3. Sippe: Damhirsche (Dama)

[134] An das Ren reihen sich naturgemäß die Damhirsche (Dama) an. Die Kennzeichen der Sippe liegen in den unten runden, zweisprossigen Geweihstangen, welche sich oben zu einer verlängerten Schaufel mit Randsprossen erweitern.

Einige Naturforscher nahmen an, daß das Damwild ursprünglich blos dem Süden und namentlich den Mittelmeerländern angehörte, nach und nach aber mehr nach Norden hin verbreitet wurde. Dieser Ansicht steht entgegen, daß man, wie Wagner angibt, in altdeutschen Gräbern zwischen Schlieben und Wittenberg viele Reste des Damwildes gefunden hat. Jedenfalls also müßte die Einführung in unsere Gegen den in frühester, vorgeschichtlicher Zeit geschehen sein. Ekkehard, ein Mönch zu St. Gallen, führt in einem um das Jahr 1000 geschriebenen Werke den Damhirsch als jagdbares Wild auf; andere Schriftsteller des Mittelalters gedenken schon weißer Damhirsche als Jagdthiere, »welche in Thüringen und Hessen nicht selten sind.« Allerdings liebt das Damwild mehr gemäßigte als kalte Gegenden und ist aus diesem Grunde in den Mittelmeerländern von jeher häufig gewesen. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich nach Süden hin bis an den Nordrand der Sahara, nach Norden hin bis ins südliche Schweden und Norwegen. Cuvier erhielt einen wilden Damhirsch aus den Wäldern südlich von Tunis, Belon fand ihn auf den griechischen Inseln; auf Sardinien und in Spanien scheint er von jeher häufig gewesen zu sein. Schon die alten Schriftsteller erwähnen ihn als einen ständigen Bewohner ihrer Heimat, Aristoteles unter dem Namen Prox, Plinius unter dem Namen Platyceros. Gegenwärtig ist gerade dieses Wild in unseren Thiergärten vielleicht noch häufiger als in Spanien, Frankreich und Italien; am gemeinsten aber dürfte es wohl in England sein, wo es in den Parks der großen Grundbesitzer in Menge gezogen wird. Hügeliges Land, in welchem sanfte Thäler mit niederen Anhöhen abwechseln, Haine, Feldhölzchen und Laubwaldungen, wo der Boden mit kurzem Grase bewachsen ist, sagen dem Damhirsche besonders zu; es ist für die Parks wie geschaffen, und man kann sich auch nicht leicht eine höhere Zierde solcher großen Anlagen beschaffen als eben das Damwild, welches seinen Namen davon tragen soll, daß es das Wild der Damen ist.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 134.
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