Gerber (Melolontha fullo)

[87] Der Gerber (Melolontha fullo, Fig. 2, S. 85) ist der stattlichste aller europäischen Maikäfer und führt in den verschiedenen Gegenden verschiedene Namen, als da sind: Walker, Müllerkäfer, Weinkäfer, Tiger, Tannen-, Donner-, Dünenkäfer. Man erkennt ihn leicht an den weiß marmorirten rothbraunen Deckschilden, und obgleich ihm der Aftergriffel fehlt, beim Weibchen die Fühlerkeule nur fünfgliederig ist und der Klauenzahn in der Mitte, nicht an der Wurzel steht, vereinigen wir ihn doch mit dem Maikäfer, bemerken aber, daß Harris für ihn und eine Anzahl ausländischer Arten den Gattungsnamen Polyphylla eingeführt hat. Er verbreitet sich weit in Europa, [87] zieht aber die sandigen, mit Fichten bestandenen Ebenen allen anderen Stellen vor und frißt an jenen ebensowohl, wie an den dazwischen wachsenden Laubhölzern. Ein regelmäßig wiederkehrendes Massenauftreten wurde von ihm noch nicht beobachtet, sondern er erscheint in der ersten Hälfte des Juli alljährlich in so ziemlich gleichen Mengen. Während der gemeine Maikäfer, so lange er die Auswahl hat, die Bäume dem Buschwerke vorzieht, hält sich der Gerber am liebsten am Buschwerke und an den sogenannten dürftigen Kiefernkusseln auf. Wenn er von diesen herabgeklopft wird, verräth er sich durch sein lautes »Schreien«. Indem er nämlich mit der scharfen Kante des vorletzten Hinterleibsgliedes gegen eine Reibleiste der Flügel streicht, welche hier in der Flügelbeugung liegt, erzeugt er einen ungemein lauten Zirpton.

Die Larve ist dem Engerlinge sehr ähnlich, natürlich bedeutend größer und durch verhältnismäßig kräftigere Kinnbacken, dickere und kürzere Fühler sowie durch den Mangel der Fußklaue an den Hinterbeinen von ihr verschieden. Sie nährt sich gleichfalls von Wurzeln und ist stellenweise dadurch schädlich aufgetreten, daß sie die Wurzeln der Dünengräser wegfrißt, welche man zur Befestigung des Flugsandes und somit der Dünen überhaupt anpflanzt, daß sie ferner durch Abnagen der Wurzel, Benagen des Wurzelstockes oder Durchbeißen des unterirdischen Stammes Anpflanzungen von Kiefern oder Laubhölzern nicht aufkommen ließ. Ihre Lebensdauer ist bisher noch nicht ermittelt worden, erstreckt sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach auf mehrere Jahre.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 87-88.
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