Wegtrittspanner (Lythria purpuraria)

[423] Wir fanden hinreichende Gelegenheit, den verschiedenen Geschmack der Spanner in Rücksicht auf ihr Thun und Treiben kennen zu lernen. Die einen sitzen am Tage fest und verborgen und kommen ihres nächtlichen Lebens wegen nur dem zu Gesichte, der sie dort aufzufinden weiß, oder dem ihre Zucht aus der Raupe glückte, welche, beiläufig bemerkt, hier schwieriger wird, als bei den anderen Schmetterlingsfamilien. Andere fliegen bei Tage und Nacht oder vorwiegend an ersterem, diese mit Vorliebe im üppigen, von Bäumen beschatteten Grase, an lebenden Zäunen, im niederen Buschwerke, jene im dichteren Walde. Auf Triften, Stoppelfeldern, an breiten Feldwegen, sich in [423] der Regel auf die nackte Erde setzend, so daß man überhaupt nicht recht begreifen kann, was er an dergleichen blumenarmen Stellen eigentlich suche, fliegt im Juli und August ein zierlicher Spanner, welcher, obgleich nicht groß, durch sein rothes Kleid doch leicht in die Augen fällt. Es ist der Wegtrittspanner (Lythria purpuraria, Fig. 2), welcher aus überwinterten Puppen einzelner schon im Mai fliegt. Die Vorderflügel des Männchens sind olivengrün, die des Weibchens bisweilen mehr dunkel ockergelb und verziert mit zwei oder drei purpurrothen Querstreifen, welche aber nicht immer in gleicher Vollkommenheit ausgeprägt sind, insofern besonders der hintere den mannigfaltigsten Abänderungen unterworfen, einfach, wie wir ihn in der Abbildung sehen, oder doppelt, oder nur vorn gabelartig getheilt ist. Eine purpurne Saumlinie und ebenso gefärbte Fransen kommen noch hinzu; auch die dunkel ockergelben Hinterflügel, deren purpurrothe Mittelbinde von unten auf der Oberseite nicht selten durchschimmert, umsäumen mit den vorderen gleichfarbige Fransen. >Die ungetheilte Anhangszelle der Vorderflügel entsteht durch Kreuzung der elften Rippe mit dem gemeinschaftlichen Stiele der siebenten und zehnten, welcher vor der Ecke aus der Mittelzelle entspringt. Im Hinterflügel mündet die eine nur vorhandene Innenrandsrippe in den Afterwinkel, die sechste und siebente sind gestielt, und die Mittelzelle zeichnet sich durch ihre Kürze aus. Lange Haare an den Schenkeln, lange Kammzähne, welche fast bis zur Spitze reichen, an den männlichen Fühlern, vollenden das Bild dieses die Trockenheit liebenden Spanners. Seine in den Gelenken etwas eingeschnürte Raupe hat auf dem braungelben Rücken einen lichten Längsstreifen; Seiten und Bauch sind dagegen grün; sie lebt an verschiedenen niedrigen Pflanzen, vorzugsweise aber auf dem kleinen Sauerampfer.


1 Flockblumenspanner (Eupithecia signata). 2 Wegtrittspanner (Lythria purpuraria). Natürliche Größe.
1 Flockblumenspanner (Eupithecia signata). 2 Wegtrittspanner (Lythria purpuraria). Natürliche Größe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 423-424.
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