Kleine Blaukante (Vanessa urticae)

[358] Einige orangebraune Eckfalter schließen sich den genannten an und umsäumen zum Theile ihre Flügel auf schwarzem Grunde mit blauen Mondflecken. Die große Blaukante oder der große Fuchs (Vanessa polychloros) hat zwei größere schwarze Flecke am Vorderrande der Vorderflügel und fünf kleinere gerundete auf der Fläche derselben, einen größeren am Vorderrande der Hinterflügel außer der schwarzen Binde vor dem Saume aller Flügel. Seine gelb bedornte, schwarzbraune Raupe, über deren Rücken drei gelbe Streifen ziehen, lebt gesellig auf Kirsch-, Birnen- und einigen anderen Bäumen und frißt die Spitzen der Zweige kahl. Sie kommt nur einmal im Jahre vor und verdankt überwinterten Weibchen ihren Ursprung. An solchen Bäumen, welche Wege einfassen, findet man sie am meisten, und gern tummelt sich der stattliche Falter an Waldrändern, jetzt unten auf dem Boden, dann wieder oben auf den Blättern seine Flügel der Sonne ausbreitend. – Die kleine Blaukante oder der kleine Fuchs (Vanessa urticae) ist etwas lichter braun, mehr gelbroth, an der Wurzel der Flügel schwarz, besonders an den Hinterflügeln; auf den vorderen stehen drei kleinere Flecke auf der Scheibe, drei größere und viereckige am Vorderrande von gleicher Farbe, und zwischen dem hintersten dieser und der schwarzen Saumbinde ein weißlicher Fleck. Der Falter fliegt überall und beinahe das ganze Jahr hindurch und kommt öfters einmal in die Zeitungen als Verkündiger des lange ersehnten Frühlings, auf welchen der Berichterstatter nun mit Sicherheit rechnet, dabei aber den Umstand übersieht, daß dieser Schmetterling ebensowenig wie der Citronenfalter, dem jene Ehre auch widerfahren kann, seiner Puppe entschlüpft, sondern durch den wärmenden Sonnenschein aus seinem winterlichen Verstecke hervorgelockt worden ist. Glücklicherweise ist der kleine Fuchs, welcher sich bei Beginn dieses Jahres in meiner Behausung fand und so lebendig war, daß er sofort zum offenen Kammerfenster hinausflog, als ich ihn [358] einfangen wollte, von einem Zeitungsberichterstatter nicht gesehen worden, sonst hätte uns dieser mit Beginn des Januar den nahen Frühling verheißen! Die schwarze Dornenraupe lebt in zwei Bruten gesellig auf der Brennessel, welche sie öfters ganz kahl abweidet. Man erkennt sie an den gelben und gelbgrünen Längsstreifen in den Seiten. Auch dieser Schmetterling bekommt Lust zum Wandern, wenn er ausnahmsweise in ungezählten Mengen vorhanden ist. Godet beobachtete am See von Neuchâtel im Juli 1828 einen Zug, welcher eine halbe Stunde dauerte.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 358-359.
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