Oleanderschwärmer (Sphinx nerii)

Oleanderschwärmer (Sphinx nerii) nebst Raupe und Puppe, natürliche Größe.
Oleanderschwärmer (Sphinx nerii) nebst Raupe und Puppe, natürliche Größe.

[371] Der Oleanderschwärmer (Sphinx nerii) trägt in Ansehung der Farbenfülle und der Flugfertigkeit die Siegespalme von allen europäischen Dämmerungsfaltern davon. Er gehört allerdings für Europa nur zu den Zugvögeln, indem Nordafrika und Kleinasien als seine Heimatsländer bezeichnet werden. In einem zeitigen Frühjahre kommt er nach Kefersteins Ansicht nach Frankreich, wo sich in neunzig Tagen aus den gelegten Eiern neue Schmetterlinge entwickeln, welche weiter nach Norden ziehen und da ihre Eier absetzen, wo sie den Oleander in größeren Mengen in den Gärten vorfinden. Seit den dreißiger Jahren ist in heißen Sommern der Schmetterling [371] gefangen oder aus der Raupe gezogen worden, außer in der Schweiz bei Barmen, Elberfeld Passau, Halle, Pirna, Berlin, Frankfurt an der Oder, Stettin, Braunschweig, ja bis Riga hinauf und anderwärts. Schon im Juli fand sich die Raupe meist bei Braunschweig, sonst kommt sie besonders im August vor. Erwachsen mißt sie 9,2 bis 11 Centimeter und weist, wie die Todtenkopfraupe, zwei Farbenunterschiede auf: eine grüne Grundfarbe und eine ockergelbe mit bräunlichen, wolkigen Streifen; der Körperfarbe entspricht auch die des Kopfes. Auf der Vorderhälfte des dritten Ringes steht jederseits ein auf dem Rücken einander sehr nahegerückter »Spiegel«, d.h. eine aus zwei nierenförmigen, von Schwarzblau durch Braun in einen weißen Kern übergehenden Flecken, einem größeren hinteren und kleinerem vorderen, zusammengesetzte Fläche, welche in der Ruhelage der Raupe zum Theil vom vorhergehenden, faltig sich überlegenden zweiten Ringe bedeckt, und nur bei der im Kriechen ausgestreckten Raupe sichtbar wird. Ungefähr in der Mitte der Körperseite geht vom vierten bis elften Gliede eine beiderseits verwaschene weiße Linie, die sich hinten bis unter die Wurzel des wachsgelben Hornes hinaufzieht und auf beiden Seiten von unterwärts mehr gereihten, zahlreichen weißen, lilla oder blau umzogenen Pünktchen begleitet wird. Ungefähr vierundzwanzig Stunden vor dem Verkriechen der Raupe flach unter der Erde, wo sie Moos und andere zu Gebote stehende Gegenstände der Bodendecke durch einige Gespinstfäden fest verbindet, ändert sie ihre Farbe wesentlich. Unter jener Decke kann sie bis sechs Tage liegen, meist aber streift sie schon früher ihre Haut ab und wird zu einer schlanken, anfangs bräunlichgelben, später dunkleren, durch zahlreiche schwarze Pünktchen noch mehr verdunkelten Puppe, welche auf dem Rücken rauher und weniger glänzend als an der glatten Bauchseite erscheint. Nach vier bis sechs Wochen Puppenruhe schlüpft der stattliche Schwärmer aus, dessen Flügel in einer halben Stunde ihre volle Größe, drei bis vier Stunden später ihre wagerechte Lage neben dem Hinterleibe einnehmen. Derselbe ist in der Grundfarbe lebhaft grasgrün, auf den Vorderflügeln mit weißlichen, rosenrothen und violetten Streifen wie Flecken, auf der Wurzel der Hinterflügel breit violett und ebenso bunt am Körper gezeichnet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 371-372.
Lizenz:
Kategorien: