Kafferbüffel (Bos caffer)

[450] Unter den hierher gehörigen Arten steht der Kafferbüffel (Bos caffer, Bubalus caffer, Bos und Bubalus brachyceros und pumilus, Bubalis reclinis, planiceros, centralis und aequinoctialis), das stärkste und wildeste, durch sein eigenthümliches Gehörn besonders ausgezeichnete Mitglied der Sippschaft, unzweifelhaft obenan. Er ist gedrungener gebaut als andere Büffel, der Kopf verhältnismäßig klein und keineswegs plump, vielmehr wohlgeformt, nur in der Stirngegend schmal, längs des Nasenrückens sanft gebogen, am Maule etwas verbreitert, das Auge, welches dunkelbraune Iris und quergestellten Stern hat, mittelgroß, die erhabene, richtiger wulstig vorgebuchtete Augenbrauengegend der Länge nach mehrfach gefaltet, die Gegend vor dem vorderen Augenwinkel wegen einer grubenartigen Vertiefung auffallend, das Ohr sehr groß, sein oberer Rand aufgestülpt, in eine nach unten hängende Spitze ausgezogen, der untere Rand mit zwei, den inneren, stark hervortretenden Leisten entsprechenden Biegungen ausgeschweift, an beiden Rändern rundum und ebenso auf den Leisten mit dicht stehenden, langen Haaren bekleidet, die Muffel sehr groß, den ganzen Raum zwischen den Nasenlöchern und die Mitte der Oberlippe einnehmend, der Hals ziemlich dick, lang aber stark, der Leib am Widerriste wenig erhöht, so daß nur ein flacher Buckel sich bemerklich macht, auf dem Rücken gerade oder etwas eingesenkt, in der Kreuzgegend ein wenig erhaben und nach der Schwanzwurzel zu steil abfallend, der Bauch voll und gesenkt, der Schwanz lang und dünn, mit einer die Hälfte der Länge einnehmenden starken und reichen Quafte geziert. Das von der Wurzel an seit- und hinterwärts, sodann auf- und rückwärts, mit der Spitze merklich nach innen gebogene, bei alten Stieren an der Wurzel außerordentlich verbreiterte, abgeflachte und mit dicken Runzeln bedeckte Gehörn überlagert die ganze [450] Stirn, so daß nur in der Mitte ein schmaler Streifen frei bleibt, behält auch im weiteren Verlaufe seine abgeplattete Form bei, indem es vorder- und hinterseits leistenartig vorspringt, und rundet sich erst gegen die Spitze hin.


Kafferbüffel (Bos caffer). 1/25 natürl. Größe.
Kafferbüffel (Bos caffer). 1/25 natürl. Größe.

Mit Ausnahme des Ohres und der Schwanzspitze ist die Behaarung ungemein dünn, so daß einzelne Stellen fast nackt erscheinen und man eigentlich nur an Kopf und Beinen von einem Haarkleide sprechen kann. Die Färbung des Thieres wird daher weniger durch das schwarze, an der Spitze etwas lichtere Haar als vielmehr durch die dunkel bräunlichgraue Haut hervorgebracht. Die Kühe sind in der Regel etwas stärker und die Kälber ebenso dicht behaart wie andere glattfellige Rinder; im übrigen unterscheiden sich jene nur durch das etwas schwächere, dem der Stiere jedoch noch immer sehr ähnliche, zwar ebenfalls starke, aber doch verhältnismäßig schlankere Gehörn, welches auch auf der Stirn nicht so nahe zusammenzutreten pflegt, sondern hier einen von oben nach unten sich verbreiternden, in der Mitte eingetieften Streifen frei läßt.

Das Verbreitungsgebiet des Kafferbüffels umfaßt noch heutigen Tages nahezu ganz Süd- und Mittelafrika. Innerhalb der Ansiedelungen am Vorgebirge der Guten Hoffnung ist er gegenwärtig [451] so gut als vollständig ausgerottet und auch im Südosten von Natal bis zum Sambesi in das Innere zurückgedrängt worden; von hier ab aber tritt er an geeigneten Orten, d.h. namentlich in Sumpfgegenden und in Ermangelung derselben wenigstens in feuchten Waldungen, noch in großer Anzahl auf, nach Norden hin bis etwa zum 17. Grade der Breite vordringend. Da ich auf meinen Reisen in Nordostafrika die Sumpflandschaften des Weißen Nils und des Atbara nicht besuchte, traf ich nur ein einziges Mal mit ihm zusammen, wurde aber von den Eingeborenen berichtet, daß er oft in zahlreicher Menge auch am Asrakh sich zeige. Nach Heuglin liebt er die Ebene mehr als das Gebirge und wählt sich zu seinem ständigen Aufenthalte stets eine Gegend, in welcher es an Wasser nicht fehlt; denn dieses oder doch wenigstens Schlamm scheint für sein Wohlbefinden Bedingung zu sein. Demungeachtet tritt er im Urwalde wie in lichten Buschgehölzen, in großen Rohrwaldungen wie in der baumlosen Steppe fast mit gleicher Häufigkeit auf. Im Quellgebiete das Atbara begegnete ihm der eben genannte Forscher zumeist in Bambusdickichten, in den Sumpflandschaften des Abiadt an wenig zugänglichen Stellen des dichten Röhrichts, vorzüglich in der Nähe von Wasserlöchern und von Termitenbauen, welche seine Farbe tragen und, von fern gesehen, sogar zuweilen an Gestalt ihm zu gleichen scheinen. Von dem einmal gewählten Stande läßt sich die Herde nicht so leicht vertreiben; Schweinfurth wenigstens beobachtete, daß eine und dieselbe Gesellschaft innerhalb zweier Monate sich nicht von der Stelle bewegt hatte. Den Wald durchwandert ein solcher Trupp auf den Pfaden, welche Elefanten und Nashörner hergestellt haben, oder bahnt sich eigene durch das Dickicht, da es, wie Heuglin hervorhebt, für das kraftvolle Thier Bodenhindernisse sozusagen gar nicht gibt, und es mit gleicher Schnelligkeit an den Wänden der steilsten Schluchten hinabstürzt wie durch das dichteste Gelaube des Waldes bricht oder watend durch den tiefsten Sumpf sich wälzt und wie alle Glieder seiner Sippschaft breite Gewässer mit größter Leichtigkeit durchschwimmt.

Seiner Natur nach ein geselliges Wesen, bildet der Kafferbüffel mit anderen seiner Art regelmäßig Genossenschaften, gemeiniglich Herden von vierzig bis sechzig, nach Cummings Versicherung unter Umständen aber auch solche von sechs- bis achthundert Stücken. Die Kühe leben immer, die Stiere bis gegen die Brunstzeit untereinander in Frieden, kämpfen dann wüthend um die Oberherrschaft in Sachen der Liebe und vertreiben hierdurch, laut Drayson, nicht allzu selten einen alten, griesgrämigen, sämmtliche übrigen männlichen Glieder der Herde belästigenden Bullen aus ihrer Mitte, welcher sich fortan die düstersten und zurückgelegensten Orte aussucht und hier, über sein Geschick und den Undank der Welt brütend, seine Tage dahinbringt, fast jedem anderen Geschöpf grollend und Mensch und Thier gefährdend. Die Geburt der Kälber fällt ebenso, wie die Brunstzeit, in verschiedene Monate des Jahres, je nachdem in diesem oder jenem Theile Afrikas der Frühling früher oder später eintritt.

Während der heißen Stunden des Tages liegt der Kafferbüffel still und regungslos, ruhend, schlafend und dazwischen träumerisch wiederkäuend, auf einer und derselben Stelle, am liebsten in einer Wasserlache oder in einem Schlammloche, weshalb er auch nur ausnahmsweise anders als mit Schlamm bedeckt erscheint. In Ermangelung einer derartigen, seinen Wünschen am besten entsprechenden Lagerstätte wählt er die schattigste Stelle eines Waldes, ein Dickicht oder selbst eine Schlucht, um sich hier ungestörter Ruhe zu erfreuen. In den späteren Nachmittagsstunden oder gegen Abend erhebt er sich und äst sich von jetzt ab in Unterbrechungen bis zum frühen Morgen, nicht aber in behaglicher Gemächlichkeit, wie andere Rinder, sondern in Absätzen, als ob er immer dieselbe Tücke fürchte, welche er selbst anderen Geschöpfen gegenüber an den Tag legt. Laut Heuglin weidet er Gras und Blätter mit unruhiger Hast ab, wehrt die lästigen Fliegen, läßt oft sein dumpfes Grunzen hören, windet mit der stets feuchten, dicken Muffel, richtet die breiten, mit stattlichem Haarkranze gezierten Ohren auf, peitscht mit dem flockigem Schweife unmuthig die Weichen und stürzt plötzlich, ohne irgend eine bemerkbare Veranlassung, in das dichteste Dorngebüsch. Scheinbar ewig grollend und jeder Anwandlung eines heiteren Gedankens [452] vollkommen unzugänglich, grimmig, böswillig und tückisch, trägt er den durch die ungeheuren Hörner theilweise verdeckten, breiten und massigen Kopf halb geneigt, wie stets zum Angriffe bereit, und das große, blauschwarze Auge leuchtet wild unter den mächtigen Hörnern hervor, so daß er bei jedem, auch dem unbefangensten Beobachter den Eindruck ungebändigter Wuth, sinnlosen Grimmes und vorbedachter Hinterlist hervorrufen muß. Nach Ansicht aller Eingeborenen Ostsudâns, welche ich befragte, und nach durchaus übereinstimmenden Berichten sämmtlicher Reisenden, Jäger und Forscher, welche mit ihm zusammentrafen, straft er dieses Aussehen nicht Lügen. »Die Kafferbüffel«, sagt schon der alte Kolbe, »sind höchst gefährliche Thiere. Wenn man sie durch Vorhalten rother Farben, durch Schießen oder heftiges Verfolgen erzürnt, ist man seines Lebens nicht sicher; sie fangen an heftig zu brüllen und zu stampfen, fürchten nichts mehr und verschonen nichts, und wenn ihnen auch noch so viele gewaffnete Menschen entgegenständen. Sie springen in der Wuth durch Feuer und Wasser und alles, was ihnen vorkommt. Einer verfolgte einmal einen jungen Mann, welcher eine rothe Jacke trug, ins Meer und schwamm ihm nach. Der Jüngling konnte aber gut schwimmen und tauchen, und der Stier verlor ihn aus dem Gesichte; dennoch schwamm er quer durch den Hafen fort, anderthalb Stunden weit, bis er vom Schiffe aus durch einen Kanonenschuß getödtet wurde.« Einmal erregt und in Wuth gebracht, kennen diese Büffel kein Hindernis mehr, stürzen im unaufhaltsamen Sturme sinnlos in gerader Richtung dahin und überrennen, was ihnen in den Weg kommt, nicht allein Thiere, sondern auch Umzäunungen und Häuser. »Als es Nacht geworden war«, erzählt Schweinfurth, »und ich es mir eben bequem gemacht hatte, ereignete sich ein im Verlaufe meiner Reise wiederholt vorgekommener Zwischenfall. Ein Dröhnen erschütterte den Erdboden, als ob ein Erdbeben heranzöge, und das ganze ziemlich ausgedehnte Lager schien in Verwirrung zu gerathen; denn von allen Seiten ertönten Geschrei und Flintenschüsse. Eine ungewöhnlich große Büffelherde war wieder einmal auf ihrem nächtlichen Wechsel mit einem Theile des Lagers zusammengestoßen und stürmte nun in wilder Flucht nach allen Richtungen durch die Gebüsche. Mehrere Hütten waren dabei umgestürzt und die im Schlafe dabei überraschten Insassen einer nicht geringen Gefahr des Zertretenwerdens ausgesetzt.« Ohne eigentlich scheu zu sein, ergreifen die Thiere doch vor dem sich nähernden Menschen regelmäßig die Flucht und meiden, namentlich wenn öfter auf sie gejagt wurde, die Nähe ihres furchtbarsten Feindes so viel als möglich, stellen sich aber, in die Enge getrieben und gereizt, diesem ohne alles Bedenken zur Wehre und achten dann in blinder Wuth weder die Lanze, noch die sie schwer verletzende Kugel. Der verwundete Büffel flieht, wie Heuglin bemerkt, falls er seinen Gegner nicht sofort annimmt, niemals weit, birgt sich bald in hohem Grase und lauert dort arglistig auf das Herannahen der Verfolger, um sich blitzschnell auf sie zu stürzen. Wenden sich seine Feinde zur Flucht, oder verbergen sie sich in einem Verstecke, so folgt er schnaubend nach und sucht sie durch die Witterung ausfindig zu machen. Auch Sparrmann versichert, daß der Kafferbüffel hinter Bäumen sich verstecke und dort lauere, bis man ihm nahe komme, um im geeigneten Augenblicke plötzlich hervorzuschießen und einen fast unfehlbaren Angriff zu machen. Geradezu furchtbar werden die von den Herden abgetriebenen alten Einsiedler. »Wie bekannt«, sagt Drayson, »ist es die Sitte aller Thiere, vor dem Menschen zu fliehen, falls dieser sie nicht verwundet oder nicht zu einer unpassenden Stunde sich ihnen aufdrängt; jene alten Einsiedler aber warten wahrhaftig nicht auf solche Entschuldigungen, sondern kommen aus freien Stücken dem Jäger halbwegs entgegen und suchen Zerwürfnisse mit ihm.« Gelingt es dem wüthenden Geschöpfe, den ins Auge gefaßten Feind zu erreichen, so fällt ihm dieser regelmäßig zum Opfer. Das Haupt zum Boden gesenkt, das tückische Auge fest auf den Gegenstand seiner Wuth gerichtet, rennt es auf diesen zu, bohrt ihm die Hörner in den Leib, wirft ihn in die Luft und tritt ihn zusammen; denn nicht zufrieden damit, daß es ein Thier oder einen Menschen getödtet, zerstampft es ihn auch noch mit den Hufen und zerreißt ihn mit den Hörnern; ja, es kommt, laut Sparrmann, vor, daß der Büffel, nachdem er schon von seinem Opfer abgelassen und eine Strecke fortgegangen ist, [453] von neuem zurückkehrt, um nochmals an jenem seine Wuth auszulassen. Ein einzelner, zu Fuße gehender Jäger ist in solchen Fällen meist verloren; selbst der Reiter kann sich nur dann retten, wenn er ein gutes Pferd unter sich hat und eine Anhöhe erreicht, auf welche ihm der schwerfällige Gegner nicht so leicht folgen kann. Daß sich der letztere ebensowenig scheut, eine Jagdgesellschaft anzugreifen, geht aus nachstehender Erzählung Schweinfurths hervor. »Der vierzehnte Januar brachte den ersten Unglückstag, den ich selbst heraufbeschworen. In der Frühe war zu uns eine andere Barke gestoßen, und die Leute wollten zusammen sich vergnügen und Halt machen. Wir waren aber an einer für mich sehr langweiligen Stelle, und so zwang ich sie, weiter zu fahren, um an einer kleinen anziehenden Insel ans Land steigen zu können. Der Ausflug, welchen ich von zwei meiner Leute begleitet, antrat, sollte für den einen der beiden verhängnisvoll werden. Mahammed Amîn, so hieß dieser, wurde an meiner Seite von einem wilden Büffel überrannt, dem ich nicht das geringste Leid zuzufügen beabsichtigte, dem aber der Unglückliche im hohen Grase gar zu nahe gekommen war. Der Büffel hielt jedenfalls sein Mittagsschläfchen und gerieth durch diese Störung in die äußerste Wuth: aufspringen und den Störenfried in die Lüfte wirbeln, war für ihn das Werk eines Augenblickes. Da lag er nun, mein treuer Begleiter, über und über mit Blut bedeckt, vor ihm mit hoch erhobenem Schweife der Büffel, in drohender Haltung, bereit, sein Opfer zu zerstampfen. Zum Glück war indeß seine Aufmerksamkeit durch die zwei anderen Männer gefesselt, welche sprachlos vor Staunen als Zeugen dastanden. Ich hatte kein Gewehr in der Hand, mein schöner Hinterlader hing vorläufig noch am linken Horne des Büffels: Mahammed hatte ihn getragen; mein anderer Begleiter, welcher meine Büchse trug, hatte gleich angelegt, aber der Hahn knackte vergebens, Mal auf Mal versagte das Gewehr. Man stelle sich vor, daß die Zeit nicht erlaubte, ihm zuzurufen: die Sicherheit ist vor; es galt den Augenblick. Da griff der Mann nach einem kleinem Handbeile, welches ganz aus Eisen bestand, und schleuderte es unverzagt dem Büffel an den Kopf auf eine Entfernung von kaum zwanzig Schritten. Da war denn die Beute dem Feinde entrissen. Mit einem wilden Satze warf sich der Büffel seitwärts ins Röhricht, unter gewaltigem Rauschen der Halme dahinsausend, brüllend und den Boden erschütternd. Nach rechts und links sah man ihn unter Grunzen und Brüllen die gewaltigsten Sätze machen, und da wir in seinem Gefolge eine ganze Herde vermutheten, griffen wir zunächst zu den Gewehren und eilten einem nahen Baume zu; doch es wurde alles still, und unsere nächste Sorge wandte sich jetzt dem Unglücklichen zu. Mahammeds Kopf lag wie angenagelt am Boden, da seine Ohren von scharfen Schilfhalmen durchbohrt waren, aber eine flüchtige Untersuchung überzeugte uns sofort davon, daß die Verletzungen nicht tödtlich sein konnten. Das Büffelhorn hatte gerade den Mund getroffen, und außer vier Zähnen im Oberkiefer und einen Knochensplitter hatte er keine weiteren Verluste zu beklagen, war auch in drei Wochen wieder hergestellt.« Derartige Zusammenstöße sind in allen Ländern Afrikas, in denen Kafferbüffel leben, etwas gewöhnliches, und fast in jedem Dorfe findet man Leute, welche einen ihrer Angehörigen durch Büffel verloren haben; denn in den meisten Fällen enden solche Begegnungen minder glücklich als der von Schweinfurth uns geschilderte.

Aus vorstehendem läßt sich entnehmen, daß die Jagd auf Kafferbüffel unter allen Umständen ein gefährliches Unternehmen bleibt. Die Haut des Thieres ist stark genug, um allein schon einer Kugel bedeutenden Widerstand entgegenzusetzen, und wenn diese wirklich eingedrungen, bleibt sie in vielen Fällen auf den Knochen sitzen, wird von letzteren sogar, wie von der Decken erfuhr, förmlich zerschnitten oder zertheilt. Demgemäß stürzt der Büffel in den meisten Fällen nicht unter dem ersten Schusse zusammen und behält dann noch Zeit genug, seinem Angreifer entgegenzutreten. Alte Büffel geberden sich, auch wenn sie tödtlich verwundet wurden, als hätten sie nur einen leichten Streifschuß empfangen, laufen mit der Kugel in den edelsten Eingeweiden noch weit und verenden erst nach längerer Zeit. Aus diesem Grunde ist der Jäger stets gefährdet. »Ich kenne«, erzählt Drayson, »einen Kaffer, welcher an sich selbst des Büffels Kraft und List erfuhr und [454] das Andenken an dieselben für sein Leben trug. Er jagte eines Tages im Walde und kam auf einen alten Einsiedler, welchen er verwundete. Der Bulle brach durch, aber der Kaffer, glaubend, daß er sein Wild tödtlich verwundet hatte, folgte ihm auf seinem Wege, ohne irgend welche Vorsichtsmaßregeln zu beobachten. Der Büffel ist böswillig, wenn ihm kein Leids geschieht, aber er ist rasend, wenn er verwundet wurde, und deshalb muß man sich einem solchen mit der größten Vorsicht nahen. Unser Kaffer hatte ungefähr hundert Schritte des Waldes durchschlüpft und durchkrochen und untersuchte eben sorgfältig die Fährte seines verwundeten Wildes: da hörte er plötzlich ein Geräusch dicht neben sich, und ehe er sich noch fortbewegen konnte, fühlte er sich fliegend in der Luft, infolge eines furchtbaren Stoßes, den ihm der Büffel gegeben hatte. Glücklicherweise fiel er auf die Zweige eng verschlungener Bäume eines Dickichts und wurde hierdurch gerettet; denn der Büffel wäre keineswegs mit seiner Arbeit zufrieden gestellt gewesen, sondern würde ihm unzweifelhaft noch den Garaus gemacht haben. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß sein Opfer unnahbar war, verließ er es und trollte in den Wald. Der Kaffer, welcher zwei oder drei Rippen gebrochen hatte, schleppte sich mühsam nach Hause und gab von diesem Tage das Büffelschießen für immer auf. Wie es schien, hatte das lästige Geschöpf sich bloß zurückgezogen, um seinen Feind im Walde wieder zu erwarten und von neuem anzufallen.«

Aehnliche Geschichten erzählen alle Reisenden, welche mit diesem grimmigen Vieh zusammenkamen. Am Tschadsee raste ein verwundeter Büffel gegen Eduard Vogels Leute, verletzte einen Mann gefährlich und tödtete zwei Pferde; ein von Baker angeschossener Büffel wurde von der auf das Fleisch begierigen Begleitsmannschaft verfolgt und erst am andern Morgen entkräftet, in tiefem Schlamme liegend, aufgefunden, hatte aber gleichwohl noch Leben genug, um den muthigsten seiner Angreifer mit einem Hornstoße zu durchbohren und zu tödten. Bekanntlich endete auch einer unserer deutschen Afrikareisenden, Baron Harnier, auf ähnliche Weise. Nachdem er einen Büffel verwundet hatte, stürzte sich das Thier auf seinen eingeborenen Begleiter und warf diesen zu Boden. Harnier griff, um den unter den Hörnern des Thieres befindlichen Menschen zu befreien, den Büffel muthig mit dem Kolben seiner Büchse an, zog ihn auf sich und wurde später zu einer unkenntlichen Masse zertrampelt und zerbohrt aufgefunden; denn der Eingeborene, weit entfernt auch seinerseits dem Herrn, welcher sein Leben für ihn eingesetzt hatte, beizustehen, floh vom Platze und überließ unseren braven Landsmann seinem Schicksale. »Ich besuchte«, sagt Baker mit gerechtfertigter Trauer, »das Grab jenes tapfern Preußen, welcher auf diese Art sein so edles Leben für einen so werthlosen Gegenstand, wie es ein feiger und erbärmlicher Eingeborener ist, geopfert hatte.«

Nach Sparrmann schließen, wenn eine Herde angegriffen wird, die alten Büffelkühe einen Kreis um die Kälber, um sie zu schützen. Wie aus nachstehendem Berichte Draysons hervorgeht, stehen sich aber auch alte Büffel gegenseitig bei. »Ein berühmter Jäger in Natal, Namens Kirkmann, erzählte mir, daß er einstmals auf der Büffeljagd einen Bullen verwundet hatte und eben im Begriffe war, ihm den Rest zu geben, als dieser eine laute Wehklage ausstieß. Gewöhnlich geht der Büffel still, und selten hört man einen Ton von ihm, selbst dann nicht, wenn er verwundet ist; dieses Klagen aber war jedenfalls ein Zeichen, und wurde auch so verstanden von der Herde, zu welcher der verwundete gehört hatte. Denn augenblicklich endete diese ihren Rückzug und kam zur Hülfe ihres Gefährten herbei. Kirkmann warf sein Gewehr weg und eilte auf ein Paar Bäume zu, deren unterste Aeste glücklicherweise tief herabgingen. So war er gerettet, als die wüthende Herde ankam und seinen Baum umlagerte. Als sie sahen, daß der Gegenstand ihres Zornes in Sicherheit war, zogen sie sich zurück.«

Der Europäer tritt dem Kafferbüffel ausschließlich mit der Büchse entgegen, der Eingeborene ergreift entweder die Lanze oder richtet eigenthümliche Fallen her, um sein Wild vorher zu fesseln. Im Süden Afrikas, wo die meisten Europäer jagen, der Büffel daher am seltensten geworden ist, vereinigen sich mehrere Jäger zu der gefährlichen Jagd und folgen dem Wilde auf weithin. »Die [455] Fährte des Büffels«, bemerkt Drayson, »ähnelt der des gewöhnlichen Ochsen, nur stehen die Hufe eines alten Bullen weit von einander, während die des jungen sehr geschlossen sind; die Fährte der Büffelkühe ist länger, schmäler und kleiner als die der Stiere. Der Jäger folgt den Thieren, wenn sie nachts in das offene Land gehen. Da sie während der Nacht im Freien wandern und sich über Tages auf ihre Lagerplätze zurückziehen, so kann man ihre Spur außerhalb des Waldes aufnehmen und ihr so weit folgen, bis man durch den Geruch ganz in die Nähe gebracht wird. Kommt der Jäger dem Wilde sehr nahe, was er an der Frische der Fährte beurtheilen muß, so thut er am besten zu warten, bis durch irgend ein Geräusch das Thier seinen Platz verräth; denn die Büffel drehen und wenden sich häufig im Busche, besonders ehe sie sich für den Tag zur Ruhe legen.« Um das Wild womöglich tödtlich zu verwunden, nähert man sich ihm sodann so weit als thunlich und richtet die Kugel entweder auf die niedrige Stirn, oder auf das Blatt. Bricht das Thier nicht unter dem ersten Schusse zusammen, so gibt der Begleiter den seinigen ab und gewährt dadurch dem ersten Zeit, wiederum zu laden und, wenn nöthig, noch einmal zu feuern. Unter Umständen kann übrigens auch der muthigste und mit der Büffeljagd wohlvertraute Jäger durch dieses Wild in nicht geringe Verlegenheit gebracht werden. So wurde Schweinfurth auf einem seiner Märsche durch eine alte Sklavin auf einen Gegenstand aufmerksam gemacht, welcher zwischen dem großen Laube der Anonen wie ein schwarzer Baumstamm erschien. »Während ich«, sagt unser Reisender, »noch nicht wußte, worauf ich anlegen sollte, begann die dunkle Masse plötzlich sich zu bewegen, und zwei breite Hörner wurden sichtbar. In solchen Augenblicken ist der erste Gedanke des Wanderers: losdrücken und schießen; zielen und die Folgen bedenken, das kommt erst hernach. So schoß ich denn instinktmäßig. Aber wie ein schweres Wetter sauste es auch in demselben Augenblicke an mir vorüber, in dicht gedrängter Masse ein Trupp von zwanzig grunzenden Büffeln, die Schwänze hoch in die Luft emporgestreckt, rauschend, krachend, wie ein Felsensturz von Bergeshöhen. Es flimmerte mir vor den Augen; blindlings entlud ich mein Doppelgewehr, die Kugel mußte einschlagen, gleichviel wo, in Fleisch und Knochen der Thiere. Noch einen Moment, und ich erblickte nichts anderes wieder vor mir als große und hellgrüne Blätter; verschwunden waren die Büffel, aber fernhin rollte der Donner ihrer Hufschläge.« Wie uns der treffliche Forscher fernerhin mittheilt, verwenden die Neger des Weißen Flusses mächtige Bogen, deren Sehne durch einen Knebel mit großer Gewalt gespannt wird, um die Jagd auf Kafferbüffel zu erleichtern. »Riemenstricke der stärksten Art werden alsdann in das hohe Gras der Steppenniederung gelegt, da, wo die Büffel ihren Wechsel haben. Man befestigt sie an dem nächsten Baume oder an fest eingetriebenen Pflöcken und bringt am anderen Ende eine Schlinge derart mit dem Bogen in Zusammenhang, daß dies beim Auftreten durch den Rückschlag des Knebels gehoben und an den Beinen des Büffels heraufgestreift wird. Das erschreckte Thier macht einen Satz und ist in demselben Augenblicke gefesselt. Diesen benutzen nun die Jäger, welche auf der Lauer liegen, und stürzen sich mit ihren Lanzen auf die entweder zu Fall gebrachte oder durch den Bogen im hohen Grase mindestens am schnellen Laufen verhinderte Beute.«

Der Nutzen des glücklich erlegten Kafferbüffels ist nicht unbedeutend. Die Haut wird geschätzt und das Wildpret wetteifert, laut Schweinfurth, mit dem Fleische gemästeter Rinder an Güte des Geschmackes; es ist zwar derber und grobfaseriger, ungeachtet des Fettmangels aber sehr saftig und mundend, ganz im Gegensatze zum Fleische der zahmen egyptischen Art, welches selbst dem Kamelfleische noch nachsteht und auch bei den Eingeborenen keinen Werth hat.

Heuglin brachte den ersten lebenden Kafferbüffel nach Europa. »Trotz seines unbändigen Wesens in der Wildnis«, sagt er, »scheint es, daß sich dieses Thier leicht zähmen und dann möglicherweise zu Dienstleistungen vortrefflich verwenden läßt. Ein Büffelkalb, welches ich erhielt, wurde von einer zahmen Kuh angenommen und groß gesäugt und zeichnete sich von Anfang an durch sein aufgewecktes Wesen und drolliges Benehmen vor seinen Verwandten im Hausstande aus. Es kannte jeden, welcher ihm Freundlichkeit erwies, blökte ihm schon von weitem freundlich [456] zu und folgte ihm so lange es konnte; selbst mit meinen Pferden, Kamelen und Antilopen lebte es im besten Einvernehmen, und nur das Erscheinen der Girafen, welche ich in einem benachbarten Hofe hielt, versetzte es in Schrecken.« Ich sah das erwähnte Thier kurz nach seiner Ankunft im Schönbrunner Thiergarten, in der letzten Zeit aber mehrere von Casanova und Reiche eingeführte Stücke in den Thiergärten von Amsterdam und Berlin. Auch sie schienen sich mit ihrem Geschicke nach und nach vollständig ausgesöhnt, beziehentlich bis zu einem gewissen Grade an die Gefangenschaft gewöhnt zu haben, bewegten sich für gewöhnlich gelassen innerhalb ihres Geheges, hatten sich mit dem Wärter einigermaßen befreundet und beachteten die Besucher der Gärten nicht weiter oder doch nur dann, wenn ihnen von dem einen oder anderen irgend ein Leckerbissen gereicht wurde, kamen in solchen Fällen ruhigen und gemessenen Schrittes bis an das Gitter heran und nahmen das ihnen Gebotene gleichmüthig entgegen. Mit ihrem Wärter standen sie auf verhältnismäßig recht gutem Fuße, und namentlich die Kühe gestatteten den ihnen wohlbekannten Leuten freundlichen Verkehr, achteten auf den Ruf, ließen sich berühren und streicheln und bekundeten überhaupt wenig von der Wildheit ihres Geschlechtes, welche auch bei den zahmen Stieren dann und wann durchbricht und dem Wärter jedenfalls eine ebenso freundschaftliche Annäherung verwehrt. Daß ihnen nie zu trauen ist, erfuhr ein Hülfsarbeiter des Berliner Thiergartens zu seinem Verderben. Obwohl wiederholt gewarnt, das Gehege der Thiere allein zu betreten, ließ sich der Unglückliche doch verleiten, einem mit dem nebenstehenden Jak kämpfenden Kafferbüffel sich zu nahen, in der Absicht, beide Thiere zu trennen. Der bereits erregte Büffel ließ in der That von seinem bisherigen Gegner ab, aber nur, um sich sofort auf den Mann zu stürzen. Bevor dieser flüchten konnte, hatte ihn der wüthende Bulle aufgegabelt, in die Luft geworfen, mit den Hörnern wieder aufgefangen und endlich, tödtlich verwundet, auf den Boden geworfen. Die zur Rettung des sterbenden Genossen herbeieilenden Wärter bedrohte das seiner Kraft sich bewußt gewordene Thier mit gleichem Schicksale; sein Uebermuth wurde jedoch durch mit ebensoviel Kraft als Ausdauer gehandhabte schwere Peitschen so gründlich gebrochen, daß er fortan nicht wieder wagte, der Herrschaft des Menschen sich zu widersetzen.

In Amsterdam und London haben die Kafferbüffel sich fortgepflanzt; die in Gefangenschaft geborenen Jungen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wesens aber wenig oder nicht von den unmittelbar aus Afrika eingeführten Stücken. Diese wie jene wachsen ebenso rasch heran wie andere Rinder; das gewaltige Gehörn der Bullen aber entwickelt sich sehr langsam und läßt glauben, daß viele Jahre dazu gehören, bevor es die bezeichnende Gestalt erhält.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Dritter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Zweiter Band: Raubthiere, Kerfjäger, Nager, Zahnarme, Beutel- und Gabelthiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 450-457.
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