261. [an den Vater]

[235] Linz. den 31ten octbre 1783


Wir sind gestern frühe um 9 uhr glücklich hier angelangt. – Den ersten tag haben wir in Vögelbruck übernachtet. – den folgenden sind wir Vormittag in Lambach angekommen. – und ich kam eben recht um bey dem amt das Agnus dei mit der orgel zu begleiten. – Der Hr: Prelat1 hatte die grösste freude mich wieder zu sehen. – erzählte mir auch die anectode zwischen ihm und ihnen in Salzburg. – wir blieben den ganzen tag alda, alwo ich auf der orgel und auf einem clavicord spiellte. – ich hörte daß den andern tag zu Ebersperg bey hl. Pfleger Steurer (dessen gemahlin die schwester der fr. von Barisani ist) eine opera aufgeführt wird. – mithin fast ganz Linz aldort versammelt seyn wird. – ich entschloß mich also auch dabey zu seyn, und fuhren dahin. – Da kamm gleich der Junge graf thun (bruder zu dem thun in Wienn) zu mir, und sagte mir daß sein hl. Vater schon 14 tage auf mich wartete, und ich möchte nur gleich bey ihm anfahren, denn ich müsste bey ihm Logiren. – Ich sagte ich würde schon in einem Wirthshause absteigen. – als wir den andern tage zu Linz beym thor waren, war schon ein bedienter da, um uns zum alten grafen thun zu führen, alwo wir nun auch Logiren. – Ich kann ihn nicht genug sagen wie sehr man uns in diesem Hause mit höflichkeiten überschüttet. – Dienstag als den. 4ten Novembr werde ich hier im theater academie geben. – [235] und weil ich keine einzige Simphonie bey mir habe, so schreibe ich über hals und kopf an einer Neuen, welche bis dahin fertig seyn muß. – Nun muß ich schlüssen, weil ich nothwendgerweise arbeiten muß. – Meine frau und ich küssen ihn: die hände, bitten um verzeihung daß wir ihn: so lange ungelegenheit gemacht haben, und danken nochmal recht sehr für alle empfangene Nun leben sie wohl. – Die gretl, den Heinrich2 (von welchem ich hier schon viel gesprochen) und die Hannj3 grüssen wir von herzen. – besonders der gretl lass ich sagen, sie solle im singen keinen fuchsschwanz gleichen; denn die leckereyen und küssereyen sind nicht allzeit angenehm. – Nur dumme Eseln kann man mit so was betrügen. – ich wenigstens will lieber einen bauernkerl gedulden, der sich nicht scheuet vor meinen angesicht zu scheissen und zu Prunzen, als daß ich mich durch so falsche kalfactereyen übertölpeln lassen könnte, die doch so übertrieben sind, daß man sie mit Händen greifen kann. – Nun Adieu. – unsere liebe schwester küssen wir von ganzen herzen. – ich bin Ewig dero danckbarster sohn

W. A: Mozart

Fußnoten

1 Amandus Schickmayr, den Mozart schon als Knabe 1767 kennen gelernt hatte.


2 Die beiden Kinder Marchands.


3 Johanna Brochard, eine Schülerin Leopold Mozarts.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 235-236.
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