyde die hände sammt dem vierzehntägigen Raymundel, und umarmen unsre liebe schwester von herzen und sind Ewig dero

gehorsamst kinder

W. A: C: Mozart

Fußnoten

1 Nancy Storace (1761–1814), angesehene Sängerin.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 230-232.
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