159.

[33] Munic ce 30 decembre

1780


Mon trés cher Pére!


Glückseeliges Neues-Jahr! – verzeihen sie, wen ich ihnen dermalen sehr wenig schreibe, – denn, ich stecke nun über Hals und kopf in arbeit – ich bin noch nicht ganz fertig mit dem dritten Ackt – und habe alsdann – weil kein extra Ballet, sondern nur ein zur opera gehöriges Divertissement ist, auch die Ehre die Musick dazu zu machen. – mir ist es aber sehr lieb, denn so ist doch die Musick von [33] einem Meister. Der dritte ackt wird wenigstens so gut ausfallen als die beyden Ersten – ich glaube aber unendlichemal besser – und daß man mit recht sagen könne;finis Coronat opus. – Der Churfurst war lezthin bey der Probe so zufrieden, daß er wie ich ihnen lezthin geschrieben Morgens beym Cercle meine opera sehr gelobt – und dann abends bey der Cour wieder. – und dann weis ich es von einer sehr sichern Hand, daß er den nemlichen abend nach der Prob allen, Jederman der zu ihm gekommen ist, von meiner Musick geredet hat, mit diesem aus-druck. – ich war ganzsurprenirt – noch hat mir keine Musick den Effect gemacht; – das ist eine Magnifique Musick. – vorgestern haben wir eine Recitativ Probe bey der wendling gemacht – und das quartett zusammen Probirt – wir haben es 6mal Repetirt – izt geht es endlich. – Der Stein des Anstosses war der Del Prato; – der Bub kann doch gar nichts. – seine stimme wäre nicht so übel, wenn er sie nicht in den hals und in die gurgel nehmete – übrigens hat er aber gar keine Intonation – keine Methode – keine Empfindung – sondern singt – wie etwa der beste unter den Buben die sich hören lassen um in dem kapellhause aufgenommen zu werden – Raaff hat sich mit vergnügen betrogen gefunden – und zweifelt nun auch nicht an dem Effect. – Nun bin ich wegen des Raaffs lezter aria in einer verlegenheit woraus sie mir helfen müssen. – Das rinvigorir, und ringiovenir ist dem Raaff unverdaulich – und wegen diesen 2 wörtern ist ihm schon die ganze aria verhasst. – es ist wahr das Mostrami und vienmi ist auch nicht gut – aber das schlechteste sind schon die zwei Ends-wörter. wo ich bey dem Ersten rinvigorir um den triller auf dem i zu vermeiden ihn auf dem o machen müsste. – Nun hat Raaff ich glaub im Natal di giove1 welches freylich (sehr wenig bekannt ist) eine zu dieser lage Passende aria gefunden. – ich glaube sie ist die Licenz aria davon; –


Bell Alme al Ciel dilette

Si Ah! respirate ormai,

[34] già palpitaste aßai

è tempo di Goder

Creta non oda intorno

non vegga in si Bel Giorno

che accenti di Contento,

che oggetti di piacer.


und diese aria soll ich ihm schreiben – man kennt sie nicht, sagt er, und wir sagen nichts. – er weis halt daß es dem hl: Abate nicht zuzumuthen ist, diese aria zum drittenmale zu ändern – und wie sie ist – will er sie doch nicht singen. – nun bitte ich um eine schleunige antwort. – Mittwoch hoffe ich antwort von ihnen. – und dort trist es mich Just seine aria zu schreiben. – Nun muß ich schliessen, denn ich muß über hals und kopf schreiben – komponirt ist schon alles – aber geschrieben noch nicht. – bitte meine Empfehlung an alle gute freunde und freundin von mir zu machen, nebst meinen Neu-Jahres-wunsch – gestern habe die 15 fl: abgenommen – es wird mir nicht viel überbleiben – denn es giebt doch hundert kleinigkeiten die gleich ins geld laufen – und ich giebe gewis nichts unöthiges aus – den schwarzen Rock zu wenden, ein Neutes unterfutter von tamis – in den braunen kleid den Ärmel zu flicken, macht schon 7 fl. 24 kr: – also bittete ich schon wieder um eine anweisung. es ist gut wenn man so was im vorath hat; – man kann sich doch nicht ganz entblössen – Adieu, ich küsse ihnen 1000 mal die hände und meine schwester umarme von ganzen herzen und bin Ewig Dero

gehorsamst Sohn

Wolfgang Amadè Mozart


Mein Compliment an die liebe thresel – die magd die mich hier im hauße bedient, heist auch thresl – aber, gott! – was für ein unterschied gegen der linzer-thresl! – an schönheit, tugend, reitze – und tausend anderen verdiensten! –

Sie werden schon wissen daß der gute Castrat Marchesi2marquesius di Milano in Neapel ist vergiftet worden – [35] aber wie! – er war in eine Herzogin verliebt – und ihr rechter amant war darüber Jaloux und schickte 3 oder 4 kerle zu ihm, und die liessen ihm die Wahl – ob er aus diesem geschier trinken wolle, oder lieber Massakriri seyn wolle – er wählte das erstere – weil er aber ein Welscher hasenfuß war, so starb er allein – und liess seine herrn Mörder in Ruhe und friede leben – ich hätte wenigstens ( – in meinem Zimmer!) ein paar mit mir in die andere Welt genommen, wenn es schon gestorben hätte seyn müssen. – schäde für einen so vortreflichen sänger! – Adieu3.

Fußnoten

1 Libretto von Metastasio.


2 Lodovico Marchesi (um 1755–1829!).


3 Antwort des Vaters: 4. Januar 1781.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 33-36.
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