165.

[48] Wienn den 24ten Merz 1781


Mon très cher Pére!


Ich habe ihr Schreiben vom 20ten dieses richtigst erhalten und daraus mit vergnügen dero beyderseitige glückliche Ankunft und gutes Wohlseyn vernommen. – sie müssen es meiner schlechten Dinte und feder verdanken, wenn sie diesen brief mehr buchstabieren als lesen können. – Basta; geschrieben muß es doch seyn – und mein Herr federschneider (h: von Lirzer, – ) hat mich dermalen angesetzt – Ich kann ihnen diesen (weil sie ihn vermuthlich selbst besser kennen werden) nicht anders beschreiben, als daß er – glaub ich ein Salzburger ist – und daß ich ihn mein lebetag niemal als beym Robinig etwelchemal bej der sogenannten 11 uhr Musick gesehen habe. – er hat mir aber gleich visite gemacht, und scheint mir ein sehr artiger, und (weil er mir meine federn geschnitten) höflicher mensch zu seyn – ich halte ihn für einen secretaire. – wer mich auch mit einem Besuche überraschte war der gilovsky, der kahterl ihr Bruder – warum überraschte – weil ich es ganz vergessen hatte daß dieser in Wien ist – was ein fremder ort einen Menschen gleich bilden kann! – aus diesem wird gewis ein Rechtschafner braver Mensch – sowohl in seinen Metier als äusserlichen betragen. – sie werden unterdessen die briefe vom kayser und fürst kaunitz erhalten haben. – was sie mir vom lrzbfocusi1 schreiben, hat – was seinen iurgistz,2 meine Persoñ betreffend, kitzelt, in so weit seine Richtigkeit – allein was nutzt mich alles dieß? – von diesem lebt man nicht; – glauben sie nur sicher, daß er mir hier gleich einen lichtschirm ist – was giebt er mir denn für dfotfnctfsn?3 – h: v: kleinmayer, Beneckè4 haben mit dem Erlauchten graf Mrcs eine extra-tmile5; das wäre dfotfnctfsn6 wenn ich bej dieser imile wmrl7 – aber nicht bej den kmaalrdflnlrn8 die ausser den Ersten Platz bejm tfoch9 die [49] lüster anzünden, die thür aufmachen, und in vorzimmer bleiben müssen, wenn ich dariñ bin – und bej die herrn köche. – und dann, wenn wir wo hingerufen werden, wo ein Concert ist, so muß der h: Angelbauer10 herauß Passen bis die h: Salzburger kömmen, und sie dann durch einen lakay weisen lassen, damit sie hinein därfen – wie das der Brunetti so im discurs erzählte – so dachte ich, wartet nur bis ich einmal komme; – als wir also lezthin zum fürst gallizin musten, sagte mir Brunetti nach seiner höflichen art; tu, bisogna che sei qui sta sera alle sette, per andare insieme dal Prencipe gallizin. l'Angelbauer ci condurrà. – hò risposto: va benemase in caso mai non fossi qui alle sette in punto: ci andate pure, non serve aspettarmisò ben dovè stà, e ci verrò sicuro; – ich gieng also mit fleiß weil ich mich schäme mit ihnen wohin zu gehen, allein hin; – als ich hinauf kamm stund schon der h: Angelbauer da den h: bedienten zu sagen, daß er mich hineinführen sollte – ich gab aber weder auf den h: leibkammerdiener noch h: bedienten acht, sondern gieng gerade die zimmer durch in dasMusick-zimmer, denn die thürn warn alle offen. – und schnurrgerade zum Prinzen hin und mache ihn meinCompliment wo ich dann stehen blieb, und immer mit ihm sprach; – ich hatte ganz auf mein Ceccarelli undBrunetti vergessen, dann man sahe sie nicht – die steckten ganz hintern orchestre an die Mauer gelehnt, und traueten sich keinen schritt hervor. – wenn einCavalier oder Dame mit dem Ceccarelli redet, so lacht er immer. – und redet so Jemand mit den Brunetti so wird er roth, und giebt die trockenste antworten. – O, ich hätte viel zu schreiben wenn ich all diescenen die es schon dieweil ich hier bin und Ehe ich kam wegen dem lrzbfocusi11 und Ceccarelli undBrunetti gegeben hat, beschreiben wollte. – mich wundert nur daß sich der – des brunetti nicht schämt; ich schäme mich anstatt seiner. – und wie der kerl so ungern hier ist – Das Ding ist ihm halt als zuNobel – so am Tisch – das glaub ich sind seine vergnügtesten stunden – Heute hat der Prinz gallizin den Ceccarelli zum Singen begehren lassen – [50] Das nächstemal wird es wohl mich treffen – Ich gehe heute abends mit h: v: kleinmayern zu einem seiner guten freunde zum hofrath Braun, wo mir alle sagen daß er der gröste liebhaber von clavier seye – bey der gräfin thun habe schon 2 mal gespeist, und komme fast alle tage hin – das ist die charmanteste, liebste Dame die ich in meinen leben gesehen; und ich gelte auch sehr viel bey ihr – ihr herr ist noch der nemliche sonderbare – aber gutdenkende, rechtschafene Cavalier. – Beym grafen Cobenzl12 habe auch gespeist, und das wegen der gräfin v: Rumbeck seine Muhme, die schwester vom Cobenzl in der Pagerie, welche mit ihrem herren in Salzburg war. – Nun ist meine Haupt-absicht hier daß ich mit schöner Manier zum kmyolr13 komme, denn ich will absolument daß er mich kennen lernen soll. – Ich möchte ihm mit lust meine opera durch Peitschen, und dann brav fugen spillen, denn das ist seine Sache. – O, hätte ich gewust, daß ich die fasten nach Wieñ kömmen würde, hätte ich ein kleines oratorio geschrieben, und zu meinen vortheile im theater gegeben, wie es hier alles macht – ich hätte leicht vorher zu schreiben gehabt, weil ich die stimmen alle kenne; – wie gerne gäb ich nicht ein öfentliches Concert wie es hier der Brauch ist, aber – es wird mir nicht erlaubt, das weis ich gewis, denn, stellen sie sich vor – sie wissen daß hier eine Societät14 ist, welche zum vortheile der Witwen von den Musicis accademien giebt – alles was nurMusik heist spiellt da umsonst das orchestre ist 180 Persoñen stark – kein virtuos der nur ein bischen liebe des Nächsten hat schlägt es ab darin zu spiellen, wenn er von der Societät aus darum ersucht wird – denn, man macht sich auch sowohl beym kayser als beym Publicum darum beliebt. – starzer.15 hatte den Auftrag mich darum zu bitten, und ich sagte es ihm gleich zu, doch müste ich vorher meines fürsten Gutachten darüber vernehmen – und ich hatte gar keinen zweifel weil es eine geistliche art, und unentgeldlich nur um ein gutes Werk zu thun, ist; – er erlaubte [51] es mir nicht; – Die ganze noblesse hier hat ihm dieses übel genommen. – mir ist es nur wegen diesem leid; – ich hätte kein Concert, sondern (weil der kayser in der Proscen loge ist) ganz allein (die gräfin thun hätte mir ihr schönes steiner-Pianoforte darzu gegeben) Preludirt, eine fuge – und dann dievariationen je suis lindor gespiellt. – wo ich noch das so öfentlich gemacht habe, habe ich den grösten beyfall erhalten – weil es so gut gegeneinander absticht, und weil Jeder – was hat; aber Pazienza;

Fiala gilt nun 2000mal mehr bey mir daß er nicht unter einen Ducaten spiellt. – ist meine schwester noch nicht ersucht worden? – sie wird Ja hoffentlich 2 begehren. – Denn mir wäre nicht lieb, wenn wir – die wir uns alle so von der ganzen Hofmusick in allem unterscheiden – nicht auch es in diesem falle thäten – denn, wollen sie nicht, so sollen sie es bleiben lassen – und wollen sie sie haben – so sollen sie im gottes Namen zahlen. –

Ich werde diese täge zu Made Rosa gehen, und sie werden gewis mit ihrem seinen Ministre zufrieden seyn – ich will die sache so sein angreifen, wie der weiser als man seiner frau ihrer Mutter die sterbglocke litt; –

h: v. zetti hat mir gleich anfangs angetragen meine briefe ihm übergeben, er wird sie mit dem Paquet fortschicken. –

Die 2 Quartetten brauch ich nicht, und die Baumgartische aria auch nicht.

apropós; wie steht es denn mit dem Prlolnt vsa Cukr-ihrotln?16 – ist schon wmo glocusckt wsrdln?17 – waren sie, bevor sie abgereist sind, bey dlr Bmhagmrtln?18

Nun bitte ich allen guten freunden und freundin meine Empfehlung zu machen, besonders der katherl – dem schachter, und Fiala – h: v. kleinmayer, zetti, ceccalli, Brunetti, Controleur, 2 kammerdiener, leitgeb, Ramm welcher sonntag abreist, empfehlt sich allen.

apropós; der Peter vogt ist hier. – Nun leben sie recht wohl, [52] ich küsse ihnen 1000 mal die hände und meine schwester umarme ich von herzen, und bin Ewig dero

gehorsamster Sohn

Wolfg: Amadè Mozart


(Der Buffo Roßi ist auch hier.

Den 28ten März: Ich bin mit dem briefe nicht fertig geworden, weil mich h: v: kleynmayer zum Concert bey Baron Braun in der kutsche abgehollet hat – mithin schreibe izt daß mir der lrzbsocusi lremhbt umt19 in den Wftwln Csnclrt zu opfleln.20 – denn, starzer ist zur accademie beym gmeefzfn21 gegangen, und er und die gmnzl Nsbelool22 haben sun of ghmet, bis lr lo lremhbt umt.23bin ich so froh: – Ich habe dieweil ich hier bin 4mal zu hause gespeist; – es ist mir zu früh – und man ist gar zu schlecht. – Nur wenn es recht schlecht Wetter ist, dann bleib ich zu hause wie heute par exemple

schreiben sie mir doch was neues in Salzburg Passiert, denn man hat mich entsezlich darum gefragt, – die herrn haben mehr begierde nach Salzburger Neuekeiten als ich –

Die Mara24 ist hier; – sie hat vergangen Dienstag eine accademie im theater gegeben. – ihr Mann hat sich nicht dürfen sehen lassen, sonst hätte das orchestre nicht accompagnirt, weil er in die zeitungen gedruckt hat, in ganz Wienn seye kein Mensch im stande ihm zu accompagniren. – Adieu. Hr. v. Moll hat mir heute eine visite gemacht – ich werde morgen oder übermorgen auf ein frühstück zu ihm gehen, und die opera mitnehmen. – er läst sich ihnen beyderseits empfehlen – zum h: v: Auerhammer und dessen dicken frl. Tochter werde so bald das Wetter besser ist, gehen – aus diesen sehen sie, daß ich ihren lezten von 24ten auch erhalten. Der alte fürst Colloredo25 (bey dem wir Musick hatten) hat jedem von uns 5 Duckaten gegeben – Die gräfin Rumbeck habe zur schüllerin – h: v. Mesmer (der Normalschul Inspector) sammt seiner gnädigen frau und sohn empfiehl sich. – sein sohn spiellt magnifique[53] – Nur, daß er aus Einbildung schon genug zu können, faul ist – hat auch vielgenie zur komposition – ist aber zu träg sich damit abzugeben – das ist seinem vatter nicht recht. Adieu.

Fußnoten

1 Auflösung der Chiffren: erzbischof


2 ehrgeitz


3 distinction


4 Geh. Sekretär und Konsistorialrat


5 Arco (Karl) eine extra-tafel;


6 distinction


7 tafel wäre –


8 kammerdienern


9 tisch


10 Leibkammerdiener des Erzbischofs.


11 Auflösung der Chiffren: erzbischof


12 Joh. Philipp Graf von Cobenzl, Vizehof- und Staatskanzler.


13 Auflösung der Chiffren: kayser


14 Die 1771 gegründete »Wiener Tonkünstler-Societät«.


15 Josef Starzer (1726–1787), s. den Brief vom 24. März 1770.


16 Auflösung der Chiffren: Present vom Chur-fürsten? –


17 was geschickt worden?


18 der Baumgarten? –


19 Auflösung der Chiffren: erzbischof erlaubt hat.


20 Witwen Concert zu spielen.


21 gallizin


22 ganze Noblesse.


23 ihn so guält, bis er es erlaubt hat.


24 S. den Brief vom 24. November 1780.


25 der Vater des Erzbischofs.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 48-54.
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