*305. [an die Gattin in Baden bei Wien; Wien, Mitte August 1789]

[306] Allerliebstes Weibchen! –


Mit Vergnügen erhielt ich Dein liebes Schreiben – hoffe daß Du gestern mein 2tes samt Decoctum, Latwerge und Ameiseyer wirst erhalten haben. – Morgen früh 5 Uhr segle ich ab – wenn es nicht wäre blos um das Vergnügen zu haben, Dich wieder zu sehen und wieder zu umarmen, so würde ich noch nicht hinausfahren, weil man ietzt bald Figaro geben wird, wozu ich einige Abänderungen zu machen habe und folglich bei den Proben nothwendig bin – ich werde wohl auf den 19ten wieder hereinmüssen – aber bis 19ten hier zu bleiben ohne Dich, das wäre mir unmöglich; – liebes Weibchen! – ich will ganz aufrichtig mit Dir sprechen, – Du hast gar keine Ursache traurig zu seyn – Du hast einen Mann der Dich liebt, der Dir alles, was er nur im Stande ist, thut – was Deinen Fuß anbelangt, brauchst Du nur Gedult zu haben, es wird gewis ganz gut gehen; – mich freut es ja, wenn Du lustig bist – gewis – nur wünschte ich daß Du Dich bisweilen nicht so gemein machen möchtest – mit N. N. machst Du mir zu freye .... ebenso mit N. N. als er noch in Baaden war, – bedenke nur daß N. N. mit keinem Frauenzimmer, die sie vielleicht besser kennen als Dich, so grob sind, als mit Dir, selbst N. N. der sonst ein artiger Mensch ist und besonders für Frauenzimmer hochachtungsvoll ist, selbst er muß dadurch verleitet worden seyn, in seinem Briefe die abscheulichsten und gröbsten Sottisen zu schreiben – ein Frauenzimmer muß sich immer in Respekt erhalten – sonst kömmt sie in das Gerede der Leute – meine Liebe! – verzeihe mir daß ich so aufrichtig bin, alleine meine Ruhe [306] erheischt es sowohl als unsre beiderseitige Glückseeligkeit – erinnere Dich nur daß Du mir einmal selbst eingestanden hast, daß Du zu nachgebend seyst – Du kennst die Folgen davon – erinnere Dich auch des Versprechens welches Du mir thatst – O Gott! – versuche es nur, meine Liebe! – sey lustig und vergnügt und gefällig mit mir – quäle Dich und mich nicht mit unnöthiger Eifersucht – habe Vertrauen in meine Liebe, Du hast ja doch Beweise davon! – und Du wirst sehen wie vergnügt wir seyn werden, glaube sicher, nur das kluge Betragen einer Frau kann dem Mann Fesseln anlegen1adjeu – morgen küsse ich dich von Herzen.

Mozart.

Fußnoten

1 Vgl. hierzu die Briefe vom 29. April 1782 und 16. April 1789.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 2. München/ Leipzig 1914, S. 306-307.
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