*274.

[259] Wien den 21. Jullie 1784.


Allerliebste Schwester!


Meine Frau und ich wünschen dir beide viel Glück zu Deinem Namenstag. – Meine Frau hätte Dir gerne selbst geschrieben, allein das lange Sitzen kommt ihr gar zu schwer an, weil ihr der zukünftige Majorats-Herr1 gar keinen Fried läßt. – Sie wünscht dir also sammt mir alles mögliche Glück, und bitten dich uns stets in deiner schwesterlichen Liebe zu erhalten. – Nun ist seit acht Tagen der alte [259] Hampel2 mit seinem Sohne von München hier; und wird übermorgen nach Rußland abgehen. – Sie speisen morgen bei uns, und Abends werden wir eine kleine Musik machen. Ich hoffe du wirst unterdessen alles mit dem Postwagen erhalten haben; ich hätte dir gerne zu den andern Concerten auch die Cadenzen geschickt, allein du kannst nicht glauben wie viel ich zu thun habe! – Sobald ich eine Zeit für mich, so werde sie gewiß für dich anwenden. Ich bin sehr begierig, wenn du alle 3 großeConcerte wirst gehört haben, zu vernehmen, welches dir am besten gefällt. – Ich bitte, daß der Papa nicht vergesse mir mit nächstem Postwagen das bewußte zu schicken; – wenn er mir auch das alte Oratorium Betulia liberata schicken könnte, wäre es mir recht lieb. – Ich muß dieses oratorium für die hiesige Societät3 schreiben – Vielleicht könnte ich doch hie und da etwas davon stückweise brauchen. – Der Gretl4 bitte ich meine Empfehlung zu machen, und ihr zu sagen, daß ich ihr vielleicht selbst antworten werde – aber versprechen kann ich es nicht, aus Furcht, mein Versprechen nicht halten zu können – weil ich zu viel beschäftigt bin. Wegen der Aria muß sie schon ein wenig Geduld haben – was ich aber zu thun rathe, um die Aria bald und gewiß zu bekommen, ist einen ihr anständigen Text zu wählen, und mir ihn zu überschicken, da ich unmöglich Zeit habe alle Opern durchzugehen. – Nun muß ich schließen, weil geschwinde zu meiner lection gehen muß. – Meine Frau und ich küssen dich 1000mal, und bitten dem Papa unsern Handkuß

und sind ewig dein

aufrichtiger W. & C. Mozart.

Fußnoten

1 Der in diesem Jahre geborene Sohn Carl.


2 Wohl der Klarinettist Thaddäus Hampel.


3 Die Tonkünstler-Societät.


4 sc. Marchand.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 259-260.
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