Elftes Kapitel.

Das Jahr 1803. Beethovens Engagement am Theater. Bridgetower. Verhandlungen mit Thomson. Neue Freunde.

Damals war A. F. F. von Kotzebue auf seiner Reise nach Italien nach Wien gekommen und hielt sich dort einige Zeit auf. Schon 1798 hatte er als Alxingers Nachfolger die Direktion des Wiener Hoftheaters unter Baron Brauns Oberleitung ein Jahr lang geführt; dann hatte er ein Jahr in Sibirien in der Verbannung gelebt, aus der ihn Kaiser Paul aus Entzücken über das kleine Drama »Der Leibkutscher Peters III.« wieder zurückgerufen hatte. Nach einem kurzen Aufenthalte in Jena, wo sein Gegensatz zu Goethe bereits in offenen Streit ausbrach, hatte er sich in Berlin niedergelassen und dort in Verbindung mit Garlieb Merkel eine polemische Zeitschrift »Der Freimüthige« begründet. Goethe, die Brüder Schlegel und ihre Anhänger waren die Gegenstände ihrer Polemik. Spaziers »Zeitung für die elegante Welt« (Leipzig) hielt ihnen den Widerpart bis zur Gründung einer neuen Literaturzeitung zu Jena.

Während der Zeit von Kotzebues zweitem Aufenthalte in Wien brachte der »Freimüthige« einige Artikel, die ohne Zweifel aus seiner Feder waren und eben dadurch einen besondern Wert haben. Seine Stellung in der Gesellschaft, seine auf persönlicher Erfahrung beruhende Kenntnis der Theaterangelegenheiten Wiens, seine Bekanntschaft mit Beethoven und den übrigen bisher erwähnten Personen, alles trifft zusammen, um seinen Mitteilungen ein besonderes Gewicht zu geben.

Ein Artikel in Nr. 58 (vom 12. April 1803) über die »Vergnügungen der Wiener nach dem Fasching« gewährt einen Blick in das Salonleben der Hauptstadt und führt uns verschiedene Dinge von so hohem Interesse vor, daß seine Mitteilung gerechtfertigt erscheint, wenn uns auch einzelnes nicht ganz neu sein sollte.

»Noch ist der Frühling nicht erschienen, noch bieten die herrlichen Umgebungen Wiens, der Prater, der Augarten, keinen Genuß dar. Theater und Geselligkeit sind dann die einzigen Freuden; Spiel oder [379] Musik die Seele der Gesellschaften. Die herrschenden Spiele sind Whist, Boston, Ombre, Tarok, Preference. Hazardspiele sind theils verboten, theils auch dem Geiste der Nation nicht angemessen, die sich schwer zu heftigen Leidenschaften hinreißen läßt. – Liebhaber-Concerte findet man häufig, bei welchen zwanglose Annehmlichkeit herrscht. Den Anfang macht gewöhnlich ein Quartett von Haydn oder Mozart; dann folgt etwa eine Arie von Salieri oder Pär, dann ein Clavierstück mit oder ohne Begleitung, und das Ganze schließt gewöhnlich mit einem Chor oder dergleichen aus einer beliebten Oper. Die vorzüglichsten Clavierstücke, die man in der letzten Fastenzeit bewundert, waren: ein neues Quintett1 von Beethoven, genialisch, ernst, voll tiefen Sinnes und Characters, nur dann und wann zu grell, hier und da Odensprünge, nach der Manier dieses Componisten; dann ein Quartett von Anton Eberl, der Kaiserin zugeeignet, in einem leichteren Character, voll seiner, doch tiefer Empfindung, Originalität, Feuer und Kraft, brilliant und imponirend. Unter allen seit langer Zeit erschienenen Musikstücken sind diese gewiß zwei der besten. – Beethoven ist seit Kurzem mit einem ansehnlichen Gehalt bei dem Theater an der Wien engagirt worden, und wird dort nächstens ein Oratorium von seiner Arbeit ›Christus am Oelberge‹ aufführen. Unter den Künstlern auf der Violine zeichnen sich Clement, Schuppanzigh (der Unternehmer der Augarten-Musik im Sommer) und Luigi Tomasini2 vorzüglich aus. Clement (Director des Orchesters an der Wien) ist ein vorzüglicher Concertist; Schuppanzigh hingegen trägt Quartetten sehr angenehm vor. Brave Dilettanten sind Eppinger, Molitor und andere. Große Künstler auf dem Pianoforte sind Beethofen, Hummel, Madame Auernhammer u. m. Jetzt ist auch der berühmte Abt Vogler hier, der besonders Fugen mit vieler Präcision vorträgt, obgleich sein zu starkes Tasten den Orgelspieler verräth. Unter den Dilettanten spielt die Baronin Ertmann mit erstaunlicher Präcision, Reinheit und Zartheit, und Fräulein Kurzbek legt hohen Sinn und tiefes Gefühl in die Saiten. Die Frauen von Frank und von Natorp, vormaligen Gerardi und Sessi, sind vorzügliche Sängerinnen.«

Wir fügen diesem Gemälde nur wenige Worte nach anderen Quellen bei. Salieris Verpflichtungen beschränkten sich damals auf die geistliche [380] Musik der kaiserlichen Kapelle; Süßmayer lag an der Auszehrung krank, an welcher er am 16. September dieses Jahres starb; Conti führte nur noch den Namen eines Orchesterdirektors, und auch er starb im nächsten Jahre; Liechtenstein und Weigl waren damals die Kapellmeister der italienischen Oper; Henneberg und Seyfried hatten die Stellung unter Schikaneder, die sie in dem alten Hause eingenommen, auch in dem neuen beibehalten.

Schuppanzighs Sommerkonzerte im Augarten und Salieris Witwen und Waisen-Konzerte zu Weihnachten und in der heiligen Woche (wie sie im ersten Bande 2. Aufl. S. 347 beschrieben sind) waren noch immer die einzigen öffentlichen Konzerte. Vogler war im Dezember 1802 von Prag gekommen, und Paer, der Ostern 1802 nach Dresden über gesiedelt war, befand sich wieder in Wien, um seine Kantate »Das heilige Grab« im Witwen und Waisen-Konzerte aufzuführen.

Die damalige Zeit war in der Opernkomposition sehr unergiebig für Wien. Am Hoftheater hatte Liechtenstein ein trauriges Fiasko gemacht; Weigl war noch nicht wieder imstande gewesen, den Erfolg seines »Corsar« noch einmal zu erleben, und es vergingen noch einige Jahre, ehe er sich einen dauernden Namen in den Annalen der Musik durch seine »Schweizerfamilie« erwarb. Salieris Schreibweise war allen Wienern zu vertraut, als daß sie den Reiz der Frische und Neuheit länger hätte bewahren können. Im Theater an der Wien komponierten Teyber, Henneberg, Seyfried und andere ihren Aufträgen gemäß und führten ihre Werke zur Befriedigung auf, zuweilen sogar mit entschiedenem, wenn auch rasch vorübergehendem Erfolge. Am 24. Februar dieses Jahres wurde Salieris Palmira (Hofoper von 1795) von Schikaneder in deutscher Übersetzung gebracht, mit einigen neuen Musikstücken, während auch die bereits vorhandenen vom Komponisten durchgesehen und verbessert waren; die Oper wurde »stark besucht«, und der Erfolg derselben war die Veranlassung, daß man Salieri den Treitschkeschen Text »Die Neger« zur Komposition anvertraute. Schon lange hatte keines von den der gewöhnlichen Ordnung nach für eines dieser Theater komponierten Werken die Eigenschaften besessen, die ihm eine glänzende und dauernde Existenz gesichert hätten. Von einer anderen Seite jedoch war im Laufe des verflossenen Jahres ein neuer, frischer und mächtiger musikalischer Eindruck auf beide Bühnen geübt worden, und zwar in folgender Weise.

Am 23. März hatte Schikaneder eine neue Oper aufgeführt, welche [381] zu Paris sehr günstig aufgenommen worden war: ihr Titel war »Lodoiska«, die Musik »von einem gewissen Cherubini«. »Obgleich der Uebersetzer dieses Stücks«, schreibt der Korrespondent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung (V. Nr. 2), »weder für eine gutgewählte Prosodie, noch viel weniger für die Vereinigung des oratorischen und musikalischen Ausdrucks gesorgt hatte, so erhielt dasselbe doch durch die gewaltvolle Musik, welche die Fehler der Uebersetzung bedeckte, sowie durch die gute Aufführung und den vereinigten Eifer der singenden und spielenden Personen gleich bei der ersten Vorstellung den ausgezeichnetsten Beifall.«

Der Beifall, welchen Lodoiska gefunden hatte, veranlaßte das Hoftheater, sich die Partitur einer andern Oper desselben Komponisten kommen zu lassen und sie für den 14. August zur Aufführung vorzubereiten; sie war betitelt: »Die Tage der Gefahr« (»Der Wasserträger«). Schikaneder übte mit seiner gewöhnlichen Schlauheit zu gleicher Zeit dasselbe Werk ein, von welchem eine Abschrift zu erlangen, Seyfried zu Anfang Juli die damals lange Reise nach München gemacht hatte; am 13. August, einen Tag vor der konkurrierenden Bühne, wurde das musikalische Publikum überrascht und erfreut, durch den Anschlagzettel des Wiener Theaters dieselbe Oper als »Graf Armand oder Die zwei unvergeßlichen Tage« angekündigt zu sehen. In der Einrichtung und Aufführung des Werkes hatte jedes von beiden Häusern seine bestimmten Punkte, worin es dem andern überlegen war oder ihm nachstand; im ganzen war zwischen ihnen wenig Unterschied, der Erfolg aber bei beiden ein glänzender. Dadurch wurde die Rivalität zwischen den beiden Bühnen nur noch lebhafter. Das Hoftheater wählte aus den übrigen Werken des neuen Komponisten die Medea und führte sie am 6. November auf; Schikaneder folgte am 18. Dezember mit dem »St. Bernhardsberg« (Elisa), freilich sehr verstümmelt. Aus einem »gewissen Cherubini« war für die Allgemeine Musikal. Zeitung nunmehr der große Cherubini geworden, dessen Opernmusik alle andere in den Schatten stellte und in gleicher Weise von dem eingeweihten Musiker wie von dem ungebildeten Ohre bewundert wurde. Beethoven bezeugte noch nach 20 Jahren den unauslöschlichen Eindruck, welchen sie damals auf ihn machte.

Während so die Musik des neuen Meisters dichtgedrängte Zuhörermengen in beiden Theatern anzog und ergötzte, reiste der vermögende und unternehmende Baron Braun nach Paris und knüpfte Unterhandlungen mit Cherubini an, deren Resultat war, daß der Komponist den Auftrag erhielt, eine oder mehrere Opern für das Wiener Theater zu komponieren. [382] Wie der Bericht in der Allgem. Musikal. Zeitung (V. S. 32) besagt, erwartete man noch außerdem am Hoftheater (im August 1802) »eine Menge neuer theatralischer Vorstellungen aus Paris. Baron Braun, welcher von dort zurück erwartet wird, bringt die vorzüglichsten Ballete und Singspiele mit sich hieher, welche alle aufs genaueste nach dem Geschmacke des französischen Theaters hier aufgeführt werden sollen.«

Diese Tatsachen führen uns zurück zu der wertvollen und interessanten Notiz in dem S. 380 mitgeteilten Artikel des Freimütigen, der frühesten Erwähnung von Beethovens Engagement als Komponist für das Theater an der Wien.

Zitterbarth, jener Kaufmann, mit dessen Gelde das neue Gebäude errichtet und in erfolgreiche Wirksamkeit gesetzt worden war, »der außer dem declamatorischen Theater von der Sache gar keinen Begriff hatte« (A. M. Z. V. S. 361), ließ die Direktion der Bühne völlig in der Hand Schikaneders. Dieser hatte auf dem Gebiete der Oper einen sehr wertvollen Gehilfen in Sebastian Maier, dem zweiten Gatten von Mozarts Schwägerin Mad. Hofer (der ersten Königin der Nacht), einem Manne, den Castelli als einen mäßig begabten Bassisten, doch sehr guten Schauspieler schildert und dem er das Lob eines edeln und durchaus geläuterten Geschmackes in der Vokalmusik, sowohl in der Oper als dem Oratorium, erteilt. Ihm gebührt das Verdienst, Schikaneder veranlaßt zu haben, daß er so manche der schönsten neuen französischen Opern, die Cherubinis eingeschlossen, zur Aufführung brachte. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß gerade damals, als Baron von Braun den Mitteilungen zufolge sich Cherubini für sein Theater gesichert hatte, und es nötig geworden war, neue Mittel zu einer erfolgreichen Konkurrenz zu ersinnen, Maiers Rat ein nicht geringes Gewicht bei Schikaneder gehabt hat. Die Niederlage war gewiß, wenn nicht an die Stelle von Opern, deren Anziehungskraft lediglich auf der Szenerie und dem derben Humor beruhte, deren Texte auf Tausend und eine Nacht und die tausend und eine ihrer Nachahmungen begründet und mit der trivialsten und gewöhnlichsten Musik ausgestattet waren, andere von höherer Bedeutung und ernsterem Charakter gesetzt wurden.

Ob der damals 53jährige Abt Georg Josef Vogler wirklich ein großer und tiefer Musiker sei, wofür ihn seine Schüler K. M. v. Weber, Gänsbacher und Meyerbeer hielten, oder aber ein Charlatan, darüber wurde in jenen Tagen vielfach gestritten, ganz ähnlich wie dies auch in [383] unserer Zeit in bezug auf gewisse lebende Komponisten geschieht. Welche von beiden Ansichten aber auch richtig sein mochte, jedenfalls hatte sich Vogler durch seine polemischen Schriften, sein unmäßiges Selbstlob, seinen hohen Ton an den Höfen, wohin er gerufen worden war, seine Monstrekonzerte und seine beinahe unausführbaren Werke, um das Geringste zu sagen, zu einem Gegenstande lebhaftester Neugierde gemacht. Überdies war seine Musik zu dem Drama »Hermann von Stauffen oder Das Vehmgericht«, am 3. Oktober 1801 im Theater an der Wien aufgeführt3, wohl geeignet, Zutrauen in seine Fähigkeiten zu erwecken. Es war daher ein glücklicher Umstand für Schikaneder, daß er gerade damals nach Wien kam, und er engagierte ihn unverzüglich für sein Theater.

Ob Beethoven zur Opernkomposition Talent besaß, konnte noch niemand wissen; doch waren seine Werke bereits bis nach Paris, London, Edinburg verbreitet und hatten ihm den Ruhm eingetragen, der größte lebende Instrumentalkomponist zu sein – Vater Haydn natürlich ausgenommen. Jedenfalls durfte man mit Sicherheit annehmen, daß sein Name allein, gleich dem Voglers, das Theater bei Aufführung eines einzigen Werkes vor pekuniärem Verluste sicherstellen konnte; und vielleicht – wer konnte es vorher wissen? – konnte er auf dem neuen Felde Fähigkeiten entfalten, welche ihn selbst bis zu der Stellung Cherubinis emporheben mochten. Mit Schikaneder war er persönlich bekannt, da er in dem alten Theater gespielt hatte; am Hoftheater war seine Prometheusmusik mit Erfolg aufgeführt worden. So wurde er denn gleichfalls engagiert. Der Korrespondent der Zeitung für die elegante Welt versichert ausdrücklich am 29. Juni: »Beethoven schreibt eine Oper von Schikaneder«; und es liegt darin durchaus nichts Unwahrscheinliches, wenn auch Umstände eintraten, welche die Ausführung dieses Projektes verhinderten. Jedenfalls bleibt die Tatsache bestehen, daß Schikaneder, diese wunderliche Mischung von Witz und Narrheit, von poetischem Triebe und derbem Humor, von schlauer Berechnung seines Vorteils und leichtsinniger Verschwendung, der wie ein Fürst lebte und wie ein Bettler starb – daß dieser seinen Namen in ehrenvollster Weise mit Mozart und Beethoven in Verbindung gebracht hat.

Diese deutlichen und einleuchtenden Tatsachen sind so verkehrt dargestellt worden, daß es den Anschein erhalten hat, als wäre dieses Engagement [384] Beethovens ein geschickter Zug von Politik des Baron von Braun gewesen, der beim Theater an der Wien (»das neu erbaut war und 1804 eröffnet werden sollte«!) plötzlich auf ein Talent aufmerksam geworden wäre, das er trotz der Prometheusmusik an der kaiserlichen Oper während der vorhergehenden zehn Jahre völlig übersehen hatte! Das Datum des Vertrages widerlegt hinlänglich sowohl diese Annahme, wie auch die Vorstellung, der Erfolg des Christus am Ölberg hätte sein Engagement veranlaßt. Im Gegenteil, dieses Engagement war es, welches Beethoven in die Lage setzte, den Gebrauch des Theaters an der Wien zu erhalten, um jenes Werk in einem Konzerte aufzuführen, zu welchem wir jetzt kommen.

Die Wiener Zeitung von Samstag 26. März und Mittwoch 30. März 1803 enthielt folgende


»Nachricht.


Den 5. (und nicht den 4.) April wird Herr Ludwig van Beethoven ein neues von ihm in Musik gesetztes Oratorium ›Christus am Oelberge‹ in dem K. K. privil. Theater an der Wien aufführen. Die noch dabei vorkommenden Stücke wird der große Anschlagezettel enthalten.«


Beethoven muß auf die Fähigkeit seines Namens, das Interesse und die Neugierde des Publikums zu erwecken, kein geringes Vertrauen gesetzt haben; denn er ließ sich nach Angabe der Allg. Mus. Ztg.4 die ersten Plätze doppelt, die gesperrten Sitze dreifach und jede Loge (statt 4 fl.) mit 12 Dukaten bezahlen (vgl. jedoch dazu S. 367 Beethovens Protest in dem Briefe an Breitkopf und Härtel vom Oktober 1803). Aber es war sein erstes öffentliches Erscheinen als dramatischer Komponist, und er hatte auf seinem Anschlagzettel »mit vielem Pompe schon mehrere Tage vorher angekündigt, daß alle vorkommenden Stücke von seiner Komposition sein werden«. Der Erfolg rechtfertigte seine Erwartungen: die Aufführung brachte ihm 1800 Gulden ein.

Die in diesem Konzerte wirklich zur Aufführung gebrachten Werke waren die erste und die zweite Symphonie, das Klavierkonzert in C-Moll und Christus am Ölberg; einige andere waren nach Ries in Aussicht genommen, wurden aber wegen der Länge des Konzertes, das schon um sechs Uhr begann, bei der Aufführung weggelassen. Da sich kein Exemplar des gedruckten Programms gefunden hat, so ist es unmöglich zu entscheiden, welche Stücke das waren; von Gesangstücken, welche geeignet waren, eine solche Masse von Orchestermusik zu unterbrechen, [385] bieten sich die Adelaide, die Szene und Arie Ah perfido und das TerzettTremate empi gleichsam von selbst dar. Da wir Beethovens großes Talent für freie Improvisation kennen, so erscheint es auffallend, daß von einer solchen bei Gelegenheit dieses Konzertes nichts gemeldet wird.

»Die Symphonien und Concerte«, sagt Seyfried, »welche Beethoven bei seinen Beneficien (1803 und 1808) im Theater an der Wien zum erstenmale producirte, das Oratorium und die Oper, studirte ich selbst, nach seiner Angabe, mit dem Sänger-Personale ein, hielt alle Orchesterproben und leitete persönlich die Vorstellungen5.« Die letzte Generalprobe wurde im Theater am Tage der Aufführung, Dienstag den 5. April, gehalten.

»Die Probe fing um 8 Uhr Morgens an«, berichtet Ries (Notizen S. 76). »Es war eine schreckliche Probe und um halb drei Uhr Alles erschöpft und mehr oder weniger unzufrieden. Fürst Karl Lichnowsky, der von Anfang der Probe beiwohnte, hatte Butterbrot, kaltes Fleisch und Wein in großen Körben holen lassen. Freundlich ersuchte er alle zuzugreifen, welches nun auch mit beiden Händen geschah und den Erfolg hatte, daß man wieder guter Dinge wurde. Nun bat der Fürst das Oratorium noch einmal durchzuprobiren, damit es Abends recht gut ginge und das erste Werk dieser Art von Beethoven seiner würdig ins Publikum gebracht werde. Die Probe fing also wieder an.«

Nach Aussage der wenigen gleichzeitigen Notizen über den Erfolg dieses Konzertes wurden die neu aufgeführten Werke im ganzen kühl aufgenommen. Der kurze Bericht (von Kotzebue?) im Freimütigen verdient hier eingerückt zu werden. Nachdem der Verfasser von Paers Heiligem Grabe gesprochen und die Musik als »äußerst elegant und eigentlich eine italienische Opernarbeit« bezeichnet hat, mit dem Hinzufügen, daß das Werk ursprünglich in zehn Tagen für den Erzherzog Ferdinand komponiert worden sei, wendet er sich zu Beethoven. »Auch der wackere Beethofen, dessen Oratorium Christus am Oelberge auf dem Wiedner Vorstadt, Theater zum erstenmal gegeben wurde, war nicht ganz glücklich, und konnte trotz den Bemühungen seiner zahlreichen Verehrer keinen ausgezeichneten Beifall erhalten. Man fand zwar beide Symphonieen, auch einzelne Stellen des Oratoriums sehr schön, doch das Ganze zu gedehnt, zu kunstreich im Satz und ohne gehörigen Ausdruck, vorzüglich in den Singstimmen. Der Text von F. X. Huber schien ebenso flüchtig gearbeitet [386] als die Musik (!). Doch brachte die Aufführung Beethofen 1800 Gulden ein und er ist, sammt dem berühmten Abt Vogler, für jenes Theater engagirt worden6. Er wird eine, Vogler drei Opern schreiben; dafür erhalten sie nebst freier Wohnung von der Einnahme der zehn ersten Vorstellungen 10 Procent.« Der Berichterstatter in der Zeitung für die elegante Welt ist der Ansicht, »daß die erste Symphonie mehr Werth als die letztere (in D) hat, weil sie mit ungezwungener Leichtigkeit durchgeführt ist, während in der zweiten das Streben nach dem Neuen und Auffallenden schon mehr sichtbar ist. Uebrigens versteht es sich von selbst, daß es beiden an auffallenden und brillanten Schönheiten nicht mangelt. Weniger gelungen war das folgende Concert aus C moll, das auch Hr. v. B., der sonst als ein vorzüglicher Clavierspieler bekannt ist, nicht zu voller Zufriedenheit des Publicums vortrug.« Die Musik zum Christus findet er im ganzen gut; »sie hat einige vorzügliche Stellen, besonders that eine Arie des Seraphs mit Posaunenbegleitung vortreffliche Wirkung«. Das mögen wohl die Posaunen gewesen sein, die Beethoven nach Ries' Bericht am Morgen vor der Aufführung im Bette hinzukomponierte (vgl. S. 291). Er hatte vielleicht bei den Proben empfunden, daß die Arie mit ihrem »Erzittere, Erde!« den von ihm beabsichtigten Eindruck verfehlte; noch wahrscheinlicher ist aber, daß es sich um die Stelle »des Seraphs Donnerstimme« in Jesus' erstem Rezitativ gehandelt hat, deren erschütternde Wirkung Kretzschmar hervorhebt (Führer durch den Konzertsaal II. 1. 109), auf dessen besonnen abwägende Ausführungen über das Werk überhaupt verwiesen sei. Weiter heißt es, in dem Chore »Wir haben ihn gesehn nach jenem Berge gehn« – habe »Hr. v. B. gezeigt, daß ein Tonsetzer von Genie selbst aus dem schlechtesten Stoffe etwas großes zu machen im Stande ist7. In dem Schlußchor wollten mehrere einige Ideen aus Haydns Schöpfung wiedergefunden haben.«

Der Referent der Allgemeinen Musikal. Zeitung spricht vom Christus als einem mit »außerordentlichem Beifalle« aufgenommenen Werke. »Es bestätigt«, fügt er hinzu, »mein schon lange gefaßtes Urtheil, daß Beethoven mit der Zeit eben die Revolution in der Musik bewirken kann, wie Mozart. Mit großen Schritten eilt er zum Ziele.« Drei Monate später sagt ein anderer Korrespondent das gerade Gegenteil. »Zur Steuer der Wahrheit«, schreibt er, »muß ich einer Nachricht der musikalischen [387] Zeitung widersprechen, nämlich: Beethoven's Kantate hat – nicht gefallen.« Dazu bemerkt Schindler: »Diesem allem stimmte selbst der Componist insofern bei, als er in späteren Jahren noch rückhaltlos für einen Fehler erklärte, die Partie des Christus in moderner Singweise opernmäßig behandelt zu haben. Das Liegenbleiben des Werkes nach der ersten Aufführung, sowie dessen ungewöhnlich verzögertes Erscheinen im Druck (um 1810) lassen auch noch schließen, daß der Autor mit der gelösten Aufgabe nicht besonders zufrieden gewesen und wahrscheinlich wesentliche Veränderungen damit vorgenommen hat.« Was dieses Liegenbleiben und die wahrscheinlichen Veränderungen des Werkes betrifft, so genügt zur Beurteilung und Erläuterung derartiger Nachrichten folgende, in der Wiener Zeitung vom 30. Juli 1803 enthaltene Anzeige von Schuppanzigh: »Die günstige Aufnahme des jüngst im K. K. Augartensaale gegebenen Oratoriums des Hrn. Ludwig van Beethoven ›Christus am Oelberge‹ veranlaßt die Gesellschaft des Liebhaberconcerts hiermit anzukündigen, daß sie künftigen Donnerstag am 4. August um die gewöhnliche Morgenstunde dieses Oratorium mit aufgehobenem Abonnement zu wiederholen die Ehre haben wird.« usw. Überdies wurde Sebastian Meiers Konzert vom 27. März 1804 mit der zweiten Symphonie von Beethoven eröffnet und schloß mit Christus am Ölberge – die vierte Aufführung dieses Werkes im Laufe eines Jahres8. Die Solisten waren bei dieser Gelegenheit Fräulein Müller und die Herren Rattmeyr und Meier; ohne Zweifel waren diese also die ersten Sänger ihrer Partien.

Wenige Tage nach diesem öffentlichen Auftreten begegnen wir Beethoven wiederum in seinem Privatleben. Dr. Joh. Th. Held, der berühmte Arzt und Professor in Prag, damals noch ein junger Mann9, begleitete den Grafen Prichowsky bei einem Besuche in Wien. Am Morgen des 16. April begegneten diese beiden Herren Beethoven auf der Straße. Da dieser den Grafen kannte, lud er die Herren zu Schuppanzigh ein, »bei welchem eben einige seiner Claviersonaten probirt werden sollten, welche Kleinhals in Streichquartetten übersetzt hatte10. Wir trafen«, [388] fährt Held fort, »mehrere der ersten Musiker da versammelt, als: die Violinisten Krumbholz, Mösern aus Berlin, den Mulatten Bridgethauer, der in London in Diensten des damaligen Kronprinzen von Wales gewesen war, dann einen Herrn Schreiber und den zwölfjährigen11 Kraft, der den second spielte. Schon damals versetzte mich Beethoven's Muse in höhere Regionen, und der Wunsch aller dieser Künstler, unsern Musikdirektor Wenzel Praupner in Wien zu haben, befestigte mein stilles Urtheil über die Vorzüge seiner Direktion. Seitdem kam ich mit Beethoven bei Gelegenheit mehrerer Concerte oftmal zusammen. Seine pikkanten Einfälle milderten das Finstere, ich möchte sagen das Lugubre seiner Miene. Seine Kritik war sehr scharf, welches ich bei dem Concerte des Harfenspielers Nadermann aus Sachsen12, und bei jenem der damals schon alternden Mara am deutlichsten erfahren.« In jenen Tagen füllte Salieris »Palmyra« das Theater an der Wien, und Simoni (Simon), ein Böhme oder Tiroler von Geburt, war der erste Tenor. Beethoven erzählte Held jene Anekdote von Simonis schlechter Aussprache des Deutschen, welche damals sogar ihren Weg in die Allg. Musikal. Zeitung (V. S. 370) fand; man hörte ihn nämlich ganz ernsthaft singen: »Au! fwa! Sartellen Thee«; dies sollte aber so verstanden werden:


11. Kapitel. Das Jahr 1803

Der von Held erwähnte Bridgethauer war der »mit Beethoven viel verkehrende americanische Schiffscapitän« Schindlers und seiner Abschreiber Georg August Polgreen Bridgetower13, ein schöner Mulatte [389] von damals 24 Jahren, der Sohn eines afrikanischen Vaters und einer deutschen oder polnischen Mutter, im Violinspiel Schüler von Giornovichi (Jarnowic). Derselbe hatte schon im Alter von zehn Jahren in London mit dem größten Beifall öffentlich gespielt und stand als Musiker in Diensten des Prinzen von Wales, nachmaligen Königs Georg IV., war nie in Amerika und verstand höchst wahrscheinlich von einem Schiffe und der Wissenschaft der Seefahrt gerade soviel, wie gewöhnliche Seeleute von der Violine und den Geheimnissen des musikalischen Satzes verstehen. Er ist zwischen 1840 und 1850 gestorben. Im Jahre 1802 erhielt er Urlaub, um seine Mutter in Dresden zu besuchen und die Bäder von Teplitz und Karlsbad zu gebrauchen. Dieser Urlaub wurde verlängert, damit er einige Monate in Wien zubringen könne. Sein Auftreten in Dresden14 sowohl vor dem großen Publikum als in Privatkreisen hatte [390] ihm so günstige Empfehlungsbriefe verschafft, daß sie ihm Zugang zu den höchsten musikalischen Kreisen der österreichischen Hauptstadt bereiteten, in welcher er wenige Tage vor seinem Zusammentreffen mit Held bei Schuppanzigh angelangt war. Die hier mitgeteilten Briefe des Grafen Dietrichstein an Bridgetower besaß Herr Samuel Appleby in Brighton15. Der für unsere Biographie wichtigste lautet:


[391] »Mon cher ami.


Allez demain matin a huit heures precises chez le Prince Lichnofsky. Vous dejeunerez chez lui et il vous conduira lui même chez Beethoven, pour l'engager à remplier vos voeux. Je devais [392] y aller avec vous, mais j'ai fait une confusion, je ne puis pas. Faites mes excuses au Prince et dites lui, que, comptant sur son amitié, je suis persuadé qu'il vous y mênera sans moi. Montrez-lui ce billet et soyez sûr que je prierai pour vous en attendent. Je compte vous voir après- demain matin, pour en savoir le resultat. Faites en attendant vos arrangemens et consultez le Prince.


Maurice Dietrichstein.«


Die in diesem Briefe erwähnten Wünsche Bridgetowers gingen ohne Zweifel dahin, daß Beethoven ihm seine Unterstützung in einem öffentlichen Konzerte gewähren möge; was dieser auch bereitwillig tat. Das Datum dieses Konzertes hat nicht genau bestimmt werden können; wahrscheinlich fand dasselbe am 24. Mai statt. Unter den Papieren Bridgetowers, welche Mr. Appleby dem Verfasser zur Verfügung stellte, befindet sich ein Gesuch vom 9. Mai an die Polizei16 um die Erlaubnis, Montag den 16. in der Augartenhalle ein öffentliches Konzert geben zu dürfen; eine Notiz auf der Rückseite gewährt die Erlaubnis, ein solches am 22. zu veranstalten. Außerdem enthalten jene Papiere eine Subskriptionsliste für eine Akademie am Dienstag den 17., und eine weitere für ein Konzert am 24.17 Die wenigen gleichzeitigen Notizen in den gedruckten [393] Tagesblättern lassen alle den Tag unbestimmt, machen es aber ziemlich gewiß, daß nur eine »Akademie« gegeben wurde. Die Frage könnte an sich unbedeutend erscheinen; sie erhält aber ein wesentliches Interesse infolge [394] der Verbindung Beethovens mit diesem Konzerte; denn der Tag desselben war zugleich das Datum der Vollendung und ersten Aufführung der Kreutzersonate.

»Die berühmte Sonate in A moll (Opus 47) mit Violin-Concertante, Rudolph Kreuzer in Paris dedicirt«, schreibt Ries S. 82, »hatte Beethoven ursprünglich für Bridgetower, einen englischen Künstler, geschrieben. Hier ging es nicht viel besser (nämlich als mit der Hornsonate für Punto, welche bis zum letzten Augenblicke verschoben wurde), obschon ein großer Theil des ersten Allegros früh fertig war. Bridgetower drängte ihn sehr, weil sein Concert schon bestimmt war und er seine Stimme üben wollte. Eines Morgens ließ mich Beethoven schon um halb fünf Uhr rufen und sagte: ›Schreiben Sie mir diese Violinstimme des ersten Allegro's schnell aus.‹ – (Sein gewöhnlicher Copist war ohnehin beschäftigt.) Die Clavierstimme war nur hier und da notirt. – Das so wunderschöne Thema mit Variationen aus F dur hat Bridgetower aus Beethoven's eigener Handschrift im Concerte im Augarten, Morgens um acht Uhr, spielen müssen, weil keine Zeit zum Abschreiben war. Hingegen war das letzte Allegro in 6/8 A dur in der Violin- und Clavier-Stimme sehr schön abgeschrieben, weil es ursprünglich zu der ersten Sonate (Opus 30) in A dur mit Violine, welche dem Kaiser Alexander dedicirt ist, gehörte. Beethoven setzte nachher an dessen Stelle, da es doch für diese Sonate zu brillant sei, die Variationen, die sich jetzt dabei finden18

Bridgetower war aufmerksam genug, in seinem Exemplar der Sonate eine Notiz über jene erste Aufführung zu hinterlassen, welche wir hier in deutscher Übersetzung mitteilen19:


[395] »Beethovens Op. 47 betreffend.


Als ich ihn zu Wien in dieser concertirenden Sonate begleitete, ahmte ich bei der Wiederholung des ersten Theiles des Presto den Lauf im 18. Tacte der Pianofor tepartie dieses Satzes in folgender Weise nach:

In der Begleitung von Beethovens Op. 47, anstatt des 9. Tactes vom Presto:


11. Kapitel. Das Jahr 1803

Er sprang auf, umarmte mich und sagte: ›Noch einmal, mein lieber Bursch!‹ Dann hielt er das offene Pedal während dieses Laufes auf dem Tone C bis zum neunten Tacte aus.

Beethovens Ausdruck im Andante war so rein (so chaste), was jederzeit den Vortrag seiner langsamen Sätze characterisirte, daß man einstimmig verlangte, daß dasselbe zweimal wiederholt würde.


George Polgreen Bridgetower.«


Folgende Briefe Beethovens an Bridgetower befinden sich ebenfalls in Mr. Applebys Besitze.


1) (Ohne Datum.) »Kommen Sie, mein lieber B. heut um 12 Uhr zu Graf Deym, d.i. dahin, wo wir vorgestern zusammen waren, sie wünschen vielleicht etwas so von ihnen spielen zu hören, das werden sie schon sehen, ich kann nicht eher als gegen halb 2 Uhr hinkommen, und bis dahin freue ich mich im bloßen Andenken auf sie, sie heute zu sehen. –

ihr Freund

Beethoven.«


[396] 2) (Ohne Datum.) »Haben Sie die Gefälligkeit mich um halb 2 Uhr auf dem Graben am Tarronischen Kaffeehaus zu erwarten, wir gehen alsdann zur Gräfin Guicciardi20, wo sie zum speisen eingeladen sind.

Beethoven.«


Außerdem finden wir Bridgetower in einem Briefe Beethovens an den Baron von Wetzlar erwähnt, dessen Kenntnis wir derselben Quelle verdanken.


»A Monsieur Baron Alexandre de Wetzlar:


Von Hauß am 18. Mai.

Obschon wir uns niemals sprachen, so nehme ich doch gar keinen Anstand Ihnen den Ueberbringer dieses Hr. Brischdower, einen sehr geschickten und sei nes Instruments ganz mächtigen Virtuosen zu empfehlen – Er spielt neben seinen Concerten auch vortrefflich Quartetten, ich wünsche sehr, daß Sie ihm noch mehrere Bekanntschaften verschaffen. – Lobkowitz und Fries und allen übrigen vornehmen Liebhabern hat er sich vortheilhaft bekannt gemacht. –

ich glaube, daß es gar nicht übel wäre, wenn sie ihn einen Abend zur Therese Schönfeld führten, wo so ich weiß manche Freunde auch hinkommen oder bei ihnen. – ich weiß daß Sie mirs selbst danken werden ihnen diese Bekanntschaft gemacht zu haben –

Leben Sie wohl mein Herr Baron –


ihr

ergebenster

Beethoven.«


Im »Freimüthigen« findet sich unterm 1. August 1803 folgendes über ihn:


»Herr Bridgetower, in Diensten des Prinzen von Wallis, hatte ein volles Haus, auch ist er wirklich ein sehr starker Violinspieler, der große Schwierigkeiten mit glücklicher Kühnheit und Leichtigkeit überwindet. Nur war die Komposition des Concertes selbst, ebenfalls von H. Bridgetower, grell, und das Streben nach Sonderbarkeit und Originalität so weit als möglich getrieben: ein Mode, welche, ob sie gleich durch das Beispiel mehrerer großen Meister allgemein zu werden drohet, doch den unbefangenen Zuhörer nie befriedigen wird.«


Als Bridgetower in späteren Jahren mit Mr. Thirlwall über Beethoven sprach, erzählte er ihm, daß er zu der Zeit, als die Sonate Op. 47 komponiert wurde, mit dem Komponisten beständig zusammen gewesen sei, und daß die erste Abschrift jener Sonate eine Widmung an [397] ihn getragen habe; ehe er aber von Wien abreiste, hätten sie einen Streit wegen eines Mädchens miteinander gehabt (?) und Beethoven habe nunmehr das Werk Rudolf Kreutzer dediziert.

Als Beethoven aus dem Hause am Peter ins Theatergebäude zog, nahm er seinen Bruder Karl (Caspar) zu sich, um bei ihm zu wohnen21, wie er auch 20 Jahre später seinem Faktotum Schindler ein Zimmer abgab. Karl besorgte nun in größerem Maßstabe seine Korrespondenz, nicht immer zur Freude der Beteiligten. Der Umzug ins Theater fand nach Seyfried vor dem Konzert am 5. April statt, was durch die neue Adresse des Bruders bestätigt wird, die in dem Staatsschematismus für 1803 enthalten ist, da diese jährliche Veröffentlichung in der Regel im April zur Verteilung fertig war.

Einer der 1909 von Leop. Schmidt aus dem Archive der Firma Simrock veröffentlichten »Beethovenbriefe«, ein Geschäftsbrief Karls vom 25. Mai 1803, bestätigt die Wohnung im Theater und zugleich Karls Tätigkeit als Korrespondent und auch als Arrangeur. Der »geschickte Komponist« ist er wohl selber (vgl. jedoch S. 338, Anm. 3):


»H. Simrock in Bonn.

Wien 25. May 803.


Hochgehrtester Herr!


Weil Ihre Antwort auf meinen Brief im 7ber vorigen Jahres so spät hier angekommen ist, so war ich bis jetzo nicht im Stande Sie mit 3 Sonaten noch mit etwas anderm zu versehen.

Gegenwärtig können Sie nun unter folgenden Bedingungen erhalten, wenn z.B. ein Werk in London Leipzig Wien und Bonn zugleich erscheint, so können Sie ein Exemplar von einem Werke wie dasjenige ist welches erscheinen soll um 30 ⌗ haben, ist eine GroßeSonate mit Violin. Dann können Sie auch eine große Simphonie aleine um 400 fl haben. Wenn Sie die Sonaten welche in Zürich erschienen, nachstechen wollen, so schreiben Sie uns damit wir Ihnen ein Verzeichniß von einigen 80 fehler schicken welche darinnen sind.

Jetz werden die meisten Klaviermusikalien und auch Instrumentalstücke von meinem Bruder und unter Aufsicht durch einen geschickten Komponisten arangiert, so sind schon mehrere Instrumentalstücke sehr brauchbar für das Klavier mit und ohne Begleitung fertig und andere Stücke in Quartetten arangiert. eins ins ander können Sie um 14 ⌗ haben. Ich glaube der [398] Antrag ist sehr vortheilhaft, Weil Sie mit geringem Auf wandgroße Summen gewinnen könnten.

Haben Sie die Güte mir hierüber bald Antwort zu schreiben.

ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«

Adresse

A ∼ Beethoven

in Wien

abzugeben im Theater an der Wien

im 2ten Stock.


Als die Kreutzersonate herausgekommen (angezeigt von Träg 18. Mai 1805), bestätigte Karl den Empfang mit den folgenden Zeilen an Simrock (Beethovens Briefe an Simrock S. 14):


»Hochgeehrter H.


Mein Bruder hat die Sonate erhalten, das äußere sowohl, als die Richtigkeit derselben hat ihn recht gefreut.

Von jedem unserer Verleger bekommen wir 6 Exemplare22, habe Sie die Güte noch 5 hier im Ind. Comt. anweisen zu lassen. Wenn Sie ferner etwas brauchen, belieben Sie es nur einige Zeit vorher zu bestellen.«


Simrock war mit den Brüdern Beethoven seit ihrer Kindheit bekannt und trug kein Bedenken, ihnen in Ausdrücken, die nicht mißverstanden werden konnten, seine Meinung zu sagen. So ließ er bei dieser Gelegenheit Karl eine strenge Zurechtweisung für seine Anmaßung zukommen in einem Briefe, der in einen solchen an Ferd. Ries vom 30. Juli 1805 eingeschlossen war. In letzterem schrieb er mit Beziehung darauf folgendes:


»Eben hatte ich durch Einschlag an Hrn. K. v. Beethoven ein paar Zeilen an Dich abgesandt, als ich Dein Schreiben vom 16. erhalte, worin der Einschlag v. Hrn. v. Beethoven war, dem ich diesen kleinen Einschlag wieder zurückzugeben bitte. Du kannst es nach Belieben mit ein wenig Oblaten versiegeln, wenn Du es gelesen hast. Ich glaube nicht zu viel gesagt zu haben, ein solch impertinentes Begehren verdiente freilich eine kürzere und derbere Abfertigung, denn mir kommt der Hr. Carl unverbesserlich vor. Verlangt der Herr L. v. Beethoven noch einige Exempl., so habe ich Dir bereits im letzteren geschrieben, Du könntest solche bei Träg für meine Rechnung dort abnehmen.«


Der Brief an Karl von Beethoven lautet wie folgt:


»Bonn den 30. Juli 1805.


Durch Einschlag des Herrn Ries wurde ich von Ihnen durch ein paar Zeilen beehrt, die mir sehr sonderbar und unbegreiflich vorkommen. Eigentlich [399] was Sie wollen, besteht, wie ich glaube, vornehmlich in diesen Zeilen: ›von jedem unserer Verleger bekommen wir 6 Exemp. Haben Sie die Güte noch 5 hier imInd. Comt. anweisen zu lassen.‹ –? Es ist nicht wohl möglich, daß in den paar Jahren, daß ich französisch geworden bin, meine Muttersprache so ganz verlernt haben sollte, besonders da ich noch größtentheils mit Deutschen Geschäfte mache. Ich verstehe noch Deutsch, aber ich begreife nicht, was Sie mit dem Worte unserer Verleger und wir sagen wollen. Das Wörtchen, wenn das so ist, so belieben Sie sich an L. zu wenden. Die SonateOp. 47 habe ich von Louis van Beethoven abgekauft, und in seinem Brief hierüber steht kein Wort von einer Gesellschaft, an die außer dem an ihn bezahlten Honorare noch 6 Exempl. abgegeben werden sollten, welches doch auch bemerkt zu werden verdiente; so war ich der Meinung, als mache Louis van Beethoven seine Compositionen allein selbst; was ich aber gewiß weiß, ist, daß ich die mir auferlegte Conditionen genau erfüllt habe, und an Niemand mehr etwas schuldig bin.«


Zu Anfang der heißen Jahreszeit sehen wir Beethoven, seiner Gewohnheit gemäß, einige Wochen in Baden zubringen, um sich zu erholen und seine Tätigkeit nach dem unregelmäßigen, aufregenden und ermüdenden städtischen Leben des Winters wieder zu beleben, ehe er seine Sommerwohnung bezog. Die Lage der letzteren beschreibt er in folgendem Briefe an Ries23:


»Daß ich da bin, werden Sie wohl wissen. Gehen Sie zu Stein und hören Sie, ob er mir nicht ein Instrument hierher geben kann – für Geld. Ich fürchte, meines hierher tragen zu lassen. Kommen Sie diesen Abend gegen 7 Uhr heraus. Meine Wohnung ist in Oberdöbling Nr. 4 die Straße links, wo man den Berg hinunter nach Heiligenstadt geht.«


J. Böck (Gnadenau) hat in der »Musik« II. 6 festgestellt, daß das Haus, in welchem Beethoven dieEroica geschrieben (das Eroica-Haus, gegenüber dem Theodor Körner-Haus und Bauernfelds Sterbehaus – alle drei tragen Gedenktafeln), Döblinger Hauptstraße 92, noch jetzt die alte Nummer als Nr. 4 der Hofzeile trägt, welche sie 1802 erhielt. »Die alte Hofzeile bildete einen Teil der heutigen Hauptstraße bis ungefähr zur Gebhardtgasse; die Kirchenzeile dagegen bildete die linke, die Bachzeile die rechte Seite der Herrengasse, die seit der letzten Erweiterung Hofzeile heißt.« Thayer suchte das Haus in der Herrengasse und konnte es daher nicht finden. 1890 erhielt das Haus, bei dessen Bewohnern noch die Tradition von Beethovens Aufenthalt lebte, eine Gedenktafel (gestiftet von der Gemeinde, dem Hausbesitzer und dem Döblinger Männergesangverein). Im Jahre 1803 befanden sich Gärten, Weinberge und grüne Felder vor [400] und hinter dem Hause. Freilich war der Weg von da zu den Plätzen, an welchen im vorhergehenden Sommer die zweite Symphonie komponiert worden war, eine halbe Stunde weiter als von Heiligenstadt; dafür lag es aber um so näher bei der Stadt und bei jenem Arme der Donau, welcher der Kanal heißt, während sich beinahe unter seinen Fenstern die Schlucht des Krottenbaches befand, welcher Döbling von Heiligenstadt trennt; bei ihrer Fortsetzung nach dem Innern des Landes breitet dieselbe sich zu einem anmutigen Tale aus, welches damals sehr einsam und noch sehr schön war. Dies war das Haus, dieser der Sommer, und diese die Umgebung, in welcher der Komponist die Entwürfe ausarbeitete, welche während der vergangenen fünf Jahre Form und Gestalt in seinem Gemüte gewonnen hatten, zu denen Bernadotte den ursprünglichen Impuls gegeben hatte, und welche wir als die heroische Symphonie kennen. –

Wir wenden uns wieder zu Stephan von Breuning und ein paar neuen Freunden Beethovens. Erzherzog Karl war durch ein Patent vom 9. Januar 1801 zum Chef des »Staats- und Konferenzial-Departements für das Kriegs- und Marinewesen« ernannt worden und bekleidete diese Stellung noch, trotz seiner Erhebung zu den Funktionen des Hoch-und Deutsch-Meisters. Außer den zahllosen Verpflichtungen, welche ihm infolge zweier so hohen und verantwortlichen Ämter oblagen, unternahm er es doch noch außerdem, eine weitreichende Reform in der Leitung der Geschäfte des Kriegsdepartements durchzuführen. Für unsern Zweck genügt es zu erwähnen, daß er am 7. Januar 1803 »wichtige Instructionen in Hinsicht auf den Geschäftskreis und Gang des Hofkriegsraths u.s.f.« erließ (vgl. Wurzbachs Lex.), gemäß welcher die Zahl der Sekretäre und Konzipisten von vier respektive drei, wie sie in dem Staatsschematismus von 1803 enthalten sind, bis auf sieben oder fünf vermehrt wurde, welche der Staatsschematismus von 1804 nennt. Von diesen fünf Konzipisten, welche nicht alphabetisch, sondern nach dem Range aufgezählt wurden, war Stephan von Breuning der zweite, Ignaz von Gleichenstein der fünfte; beide erscheinen in diesem Jahre zum ersten Male. Man darf annehmen, daß der Erzherzog das große geschäftliche Talent, den unermüdlichen Pflichteifer und die vollkommene Zuverlässigkeit Breunings in dem Deutschen Hause kennen gelernt hatte, und daß auf seine spezielle Aufforderung der junge Mann damals den Dienst des Ordens mit dem des Staates vertauschte. Jedenfalls erhielt Breuning die Stelle dadurch, daß zwei der früheren Konzipisten zum Range von Sekretären befördert wurden, während nur noch ein älterer [401] Besitzer mit Namen Pluviers über ihm stand. Deutlich ist zu erkennen, daß die jungen Rheinländer damals in Wien durch mehr als gewöhnliche Bande aneinander gefesselt waren. Die meisten derselben waren vor der französischen Tyrannei geflohen und unterlagen der Konskription24, wenn sie an ihren Heimatsorten betroffen wurden; es bestand daher außer der Anhänglichkeit an die Heimat noch ein gemeinsames Gefühl der Verbannung, welches sie vereinigte.

Daß zwischen Breuning und Gleichenstein, zwei liebenswürdigen und begabten jungen Leuten, die auf diese Weise in täglichem Verkehr standen, eine innige und warme Freundschaft sich bildete, war natürlich. Eine weitere unausbleibliche Folge dieses Verhältnisses aber war die Einführung Gleichensteins bei Breunings Freunde Beethoven.

Ein anderer junger Rheinländer, mit welchem Beethoven gerade damals in Wien bekannt wurde, und welcher das freundschaftliche Vertrauen, das der Komponist ihm erwies, mit warmer persönlicher Zuneigung zu ihm und unbeschränkter Bewunderung für sein Genie erwiderte, war Willibrord Joseph Mähler, geboren 1778 zu Ehrenbreitenstein, gestorben 20. Juni 1860 als pensionierter Hofsekretär im Alter von 82 Jahren in Wien, ein Mann von sehr bedeutenden und mannigfaltigen künstlerischen Anlagen. Da er dieselben jedoch nur als Dilettant, und ohne sich auf eine bestimmte einzelne Kunst zu beschränken, betrieb, so brachte er es in keiner derselben zu einem höheren Grade von Auszeichnung. Er schrieb ganz anerkennenswerte Verse und komponierte durchaus korrekte und nicht ungefällige Musik dazu; er sang gut genug, um in Boeckhs »Merkwürdigkeiten der Haupt- und Residenzstadt Wien (1823)« als »Dilettant im Singen« genannt zu werden; und er malte hinlänglich geschickt, um an einer andern Stelle bei Boeckh als »Dilettant in der Portrait-Malerei« Erwähnung zu finden. In der Zeit von 1804–5 malte er jenes Bild Beethovens, welches noch jetzt im Besitze der Beethovenschen Familie ist (von der Witwe des Neffen Karl erbte es deren Tochter, Frau G. Heimler), ein zweites um 1814–15 – Mähler erinnerte sich des genauen Datums nicht –, welches aus dem Besitz von Mählers Erbin Louise Quadflieg in den von Th. von Karajan kam. Ein Duplikat besitzt die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien25. Auch andere jetzt im Besitze der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien befindlichen Porträts [402] sind von seiner Hand; zwei oder drei der besten Erzeugnisse seiner Geschicklichkeit wurden von einem Herrn in Boston angekauft. Mähler hat auch Julia von Vering, die Braut Stephan von Breunings, zweimal gemalt (die Bilder waren im Besitz Gerhards von Breuning).

Bald nachdem Beethoven aus seiner Sommerwohnung in seine Wohnung im Theatergebäude zurückgekehrt war, wurde Mähler, der damals eben in Wien angekommen war, von Breuning bei ihm eingeführt. Sie fanden Beethoven tätig bei der Arbeit, beschäftigt, die Sinfonia eroica zu beendigen. Nachdem sie sich einige Zeit unterhalten, äußerte Mähler den Wunsch, Beethoven spielen zu hören. Statt einer freien Phantasie spielte Beethoven seinen Gästen das Finale der neuen Symphonie; nach dem Schlusse desselben aber fuhr er in freier Phantasie zwei Stunden lang fort, und wie Mähler selbst dem Verfasser erzählte, kam während dieser ganzen Zeit kein Takt vor, der fehlerhaft gewesen wäre oder nicht originell geklungen hätte. Bei einem späteren Zusammentreffen mit dem Verfasser bestätigte der würdige Herr die Richtigkeit der Mitteilungen bei seiner früheren Unterhaltung und fügte noch einen Umstand hinzu, welcher seine besondere Aufmerksamkeit erregt habe: Beethoven habe nämlich mit seinen Händen so ruhig gespielt, daß, so wundervoll auch sein Vortrag war, doch kein Werfen derselben hierhin und dorthin, nach oben und unten sichtbar gewesen wäre; man habe dieselben nur nach rechts und links über die Tasten gleiten sehen, während die Finger allein die Arbeit taten. Für Mähler wie für die meisten anderen, welche ihre Erinnerungen an Beethovens Improvisationen mitgeteilt haben, waren dieselben das non plus ultra der Kunst.

Wir schalten hier einen Brief Beethovens an Mähler ein, der, wenn er auch einer etwas späteren Periode angehört (das Datum desselben ist nicht genau zu bestimmen), doch eine passende Einleitung zu Mählers Bemerkungen über das Porträt gibt, auf welches er sich bezieht.


»Lieber Mähler,


Ich bitte Sie recht sehr sobald als sie mein Portrait genug gebraucht haben, mir es alsdann wieder zuzustellen – ist es, daß Sie dessen noch bedürfen, so bitte ich Sie wenigstens um Beschleunigung hierin – ich habe das Portrait einer fremden Dame, die dasselbe bei mir sah, versprochen, während ihres Aufenthalts von einigen Wochen hier in ihr Zimmer zu geben. Wer kann solchen reizenden Anforderungen widerstehen, versteht sich, daß ein Theil von allen den schönen Gnaden die dadurch auf mich herabfallen auch ihrer nicht vergessen wird. –

Ganz ihr Bthvn.«


Auf die Frage, welches Bild hier erwähnt werde, antwortete Mähler dem Verfasser im wesentlichen folgendes die deutsch geführte Unterhaltung [403] wurde damals englisch aufgezeichnet): »Es war ein Porträt, welches ich bald nach meiner Ankunft in Wien malte, auf welchem Beethoven beinahe in Lebensgröße sitzend dargestellt ist; die linke Hand ruht auf einer Lyra, die rechte ist ausgestreckt, als wenn er in einem Momente musikalischer Begeisterung den Tact schlüge; im Hintergrunde ist ein Tempel des Apollo.« »Ach, wenn ich nur wüßte«, fügte Mähler hinzu, »was aus dem Bilde geworden ist!« Zur großen Zufriedenheit des alten Herrn konnte der Verfasser ihm erwidern, daß das Bild noch gegenwärtig im Zimmer der Frau Witwe van Beethoven in der Josephstadt hänge, und daß er selbst eine Kopie davon besitze. Die ausgestreckte Hand – wiewohl gleich dem übrigen Bilde nicht sehr künstlerisch ausgeführt – war offenbar mit Sorgfalt gemalt. Sie ist im Verhältnis zur Länge etwas breit, muskulös und kräftig, wie es die Hand eines großen Pianisten durch vielfache Übung notwendig wird; im ganzen jedoch hübsch geformt und wohl proportioniert. In anatomischer Hinsicht entspricht sie so vollkommen allen authentischen Beschreibungen von Beethovens Person, daß dies allein den Beweis liefert, daß sie nach der Natur aufgenommen und alsdann nach des Malers Phantasie ausgeführt ist. Denn wer hat je eine lange und seine Hand mit spitz zulaufenden Fingern, gleich der Mendelssohns, in Verbindung mit der kurzen, stämmigen und muskulösen Gestalt eines Beethoven oder Schubert gesehen? –

Es gab in Wien, wie wir im Vorbeigehen bemerken, eine Klasse von guten Musikern, klein an Zahl und exklusiv in ihrem Geschmacke, welche gerade zu dieser Zeit einen Rivalen Beethovens in seinem speziellen Fache entdeckt zu haben glaubten, nämlich den berühmten Abt Vogler. So schreibt Gänsbacher, wie Fröhlich in seiner Biographie Voglers angibt: »Sonnleithner gab Vogler zu Ehre eine mus. Soiree und lud Beethoven unter anderen auch ein. Vogler phantasirte auf dem P. F. über ein Thema, ihm von Beethoven gegeben, 41/2 Takt, zuerst in einem Adagio, dann fugirt. Vogler gab dann Beethoven ein Thema von 3 Takten (die C dur-Scala in allabreve eingeteilt)26. Beethovens ausgezeichnetes Klavierspiel verbunden mit einer Fülle der schönsten Gedanken überraschte mich zwar auch ungemein; konnte aber mein Gefühl nicht bis zu jenem Enthusiasmus steigern, womit mich Voglers gelehrtes, in harmonischer und contrapunktischer Beziehung unerreichtes Spiel begeisterte.«

Einige dieser Zeit angehörige Briefe Beethovens müssen noch an dieser Stelle mitgeteilt werden. Der erste derselben, an Hoffmeister in [404] Leipzig gerichtet, wurde zuerst in der Neuen Ztschr. für Musik Bd. VI, Nr. 21 veröffentlicht:


»Wien, am 22. September 1803.


Hiermit erkläre ich also alle Werke, um die Sie geschrieben, als Ihr Eigenthum; das Verzeichniß davon wird Ihnen noch einmal abgeschrieben und mit meiner Unterschrift als Ihr erklärtes Eigenthum geschickt werden – auch den Preis um 50 Duc. gehe ich ein. – Sind Sie damit zufrieden? –

Vielleicht kann ich Ihnen statt der Variationen mit Violoncell und Violin, vierhändige Variationen über ein Lied von mir, wo die Poesie von Göthe wird ebenfalls dabei müssen gestochen werden, da ich diese Variationen als Andenken in ein Stammbuch geschrieben und sie für besser wie die andern halte; sind Sie zufrieden?

Die Übersetzungen27 sind nicht von mir, doch sind sie von mir durchgesehen und stellenweise ganz verbessert worden, also kommt mir ja nicht, daß Ihr da schreibt, daß ich's übersetzt habe, weil Ihr sonst lügt, und ich auch gar nicht die Zeit und Geduld dazu zu finden wüßte. – Seid Ihr zufrieden?

Jetzt lebt wohl, ich kann Euch nichts anders wünschen, als daß es Euch herzlich wohl gehe, und ich wollte Euch alles schenken, wenn ich damit durch die Welt kommen könnte, aber – bedenkt nur, Alles um mich her ist angestellt und weiß sicher, wovon es lebt, aber du lieber Gott, wo stellt man so ein parvum talentum com ego an den Kaiserlichen Hof? – – – –


Euer Freund

L. v. Beethoven


Ferner begann in diesem Jahre die Korrespondenz mit Thomson. George Thomson (geb. 4. März 1757 zu Limekites [Fife], gest. 18. Februar 1851 zu Leith) war infolge seiner Kenntnisse und Fähigkeiten schon in jungen Jahren als Sekretär bei der Versammlung der Bevollmächtigten zur Hebung der Künste und Gewerbe, welche zur Zeit der Vereinigung der Königreiche England und Schottland (1707) gebildet wurde, angestellt worden, und zog sich aus dieser Stellung nach einem Dienste von 50 Jahren mit voller Pension zurück. Er war namentlich ein Beförderer aller guten Musik und ein eifriger Wiedererwecker der alten schottischen Melodien. Als ein Mittel zur Hebung des Geschmackes und gleichzeitig zur allgemeinen Verbreitung der schottischen Nationalgesänge hatte er Sonaten mit solchen Melodien als Themen herausgegeben, [405] welche für ihn von Ignaz Pleyel28 in Paris und Leopold Koželuch in Wien komponiert waren, zwei Instrumentalkomponisten, die damals europäischen Ruf hatten, jetzt freilich kaum mehr zu genießen sind. Da der Ruf des neuen Wiener Komponisten damals bereits nach Edinburgh gelangt war, so wandte sich Thomson an ihn um Werke von ähnlichem Charakter. In der folgenden Antwort Beethovens scheint nur die Unterschrift von seiner Hand zu sein.


»A Monsieur

George Thomson, Nr. 28 York Place

Edinburgh. North Britain

Vienne le 5. 8bre 1803


Monsieur!


J'ai reçu avec bien de plaisir votre lettre du 20Juillet. Entrant volontiers dans vos propositions je dois vous declarer que je suis prêt de composer pour vous six sonates telles que vous les desirez y introduisant même les airs ecossais d'une manière laquelle la nation Ecossaise trouvera la plus favorable et le plus d'accord avec le genie de ses chansons. Quant au honoraire je crois que trois cent ducats pour six sonates ne sera pas trop, vu qu'en Allemagne on me donne autant pour pareil nombre de sonates même sans accompagnement.

Je vous previens en même tems que vous devez accelerer votre declaration, par ce qu'on me propose tant d'engagements qu'après quelque tems je ne saurois peutêtre aussitôt satisfaire à vos demandes. – Je vous prie de me pardonner, que cette reponse est si retardée ce qui n'a été causée que par mon sejour à la campagne et plusieurs occupations tres pressantes. –Aimant de preference les airs eccossais je me plairai particulierement dans la composition de vos sonates, et j'ose avancer que si vos interêts s'accorderront sur le honoraire, vous serez parfaitement contenté.

Agréez les assurances de mon estime distingué.


Louis van Beethoven.«


Thomson schrieb auf die Rückseite dieses Briefes: »5. Oct. 1803 Louis van Beethoven, Vienna. Demands 300 Ducats for composing six sonates for me.

Replied 8. Nov. that J would give no more than 150 taking 3 of the sonatas when ready and the other 3 in six months after; giving him leave to publish in Germany on his own account the day after publication in London

Die Sonaten wurden nie komponiert.

Nicht lange nachher (am 22. Oktober) erließ Beethoven gegen einen Versuch, seine Werke nachzudrucken, folgenden charakteristischen Bannfluch [406] in der Wiener Zeitung, in welcher derselbe eine ganze, in großen Typen gedruckte Seite einnimmt.


»Warnung.


Herr Carl Zulehner, ein Nachstecher zu Mainz, hat eine Ausgabe meiner sämmtlichen Werke für das Pianoforte und Geigeninstrumente angekündigt. Ich halte es für meine Pflicht, allen Musikfreunden hiermit öffentlich bekannt zu machen, daß ich an dieser Ausgabe nicht den geringsten Antheil habe. Ich hätte zu einer Sammlung meiner Werke, welche Unternehmung ich schon an sich voreilig finde, nicht die Hand geboten, ohne zuvor mit den Verlegern der einzelnen Werke Rücksprache genommen und für die Correctheit, welche den Ausgaben verschiedener einzelner Werke mangelt, gesorgt zu haben. Ueberdies muß ich bemerken, daß jene widerrechtlich unternommene Ausgabe meiner Werke nie vollständig werden kann, da in kurzem verschiedene neue Werke in Paris erscheinen werden, welche Herr Zulehner als französischer Unterthan nicht nachstechen darf. Ueber eine unter meiner eigenen Aufsicht und nach vorhergegangener strenger Re vision meiner Werke zu unternehmende Sammlung derselben werde ich mich bei einer anderen Gelegenheit umständlich erklären29.

Ludwig van Beethoven.«


Der Maler Alexander Macco, welcher 1801 jenes Porträt der Königin von Preußen gemalt hatte, welches so mannigfache Diskussion in der öffentlichen Presse hervorrief30, ihm aber eine Pension von 100 Talern sicherte, war von Berlin nach Dresden und Prag gereist und kam im Sommer 1802 nach Wien. Hier wurde er ein großer Bewunderer Beethovens, sowohl des Menschen als des Künstlers, und zog von der Gesellschaft desselben Genuß und Vorteil, soweit es nur irgend der körperliche und geistige Zustand Beethovens ihm gestattete, einem Fremden seine Zeit zu widmen. Macco blieb nur wenige Monate dort und kehrte alsdann nach Prag zurück, von wo er im nächsten Jahre an Beethoven schrieb und ihm einen Oratorientext von Professor A. G. Meißner zur Komposition anbot, dessen Name gerade damals in den musikalischen Kreisen durch Veröffentlichung des ersten Bandes der Biographie J. G. Naumanns wohlbekannt war. Wäre Meißner nicht 1805 von Prag nach Fulda gezogen, und hätte Europa Frieden behalten, so würde [407] Beethoven vielleicht zwei oder drei Jahre später von dem Anerbieten Gebrauch gemacht haben; damals lehnte er dasselbe in folgendem Briefe31 ab:


»Wien den 2. Nov. 1803.


Lieber Macco! Wenn ich Ihnen sage, daß mir ihr Schreiben lieber ist als das eines Königs oder Ministers, so ists Wahrheit; und dabei muß ich noch hintendrein gestehen, daß Sie mich durch Ihre Großmuth wirklich etwas demüthigen, indem ich ihr Zuvorkommen bei meiner Zurückhaltung gegen Sie gar nicht verdiene, überhaupt hat mirs wehe gethan, daß ich in Wien nicht mehr mit Ihnen sein konnte, allein es gibt Perioden im menschlichen Leben, die wollen überstanden sein, und oft von der unrechten Seite betrachtet werden, es scheint daß Sie selbst als großer Künstler nicht ganz unbekannt mit dergleichen sind, und so – habe ich denn, wie ich sehe, ihre Zuneigung nicht verlohren, und das ist mir sehr lieb, weil ich Sie schätze, und wünschte mir einen solchen Künstler in meinem Fach um mich haben zu können. Der Antrag von Meißner ist mir sehr willkommen, mir konnte nichts erwünschter sein, als von ihm, der als Schriftsteller so sehr geehrt und dabei die musicalische Poesie besser als einer unserer Schriftsteller Deutschlands versteht, ein solches Gedicht zu erhalten, nur ist es mir in diesem Augenblick unmöglich dieses Oratorium zu schreiben, weil ich jetzt erst an meiner Oper anfange und die wohl immer mit der Aufführung bis Ostern dauern kann – wenn also Meißner mit der Herausgabe des Gedichts übrigens nicht so sehr eilte, so würde mir's sehr lieb sein, wenn er mir die Composition davon überlassen wollte, und wenn das Gedicht noch nicht ganz fertig, so wünschte ich selbst, daß M. damit nicht zu sehr eilte, indem ich gleich vor oder nach Ostern nach Prag kommen würde, wo ich sodann einige meiner neueren Kompositionen ihn würde hören machen, die ihn mit meiner Schreibart bekannter machen würden, und entweder – weiter begeistern – oder gar machen würden, daß er aufhörte etc. Mahlen Sie das dem Meißner aus, lieber Maccohier schweigen wir – eine Antwort von Ihnen hierüber wird mir immer sehr lieb sein, an Meißner bitte ich Sie meine Ergebenheit und Hochachtung zu melden – noch einmal herzlichen Dank, lieber Macco, für ihr Andenken an mich, mahlen Sieund ich mache Noten, und so werden wirewig?ja vielleicht ewig fortleben!

Ihr innigster

Beethoven.«


So würde denn also der Berichterstatter in der Zeitung für die elegante Welt recht gehabt, und Beethoven wirklich einen heroischen Text von Schikaneder erhalten haben? Soviel ist gewiß: in den Worten »weil ich jetzt erst an meiner Oper anfange«, kann keine Beziehung auf Leonore (Fidelio) enthalten sein. Vielleicht drückten dieselben nur seine Erwartung aus, unmittelbar ein solches Werk zu beginnen, vielleicht auch deuten sie auf ein bereits begonnenes hin, von welchem ein Fragment [408] erhalten ist. In Rubrik 2 des Auktionskataloges von Beethovens Manuskripten und Musik, Nr. 67, befindet sich ein »Gesangstück mit Orchester, vollständig, aber nicht gänzlich instrumentirt«. Es ist ein Opernterzett32; die auftretenden Personen sind Porus, Volivia, Sartagones; die Handschrift stimmt zu dieser Periode von Beethovens Leben, und die Musik ist die Grundlage des späteren großen Duetts im Fidelio, »O namenlose Freude«. Man ist daher stark versucht zu glauben, daß Schikaneder Beethoven einen zweiten Alexander übergeben hatte, dessen Szene nach Indien verlegt war; eine Ergänzung zu jenem ersten, mit welchem sein neues Theater zwei Jahre vorher eröffnet worden war. Doch wie sich dies auch verhalten mag, jedenfalls traten Umstände ein, welche die Vollendung oder überhaupt die Komposition eines von Schikaneder verfaßten Textes verhinderten.


Kompositionen des Jahres 1803.

Die Kompositionen, welche mit Bestimmtheit in dieses Jahr verlegt werden können, sind an Zahl gering im Vergleiche zu jenen von 1802. Veröffentlicht wurden im Laufe des Jahres 1803 die beiden Klaviersonaten Op. 31 I (G-Dur) und Op. 31 II (D-Moll) in Nägelis Repertoire des Clavecinistes (vgl. S. 356); die drei Violinsonaten Op. 30 vom Industrie-Komptoir (S. 350); die beiden Klavier-Variationenwerke Op. 34 (F-Dur) und Op. 35 (Es-Dur, Eroica - Variationen) von Breitkopf u. Härtel (S. 363 ff.); die sieben Bagatellen Op. 33 vom Industriekontor (S. 368); die G-Dur-Violinromanze Op. 40 (S. 378), die nach Op. 25 arrangierte Sonate für Klavier und Flöte (Violine)Op. 41 (S. 51) und die sicher zu den »fatalen alten Sachen« zählenden beiden Präludien Op. 39 von Hoffmeister und Kühnel (I2 300) und die wohl ebenfalls ganz frühen und hinter Beethovens Rücken herausgekommenen Lieder La partage (Der Abschied) und Zärtliche Liebe (Ich liebe dich so wie du mich) bei Traeg; dagegen scheint »Das Glück der Freundschaft« (Op. 88!), bei Löschenkohl in Wien und bei Simrock erschienen, zufolge einer Skizze unter denEroica-Skizzen (Nottebohm, Ein Sk.-B. B.s a. d. Jahre 1803) mindestens 1803 von Beethoven überarbeitet zu sein. 1803 geschrieben und auch 1803 erschienen sind die sechs Lieder von Gellert Op. 48, ernste von einem imponierenden Pathos getragene religiöse Gesänge, von denen Nr. 4: »Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre« wahrhaft populär geworden ist und zahlreiche Bearbeitungen auch für Klavier und Orchester erfahren [409] hat; ein Schicksal, dessen aber auch die anderen Nummern durchaus nicht unwürdig wären. Von Nr. 5 und 6 »Gottes Macht und Vorsehung« und »Bußlied« ist das Autograph erhalten im Besitze von Arthur Richter in München, der es von der Familie Niemetschek erbte. Das Fragment ergibt für die beiden Lieder einige wichtige Korrekturen für die Fassung des Druckes, welche Dr. Alfred Ebert in der »Musik« IX, 1 (Oktober 1909) nachweist. In den Bannkreis der Arbeiten an der Prometheus-Musik (1800) gehören wahrscheinlich die zwar kunstvollen aber durch die merkwürdige Trockenheit des Themas33 zu keiner rechten Wärme des Ausdrucks kommenden 14 Variationen Op. 44 für Klavier, Violine und Violoncell. Hoffmeister und Kühnel, welche dieselben am 14. April 1804 als er. schienen anzeigten, scheinen wenig Vertrauen auf die Wirkung des Werkes gehabt zu haben, da Beethoven ihnen in dem Briefe vom 22. September 1803 eventuell in Tausch dafür die vierhändigen Klaviervariationen über »Ich denke dein« offerierte.

Die beiden großen Schöpfungen des Jahres sind die Rudolf Kreutzer gewidmete A-Dur-Violinsonate Op. 47 und die dritte Symphonie in Es-Dur »Sinfonia eroica« Op. 56. Die Widmung der Sonate war, wie wir sahen (S. 397), ursprünglich Bridgetower zugedacht; das bestätigen auch Ries und Czerny (s. oben S. 395). Die Abtrennung des Finale von der A-Dur-Sonate Op. 30 I, für die es geschrieben war, ist aber keinesfalls geschehen, [410] um Op. 47 schnell ein Finale zu geben, obgleich das Werk etwas eilig fertiggestellt werden mußte und in der Tat zum Konzert am 24. Mai 1803 nur notdürftig fertig wurde, wie S. 395 berichtet. Da Op. 30 bereits am 28. Mai 1803 in der Wiener Zeitung als erschienen angezeigt wurde, so ist nur die umgekehrte Annahme möglich, daß von Beethoven zu dem von ihm als für Op. 30 I ungeeignet zurückgestellten (zu brillanten!) Finale die beiden Vorsätze speziell für Bridgetower erfunden wurden. Der zu den, wie ausgeführt (S. 350), zu keinem rechten Elan kommenden ersten Sätzen von Op. 30 I nach Beethovens eigenem Urteil nicht passende sinnenberückende Tarantellensatz erschien ihm jedenfalls für den temperamentvollen Mulatten besonders geeignet und ließ in seiner Phantasie den verwandten ersten und den kontrastierenden zweiten Satz von Op. 47 entstehen. Der Titel des Werkes »Sonata per il Pianoforte ed un Violino obligato, scritta in uno stilo molto concertante quasi come d'un Concerto« ist in dieser Fassung (noch ohne die Widmung dedicata al suo Amico R. Kreutzer) auf der Innenseite des Schlußblattes des von Nottebohm ausführlich beschriebenen Skizzenbuches (»Ein Skizzenbuch von Beethoven aus dem Jahre 1803« [1880] entworfen; nach stilo sic statt stile) steht noch durchstrichen brillante. Wie man sieht, war sich Beethoven vollkommen bewußt, daß das eine Violinsonate ganz anderen Schlages war als die bisher von ihm geschriebenen. Ries' Aussage (s. oben S. 395), daß »ein großer Teil des ersten Allegros früh fertig« war, beweist nicht, daß dasselbe bereits von früher her skizziert vorgelegen hätte, wie die Fortsetzung ausweist: »Bridgetower drängte ihn sehr, weil sein Konzert schon bestimmt war und er seine Stimme üben wollte«. Da Bridgetower bereits am 16. April in Wien war (S. 388), so kann sich das »früh« sehr wohl auf die ersten der fünf von da bis zum Konzert am 24. Mai liegenden Wochen beziehen. Daß die Klavierstimme bei der Aufführung nicht vollständig geschrieben war, entspricht nur Beethovens sonstiger Gepflogenheit (z.B. beim C-Moll-Konzert), beweist also für die Zeit der Entstehung nichts. Wohl aber ist die Bemerkung wichtig, daß Bridgetower die Variationen aus Beethovens Autograph spielen mußte, weil zum Abschreiben keine Zeit war. Das sind so bestimmte Angaben, daß sie Zweifel nicht aufkommen lassen. Beethoven war tatsächlich einmal gezwungen, von seiner Gewohnheit des langsamen Ausreifens der Ideen abzugehen. Es ist müßig, sich Gedanken darüber zu machen, ob das dem Werke geschadet oder genützt hat. Als sicher aber wird man annehmen können, daß der virtuose, mehr konzerthafte Charakter desselben, [411] der dem bereits fertig vorliegenden Finale ohnehin eigen war, für die beiden anderen Sätze durch die unmittelbare Einwirkung des Beethoven imponierenden Violinisten bedingt worden ist.

Das Erscheinen der Sonate bei Simrock verzögerte sich länger als erwartet, so daß Beethoven ungeduldig wurde und folgenden Brief an

Simrock schrieb34:


»Wien

am 4ten October 1804.


Lieber bester Herr Simrock, immer habe ich schon die ihnen von mir gegebene Sonate mit sehnsucht erwartet – aber vergeblich – schreiben sie mir doch gefälligs was es denn für einen Anstand mit derselben hat – ob sie solche bloß um den Motten zur speise zu geben von mir genommen? – oder wollen Sie sich ein besonderes Kaiserliches privilegium darüber ertheilen lassen? – nun das dächte ich hätte wohl lange geschehen können. – Wo steckt dieser langsame teufel – der die Sonate heraustreiben soll – sie sind sonst der geschwinde teufel, sind dafür bekannt, daß sie, wie Faust ehemals mit dem schwarzen im Bunde stehen und sind dafür ebenso geliebt von ihren Kameraden; noch einmal – wo steckt ihr teufel – oder was ist es für ein teufel – der mir auf der Sonate sitzt und mit dem sie sich nicht verstehen? – eilen sie also und geben sie mir nachricht, wann ich die S. ans Tageslicht gebracht sehen werde – indem sie mir dann die Zeit bestimmen werden, werde ich ihnen sogleich alsdann ein Blättchen an Kreutzer schicken, welches sie ihm bey übersendung eines Exemplars (da sie ja ohnehin ihre Exemplare nach Paris schicken, oder selbe gar da gestochen werden) so gütig seyn werden beizulegen – dieser Kreuzer ist ein guter lieber Mensch, der mir bei seinem hiesigen aufenthalt35 sehr viel Vergnügen gemacht, seine anspruchslosigkeit und Natürlichkeit ist mir lieber als alles Extérieur oder intérieur aller Meister Virtuosen – da die Sonate für einen tüchtigen Geiger geschrieben ist, um so passender ist die Dedication an ihn. – Ohnerachtet wir zusammen korrespondiren (d.h. alle Jahr einen Brief von mir) so – hoffe ich wird er noch nichts davon wissen – Ich höre immer, daß sie ihr Glück machen und mehr befestigen, das freut mich von Herzen, grüßen sie alle von ihrer Familie, und alle andern, denen sie glauben daß ein Gruß von mir angenehm ist – bitte um baldige antwort

ihr

Beethoven


Über die neue Symphonie berichten wir im nächsten Kapitel.

Als ein Beweis der wachsenden Schätzung von Beethovens Größe im Auslande ist hier noch zu erwähnen, daß derselbe im Sommer 1803 einen Erardschen Flügel von dem berühmten Pariser Fabrikanten persönlich geschenkt erhielt. Diese Tatsache wurde erst im Jahre 1874 durch einen Herrn Bannelier aus den Geschäftsakten der Firma Erard [412] festgestellt und in der Revue et Gazette musicale de Paris vom 5. und 12. September 1874 bekannt gemacht. Eduard Hanslick hatte mit Recht Zweifel geäußert, als 1873 gelegentlich der Wiener Weltausstellung von dem Linzer Museum ein Flügel an die additionelle Ausstellung von historischen Musikinstrumenten (vorwiegend von Regierungsrat Exner) eingesandt worden war, der die Jahreszahl 1804 trug und die Aufschrift »Fortepiano, welches die Stadt Paris dem Komponisten L. v. Beethoven verehrte. Geber: Herr Johann van Beethoven, Privat in Linz (dessen Bruder).«

Hanslick selbst berichtet über die Angelegenheit in der Neuen Freien Presse vom 15. Oktober 1875:


»So peinlich ich jede Rücksichtslosigkeit gegen das Linzer Museum empfand, das unsere Ausstellung mit zahlreichen werthvollen Reliquien bereichert hatte, ich mußte doch meine gegründeten Zweifel an der Richtigkeit jener (von Beethoven's Bruder herrührenden) Aufschrift öffentlich aussprechen. Eine Huldigung der Stadt Paris an Beethoven zu einer Zeit, wo noch wenige Pariser um die Existenz Beethoven's wußten! Dazu die bekannte Unzuverlässigkeit Johann van Beethoven's, der es mit der Wahrheit nicht immer genau nahm! Herr Bannelier hat nun den dankenswerthen Schritt gethan, in den Handelsbüchern der Firma Erard nachforschen zu lassen. Diese constatiren, daß ›am 18. Thermidor des Jahres XI der Republik (1803) Sebastian Erard einen Flügel (un piano forme clavecin) Herrn Ludwig van Beethoven in Wien zum Geschenk gemacht hat‹. Damit ist die Sache aufgeklärt und das Erard'sche Clavier ein authentisches Eigenthum Beethoven's. Die ›Stadt Paris‹ bleibt nach wie vor aus dem Spiel, aber die Herkunft des Geschenkes und das Verdienst des genialen Chefs der berühmten Clavierfabrik, Sebastian Erard, dem damals 33 jährigen Beethoven eine spontane künstlerische Huldigung dargebracht zu haben, sind nunmehr festgestellt. Das Museum in Linz darf dieses werthvolle Stück nun mit voller Sicherheit als ein ›Geschenk Sebastian Erard's an Beethoven aus dem Jahre 1803‹ bezeichnen.

Ed. Hanslick

Fußnoten

1 Wohl das Quintett mit Blasinstrumenten Op. 16, das aber schon im März 1801 erschienen war.


2 Sohn des Esterhazyschen Kammermusikdirektors Ludovico Tomasini, Konzertmeister in Strelitz.


3 Wenn es, wie nicht zu bezweifeln, dieselbe wie »Hermann von Unna« war.


4 A. M. Z. IV. S. 590.


5 Cäcilia IX. S. 219.


6 Vgl. oben (S. 385).


7 Im J. 1811 gab Kotzebue selbst unserem Meister Gelegenheit, dieses zu beweisen.


8 Holz schreibt in einem Konversationsbuch v. J. 1825, daß Christus am Ölberge bis dahin immer volle Häuser gemacht, daß aber der Hofmusikgraf weitere Aufführungen nicht zugegeben habe.


9 Er war am 11. Dez. 1770 geboren, und stand also mit Beethoven in völlig gleichem Alter.


10 So erzählt Held in seiner Selbstbiographie. Die Zitate aus derselben teilte Dr. Edmund Schebek aus Prag dem Verfasser mit. [Vielleicht ist mit dem ›Kleinhals‹ Kleinheinz gemeint. H. R.]


11 Anton Kraft war damals 141/4 Jahre alt.


12 François Joseph Nadermann ist zwar 1773 in Paris geboren, wo sein Vater als Harfenfabrikant lebte; vielleicht stammte aber dieser aus Sachsen (er war mit Wenzel Krumpholz befreundet).


13 Der Paß, welchen ihm die Wiener Polizei ausstellte, um von da über Dresden nach London zu reisen, datiert vom 27. Juli 1803, beschreibt ihn folgendermaßen: »George Bridgetower, Karakter Tonkünstler, von Biala in Polen gebürtig, 24 Jahre alt, mittlerer Statur, glatt braunes Gesicht, schwarz braune Haare, braune Augen, grade etwas dicke Nase.«

Herr Samuel Appleby, welcher dem Verfasser die Papiere Bridgetowers zur Einsicht überließ, beschreibt ihn als einen sehr tüchtigen Musiker, jedoch dem Anscheine nach etwas unzufriedenen, melancholischen Menschen.

Sein Vater, welcher sich zu London in hohen Kreisen bewegt hatte, war dort als der »Abyssinische Prinz« bekannt; ob aber dieser Titel ein wirklicher war, oder ihm nur im Scherz nach Dr. Johnsons »Rasselas« beigelegt, ist eine Sache von zweifelhafter Sicherheit. Ob Bridgetower sein wirklicher Name war, und wie er zu demselben gelangte, wie er seinen Weg nach Biala fand und sich mit einer deutschen oder polnischen Frau verheiratete usw., über alle diese und ähnliche Dinge sind wir in völligem Dunkel. Wir wissen, daß er vor 1790 mit seinem Sohne Georg in London war, und daß 1802 seine Frau und ein anderer Sohn, der Violoncellspieler war, in Dresden wohnten.

Die früheste Notiz über Georg Br. in unseren Sammlungen ist enthalten in einem »Auszug eines Schreibens von Hrn. Abt Vogler aus London, den 6. Juni 1790«, gedruckt in Boßlers Musikalischer Korrespondenz vom 7. Juli jenes Jahres:

»Verwichenen Mittwoch den 2ten Juni habe ich einem Konzert hier in Hannover Square beigewohnt, wo zwei junge Helden auf der Violine miteinander wetteiferten, und allen Liebhabern und Kunstrichtern während drei Stunden die angenehmste Unterhaltung zu verschaffen wußten. Wechselseitig ließen sie sich mit Konzerten hören, und jedem wurde immer der wärmste Beifall zugeklatscht. Das Quartett aber, das von lauter jungen Virtuosen, die zusammen keine 40 Jahre hatten, gespielt wurde, übertraf durch das Verdienst eines seinen launigten, witzigen und dabei gleichen vereinten Vortrags alle Erwartung, die je die größten bejahrten Virtuosen befriedigen können. Die erste Violine spielte Clement aus Wien, acht und ein halb Jahr, die zweite Bridgetower aus Africa, zehn Jahr alt.«

Der Prinz von Wales, nachmals König Georg IV, zog den jungen Mann in seinen Dienst als ersten Violinspieler im Pavillon zu Brighton.


14 Sein erstes Konzert daselbst fand nach den Dokumenten, aus welchen diese Notizen genommen sind, am 24. Juli 1802 im Böhmischen Saale statt, unter der Leitung von Schultz, Kurs. Sächs. Kammermusikus. Das Programm war: 1. Symphonie von Mozart; 2. Violinkonzert; 3. Stück einer Symphonie; 4. Serenade von Viotti; 5. Stück einer Symphonie; 6. Violin-Variationen.

Ein zweites Konzert fand am 18. März 1803 statt, in welchem Mlle. Grünwald angekündigt war; jedoch ein noch erhaltener Brief ihres Vaters vom 17. teilt dem Konzertgeber mit, daß seine Tochter sich erkältet habe und nicht imstande sei, aufzutreten. Das Programm, mit Ausschluß der Singstücke, war folgendes: I. Teil. 1. Symphonie von Beethoven; 3. Violinkonzert von Mr. Bridgetower. II. Teil. 1. Konzert für Violoncell von Mr. I. Bridgetower; 3. Rondo für Violine. Madame Elliot eröffnete die Subskription zu diesem Konzerte mit 18 Billetts.

Eine dritte Subskription, eröffnet von derselben Dame mit 25 Billetts, bezieht sich auf ein Konzert vom 26. April; wenn aber überhaupt ein drittes gegeben worden ist, so muß es mehrere Wochen früher stattgefunden haben; denn wie wir im Texte sehen, war der Violinist bereits am 16. April in Wien.

Aus einer Reihe von Briefen geht hervor, daß Bridgetowers Mutter dauernd in Dresden wohnte, wo vielleicht noch weitere Einzelheiten in bezug auf die Familie entdeckt werden könnten, wenn jemand den Wunsch danach hegen sollte.

Es existiert ein Brief von Friedrich Lindemann – ebenfalls Mitglied des Orchesters des Prinzen von Wales – datiert von Brighton den 14. Januar 1803, worin folgende Stelle vorkommt (aus dem Englischen):

»Billy Cole sendete mir Ihren eingeschlossenen Brief nach Brighton, welchen ich selbst in des Prinzen Hand übergab; er wurde in meiner Gegenwart gelesen, und S. K. H. billigte den Brief als durchaus geeignet und schien sehr befriedigt. Er gewährte und billigte auch Ihre Bitte, nach Wien zu gehen. So viel für diesmal.«


15 Die folgenden weitern Briefe des Grafen Moritz Dietrichstein (sämtlich von den Originalen kopiert) gewähren das lebendigste Bild, welches wir nur irgendwo gefunden haben, von der Aufnahme, welche in jenen Tagen ausgezeichneten Virtuosen von seiten des Wiener Adels zuteil wurde, und von ihrem Verfahren bei Veranstaltung von Konzerten. Dieselben sind ohne Datum; wir haben sie in die Reihenfolge gebracht, welche ihr Inhalt als die richtige anzuzeigen schien. Der oben im Text gegebene gehört wohl hinter den dritten.


1. Le Prince de Lobkowitz vous prie, Monsieur, de lui faire l'honneur de passer chez lui, aujourd'hui a une heure apresmidi, ou il aurait le plaisir de vous entendre. – Il m'a chargé de vous le dire; je vous ai cherché hier soir au Concert de Madame Mara, mais vous n'y étiez pas apparemment. Je serai chez le Prince avant 1 heure; je suppose qu'il vous engagera à jouer les quatuors de Beethoven. Ce sera une satisfaction bien vive pour moi, de pouvoir ajouter l'admiration, que vos talens font naitre, à l'interêt que vous inspirez deja. Veuillez bien agréer l'assurance de ma consideration distinguée.

Jeudi Matin.

Maurice Dietrichstein.


2. Je vous demande mille pardons, Monsieur, de vous avoir quitté si promptement aujourd'hui. Je ne vous ai pas proposé de venir diner chez moi, parce que ma femme était indisposée. Cependant je vous prie, de me faire cet honneur demain, – j'y compte bien surement et je me flatte que vous ne me refusez pas. Si vous vouliez vous trouver à midi sur le Kohlmarkt, nous irions ensemble chez le Prince Lobkowitz, qui est tout-a- fait en extase, depuis qu'il a eu le plaisir de vous entendre.

Soyez bien convaincu, que je partage les sentimens, car il est impossible d'arriver à un plus haut degré de perfection.

Je passerai chez vous demain matin, et je vous prie de croire, que je m'empresserai à vous rendre tous les services dont je serai capable. Je suis avec la consideration la plus distinguée,

votre tres obeissant serviteur

Maurice Dietrichstein.

Jeudi Soir.


3. Je vous envoye ici vos violons, puisque vous pourriez peut-être en faire usage aujourd'hui. Comme je n'ai pas vu le Prince Lobkowitz, j'ignore, s'il y a musique chez lui. En tout cas je viendrai vous prendre demain apres 2 heures, pour conduire chez le Prince Lichnowsky, ou nous dinons. Mais je vous supplie d'y jouer vos duos avec Krafft. Parlez-lui aujourd'hui, et qu'il apporte aussi les nouveaux quatuors d'Haydn. Mais surtout vos Duos, je vous en prie instamment, car je sais comme en est ici; je connais mon Monde. Adieu. Tout à vous.

Maurice Dietrichstein.


4. J'ai parlé aujourd'hui au Prince Lichnofsky, et apres mure reflexion, nous croyons que vous devriez presenter votre souscription aux personnes marquées dans la feuille ci-jointe, et qui seront prevenues la plupart par nous deux et par d'autres.

N'oubliez pas d'aller chez les Princes Esterhazy et Lubomirsky et chez le Baron Braun et le Comte Fries qui pouvra aussi vous donner de bons conseils; et en général chez les personnes auxquelles vous avez remis des lettres. Il serait bon de leur remettre en même tems une affiche du Concert.

Maurice Dietrichstein.


5. Voici, mon cher ami, une autre liste des personnes ou vous devez aller. En general, allez partout ou vous poudrez, car on fait cela ici, et n'oubliez pas tous les Anglais, tels que Windham et d'autres. Si vous pouviez passer demain matin chez moi, j'en serais enchanté.

Maurice Dietrichstein.

Vendredi matin.


Je crois vous avoir marqués des personnes, qui repondront à l'idée que je me forme de leur goût.


16 »Wohllöbl. K. K. Ober-Polizey-Direction!


Unterzeichneter Tonkünstler bittet unterthänigst ihm die gnädige Erlaubniß ertheilen zu wollen, womit er künftigen Montag, das ist den 16. d. M. in dem allhiesigen K. K. Augarten eine Musikalische Academie gegen Erlag von 2 fr. pr. Billet zu seinem Vortheil geben dürfte.

Er stützet seine Bitte auf nachstehende Gründe:


1) Ist er dermahlen als Tonkünstler in wirklichen Diensten Sr. Durchlauchtigsten Hoheit des Kronprinzen von Engellandt,

2) Hat er sich schon in mehreren Theilen Europas auf der Violin mit allgemeinem Beifall und Auszeichnung hören lassen, und

3) Wird er auch von dem hiesigen hohen Adel geschätzt und unterstützt, und so wünscht er sich auch hier öffentlich Ehre einzulegen.

Wien den 9ten May 1803.

August Bridgetower.«


Auf dem Rücken dieser Eingabe steht:


»Dem Bittsteller wird hiermit die Erlaubniß zur Abhaltung inberührter musikalischer Akademie auf den 22. dieses Monats Nachmittags um 1 Uhr im K. K. Augarten ertheilt, dessen die K. K. Polizey Bezirks Direction in der Leopoldstadt rathschl. ex. off. zu erinnern.

Pr. K. K. Oberpolizey Direction.


Wien den 11ten May 1803.«


17 Souscription de Concert de Mr. Bridgetower (Premier Violon de S. A. R. le Prince de Galles) à l'Augarten, Mardi de 17 de Mai, 1803. Le Billet a une Ducat.


L'Envoyé d'Angleterre50 Billets (durchstrichen)

Le Prince Lichnowsky 6 Billets

Le Prince Lobkowitz12 Billets 250 fl.

Le Prince de Schwarzenberg12 Billets

Le Comte de Czernin 3 Billets

Le Comte de Schoenborn 2 Billetspayé

Le Comte de Zinzendorf 1 Billetspayé

–––––––––––––––

370 f.


Dieses Konzert scheint nicht stattgefunden zu haben.


Souscription de Concert de Mr. Bridgetower, Premier Violon de S. A. R. le Prince de Galles à l'Augarten, Mardi de 24. Mai.


Le Billet a une Ducat.

––––––––––––––––––––––––––


L'Envoyé d'Angleterre50 Billets

Le Prince Esterhazy10 Billets

Le Prince Lobkowitz29 Billets

Le Prince Schwarzenberg10 Billets

Le Prince Lichnowsky10 Billets

Le Prince Lubomirsky 3 Billets

Le Comte S. Palffy 4 Billets

Le Prince Odescalchi 4 Billets

Madamela Comtesse

Lanckorousky(?) 2 Billets 100

La Comtesse Rzawusky 2 Billets

Le Comte Rasomowsky 5 Billets 100

La Princesse Jean

Liechtenstein 2 Billets

Comtesse de Majlath 2 Billets

La Princesse Ruspoli 4 Billets

Le Chevalier Donett 2 Billets

Le Comte F. d'Erdödy 4 Billets

Ctess Charles

de Zichy 4 Billets 215

Le Cte R. de Wrbna 3 Billets

Prince de Kaunitz 6 Billets

J. B. de P 5 Billets

Maurice Cte de

Fries25 Billets

Princesse de

Liechtenstein 2 Billets

Le Comte M. Dietrichstein13 Billets

Le Comte Ferdinand Palffy 2 Billets 305

Le Comte de Hardenberg10 Billets

Le Comte Trautmannsdorf 2 Billets

Le Comte de Fürstenberg 5 Billets

Baronne d'Aichelbourg 2 Billets

Le Baron Franz Nartory12 Billets

Jean de Tost12Billets

––––––––––––––

Total 1140 fl.


18 Folgende Mitteilung Czernys über diese Sonate wird ebenfalls von Interesse sein. »In der, für Bridgetower geschriebenen und Kreuzer gewidmeten Violinsonate Op. 47 (von welcher der erste Satz in 4 Tagen componirt wurde, und die andern zwei (?) schon früher für eine andere Sonate fertigen Sätze beigefügt wurden) soll die Schlußstelle


11. Kapitel. Das Jahr 1803

aus einem schon früher erschienenen Kreuzerschen Werke entlehnt sein. So versicherte mich gleich nach Erscheinen der Beethovenschen Sonate ein französischer Tonkünstler (1805). Es wäre der Mühe werth es zu ergründen. Vielleicht ist dies die Ursache der Dedication.« Und ferner: »Bridgetower war ein Mulatte und spielte sehr extravagant, als er die Sonate mit Beethoven spielte, lachte man sie aus.«


19 Ihre Kenntnis verdankt der Verfasser ebenfalls Mr. Appleby.


20 Man beachte die lebhaften Beziehungen zu Graf Deym und Gräfin Guicciardi noch im Mai 1803. Es ist dies zugleich ungefähr die Zeit, in welche der Bericht der Memoiren der Gräfin Therese Brunswik den Beginn der zwischen Franz Brunswik und Beethoven geschlossenen innigen Freundschaft setzt.


21 »Hr. Karl v. Beethoven, wohnt auf der Wien 26«, s. Staatsschemat. 1803, S. 150, u. 1804, S. 154. – »Hr. Ludwig van Beethoven, auf der Wien 26«, s. Auskunftsbuch 1804, S. 204. »An der Wien Nr. 26. Bartolomâ Zitterbarth, K. K. Priv. Schauspielhaus« – s. Vollständ. Verzeichnis – »aller der ... numerirten Häuser, deren Eigenthümer« ... Wien 1804, S. 133.


22 Von André forderte er sogar 8 Exemplare, vgl. S. 358.


23 Not. S. 128. Ries setzt das Billett ins Jahr 1803.


24 Hierzu bemerkt Gerhard von Breuning, daß sein Vater nicht der Konskription unterlag.


25 Über Beethovens Bildnisse schrieb ausführlich Th. von Frimmel in »Neue Beethoveniana« S. 189 ff. (1890) und »Beethovenstudien« Bd. II. (1905).


26 Ein ächt Voglersches Thema! (H. R.)


27 Vgl. S. 206 die Bemerkungen zu den Arrangements der C-Dur-Symphonie und des Septetts. Deiters hatte sich zu dieser Stelle angemerkt, daß mit den »Übersetzungen« die deutschen Texte zu den italienischen Gesängen oder den Arietten Op. 82 gemeint seien. Daran ist wohl nicht zu denken, da Beethoven ja mehrfach gerade in dieser Zeit den Ausdruck übersetzen für arrangieren braucht. Speziell sind gemeint die Arrangements des Streichtrios Op. 3 als Bratschensonate (Op. 42) und der Serenade Op. 25 als Flötensonate (Op. 41), welche Hoffmeister und Kühnel im Herbst 1803 ankündigten (von Beethoven durchgesehen und stellenweise korrigiert).


28 Op. 81 3 Sonaten mit schottischen Melodien, mit Violine und Violoncell. Op. 82 3 desgleichen – Gerbers Lexikon Art. Pleyel.


29 Der Gedanke einer Gesamtausgabe seiner Werke beschäftigte Beethoven in der Folge wiederholt. 1806 versuchten Breitkopf und Härtel, sich alle Werke Beethovens für ihren Verlag zu sichern; ähnliche Versuche von Wiener Verlegern reichen aber wohl bis 1803 zurück. Später spielt der Gedanke in Korrespondenzen mit Probst und Simrock eine Rolle. Zuletzt wurde er noch von Andreas Streicher 1824 Beethoven eindringlich nahegelegt (vgl. IV, 118 ff.). Doch kam es nie zu einem ernstlichen Versuche der Realisierung. Daß Beethoven schon früh auch wünschte, durch ein festes Abkommen (Jahrgehalt) mit einem Verleger, der alles bekäme, was er schriebe, der pekuniären Sorge überhoben zu sein, ist S. 142 angeführt.


30 Z.B. in der Zeitung für die elegante Welt.


31 Gaßners Zeitschrift für Deutschlands Musikvereine, V, Nr. 1, 1845.


32 Nottebohm, »Sk.-B. a. d. J. 1803« S. 56 bezeichnet es als Quartett.


33 Nottebohm weist in den I. Beethoveniana eine ganz offenbar zu dem Thema oder aber zu der letzten Variation von Op. 44 gehörige Skizze auf einem Bogen auf, der dann Skizze und Ausführung des Liedes »Feuerfarb« (in Op. 52) folgen, das vor 1793 komponiert ist. Daraus könnte man folgern, daß die Variationen 1792 entstanden sind. Die erste Auflage dieses Bandes brachte (S. 135) die eine auf Mitteilung Otto Jahns fußende Notiz, daß das Grasnick-Fuchssche Skizzenbuch Skizzen von Op. 44 neben solchen zu den Variationen des Septetts und dem Liede »Ich denke dein« enthalte; Nottebohm konstatiert aber (II. Beeth. S. 484), daß diese Skizzen zuOp. 44 sich nicht mehr in dem Skizzenbuche finden. Doch sind mehrere Blätter aus demselben herausgenommen, auf denen dieselben gestanden haben könnten. Ein bestimmter Beweis, daß die Variationen schon 1792 geschrieben wären, fehlt. Ein Vergleich mit der Prometheus-Musik legt aber den Gedanken nahe, daß das Thema, wie es jetzt im Op. 44 dasteht, ursprünglich für dieselbe bestimmt gewesen ist (wegen des staccato-Unisono und des Halts auf der Dominante). Jedenfalls ist sowohl das seltsame Thema als seine Ausführung in Variationen in dem Ideenkreise der Prometheus-Musik verständlich. Die Skizze von 1792 bleibt freilich rätselhaft und würde eine ältere Wurzel der Prometheus-Musik bedeuten. (Daß auch das Lied »Ich denke Dein« [Matthisson] für den »verunglückten Prometheus« bestimmt gewesen ist, verrät uns ein Brief Beethovens vom 26. Juli 1809 an Breitkopf und Härtel.) Vgl. des Herausgebers Aufsatz »Beethovens Prometheus-Musik ein Variationenwerk« in der »Musik« April 1910.


34 Original im Besitz des Beethovenhauses in Bonn, dem es Jos. Joachim überwies; diesem schenkte es 1872 Fritz Simrock. Zuerst veröffentlicht von G. Nottebohm in der Allg. Mus. Zeitung vom 17. Dezember 1873.


35 Vgl. S. 64.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1910..
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