Achtes Kapitel.

Beethovens Kindheit.

Ludwig van Beethovens Geburtstag ist nirgendwo urkundlich aufgezeichnet. Bekannt und beglaubigt ist allein der Tag seiner Taufe, der 17. Dezember 1770. Die Eintragung im Kirchenbuche von S. Remigius lautet so:


Parentes


D: Joannes van Beethoven. & Helena Keverichs conjuges


Proles


17ma Xbris Ludovicus


Patrini


D: Ludovicus van Beethoven & Gertrudis Müllers dicta Baums


Paten waren also Beethovens Großvater, der Kapellmeister, und die Frau des nächsten Nachbarn Johann Baum, kurfürstlichen Hoskellerschreibers. Da es damals in dem katholischen Rheinlande und so auch in Bonn Sitte war, die Taufe nicht über 24 Stunden nach der Geburt hinauszuschieben, so ist mit größter Wahrscheinlichkeit der 16. Dezember 1770 als der Geburtstag anzunehmen, eine Meinung, welche Beethoven selbst gehegt zu haben scheint1.

Wir teilen noch folgenden Taufschein mit, da sich auf demselben eine von des Meisters eigener Hand geschriebene Bemerkung findet.


»Departement de Rhin et Moselle

Mairie de Bonn.


Extrait du Registre de Naissances de la Paroisse

de St. Remy à Bonn.


Anno millesimo septingentesimo septuagesimo, die decima septima Decembris baptizatus est Ludovicus. Parentes D. Joannes van Beethoven [122] et Helena2 Keverichs, Conjuges. Patrini, D. Ludovicus van Beethoven et Gertrudis Müllers dicta Baums.


Pour extrait conforme

delivré à la Mairie de Bonn.

Bonn le 2. Juin 1810.«

[Unterschriften und Siegel.]


Auf die Rückseite dieses Aktenstücks schrieb Beethoven:


»Es scheint der Taufschein nicht richtig, da

1772noch ein Ludwig vor mir. Eine Baumgar-

ten war glaube ich mein Pathe.


Ludwig van Beethoven.«


Der Komponist hielt also noch in seinem 40sten Jahre das Jahr 1772 für sein Geburtsjahr, und in allen älteren biographischen Notizen wird auch nur dieses angegeben; dasselbe stimmt außerdem mit den Daten überein, die mehreren seiner ersten Werke vorgesetzt sind, sowie beinahe mit allen Anspielungen auf sein Alter in seinen früheren Jahren. Nur wenn man sich diese Tatsache immer gegenwärtig hält, kann die lange Reihe chronologischer Widersprüche erklärt und verstanden werden, welche uns bei der Erforschung seiner Geschichte während der ersten Hälfte seines Lebens fortwährend begegnen. Aus der Originalnachricht über die Taufe in dem Bonner Kirchenbuche ergibt sich sofort, daß der Taufschein, trotz Beethoven, richtig war; und jeder mögliche Zweifel wird durch folgende Erzählung Wegelers beseitigt: »An diesem Großvater ... hing der kleine Louis mit der größten Innigkeit, und so zeitig er denselben auch verlor, blieb bei ihm der frühe Eindruck doch sehr lebendig. Mit seinen Jugendfreunden sprach er gern vom Großvater, und seine fromme und sanfte Mutter, die er weit mehr als den nur strengen Vater liebte, mußte ihm viel vom Großvater erzählen. Das Bild desselben, vom Hofmaler Radoux gefertigt, ist das Einzige, was er sich von Bonn nach Wien kommen ließ, und was ihm bis zu seinem Tode Freude machte.« Wenn das Jahr 1772 das Geburtsjahr gewesen wäre, dann hätte der Knabe keine persönlichen Erinnerungen an einen Mann haben können, welcher am 24. Dezember 1773 starb.

[123] Eine Erwägung dieser ganzen Angelegenheit macht den Schluß unwidersprechlich, daß zu der Zeit, als der Knabe durch seine Fertigkeit im Klavierspiel und seine vielversprechenden ersten Versuche in der Komposition anfing, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sein Alter absichtlich verfälscht wurde; einen Beweggrund dafür konnte man vielleicht in dem Erstaunen finden, welches die damals noch in frischem Andenken stehende Laufbahn der Mozartschen Kinder in der musikalischen Welt hervorgerufen hatte, sowie in der Betrachtung, daß Leistungen, die bei einem Kinde von acht oder zehn Jahren Verwunderung und Staunen erregten, bei einem um wenige Jahre älteren kaum besonderer Beachtung wert gehalten würden. Leider ist das, was wir über Johann van Beethovens Charakter wissen, nicht geeignet, einen derartigen Versuch unwahrscheinlich zu machen. Bemerkenswert ist, daß erstens die Fälschung selten über ein Jahr hinausgeht, und ferner, daß in dem später zu erwähnenden offiziellen Berichte von 1784 das Alter richtig angegeben ist; denn hier konnte eine Unwahrheit weder gewagt werden, noch, wenn es geschah, von Nutzen sein.

Dr. Kneisel, welcher in der Kölnischen Zeitung3 den Beweis für das Haus Bonngasse 515 als Beethovens Geburtshaus geführt hat, sagt folgendes: »Die Mutter war bekanntlich aus Thal Ehrenbreitstein und von ihren Angehörigen getrennt; er selbst ganz verwandtenlos und dabei in ziemlich beschränkten Umständen; was war demnach natürlicher, als daß er seine nächste Nachbarin, die angesehene und vermögende Frau Baum, in deren Hause ja sogar der Taufschmaus gefeiert wurde, zur Pathin seines Söhnchens nahm?« Diese letzte Tatsache, welche durch das Zeugnis der Frau Baum selbst gestützt ist, zeigt deutlich die Beschränktheit der Wohnung der jungen Eheleute; deutet sie nicht auch an, daß der Großvater jetzt ein einsamer Mann war, der kein Haus hatte, in welchem er das kleine Fest geben konnte?

Wir lassen Johann van Beethoven selbst die pekuniäre Lage beschreiben, in welcher er sich beim Tode des Vaters befand.


»Hochwürdigster Ertzbischoff

gnädigster Churfürst und Herr Herr


Euwer Churfürstlien Gnaden wollen gnädigst geruhen sich vorstellen zu laßen, wie dass mein Vatter daß zeitlie mit dem ewigen Verwechselt, [124] welcher weilant seyne Churfürstlie Durchlaucht Cle. August und Ihro Churfürstlien Gnaden jetz gloreichst regierenden Herren Herren als capellen Meister zusammen 42 jahren die hohe gnaht gehabt mit gröstem ruhm zu dienen wessen stelle zware zu vertretten man mich genugsam capabel findet, dannoch mich nicht unterstehe seyner Churfürstlien gnaden meine capaciteit diese stelle zu vertretten zu Dero süßen zu legen, da aber durch ableben meines Vatters mich in sehr betrübten umstenden finde, da mein solarium sich weiters nicht erreicht als dass gezwungen bin das meine waß mein Vatter erspahret zuzusetzen, dieweilen annoch meine Mutter am leben, und sich in ein Kloster befindet für Kostgelt alle jahr 60 Reichsth. und mir nicht rahtsam ist sie bey mir zu nehmen, derowegen Wolte Ihro Churfürstlien Gnaden fussfälligst gebetten haben, mir von denen erledigten 400 Reichsth. zu meinem gehalt dass ich leben könnte ohne daß wenig erspartes zu Verzehren zuzusetzen und meiner Mutter denen wenig jahre so sie zu leben mit dem gnaden gehalt zu begnädien, welche hohe gnaht zu demeriren inständigst suchen werde.

Ihr Churfürstlien Gnaden

unterdähnigster

Knecht und Musicus jean van Beethoven.«


Es grenzt fast ans Komische, wie hier mit einer gewissen Zurückhaltung dem Kurfürsten angedeutet wird, daß der Bittsteller nichts gegen eine Anstellung als Nachfolger seines Vaters einzuwenden habe, namentlich wenn man sich erinnert, daß Lucchesi und Mattioli bereits in Bonn waren, und daß der erstere seine Befähigung genugsam durch Aufführung von Opern bewiesen hatte, welche Erfolg gehabt und das Gefallen des Kurfürsten erregt hatten. Die Andeutung wurde nicht verstanden; welche Unterstützung ihm jedoch gewährt wurde, mag man aus folgendem ersehen:


»Bonn den 8. Jan. 1774.


Joann van Beethoven, Hof-Musicus bittet um eine Zulag Von seines Verstorbenen Vatters erledigtem gehalt, und seine Mutter, welche für Kostgelt sich in einem Kloster befindet, mit einem gnaden-gehalt mildest zu begnädigen.« Am Rande dieses Berichts ist folgendes verfügt:


»soll mit ihrem gehald in dem Kloster verbleiben.


Ihro Churfl. Gnd. Verwillig. ggst in betracht Vieler Vom Verstorbenen zeithlebens geleisteten treuen Diensten, dass dessen hinterlasener [125] Ehefrau so lang selbige in dem Closter, wo ihrer jetzige aufenthalt ist, Verbleiben wird, von nun an jährlich zu ihren Unterhalt sechszig reichsth. in quartalien eingetheilt mit laufenden anzufangen, biss fernere ggsten Verordnung ausgezahlt werden, wornach Churfl. Hof-Cammer sich ghst zu achten hatt.«

Eine andere, ein Jahr später eingereichte Bittschrift ist verloren; aber ihr Inhalt läßt sich aus folgender Beantwortung derselben erkennen:


»ad suppl.

Joan Beethoven.


Dem Supplicant wird hiermit die gdste Versicherung gegeben, dass auf früh- oder spath erfolgendes Absterben seiner Mutter, er den Genuß einvermeldeter 60 Rthl. jährlich haben solle. Urkund p.


Bonn den 5. Juny 1775.«


Der Tod der Mutter erfolgt nur wenige Monate später; das Bonner Intelligenzblatt vom 3. Oktober 1775 gibt ihn so an: »Gestorben am 30. Sept. Maria Josepha Pols, Wittwe van Beethoven, alt 61 Jahr.« In einer Besoldungsliste für 1776 (in Düsseldorf befindlich) wird bei der »Musik Parthie« das Gehalt Johanns van Beethoven auf 36 Rthl. 45 Alb. »quartaliter« angegeben, welches mit der Summe des in den früheren Dekreten ihm gewährten Gehalts ungefähr übereinstimmt; die letztgenannten 60 Rtlr. scheinen aber dabei noch nicht eingerechnet zu sein. Daß er mit seiner Familie in großer Dürftigkeit lebte, geht aus den obigen Dokumenten, welche durch viele Erzählungen über den Gegenstand bestätigt werden, hervor; auch die ehemaligen Erinnerungen älterer Bonner, welche bei dem Streite über das Geburtshaus aus Licht kamen, stimmen damit überein. So sagt Dr. Hennes in seinem erfolglosen Versuche, die Ansprüche des Fischerschen Hauses in der Rheingasse zu stützen4: »Seine [des Kapellmeisters] Ehe war nicht glücklich; seine Frau war dem Trunke ergeben; damit nicht Alles zu Grunde gehe, mußte er sie nach Köln in Pension thun, in ein Kloster, wenn ich nicht irre. Die unglückliche Leidenschaft ging von der Mutter auf den Sohn, Johann van Beethoven, über. Was ihm der Vater hinterließ, hielt bei ihm nicht lange. Jene seine Leinwand, die sich, wie man mir sagt, durch einen Ring ziehen ließ, wanderte, ein Stück nach dem andern, aus dem Hause; selbst das schöne[126] große Portrait, worauf der Vater, mit der Troddelmütze auf dem Haupt und ein Notenblatt in der Hand, stattlich abgebildet war, kam zum Trödler.« Letzteres ist ein Irrtum; doch mag es eine Zeitlang beim Pfänderverleiher gewesen sein. Jedenfalls dürfen wir aus den Fischerschen Mitteilungen entnehmen, daß Johann van Beethoven, wenn er ernstlich gewollt hätte, in leidlich bequemen Verhältnissen hätte leben können, da ihm außer seinem allerdings bescheidenen Gehalte die Hinterlassenschaft des Vaters und der Ertrag von Unterrichtsstunden, die ihm nicht entgehen konnten, zu Gebote stand; sein unstetes und leichtfertiges Wesen trug die Schuld an den mißlichen Verhältnissen, in welche er geriet.

Aus der Bonngasse zog die Familie Beethoven (wann, ist ungewiß) in ein Haus (Nr. 7 oder 8) auf dem Dreieck, auf der linken Seite, wenn man von der Sternstraße zum Münsterplatze geht. Dort wohnten sie 1774; denn die Taufe eines anderen Sohnes, welche am 8. April dieses Jahres stattfand, ist in das Register der Pfarre S. Gangolph eingetragen, zu welcher diese Häuser gehörten. Der Name dieses Sohnes war Kaspar Anton Karl; so war er nach seinen Paten, dem Minister Kaspar Anton von Belderbusch und der Äbtissin von Vilich, Karoline von Satzenhoven, genannt worden. Hatte diese Herablassung von seiten des Ministers und der Äbtissin vielleicht den Zweck, den Vater bei dem Fehlschlagen seiner Hoffnung auf höhere Besoldung zu beschwichtigen?

Vom Dreiecke zogen Beethovens in das Fischersche Haus in der Rheingasse (Nr. 934), in welchem schon die Großeltern gewohnt hatten, welches so lange für das Geburtshaus des Komponisten gehalten worden ist und noch lange nachher durch eine falsche Inschrift als solches bezeichnet war5. Der Umzug geschah jedenfalls vor dem 2. Oktober 1776; denn an diesem Tage wurde wieder ein Sohn Johanns van Beethoven, Nikolaus Johann, in der Pfarre S. Remigius getauft. In dem oben erwähnten Schreiben an die Kölner Zeitung legt Dr. Hennes viel Gewicht auf das Zeugnis der Cäcilia Fischer; er sagt: »Die sechsundsiebzigjährige Jungfer Cäcilia Fischer erinnert sich noch sehr gut, den kleinen Louis in der Wiege gesehen zu haben; sie weiß noch manches von ihm zu erzählen« usw. Das Mißverständnis erklärt sich leicht, ohne daß man eine absichtliche Täuschung anzunehmen brauchte; 62 Jahre später hat sie die Geburt Nikolaus Johanns mit der Ludwigs verwechselt.

[127] Nach Fischers Bericht ist die Familie aus diesem Hause 1776 für kurze Zeit in die Neugasse gezogen, aber nach dem Schloßbrande 1777 zu Fischers zurückgekehrt. Wir haben diese Wohnungsübersicht an einer späteren Stelle abzuschließen.

Die Erzählung des alten Fischer führt uns bis in die früheste Kindheit; er weiß von einem körperlichen Fehler Ludwigs zu berichten, gegen welchen ein Mittel der Frau Fischer geholfen habe, gibt denselben aber nicht näher an. »Als der Beethovenschen Kinder drei waren«, fährt er fort, »wurden sie an schönen Sommertagen von den Mägden an den Rhein oder in den Schloßgarten getragen, wo sie auf dem Sandboden mit andern Kindern spielten und sich dann zu gehöriger Zeit wieder einfinden mußten. Wenn die Witterung nicht günstig war, spielten die Kinder auf Fischers Hofe mit den Kindern von Fischers und andern aus der Nachbarschaft; sie hatten da eine Schaukel, auf der sie sich schaukelten.« Wenn der Vater Besuch erhielt und die Kinder auf die Seite haben wollte, seien sie mit der Magd ins Unterhaus geschickt worden, wobei der jüngste, Nicola, durch Nachlässigkeit der Magd einen Schaden davongetragen habe. »Beethovens Kinder wurden nicht weichlich erzogen; sie waren den Mägden oft überlassen; der Vater war gegen sie sehr streng. Wenn die Kinder mit ihres Gleichen waren, konnten sie sich lange friedlich unterhalten. Ludwig ließ sich gern Huckepack tragen, da konnte er recht lachen.«

Wir haben keine bestimmten Angaben über die Zeit, wann die musikalische Erziehung Ludwigs van Beethoven begann; auch fehlt es an positiven Beweisen dafür, daß sich, wie bei Händel, Haydn und Mozart, schon in seinem frühesten Kindesalter bemerkenswerte musikalische Anlagen bei ihm zeigten. Schlosser erzählt einiges hierauf Bezügliche, ohne jedoch bestimmte Zeugnisse dafür anzuführen; die von ihm mitgeteilten Einzelheiten kann er unmöglich selbst beobachtet haben. Müller6 hatte von Franz Ries und Nicolaus Simrock gehört, daß Johann van Beethoven seinem Sohne in dessen »frühester Kindheit« Unterricht auf dem Klavier und der Violine gab und ihn »fast zu nichts anderem« anhielt. In der Widmung der Klaviersonaten von 1783 an den Kurfürsten läßt man den Knaben sagen: »Seit meinem vierten Jahre begann die Musik die erste meiner jugendlichen Beschäftigungen zu werden«, was man für diesen Punkt als entscheidend ansehen könnte, wäre nicht sein Alter auf dem Titelblatte unrichtig angegeben.

[128] So viel ist sicher, daß nach dem Einzuge in das Fischersche Haus dem Knaben seine tägliche Beschäftigung mit musikalischen Studien und Übungen vorgeschrieben war, und daß er trotz seiner Tränen denselben obzuliegen gezwungen wurde. Cäcilia Fischer, wie Hennes (1838) schrieb, »sieht ihn noch, wie er als kleines Bübchen auf einem Bänkchen vor dem Clavier stand, woran die unerbittliche Strenge seines Vaters ihn schon so früh festbannte ... Der Patriarch von Bonn, Herr Oberbürgermeister Windeck, möge es mir verzeihen, daß ich an ihn appelliere und es hier anführe, daß auch er in diesem Hause den kleinen Louis van Beethoven hat vor dem Claviere stehen und Thränen vergießen sehen«. Dazu schreibt Dr. Wegeler7: »Das sah ich auch. Wie? Das Fischersche Haus hing nämlich, hängt vielleicht noch, rückwärts durch einen Gang mit einem Hause zusammen, welches in der Giergasse liegt und damals von einem höheren Rheinzollbeamten, Herrn Bachem8, Großvater des Herrn Landgerichtsrathes Bachem dahier, als Eigenthümer fortwährend bewohnt wurde. Der jüngste Sohn desselben, Benedict, war unser Schulkamerad, und bei unseren Besuchen konnte von hier aus der kleine Louis, sein Thun und Leiden, gesehen werden.«

Man muß annehmen, daß der Vater die Anzeichen von dem Genie des Sohnes wahrgenommen habe; denn es ist wohl kaum anzunehmen, daß dasselbe unbemerkt blieb. Aber die dürftige Lage der Familie und das Fehlschlagen der Bittgesuche um höhere Besoldung, welche gerade zu jener Zeit eingegeben waren, als der Kurfürst seine Ausgaben für Musik durch die Berufung von Lucchesi und Mattioli und auf andere Weise so sehr steigerte, sind hinlängliche Gründe für die »unerbittliche Strenge«, mit welcher der Knabe zu seinen Übungen angehalten wurde. In manchen früheren Darstellungen von Beethovens Jugend hat die Sucht, etwas Neues und Überraschendes zu sagen, zu einem solchen Gemisch von Tatsachen und Phantasie geführt, daß es jetzt außerordentlich schwer ist, dasselbe zu scheiden. So erzählt Schlosser (S. 4): »Die höchste Luft wurde ihm aber gewährt, wenn ihn der Vater auf den Schooß nahm und durch seine kleinen Fingerchen den Gesang eines Liedes auf dem Clavier begleiten ließ.« Im Gegensatze dazu stellen andere die Geschichte seiner Kindheit so dar, daß wir uns den Vater als einen erbarmungslosen Tyrannen, den Knaben als ein Opfer und einen Sklaven vorstellen müssen; ein Irrtum, den eine ruhige Betrachtung dessen, was wirklich über die [129] darauf bezüglichen Tatsachen bekannt ist, zerstreut. Gerade für außerordentliche Genies gibt es nur einen Weg zur Auszeichnung: unablässigen Fleiß; zu diesem wurde der junge Ludwig angehalten, zuweilen ohne Zweifel durch das Mittel der Furcht und durch wirkliche Anwendung von Strafen im Falle einer Nachlässigkeit; mitunter war auch sicherlich der Vater, aus dessen Gewohnheiten man leider eine ungünstige Vorstellung von seinem ganzen Wesen und seiner Handlungsweise entnehmen kann, rauh und ungerecht. Das scheint das Wahre zu sein.

Jedenfalls erlangte der Knabe schon früh auf dem Klavier eine so bedeutende Fertigkeit, daß ihn der Vater vor dem Hofe spielen und im Alter von sieben Jahren, zusammen mit einer seiner Schülerinnen, in Köln auftreten lassen konnte. Wir geben hier die Ankündigung des Konzertes, wie sie die Kölnische Zeitung am 18. Dezember 1870 nach dem im Privatbesitz aufbewahrten Original brachte.


»AVERTISSEMENT.


Heut dato den 26ten Martii 1778, wird auf dem musikalischen Akademiesaal in der Sternengaß der Churköllnische Hoftenorist BEETHOVEN die Ehre haben zwey seiner Scholaren zu produciren; nämlich:Mdlle. Averdonc Hofaltistin, und sein Söhngen von 6 Jahren. Erstere wird mit verschiedenen schönen Arien, letzterer mit verschiedenen Clavier-Concerten und Trios die Ehre haben aufzuwarten, wo er allen hohen Herrschaften ein völliges Vergnügen zu leisten sich schmeichlet um je mehr da beyde zum größten Vergnügen des ganzen Hofes sich hören zu lassen die Gnade gehabt haben.


Der Anfang ist Abends um 5 Uhr.

Die nicht abbonnirte Herren und Damen zahlen einen Gulden.


Die Billets sind auf ersagtem musikalischen Akademiesaal, auch bey Hrn. Claren auf der Bach im Mühlenstein zu haben9


Leider erfahren wir nichts über die Stücke, die der Knabe spielte, noch über den Erfolg seines Auftretens. Bemerkenswert ist, daß schon bei diesem Anlasse der Vater das Alter des Knaben niedriger angab, als es wirklich war.

Daß die Violine ebenso wie das Klavier von ihm geübt wurde, wird zur vollen Gewißheit erhoben durch die Ausdrücke, mit welchen [130] Schindler die Wahrheit der bekannten Anekdote von der Spinne, die sich auf sein Instrument herabließ, bestreitet. Er sagt nämlich: »Der große Ludwig wollte sich durchaus eines solchen Factums nicht erinnern, so sehr ihn diese Fabel amüsirte. Im Gegentheil, sagte er, wäre zu erwarten gewesen, daß vor seinem argen Gekratze Alles geflohen wäre, selbst Fliegen und Spinnen10.« Sollte trotz dieser Worte Schindlers jemand geneigt sein, der Erzählung Glauben zu schenken, weil Johann van Beethoven »capabel« auf der Violine war, so verweisen wir ihn auf S. 35 von Quatremère-Disjonvals »Araneologie« (in der Frankfurter Übersetzung) oder auf den Artikel »Berthaume« in den bekannten musikalischen Wörterbüchern11.

Da der vornehmste Zweck des Vaters eine möglichst schnelle und glänzende Entwickelung des musikalischen Talentes seines Sohnes war, um daraus einen »einträglichen Artikel« zu machen, so ließ er ihm keine weitere Schulbildung geben als die, welche er in den öffentlichen Elementarschulen erhalten konnte. Nach Fischers Bericht hat er zuerst eine Schule in der Neugasse (bei Lehrer Huppert12), dann die Münsterschule besucht. Unter den niederen Schulen befand sich in Bonn das sogenannte Tirocinium, eine Lateinschule, welche für das Gymnasium vorbereitete, aber nicht in unmittelbarer Verbindung mit demselben stand, sondern ihren eigenen Lehrer hatte; sie war, wie das ganze Schulwesen, dem von Max Friedrich 1777 eingerichteten Akademierat unterstellt. Die Schüler lernten hier außer anderen Elementargegenständen (Rechnen und Schreiben soll ausgeschlossen gewesen sein) Lateinisch lesen und schreiben und brachten es bis zum Verständnisse des Cornelius Nepos. Lehrer war in jener Zeit Johann Krengel, ein in der Stadt geachteter Pädagoge, welchen der Ökonomierat 1783 zum »Stadtschulmeister« ernannte; 1786 verlegte er die Schule in die Bonngasse. Ihr wurde auch der junge Beethoven übergeben; wann, ist ungewiß. Sein Altersgenosse und Mitschüler, der kurkölnische Rat und spätere Landgerichtspräsident Wurzer, erzählt darüber [131] in seinen Memoiren13 folgendes. »Einer meiner Mitschüler bei Lehrer Krengel war Luis van Beethoven, dessen Vater beim Kurfürsten als Hofsänger angestellt war. Seine Mutter war damals aller Wahrscheinlichkeit nach bereits verstorben14, denn Luis v. B. zeichnete sich ganz besonders durch Unsauberkeit, Vernachlässigung u.s.w. aus. Von den genialen Funken, die er später so reichlich sprühete, entdeckte damals niemand eine Spur. Ich vermuthe, daß er frühzeitig vom Vater nur zur Uebung der Tonkunst ist angehalten worden.« Wurzer ging im Herbst 1781 an das Gymnasium über, Beethoven nicht; das wird also die Zeit gewesen sein, von welcher ab er ausschließlich den Musikerberuf verfolgen sollte, was auch durch das Folgende bestätigt wird.

In welcher Weise seine Schulbildung anderweitig ergänzt wurde, erfahren wir nicht bestimmt; jedenfalls traten die Mängel derselben in den Briefen aus seinem ganzen Leben in betrübender Weise hervor. In seinem ersten Mannesalter schrieb er eine leidliche Hand, so gänzlich von dem unangenehmen Gekritzel seiner späteren Jahre verschieden, daß man beinahe Zweifel an der Echtheit von Autographen aus jener Periode hegen möchte; aber in der Orthographie, im Ausdruck bei Abfassung wichtiger Briefe, in der Interpunktion, dann auch im Rechnen15 blieb er sein ganzes Leben lang in trauriger Weise unsicher. Das Französische konnte er auch später noch handhaben; vom Lateinischen hatte er wenigstens so viel behalten, um die Texte, die er zu komponieren hatte, verstehen zu können. Aber gerade während seiner Schulzeit standen seine Studien in zweiter Reihe neben seinen musikalischen Übungen, mit denen seine Zeit außerhalb der Schule offenbar größtenteils besetzt war.

Übrigens sind – damit wir diesen Gegenstand hier gleich erledigen – dem jungen Beethoven die Lücken seiner Bildung vielleicht schon in Bonn, noch ehe seine Kunst ihn in die gebildeten Kreise der Stadt einführte, fühlbar geworden. Der Violoncellist Mäurer (s. o., S. 64) erzählt in seinen Aufzeichnungen über jene Periode, welche sich in der Fischhoffschen Handschrift befinden, und welche dem Verfasser von O. Jahn mitgeteilt worden waren, folgendes16. »Im J. 1780 lernte er [Beethoven] [132] Zambona kennen, welcher einige Jahre älter war, der ihn doch aufmerksam machte, daß er außer Musik nichts verstehe, was zum geselligen Leben gehöre, deßhalb sei er so verdrießlich unter anderen Menschen und ziehe sich zurück, daß man ihn für einen Misanthropen halte. Louis gestand betroffen zu, daß seine Erziehung sehr vernachlässigt sei, aber in eine Pfarrschule könne er doch nicht zurückkehren. Zambona unterrichtete ihn nun täglich, zuerst in den sogenannten Rudimenten im Auszuge der lat. Grammatik. Louis machte so schnelle Fortschritte, daß er in 6 Wochen die Ciceronischen Briefe übersetzte und trieb ein Jahr das Lateinische. Dann trieb er mit ihm Logik nach Feders deutschem Compendium und etwas französisch und italienisch17, bis er Bonn verlassen mußte, um als Buchführer bei Bertholdi in Mühlheim einzutretten.« In dem genannten Jahre 1780 war Beethoven 9 Jahre alt und besuchte sicherlich noch die Schule; hierhin paßt also Mäurers Erzählung nicht. Fand die Begegnung mit Zambona aber später statt, dann fällt wieder auf, daß Mäurer gerade 1780 Bonn verließ und nach Köln übersiedelte, also nicht Augenzeuge der Vorgänge war. Der Name Zambona kommt im Bonner Intelligenzblatt jener Jahre öfter vor; so heißt z.B. der Inhaber einer Wirtschaft, eines Kaufladens, usw. 1783 lesen wir die Anzeige: »Postwagensabfahrt nach Köln. Fährt itzt des Tages zweimal Morgens um 6 und Nachmittags um 2 Uhr bei Herrn Zambona, gegen St. Remigii Kirch über, ab.« 1788 wohnte ein Zambona am Markt; in dem Hause befand sich die »kurfürstlich privilegirte Haasische Buchhandlung«, welche ihre Hauptniederlage in Köln hatte. In den »Geheimen Staats- und Konferenz-Protokollen« vom 30. Mai 1787 liest man: »Stephan Zambona bittet erhohlter ihn als Kammerportier gndst. anzustellen« usw., wobei die Bemerkung beigefügt ist: »findet das Gesuch keine Statt«. Aber schon 1775 besuchte ein Schüler dieses Namens, wie der Direktor dem Herausgeber mitteilte, das Bonner Gymnasium; das war vielleicht eben jener ältere Freund Beethovens. Einen tatsächlichen Untergrund konnte also Mäurers Erzählung recht wohl haben; enthält sie aber Wahrheit, dann kann sie nur in eine spätere Zeit gehören, in welcher Beethoven die Schule nicht mehr besuchte. Über den Inhalt und Fortgang des Unterrichts (Ciceros Briefe nach 6 Wochen!) konnte Mäurer vollends nichts Näheres wissen. Das Bestreben aber, sich weiter zu bilden, hat Beethoven während seines ganzen Lebens nicht verlassen; schon in Bonn [133] gab sein erweiterter Verkehr ihm Gelegenheit dazu. Darüber wird noch weiter zu sprechen sein.

Er sei, hieß es in dem obigen Berichte, »verdrießlich unter anderen Menschen und ziehe sich zurück«; diese auf sein persönliches Verhalten bezügliche Bemerkung verdient noch eine kurze Erläuterung, wenngleich auch jene Worte schon ein etwas vorgerückteres Alter voraussetzen. Im Anfang der Mäurerschen Aufzeichnungen heißt es so: »M. kam 1777 im 20. Jahre als Violoncellist in die Kapelle in Bonn und sah L., der damals das 7te Jahr erreichen sollte – 1770 geboren – Er war schon als Kind in sich gekehrt und ernsthaft, die gewöhnlichen Kinderspiele waren nie seine Unterhaltung18.« Auch Dr. Müller beschreibt ihn als »scheu und einsilbig, weil er mit Menschen wenig Gedanken wechselte; er beobachtete und dachte mehr, als er sprach, und überließ sich dem durch Töne und später durch Dichter geweckten Gefühle und der brütenden Phantasie«. Für die frühere Knabenzeit müssen diese Darstellungen ein wenig eingeschränkt werden. Fischer, welcher hier sicherlich Glauben verdient, erzählt ausdrücklich, daß Ludwig mit seinem Bruder Karl auch an mutwilligen Knabenstreichen seine Freude haben und dabei herzlich lachen konnte. Daß diese Streiche nicht gerade immer harmloser Natur waren, darüber mag man bei Fischer (Anh. VII) das Nähere nachsehen. Justizrat Krupp berichtet in einem Briefe an Simrock, welcher dem Verfasser mitgeteilt wurde, folgendes. »Mein im J. 1847 verstorbener Vater war Jugendfreund, resp. Mitschüler von Ludwig und Karl van Beethoven und mit der Pathin des Ersteren etwas verschwägert. Donnerstags hatten die Schüler den ganzen Tag frei und kamen dann die Brüder Ludwig und Karl van Beethoven in mein großelterliches, jetzt mir u. meiner Schwester zugehörige Haus No. 28 Bonngasse u. amüsirten [sich] außer mit anderen Spielen dort mit Schießen nach der Scheibe. Es geschah dies in der Weise, daß im Garten unseres Hauses wider die Mauer, welche unsern Garten von den anschließenden Häusern der Wenzelsgasse trennte, eine Scheibe gestellt wurde, nach deren Centrum man mit Pfeilen schoß. Beim Treffen des Centrums fiel ein Stüber – etwa 4 Pfennig – heraus, der für den glücklichen Schützen war. Garten u. Mauer sind noch [1890] in demselben Zustande, wie damals. Abends gingen dieGebrüder van Beethoven durch das Gudenauergäßchen nach Hause: die [134] Familie wohnte damals in der Wenzelgasse ungefähr hinter unserm Hause19. – – Sein Vater«, heißt es weiter, »besonders wenn er angetrunken, habe den Ludwig hart behandelt, auch in den Keller eingesperrt. Ich erinnere mich genau, wie diese Darstellungen meines Vaters von andern Nachbarn, insbesondere von dem im Hause No. 35 Bonngasse wohnenden alten Schmitz bestätigt worden sind.«

Die Luft an dergleichen kindlichen Spielen dürfte aber die frühe Knabenzeit nicht lange überdauert, jedenfalls sein Gemüt nicht sehr in Anspruch genommen haben; die Erinnerung an sein vorwiegend ernsthaftes, zurückgezogenes Wesen überwiegt doch in allen hierauf bezüglichen Mitteilungen20. Seine Kunst beherrschte ihn; Musik und immer Musik, das war sein Tagewerk. Deshalb wurde auch die Fähigkeit, seine Gedanken durch Worte auszudrücken, durch keine frühe Ausbildung bei ihm entwickelt; und gelegentliche Ausbrüche von Beredsamkeit in seinen Briefen und Unterhaltungen möchten manche nicht für echt halten, weil sie so selten gefunden werden. Als wenn der mächtige Geist, der nach entsprechendem Ausdrucke ringt, nicht zuzeiten alle Bollwerke und Hindernisse durchbrechen und besiegen könnte!

So vorwärts getrieben durch die Strenge des Vaters, durch die innige Liebe zur Mutter und durch das Erwachen des eigenen Geschmackes, entwickelte sich das Talent des Knaben mit so unaufhaltsamer Schnelligkeit, daß zeitig ein tauglicherer Lehrer, als der Vater war, nötig wurde.

Der erste, zu welchem der Vater seine Zuflucht nahm, war der alte Hoforganist van den Eeden. Derselbe war jetzt ungefähr 50 Jahre im kurfürstlichen Dienste und war schon vor der Ankunft des Großvaters Beethoven in Bonn eingetreten; man kann sich wohl die Bereitwilligkeit denken, einem alten verstorbenen Freunde durch die Unterweisung des Enkels einen Dienst zu erweisen, und die Erzählung Schlossers, daß er den Unterricht zunächst unentgeltlich erteilte, würde sich daraus erklären lassen. Daß er aber, wie derselbe Schriftsteller berichtet, den Unterricht [135] auf Befehl und Kosten des Kurfürsten fortgesetzt habe, muß dahingestellt bleiben; wenigstens hat sich im Düsseldorfer Archiv nichts gefunden, was dies bestätigte. Überhaupt ist man hinsichtlich der Zeit, des Gegenstandes und des Erfolges dieses Unterrichts lediglich auf Vermutungen angewiesen. »In seinem 8ten Jahre«, heißt es in Mäurers Aufzeichnungen, »nahm ihn der Hoforganist van der Eden in die Lehre; von seinen Fortschritten erfuhr man nichts.« Das wäre also, da Mäurer das Alter richtig angegeben hat (s. S. 134), etwa 1778 gewesen. Erst nach dieser Mitteilung erwähnt Mäurer den Unterricht bei Pfeiffer. Ganz unabhängig davon erzählt uns der alte Fischer folgendes: »Da ihn nun sein Vater in der Musik nicht mehr weiter bringen konnte, auch Talent zur Komposition bei ihm vermuthete, nahm er zuerst einen betagten Meister Santerrini, der den Knaben eine Zeitlang unterrichtete; doch hielt der Vater nicht viel auf diesen, glaubte nicht, daß er der rechte Mann wäre, und wünschte eine Veränderung.« Diese bestand dann darin, daß er durch Großmanns Vermittelung Pfeiffer gewann. Einen Musiker Santerrini hat es in der Kapelle nicht gegeben; wohl befand sich 1780 bei Großmanns Gesellschaft ein Schauspieler Santorini, welcher aber hier nicht in Betracht kommen kann21. Offenbar liegt hier eine Namensverwechselung oder Verdrehung vor22, und der ganze Zusammenhang, namentlich der »betagte Meister« läßt erkennen, daß kein anderer als van den Eeden gemeint war, dessen Unterricht also nach beiden Quellen vor den bei Pfeiffer fiel und nicht lange dauerte.

Daß derselbe das Orgelspiel zum Gegenstande hatte, sagt Schlosser nicht, und es ist auch uns sehr unwahrscheinlich, daß der Knabe, der eben eine mehr systematische Unterweisung im Klavierspiel erhalten sollte, schon in so frühem Alter an die Orgel geführt wurde23. Man hat dies wohl, in [136] Unkenntnis der näheren Verhältnisse, daraus gefolgert, daß van den Eeden Organist war und Beethoven gerade auf diesem Instrumente später große Fertigkeit bewies. Bemerkenswert aber ist, daß Wegeler (S. 11) nichts Bestimmtes darüber zu wissen erklärt, ob Beethoven bei van den Eeden Unterricht erhielt; es sei ihm darum glaublich, weil ihm sonst keiner in Bonn bekannt geworden, von dem er die technische Behandlung der Orgel hätte erlernen können. Solcher gab es aber, wie wir sehen werden, in Bonn noch mehrere, auch wenn wir von Neefe ganz absehen wollen. Schindler erklärt Wegelers Vermutung für Gewißheit und erzählt, daß Beethoven oft mit ihm von dem alten Organisten gesprochen habe, wenn von der eigentümlichen Stellung und Bewegung des Körpers und der Hände beim Orgel-und Pianofortespiel die Rede war; er sei gelehrt worden, beides ruhig und gleichmäßig zu halten. Das kann richtig sein, soweit es aufs Klavierspiel ankommt; im übrigen war Schindler über Beethovens Bonner Zeit nur wenig unterrichtet, und die Möglichkeit einer Verwechslung, sogar bei Beethoven selbst, welcher (wie weiterhin mitzuteilen sein wird) von mehreren Organisten Anleitung erhielt, ist nicht ausgeschlossen. Mäurer fährt, nachdem er von Pfeiffer gesprochen, so fort: »Van der Eeden blieb sein einziger Lehrer im Generalbaß, als ein Siebziger schickte er den 11–12jährigen Louis, an seiner Stelle die Messe und übrige Kirchenmusik auf der Orgel zu begleiten. Er trat dabei auf eine so überraschende Weise hervor, daß man denken mußte, er habe sich absichtlich zurückgehalten. Beim Präludiren zum Credo nahm er ein Thema aus dem Credo und bearbeitete es zum Erstaunen des Orchesters so, daß man ihn länger als üblich phantasieren ließ. Von da an eröffnete sich seine glänzende Laufbahn.« Mäurer scheint von Neefe nichts zu wissen, wenn er meint, van den Eeden sei Beethovens einziger Lehrer im Generalbaß gewesen. Auch was er von der Stellvertretung beim Orgelspiel durch den 11- bis 12jährigen Knaben, also frühestens 1781 bis 1782, berichtet, beruht ersichtlich auf Verwechslung van den Eedens mit einem der anderen Lehrer Beethovens im Orgelspiel; am wahrscheinlichsten mit Neefe.

Nach unserer Vermutung unterrichtete van den Eeden den Knaben vorzugsweise und vielleicht ausschließlich im Klavierspiel, dessen er selbst Meister war; sein Einfluß aber war nur ein geringer. Man bedenke, daß van den Eeden ein hochbejahrter Mann war, der schon 1781 in Neefe seinen vorher bestimmten Nachfolger erhielt und im Juni 1782 starb. Nirgendwo tritt er, wie die übrigen Lehrer Beethovens, durch individuelle Züge oder Äußerungen hervor; es ist ein ganz farbloses Bild [137] in Beethovens Jugendgeschichte. Auch nähere Beziehungen zum Beethovenschen Hause scheinen nicht bestanden zu haben, da er sonst in dem Verzeichnisse bei Fischer nicht fehlen würde, der sogar seinen Namen nicht genau kennt. Mit dem Urteile des Vaters, daß sein Unterricht nicht genügte, wird es wohl seine Richtigkeit haben.

Den geeigneteren Lehrer glaubte man in Tobias Friedrich Pfeiffer gefunden zu haben, welcher im Sommer 1779 als Tenorist in Großmanns und Helmuths Theatergesellschaft nach Bonn gekommen war (s. o., S. 80). »Pfeiffer«, berichtet Mäurer, »war damals beim Theater unter Großmann als Tenorist angestellt, ein fertiger Klavierspieler und ausgezeichneter Oboist24. Er wurde ersucht, Louis Unterricht zu geben. Dazu wurde aber keine ordentliche Zeit festgesetzt; oft, wenn Pfeiffer mit B.s Vater in einer Weinschenke bis 11 oder 12 Uhr gezecht hatte, ging er mit ihm nach Hause, wo Louis im Bette lag und schlief; der Vater rüttelte ihn ungestüm auf, weinend sammelte sich der Knabe und ging ans Klavier, wo Pfeiffer bis zum frühen Morgen bei ihm sitzen blieb, da er das ungewöhnliche Talent desselben erkannte; vielleicht brachte er ihm einige aus Kirnberger geschöpfte Kenntnisse bei. Nach einem Jahre mußte Pfeiffer Bonn verlassen, und Louis konnte nun ruhig schlafen. Als er so weit war, daß er sich mit Beifall vor Kennern hören lassen konnte25, lud sein exaltirter Vater jeden ein, seinen Louis zu bewundern, der aber gegen jedes Lob gleichgiltig blieb, sich zurückzog und für sich allein übte, am liebsten wenn der Vater nicht zu Hause war. So gingen die 70er Jahre vorüber, ohne daß man etwas Besonderes von ihm hörte.« Nach allem, was wir über Johann van Beethoven und Pfeiffer wissen, kann man dieser Erzählung im allgemeinen Glauben schenken; auch konnte dieses ungewöhnliche Verfahren recht wohl die Folge haben, daß Pfeiffers Lektionen einen dauernden Eindruck bei ihm hinterließen. Das Ganze wird dadurch noch wahrscheinlicher, daß nach Fischers Bericht Pfeiffer bei der Familie Beethoven »in Kost und Logis« war. In derselben Quelle wird noch berichtet, daß Pfeiffer Flöte blies und häufig mit Ludwig zusammen spielte, wobei »die Leute auf der Straße aufmerksam zuhörten«26.

Also Klavierspiel und vielleicht etwas Generalbaß, das waren die Gegenstände von Pfeiffers Unterricht. Obgleich er nur ein Jahr in Bonn [138] verblieb, verdankte Beethoven nach Wegelers Mitteilung »diesem Lehrer das Meiste und war auch so erkenntlich dafür, daß er ihm noch von Wien aus durch Herrn Simrock eine Geldunterstützung zukommen ließ«. Über das Maß dieser Dankesverpflichtung werden wir jetzt schwerlich zu urteilen imstande sein. Wir werden nicht bestreiten können, daß zu den Fortschritten des genialen Knaben die Einwirkung eines begabten und vielseitigen Musikers, wie Pfeiffer, das ihrige beitrug; aber als unwahrscheinlich muß es doch gelten, daß der einjährige Unterricht dieses Mannes einem Knaben von 81/2 bis 91/2 Jahren mehr hätte nützen können, als der irgendeines anderen seiner Lehrer, welcher länger ausgedehnt und systematischer angelegt war.

Um jene Zeit wohnte auch der junge Hofmusiker Franz Georg Rovantini (s. o., S. 57, 118) im Beethovenschen Hause, der Sohn des 1765 von Ehrenbreitstein nach Bonn berufenen, schon 1766 verstorbenen Violinspielers Johann Konrad Rovantini; er war, wie wir sahen, mit der Beethovenschen Familie nahe verwandt. Der junge Künstler stand in großer Achtung und war ein gesuchter Musiklehrer. Nach dem Fischerschen Bericht erhielt auch der junge Beethoven von ihm Unterricht auf der Violine und Bratsche. Doch fand auch dieser Unterricht ein vorzeitiges Ende; am 9. September 1781 starb Rovantini an einer ansteckenden Krankheit im Alter von 24 Jahren.

Für das Orgelspiel erwachte bei dem Knaben früh eine besondere Vorliebe, und er suchte die Gelegenheiten, sich in demselben zu bilden, eifrig auf, wie es scheint, auch schon ehe er Neefes Schüler wurde. Im Franziskanerkloster zu Bonn lebte ein Bruder Willibald Koch, wegen seines Spiels und seiner Sachkenntnis hochgeachtet und in Sachen des Orgelbaus als Autorität angesehen. Wir haben keinen Grund, an der Erzählung Fischers zu zweifeln, daß der junge Ludwig denselben aufsuchte, von ihm Unterricht erhielt und es so weit brachte, daß Bruder Willibald ihn als Gehilfen annahm27. In ähnlicher Weise befreundete er sich mit dem Organisten im Minoritenkloster und »machte sich fest«, dort morgens um 6 Uhr in der Messe die Orgel zu spielen; er hatte das Bedürfnis, eine größere Orgel kennen zu lernen. In einem Notizbuche, welches er mit sich nach Wien nahm, findet sich auf der inneren Seite des Deckels die Bemerkung: »Fußmaß vom Minoritten-Pedal in Bonn«; [139] die Orgel hatte also ihr Interesse für ihn behalten. Noch eine weitere Tradition, enthalten in einem Briefe von Fräulein Auguste Grimm an den Verfasser aus dem September 1872, weiß zu berichten, daß Heinrich Theisen, geb. 1759, Organist zu Rheinbreitbach bei Honnef am Rhein, 1780 bei dem Organisten Zensen in der Münsterkirche zu Bonn zusammen mit Beethoven das Orgelspiel erlernt, und daß der 10jährige Beethoven seinen 20jährigen Mitschüler übertroffen habe. Um diese Zeit habe er schon Stücke komponiert, welche seine kleine Hand noch nicht greifen konnte. »Das kannst du ja gar nicht spielen, Ludwig«, habe sein Lehrer gesagt. »Aber wenn ich größer bin«, sei die Antwort gewesen28. Die eifrige Beschäftigung mit dem Orgelspiel erklärt sein rasches Fortschreiten in der Behandlung dieses Instruments und macht es begreiflich, daß er schon in früher Jugend imstande war, die Stelle eines zweiten Hoforganisten zu bekleiden.

Auffallend ist die große Zahl der früheren Lehrer Beethovens; sie zeigt, daß von einer eigentlich systematischen Unterweisung in dem gesamten Gebiete seiner Kunst keine Rede sein konnte. Vielleicht fehlte es, ehe Neefe kam, an einer hierzu geeigneten oder bereiten Persönlichkeit; jedenfalls aber hat es auch der Vater Johann van Beethoven an der nötigen Umsicht und Fürsorge fehlen lassen, wozu noch der Umstand kommen mochte, daß seine Mittel ihm größeren Aufwand nicht gestatteten. Er überließ den Knaben in einzelnen Fällen ganz sich selbst, und es scheint ihm wesentlich darum zu tun gewesen zu sein, die Ausbildung desselben auf eine möglichst wenig kostspielige Weise zu gestalten. Er erkannte das große Talent und setzte alle Hoffnung auf die Entwickelung desselben, wie uns auch Fischer berichtet; aber der hohe Sinn und die unbeugsame Gewissenhaftigkeit von Mozarts Vater, welcher in der gleichmäßigen und ununterbrochenen Ausbildung des genialen Sohnes eine von höherer Hand ihm gesetzte Lebensaufgabe sah und bei derselben kein Opfer scheute, wohnte Johann van Beethoven nicht bei; mangelnder Ernst der Lebensauffassung hielt ihm den Gedanken fern, daß hier ein Schatz auf seine Seele gelegt sei, über den er sorgsam zu wachen und Rechenschaft abzulegen habe; ihm genügte es, wenn er ihn recht bald glänzen sehen und eine Hilfe für die Vermehrung seiner Einkünfte in ihm heranziehen konnte.

Am meisten vermissen wir in den Nachrichten über den ersten Unterricht eine Mitteilung über theoretische Belehrungen. Mögen ihm auch [140] van den Eeden und Pfeiffer davon schon einige Begriffe beigebracht haben; ernstlichere Studien begannen doch wohl erst, als er Neefes Schüler wurde. In dem Faksimile, welches auf den Abschnitt über den »Generalbaß« in den Seyfriedschen sogenannten »Studien« folgt, und dessen Original (nach Nohl) im Besitze des Bankvorstehers Ott-Ustri in Zürich ist, sagt der Komponist: »Lieben Freunde, ich gab mir die Mühe bloß hiermit, um recht beziffern zu können, und dereinst andere anzuführen, was Fehler angeht, so brauchte ich wegen mir selbst beynahe dieses nie zu lernen, ich hatte von Kindheit an ein solches zartes Gefühl, daß ich es ausübte, ohne zu wissen, daß es so seyn müsse oder anders seyn könne –.« Darnach könnte man versucht sein, einer weiteren Erzählung Mäurers Glauben zu schenken, welche sich auf eine angebliche, sehr frühe Komposition Beethovens bezieht. »Um diese Zeit«, schreibt er, »starb der englische Gesandte am churfürstlichen Hofe Hr. von Kretzner, welcher die Familie B.s bei dem geringen Gehalte von 400 f. [?] unterstützt hatte. Louis componirte zu seinem Andenken eine Trauercantate, sein erster Versuch im Componiren. Er übergab seine Partitur dem Kapellmeister Lucchesi zur Durchsicht und bat ihn, die Fehler zu verbessern. Lucchesi gab sie ihm mit der Äußerung zurück, er verstehe sie nicht und könne seinen Wunsch daher nicht erfüllen, wolle sie aber aufführen lassen. In der ersten Probe staunte man über die Originalität der Composition, allein der Beifall war getheilt, nach mehreren Proben steigerte sich derselbe und sie wurde mit allgemeinem Beifall aufgeführt.« George Cressener Esq. kam als englischer Gesandter nach Bonn im Herbst 1775 und starb dort am 17. Januar 1781 im 81. Jahre seines Alters. Das »um diese Zeit« in Mäurers Erzählung paßt also hinlänglich zu diesem Datum; nur erregt der Umstand Mißtrauen, daß Mäurer, wie bereits bemerkt, im Frühjahr 1780 den Dienst verlassen hatte und nach Köln zurückgekehrt war, also nicht Augenzeuge des Ereignisses war. Auch fällt es auf, daß die Sache den übrigen Mitgliedern der Hofmusik nicht erinnerlich war, nicht einmal Franz Ries, ebensowenig Neefe, der, wenn auch noch nicht Mitglied der Kapelle, doch schon in Bonn anwesend war. Endlich hat sich von einer solchen ersten Komposition des jungen Beethoven bisher keine Spur gefunden, und solange dies nicht geschehen, darf an der Richtigkeit der Erzählung gezweifelt werden. Beethoven selbst hat die C moll-Variationen und die drei Sonaten von 1783 als seine ersten Werke bezeichnet29.

[141] Bevor wir dieses Kapitel über Beethovens Kindheit beschließen, dürfen wir noch einen kurzen Blick in das Leben der Familie und des Hauses werfen, wobei uns der Bericht Fischers, dessen Angehörige das häusliche Leben zu beobachten in der Lage waren, leitend sein darf. Daß die häuslichen Verhältnisse in der Folgezeit, während der Krankheit und nach dem Tode der Mutter, sehr traurige waren und Beethoven nur in seinem erweiterten Verkehr einen Ersatz für die niederdrückenden Eindrücke des Hauses finden konnte, werden wir weiterhin erfahren. In jener früheren Zeit, als die Kinder heranwuchsen, ist das Bild noch nicht ganz so trübe. Wir gewinnen den Eindruck eines guten Einvernehmens der Ehegatten, wenngleich die Frau unter der Schwäche des Mannes zu leiden hatte, und eines lebhaften, wenngleich nicht sonderlich geordneten Haushalts. Viele Musiker und Künstler der Stadt verkehrten im Hause; Fischer gibt ein ausführliches Verzeichnis derselben, und wenn er dabei auch sicherlich manches verwechselt und Namen beigefügt hat, die erst nach dem Auszuge der Familie aus dem Hause in Bonn erscheinen, so ist es doch von Interesse, daß die leitenden Musiker Lucchesi und Mattioli und der Schauspieldirektor Großmann schon hier in den näheren Gesichtskreis des Knaben traten. Das musikalische Leben war infolge alles dessen im Beethovenschen Hause zeitweise ein sehr bewegtes und kleine Aufführungen häufig; besonders wurde, nachdem die Kunde von den Leistungen des genialen Knaben in weiterem Kreise sich verbreitet hatte, das Haus vielfach von Musikliebhabern besucht, vor denen dann kleine »Konzerte« unter Mitwirkung anderer Musiker veranstaltet wurden und Ludwig sich produzieren mußte. Der Geschmack war, wie wir annehmen dürfen, durchaus dem Klassischen und Schönen zugewandt, und wenn der Stern Mozarts etwa um 1780 für die weiter entfernten Rheinlande erst im Aufsteigen war, so hören wir um so lieber das schlichte Wort des alten Fischer: »im Hause Rheinstr. 934 bei Beethoven wurde oft von Mozart gesprochen«. Sicher erfuhr der Knabe schon früh den gewaltigen Einfluß des ihm so nahe verwandten Meisters30.

[142] Die Mutter blieb, solange sie gesund war, der von allen verehrte Mittelpunkt der Familie; ihr Namensfest war die wichtigste häusliche Feier im Jahre. »Alljährlich am Magdalenentag«, erzählt Fischer, »wurde der Namens- und Geburtstag der Madam van Beethoven herrlich gefeiert. Dann wurden vom Tucksaal (s. o., S. 20) die Notenpulte herbeigebracht und in beide Zimmer nach der Straße rechts und links gesetzt, und ein Baldachin auf das Zimmer gemacht, wo der Großvater Ludwig van Beethoven im Portrait hing, mit schönen Verzierungen, Blumen, Lorbeerbäumchen und Laubwerk verfertigt. Am Abend vorher wurde Madam van Beethoven bei Zeiten gebeten, schlafen zu gehen, bis 10 Uhr war alles in der größten Stille herbei gekommen und fertig. Nun fing das Stimmen an, dann wurde Madam v. B. aufgeweckt, mußte sich anziehen, und nun wurde sie unter den Baldachin auf einen schönen verzierten Sessel geführt und hingesetzt. Nun fing eine herrliche Musik an, die erscholl in der ganzen Nachbarschaft, alles, was sich zum Schlafengehen eingerichtet hatte, wurde munter und heiter. Nachdem die Musik geendigt, wurde aufgetischt, gegessen und getrunken, und wenn nun die Köpfe etwas toll wurden, und Luft hatten zu tanzen, dann wurden, um im Hause keinen Tumult zu machen, die Schuhe ausgezogen und auf bloßen Strümpfen getanzt, und das Ganze so geendigt und beschlossen. – Herr Lux, ein am Hof ausnehmend berühmter Schauspieler, hat unterschiedenemale auf dem Namensfest von Frau van Beethoven ihr zu Ehren allein zur Musik Lieder gesungen, die er selbst gedichtet und auch componirt hatte31.« Wie die Feier solcher Feste mit den Einkünften der Familie sich vertrug, wird nicht gesagt; Fischer hat sich dieselben höher gedacht, als sie waren. Auch wird über Ludwigs Beteiligung an diesen Aufführungen nichts erwähnt. Jedenfalls war er dabei; er hielt sich z.B. darüber auf, daß ein Minoritenpater Hanzmann, den er nicht leiden mochte, sich zu den Aufführungen einzufinden pflegte.

Wenn wir dieses zeitweise muntere Treiben im Hause erwähnen, welches auch auf den Knaben nicht ohne Einwirkung bleiben konnte, so darf auch die Kehrseite des Bildes leider nicht übersehen werden. Jene liebevolle Fürsorge für die Kinder, welche gerade für eine Natur wie die des Knaben Ludwig so sehr gewünscht werden mußte, hat bei dieser den Verhältnissen nicht ganz entsprechenden Lebensweise wohl eher gelitten, als eine Förderung erfahren. Der mangelnden Sorgfalt für das Äußere [143] wurde schon Erwähnung getan; auch die Hausgenossen bestätigen es, und die mehrgenannte Jungfrau Cäcilia machte ihn wohl auf sein unsauberes Aussehen aufmerksam. »Was liegt daran«, soll dann Ludwig geantwortet haben, »wenn ich einmal ein Herr werde, wird mir das keiner mehr ansehen.« Aber auch die Entwickelung des Charakters und Gemütslebens mußte bei dem zur Verschlossenheit neigenden Knaben, auf welchen die Eltern keinen besonderen Einfluß übten, der sich namentlich an den Vater nicht mit Vertrauen anschloß, und den das Lob der Besucher gleichgültig ließ, Schaden leiden. Wenn wir an das spätere Leben unseres Meisters denken, in welchem nicht nur jenes Vernachlässigen des Äußeren uns wieder begegnet, sondern auch eine Schwierigkeit hervortritt, sich in Welt und Menschen zu schicken und unangenehmen Vorkommnissen gegenüber Selbstbeherrschung zu bewahren, so können wir nur sagen: schon in seiner ersten Erziehung wurde der Keim zu einer nicht günstigen menschlichen Entwickelung gelegt, und nur in der eigenen tief angelegten Natur und weiterem Verkehr mit guten und gebildeten Menschen bildete sich ein nie ganz zur Herrschaft gelangtes Gegengewicht. Unter den Einflüssen des Elternhauses wurde der im Innern gewaltig arbeitende Geist des Knaben in sich selbst zurückgedrängt, und es bildete sich jenes scheue, in sich gekehrte Wesen, dessen oben Erwähnung geschah.

Noch ein günstigeres Moment sei jedoch hier erwähnt. Das Gefühl für die Natur, welches sich später bei Beethoven zeigt und auch auf sein Schaffen nicht ohne Anregung blieb, fand schon in Bonn seine Nahrung. Großes Wohlgefallen hatte Ludwig, nach Fischers Erzählung, an der schönen Aussicht, die man von dem Speicher des Hauses auf den Rhein und das Siebengebirge hatte; »denn Beethovens liebten den Rhein«. Daß der Knabe schon früh die schöne Umgebung Bonns durchwanderte und kennen lernte, können wir als sicher annehmen, und es wird auch durch die Überlieferung bestätigt. In der Zeit der Abwesenheit des Kurfürsten, in welcher die Musiker frei waren, ging, wie Fischer erzählt, der Vater Johann van Beethoven mit seinem Sohne Ludwig und dem jungen Rovantini über Land zu Musikliebhabern, von welchen sie eingeladen waren. Eine dieser Reisen, welche wir als eine zusammenhängende betrachten dürfen, ging in die Umgegend von Rheinbach. Auf dieser wurde z.B. Flamersheim besucht, wo Friedrich Wilhelm Freiherr von Dalwigk, kurkölnischer Kämmerer und Deutschordens-Komtur der Ballei Utrecht, als Schloßherr wohnte. Sie berührten dann noch verschiedene Ortschaften der Gegend und kamen bis Ahrweiler, wo [144] sie den Bürgermeister Schopp besuchten32. Wenn Rovantini an diesem Ausfluge teilnahm, kann er nicht später wie im Sommer 1781 stattgefunden haben, in welchem der Kurfürst Max Friedrich tatsächlich abwesend war. Dann wurden auch Ortschaften auf der rechten Rheinseite besucht; genannt werden Hennef, Siegburg, Bensberg, Oberkassel. In Siegburg, wo man »den Herrn Prälaten« besuchte, hat sich auch später noch die Tradition erhalten, daß der junge Beethoven auf der Abtei die Orgel gespielt habe. In Oberkassel war das Gut eines Herrn von Meinertzhagen, der bestimmt als einer der Gönner des jungen Beethoven bezeichnet wird. Da mehrere der aufgesuchten Personen als Musikfreunde bezeichnet werden, liegt die Vermutung nahe, daß es der Vater hauptsächlich darauf abgesehen hatte, seinen Wunderknaben zu zeigen. In dem am Rhein, einige Stunden oberhalb Bonns, schön gelegenen Städtchen Unkel lebte bis in die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts ein tüchtiger Organist namens Antweiler, welcher mit Rücksicht auf das hohe Alter, in welchem er starb, Altersgenosse Beethovens gewesen sein muß. Nach seiner Erzählung ist, wie wir von glaubwürdiger Seite erfahren, Beethoven in seinen jungen Jahren häufig – man wollte wissen fast jede Woche – in Unkel gewesen, wo dann die jungen Leute in der Wohnung des Organisten (wohl des Vaters) zusammen musiziert und sich nachher beim Weine gütlich getan haben. Das wird nun wohl einige Jahre später gewesen sein.

Eine größere Reise unternahm die Mutter mit dem Knaben im Anfange des Winters 1781 zu Schiff nach Holland. Die Witwe Karth, eine Angehörige der Hertelschen Familie, welche 1780 geboren war und in den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts noch in Bonn lebte, verbrachte ihre Kindheit in dem Hause Wenzelgasse 476, in dessen oberem Stockwerke die Familie Beethoven etwa seit 1785 wohnte. Sie erinnerte sich, wie sie dem Verfasser erzählte, ganz deutlich, wie sie als kleines Kind auf dem Schoße ihrer Mutter gesessen und Frau van Beethoven, »eine stille, leidende Frau«, erzählen gehört habe: sie sei mit ihrem kleinen Ludwig nach Holland gereist, und auf dem Schiffe sei es so kalt gewesen, daß sie seine Füße in ihrem Schoße gehalten habe, um sie vor Frost zu schützen; auf dieser Reise habe Ludwig in großen Häusern gespielt, die [145] Leute durch seine Fertigkeit in Erstaunen gesetzt, und sie hätten wertvolle Geschenke erhalten. Der Umstand mit den kalten Füßen, die in dem Schoße der Mutter gewärmt wurden, war ganz geeignet, sich in der Erinnerung eines Kindes zu befestigen und einen bestimmten Punkt zu bilden, um welchen sich die Tatsachen gruppieren konnten. Es ist wichtig und interessant, daß sich auch die Familie Fischer an diese Reise, von welcher man früher nichts wußte, erinnerte und auch über die Veranlassung derselben unterrichtet war. Die Schwester des am 9. September 1781 verstorbenen jungen Rovantini war Gouvernante in Rotterdam und unternahm, als sie die Trauernachricht erhalten, mit ihrer Dienstherrin (der Name wird nicht genannt) und deren kleiner Tochter eine Reise nach Bonn, um das Grab des Bruders zu sehen. Hier wohnten sie einen Monat im Beethovenschen Hause; es wurde viel musiziert, und es fanden Ausflüge in die Umgegend statt, wobei man bis Koblenz kam. Die Fremden forderten die Familie Beethoven auf, mit nach Rotterdam zu reisen; da Johann nicht abkommen konnte, begleitete die Mutter den Sohn, und so reisten sie zu fünf ab. Das muß also im Oktober oder November 1781 gewesen sein, wozu auch die Kälte auf dem Schiffe paßt. Sie blieben längere Zeit aus; ob der junge Beethoven, wie er beabsichtigt, dort ein Konzert gegeben, wird nicht berichtet. Jedenfalls hat trotz der vielen Ehren, welche ihm nach Fischer die reiche Dame erwies, der pekuniäre Erfolg den Erwartungen nicht entsprochen. Auf Fischers Frage nach seinem Ergehen erwiderte Ludwig: »Die Holländer, das sind Pfennigfuchser, ich werde Holland nimmermehr besuchen.«

Für uns bedeutet diese erste größere Reise den praktischen Anfang von Beethovens musikalischer Laufbahn. Der Kursus beim Tirocinium war beendet, sein Altersgenosse und Mitschüler Wurzer ging Allerheiligen 1781 an das Gymnasium über, Ludwig jedoch – wenn er in der Tat bis dahin mit Wurzer zusammen gewesen war – besuchte von jetzt an keine Schule mehr. Über seinen künftigen Beruf war die Entscheidung gefallen.

Noch ein anderes, kaum begreifliches Ereignis, welches Frau Karth in Verbindung mit jener Reise nach Holland erzählte, nicht als Tatsache, sondern als etwas, worüber sie in ihrer Kindheit oft hatte sprechen gehört, war, daß jemand – ob ein neidischer Knabe oder ein herzloser Erwachsener, wußte sie nicht mehr – ein Messer über Ludwigs Finger zog, um ihn zum Spielen unfähig zu machen! Auch Fischer wußte davon zu erzählen, daß viele dem Vater Johann nicht freundlich gesinnt waren, aus Neid über die außerordentlichen Fortschritte des Sohnes in der Musik.

Fußnoten

1 In einem Konversationsbuche schreibt Beethovens Neffe am 15. Dezember 1823: »Heut ist der 15. Dezember und da bist Du geboren, nur konnte ich nicht dafür stehen, ob es den 15ten oder den 17. sei, da man sich auf den Taufschein nicht verlassen kann, und ich es auch nur einmal, als ich noch bei Dir war, im Janus las.« Er beruft sich also nicht auf eine Familientradition, sondern auf den Taufschein, und die Ungewißheit bezieht sich auf den Tag der Taufe, nicht der Geburt. Daher kann hieraus nicht mit Kalischer (Voß. Ztg. 1891, Nr. 17) gefolgert werden, daß der 15. der Geburtstag sei. Hesse führt (a. a. O., S. 219) noch ein Zeugnis eines in dem Simrockschen Geschäfte angestellten Gehilfen an, der 1818 mit Beethoven verhandelt hatte, und der auf die Rückseite von Beethovens Todesanzeige geschrieben hatte: »L. v. Beethoven ist am 16. Dezember 1770 geboren.« Anm. d. Herausg.


2 Der Irrtum im Namen der Mutter wird hinlänglich erklärt durch die Sitte, beide Namen, Magdalena und Helene, in Lene abzukürzen.


3 S. Anhang (VII).


4 Köln. Zeitung 1838, Nr. 196.


5 Aus den im Jahre 1838 lebhaft geführten Verhandlungen über das Geburtshaus ist im Anhang (VIII) das Wichtigste zusammengestellt. Die Inschrift ist jetzt abgeändert. Anm. d. Herausg.


6 Allg. Mus. Ztg. 23. Mai 1827.


7 Köln. Ztg. 1838, Nr. 210.


8 Vgl. Hofkalender 1773, S. 50.


9 Es wurde vermutet, daß der, »Akademiesaal« der große Saal der Schusterzunft (Haus Thomberg, jetzt Nr. 12) gewesen sei, wo öfter Konzerte stattfanden. H. D.


10 Schindler, 2. Ausg., S. 18 und 19.


11 Eine beliebte Spielerei des Knaben soll nach Hesse (a. a. O., S. 210) darin bestanden haben, die eisernen Halter, mit welchen man die Fensterläden an die Wand schließt, zu drehen und schnurren zu lassen. Dasselbe erzählte Justizrat Krupp (s.u.) mit dem Zusatze, Beethoven habe auf die herauskommenden Töne gehorcht, und auch darin habe man ein Zeichen seines musikalischen Talentes erkennen wollen. Anm. d. Herausg.


12 Jedenfalls Namensverwechslung; einen Lehrer dieses Namens gab es in Bonn nicht, wohl aber einen solchen namens Rupert. S. u. Anh. D. H.


13 Wurzers handschriftliche Memoiren, früher im Besitze von Dr. Bodifée in Bonn, später, wenn wir nicht irren, auf dem Rathause daselbst befindlich, konnten vom Herausgeber eingesehen werden.


14 Unrichtig, sie starb erst 1787, als Beethoven längst die Schule verlassen hatte.


15 Vgl. Nohl, Beethoven I, S. 111 und 376.


16 Überschrift dieser Mitteilungen: »Nach eigenhändigen Aufzeichnungen von Bernhard Mäurer bei Prof. Fischhof durch Wegeler.«


17 Beethoven konnte sich noch in späteren Jahren auch des Italienischen bedienen. Anm. d. Herausg.


18 Die Erzählung geht dann so weiter: »M. sang bei L.s Vater mitunter Solfeggien, die dieser nothdürftig begleitete; L. und sein 5jähr. Bruder waren mitunter zugegen und hörten ruhig zu; daß Louis spiele, wurde nicht erwähnt.«


19 Hier ist zu bemerken, daß Ludwig, als die Familie in der Wenzelgasse wohnte, die Schule nicht mehr besuchte. Das schließt aber die Teilnahme an diesen Spielen nicht aus, auch zu einer Zeit, als er schon etwas mehr herangewachsen war. Die Zeit des Umzugs aus der Rheingasse in die Wenzelgasse steht nicht genau fest; wahrscheinlich erfolgte er 1785. Anm. d. Herausg.


20 Auch Fischer erwähnt (s. Anh.), daß man, wenn Beethoven nachdenklich im Fenster lag, auf Anrufen von ihm keine Antwort erhielt. Doch sei er, wenn Cäcilia einmal bei der Arbeit zu ihm kam, immer freundlich und gefällig gewesen. Anm. d. Herausg.


21 1756 ist ein Christoph Santorini Orchestermitglied der Mainzer Hofkapelle, 1765 ist er auch als Tenorist genannt. H.R.


22 Solche kommen in den Mitteilungen Fischers öfter vor; er folgt der Erinnerung seiner Verwandten und gibt die Namen, wie sie gesprochen wurden, wobei die Länge der Zeit noch zu weiteren Veränderungen führen konnte. Ein gewisser Gleichklang jenes Namens mit van der Eden (wie der Name oft gesprochen wurde) ist ja vorhanden. Vgl. noch Anh. VII. Anm. d. Herausg.


23 Es bedarf nur des Hinweises auf Mozart, diesen Zweifel zu entkräften. Der gegenüber dem Klavier so sehr viel größere pädagogische Wert der Orgel liegt ja auf der Hand, weil die lautsortklingenden Töne derselben jeden Fehler zum Bewußtsein bringen. Übrigens braucht man ja dabei nicht an eine Unterweisung in der Behandlung der vielen Stimmen der Orgel zu denken, sondern lediglich an das Spiel auf einem Manual mit schlichtester Registrierung. H.R.


24 Dies berichtet auch Wegeler. Nach Fischer war Pfeiffer auch Flötist. H. D.


25 Wie oben berichtet, geschah das schon vor Pfeiffers Unterricht. H. D.


26 Über das weitere Auftreten Pfeiffers im Fischerschen Hause vgl. den Anhang VII über den Fischerschen Nachlaß. H. D.


27 Die Franziskanerkirche wurde nach dem Schloßbrande eine Zeitlang für den Hofgottesdienst benutzt. Dadurch mochte die Anknüpfung von Beziehungen noch näher liegen. Anm. d. Herausg.


28 Die Erzählung Schindlers (o., S. 137) kann sich recht wohl auf einen dieser Organisten beziehen. H. D.


29 Unter einer »Trauerkantate« braucht man sich nicht notwendig ein großes, vielgliedriges Werk wie die Kantate auf den Tod Josephs II. vorzustellen; doch deutet immerhin die Erzählung auf ein Gesangswerk mit Orchester oder doch mit Chor (wegen der »Proben«). Daß außer Mäurer kein Gewährsmann für die Existenz dieser frühen Komposition aufweisbar ist, kann wohl nicht ohne weiteres berechtigen, einen so detaillierten Bericht als ganz aus der Luft gegriffen zu betrachten. Niemand wird bezweifeln, daß der Komponist der 3 Sonaten von 1783 schon früher seine Feder geübt hat. Die Dreßler-Variationen und die 3 Sonaten sind nur die ersten gedruckten Kompositionen (vgl. S. 160, Anm.). H.R.


30 Starke Gegengründe gegen die Annahme so früher Bekanntschaft s. im Vorwort der 3. Auflage und am Schluß des 11. Kapitels (S. 201, Inventar der Musikalien der Bonner Hofkapelle i. J. 1784). H.R.


31 Lux wurde erst 1786 dauernd berufen, war aber schon vorher (Winter 1784/85) einmal mit der Böhmschen Truppe in Bonn gewesen. Immerhin kann hier eine Verwechslung vorliegen (etwa Lucchesi?). D. H.


32 Weitere Einzelheiten über diesen Ausflug gibt Fischers Bericht (vgl. Anhang VII); wir werden dort sehen, daß die meisten der genannten Personen sich auch jetzt noch nachweisen lassen, so daß an der Richtigkeit der Erzählung nicht zu zweifeln ist. Anm. d. Herausg.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 1, 3. Auflage, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1917.
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Große Erzählungen der Hochromantik

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Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

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