Wolfsmilchschwärmer (Sphinx euphorbiae)

[370] Der Kiefernschwärmer, das Tannenpfeil (Sphinx pinastri), ist der unscheinbarste aller Schwärmer; denn er unterscheidet sich kaum in der Farbe von dem Kiefernstamme, an dem er sitzt; er fehlt wohl nirgends, wo dieser Baum wächst. Die Oberseite seiner schlanken Fühler sind fleckenartig und die Fransen weiß, die Vorderflügel mit einigen schwarzen Längsstrahlen gezeichnet und der Hinterleib wie bei der vorigen Art, nur mit dem Unterschiede, daß die wechselnden lichten Seitenbinden hier eine weißgraue, nicht rosenrothe Färbung tragen. Der Rüssel erreicht eine Länge von 4 Centimeter.


Kiefernschwärmer (Sphinx pinastri) nebst Eiern und Raupe, natürliche Größe.
Kiefernschwärmer (Sphinx pinastri) nebst Eiern und Raupe, natürliche Größe.

Wenn der Schmetterling in der oben geschilderten Weise aller echten Schwärmer die kurze Lebenszeit verbracht, das befruchtete Weibchen seine bleichgrünen Eier an die Nadeln der Kiefernbäume angeklebt hat, wie es unser Bild lehrt, dauert es ungefähr zehn bis vierzehn Tage, ehe die Räupchen daraus hervorbrechen; dieselben häuten sich durchschnittlich aller zehn Tage, fressen meist ihren Balg auf, was auch viele andere Raupen thun, und bekommen mit der Zeit ihre bunte Längsstreifung, gelb, grün, lilla. Die nach der vierten Häutung erwachsene Raupe hat schwache, theilweise schwarze Querrunzeln und die oben genannten Farben mehr oder weniger in Fleckenstreifen aufgelöst. Bei der Berührung schlägt sie wild um sich, bricht einen braunen Magensaft aus und versucht zu beißen. Derartige Wahrnehmungen werden meist nur möglich, wenn sie zur Verpuppung von den Bäumen herabsteigt; denn in jungen Beständen hält sie sich nur selten auf, sondern meist oben in den Gipfeln der Bäume. Ungefähr in der ersten Hälfte des September bohrt sie sich in die Erde ein; umgibt eine Moosdecke den Fuß des Baumes, so geht sie unter diese und nimmt Puppengestalt an, in welcher die Ueberwinterung erfolgt. Eine kurze, nasenartig heraustretende Rüsselscheide charakterisirt die schwarze Puppe. Daß im nächsten Frühlinge nicht immer der zu erwartende Schmetterling hervorkommen müsse, sondern große Schlupfwespen (Ichneumon pisorius und I. fusorius) seine Stelle vertreten können, wurde bereits früher erwähnt. Bisweilen erscheinen die Raupen in einer für die Bäume verderblichen Menge, wie z.B. der Umstand beweist, daß 1837 und 1838 in der Annaburger Heide seitens der Forstverwaltung auf das Quart derselben ein Preis von funfzehn Pfennigen gesetzt ward und namhafte Summen dafür verausgabt worden sind. – Wer sollte nicht schon die feiste, schön gelb getigerte Raupe im Sommer auf der Cypressen-Wolfsmilch (Euphorbia Cyparissias), aber auch nur auf dieser, haben [370] sitzen sehen, aus welcher der gemeinste aller Schwärmer hervorgeht, der nach der Futterpflanze benannte Wolfsmilchschwärmer (Sphinx euphorbiae). Seine ledergelben, öfters rosa bestäubten Vorderflügel schmücken an der Wurzel und hinter der Mitte vorn je ein olivengrüner Fleck sowie eine keilförmige Strieme von gleicher Farbe vor dem rothen Saume; die hinteren Flügel, heller und dunkler rosenroth, an der Wurzel und vor dem Saume bindenartig schwarz, sind am Innenwinkel weiß, wie der Mittel- und Hinterleib an den Seiten. Aehnliche Färbungen kommen noch bei manchem anderen Schwärmer des In- und Auslandes vor.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 370-371.
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