*258.

[232] Wien 12. Juli 1783.


Mon très cher père!


Ich habe Ihr Schreiben vom 8. dieses richtig erhalten und mit Vergnügen daraus vernommen, daß Sie beide Gott Lob und Dank gesund sind. Wenn Sie das Foppen nennen wollen, was wirklich [232] Hinderniß ist, so kann ich es Ihnen nicht verwehren; man kann jede Sache bei einem falschen Namen nennen, wenn es einem beliebt; – ob es aber recht ist, – das ist eine andere Frage. – Haben Sie einmal an mir gemerkt daß ich keine Lust oder Begierde hätte Sie zu sehen? – gewiß nicht! – aber wohl daß ich keine Lust habe, Salzburg oder den Erzbischof zu sehen. Wer wäre also, wenn wir in einem dritten Orte zusammenkämen1, wer wäre dann der Gefoppte? – Der Erzbischof und nicht Sie. – Ich hoffe nicht daß es nöthig ist zu sagen, daß mir an Salzburg sehr wenig und am Erzbischof gar nichts gelegen ist und ich auf beides sch ... und meine Lebtag mir nicht in Kopf kommen lasse, extra eine Reise hinzumachen, wenn nicht Sie und meine Schwester daselbst wären. – Die ganze Sache war also nur die gutmeinende Besorgniß meiner guten Freunde, die doch auch gesunden Menschenverstand haben; – und ich glaubte doch nicht so unvernünftig zu handeln, wenn ich mich in dieser Sache bei Ihnen erkundigte, um dann Ihrem Rath folgen zu können. Die ganze Besorgniß meiner Freunde war, daß er mich, da ich meine Entlassung nicht habe, arretiren läßt. Nun bin ich aber durch Sie ganz getröstet und wir kommen im August – längstens September gewiß. – Hr. von Babius ist mir auf der Gasse begegnet und ist mit mir nach Hause gegangen; er ist heute weg, und wenn er nicht schon gestern engagirt gewesen wäre, so hätte er bei mir gespeist.

Lieber Vater! Sie müssen nicht glauben, daß weil es Sommer ist, ich gar nichts zu thun habe. – Alle Leute sind doch nicht auf dem Lande, ich habe doch noch einige Scolaren zu versehen. Nun habe ich einen bekommen in der Composition, – der wird curios drein sehen, wenn ich ihm meine Abreise berichten werde.

Nun muß ich schließen, weil ich noch viel zu schreiben habe. Lassen Sie unterdessen die Kugelstatt im Garten herrichten, denn meine Frau ist eine sehr große Liebhaberin davon. Meine Frau hat immer eine kleine Sorge, sie möchte Ihnen nicht gefallen, weil sie nicht hübsch ist; – allein ich tröste sie so gut ich kann damit, daß mein liebster Vater nicht so viel auf äußerliche als innerliche Schönheit [233] geht. – Nun leben Sie wohl. Meine Frau und ich küssen Ihnen 1000mal die Hände und umarmen unsere liebe Schwester von Herzen und sind ewig dero gehorsamste Kinder

W. u. C. Mozart.

Fußnoten

1 S. den Brief vom 21. Mai.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 232-234.
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