Frett (Foetorius Furo)

[76] Gegenwärtig gilt es unter allen Naturforschern als ausgemacht, daß das Frett (Foetorius Furo, Mustela und Putorius Furo) nichts anderes als der durch Gefangenschaft und Zähmung etwas veränderte Abkömmling des Iltis ist.

Man kennt das Frettchen zwar seit den ältesten Zeiten, aber bloß im gezähmten Zustande. Aristoteles erwähnt es unter dem Namen Ictis, Plinius unter dem Namen Viverra. Auf den Balearen hatten sich einmal die Kaninchen so vermehrt, daß man den Kaiser Augustus um Hülfe anrief. Er sendete den Leuten einige Viverrae, deren Jagdverdienste groß waren. Sie wurden in die Gänge der Kaninchen gelassen und trieben die verderblichen Nager heraus in das Netz ihrer Feinde. Strabo erzählt die Sache noch umständlicher. Spanien hat fast keine schädlichen Thiere, mit Ausnahme der Kaninchen, welche Wurzeln, Kräuter und Samen fressen. Diese Thiere hatten sich so verbreitet, daß man in Rom um Hülfe bitten mußte. Man erfand verschiedene Mittel, um sie zu verjagen. Das beste blieb aber, sie durch afrikanische Katzen (unter diesem Namen verstehen alle alten Naturforscher die Marder), welche mit verschlossenen Augen in die Höhlen gesteckt wurden, aus ihrem Baue zu vertreiben. Zu Zeiten der Araber hieß das Frett bereits Furo, wurde auch schon, wie Albertus Magnus berichtet, in Spanien zahm gehalten und wie heutzutage verwendet.

Das Frett ähnelt dem Iltis in Gestalt und Größe. Es ist zwar etwas kleiner und schwächlicher als dieser, allein ähnliches bemerken wir fast bei vielen Thieren, welche nur in abhängigen Verhältnissen von den Menschen, also in der Gefangenschaft, leben. Die Leibeslänge beträgt 45 Centim., die des Schwanzes 13 Centim. Dies sind genau die Verhältnisse des Iltis, und auch im Bau des Gerippes weicht es nicht wesentlich von diesem ab. Gewöhnlich sieht man das Frett in Europa bloß im Kakerlakenzustande, d.h. weißlich- oder semmelgelb, unten etwas dunkler gefärbt, und mit hellrothen Augen. Nur wenige sehen dunkler und dann echt iltisartig aus. Der Kakerlakenzustand gilt bekanntlich immer als ein Zeichen der Entartung, und dieser Umstand spricht für die oben ausgesprochene Meinung. Soviel ist sicher, daß bis jetzt scharfe Unterschiede zwischen Iltis und Frett noch nicht aufgefunden werden konnten, und daß alle Gründe, welche man für den Beweis der Selbständigkeit unseres Frettchens zusammenstellte, als nicht stichhaltig betrachtet werden müssen. Als Hauptgrund gilt die größere Zartheit und Frostigkeit, die Sanftmuth und leichte Zähmbarkeit des Frettes, gegenüber den uns bekannten Eigenschaften des Iltis. Allein dieser Grund ist meiner Ansicht nach so wenig beweisend wie die übrigen; denn alle Kakerlaken sind eben schwächliche, verzärtelte Wesen. Einige Naturforscher nehmen fest an, daß das Frett ein Afrikaner sei und sich von Afrika aus über Europa verbreitet habe, sind aber nicht im Stande, diese Meinung durch irgendwelche Beobachtung zu unterstützen. Das Frett findet sich also bloß in der Gefangenschaft, als Hausthier, und wird von uns einzig und allein für die Kaninchenjagd gehalten; nur die Engländer gebrauchen es auch zur Rattenjagd und achten diejenigen Frette, welche Rattenschläger genannt werden, weit höher als die, welche sie bloß zur Kaninchenjagd verwenden können. Man hält die Thiere in Kisten und Käfigen, gibt ihnen oft frisches Heu und Stroh und bewahrt sie im Winter vor Kälte. Sie werden gewöhnlich mit Semmel oder Milch gefüttert; doch [76] ist es ihrer Gesundheit weit zuträglicher, wenn man ihnen zartes Fleisch von frisch getödteten Thieren reicht. Mit Fröschen, Eidechsen und Schlangen kann man sie nach den Beobachtungen unseres Lenz ganz billig erhalten; denn sie fressen alle Lurche und Kriechthiere sehr gern.

In seinem Wesen ähnelt das Frettchen dem Iltis, nur daß es nicht so munter ist wie dieser; an Blutgier und Raublust steht es seinem wilden Bruder nicht nach. Selbst wenn es schon ziemlich satt ist, fällt es über Kaninchen, Tauben und Hühner wie rasend her, packt sie im Genick und läßt sie nicht eher los, bis die Beute sich nicht mehr rührt. Das aus den Wunden hervorfließende Blut leckt es mit einer unglaublichen Eier auf, und auch das Gehirn scheint ihm ein Leckerbissen zu sein. An Lurche geht es mit größerer Vorsicht als an andere Thiere, und die Gefährlichkeit der Kreuzotter scheint es zu ahnen. Ringelnattern und Blindschleichen greift es, nach Lenz, ohne weiteres an, auch wenn es diese Thiere noch niemals gesehen hat, packt sie trotz ihrer heftigen Windungen, zerreißt ihnen das Rückgrat und verzehrt dann von ihnen ein gutes Stück. Den Kreuzottern aber naht es sich äußerst vorsichtig und versucht, diesem tückischen Gewürm Bisse in die Mitte des Leibes zu versetzen. Ist es erst einmal von einer Otter gebissen worden, so gebraucht es alle erdenkliche List, um die Giftzähne zu meiden, wird aber zuweilen so ängstlich, daß es sich von dem Kampfe zurückzieht und der Otter das Feld überläßt. Der Biß der Otter tödtet das Frett nicht, macht es aber krank und muthlos.

Selten gelingt es, ein Frettchen vollkommen zu zähmen; doch sind Beispiele bekannt, daß einzelne ihrem Herrn wie ein Hund auf Schritt und Tritt nachgingen und ohne Besorgnis frei gelassen werden konnten. Die meisten wissen, wenn sie einmal ihrem Käfige entrinnen konnten, die erlangte Freiheit zu benutzen, laufen in den Wald hinaus und beziehen dort eine Kaninchenhöhle, welche ihnen nun während des Sommers als Lager und Zufluchtsort dienen muß, entwöhnen sich nach kurzer Frist vollkommen des Menschen, gehen jedoch, wenn sie nicht zufällig wieder eingefangen werden, im Winter regelmäßig zu Grunde, weil sie viel zu zart sind, als daß sie der Kälte widerstehen könnten. Nur sehr wenige suchen nach längeren Streifzügen das Haus ihrer Pfleger wieder auf oder unternehmen regelmäßig von hier aus Jagden nach ihnen bekannten Orten. Auf den Kanaren verwildern sie, laut Bolle, oft vollständig.

Die Stimme des Fretts ist ein dumpfes Gemurr, bei Schmerz ein helles Gekreisch. Letzteres hört man selten; gewöhnlich liegt das Frett ganz still in sich zusammengerollt auf seinem Lager, und nur wenn es seine Raubgier bethätigen kann, wird es munter und lebendig.

Das Weibchen wirft nach fünfwöchentlicher Tragzeit anfangs Mai fünf bis acht Junge, welche zwei bis drei Wochen blind bleiben. Sie werden mit großer Sorgfalt von der Mutter gepflegt und nach etwa zwei Monaten entwöhnt; dann sind sie geeignet, abgesondert aufgezogen zu werden. Junge Iltisse pflegt die Frettmutter ohne Umstände unter ihre Kinderschar aufzunehmen und mit derselben Sorgsamkeit zu behandeln wie diese; solche Milchgeschwister vertragen sich auch später vortrefflich miteinander. Man pflegt das Frettchen wie jeden anderen Marder, muß aber auf seine Entwöhnung von frischer Luft und Freiheit die gebührende Rücksicht nehmen und darf den Weichling namentlich strenger Kälte nicht aussetzen. Frische Luft, Reinlichkeit und entsprechende Nahrung sind die Hauptbedingungen zu seinem Wohlsein: im Sommer muß man es kühl, im Winter warm legen; Käfig, Freß- und Trinkgefäß sind stets rein zu halten; mit dem Futter hat man entsprechend zu wechseln. In Ermangelung eines besseren Behälters sperrt man ihrer zwei bis drei Frettchen zusammen in einen Bre terkasten, welcher etwa 1 Meter lang, 70 Centim. tief und ebenso hoch, mit einem verschließbaren Deckel versehen, an einer Wand mit einem Gitter und innen mit einem Schlafkästchen ausgestattet ist. Für letzteren genügt eine Länge von 40, eine Höhe und Breite von 20 bis 25 Centim.; es besitzt ein Schlupfloch und unten ein zum Ausschieben eingerichtetes enges Drahtgitter, auf welches durch den oben zu öffnenden Deckel Leinen- oder Wolläppchen zur Unterlage für die ein weiches Bett liebenden Thiere gebreitet werden; in der entgegengesetzten Ecke des Kastens bringt man im Boden ein Loch an und befestigt unter demselben ein Kästchen mit [77] einem Thonnapfe zur Aufnahme der Losung der Frettchen, welche man dadurch an einen bestimmten Ort gewöhnt, daß man zuerst ihren Unrath aufsammelt und in den betreffenden Napf legt, oder denselben mit jenem einreibt; wollen sie sich nicht bequemen, auf einem bestimmten Orte sich zu lösen, so muß man alle verunreinigten Theile des Kastens sorgfältig reinigen und durch Auflegen von Ziegelsteinen und dergleichen sie abhalten, dieselben wieder zu benutzen. Zur Aesung erhalten die Frettchen, laut Zeiller, dem ich in vorstehendem gefolgt bin, morgens Milchsemmel, abends rohes Fleisch und wöchentlich ein- oder zweimal ein rohes Ei; auch kann man ihnen, wie allen Mardern, verschiedene Früchte, insbesondere Kirschen, Pflaumen und Birnenschnitzel reichen. Nach geschehener Paarung hat man das Männchen von dem Weibchen zu trennen, weil es sonst regelmäßig die kaum geborenen Jungen auffrißt, darf aber ohne Bedenken mehrere, mindestens zwei Weibchen mit Jungen in demselben Käfige lassen. Nicht wohl gethan ist es, die rechtzeitige Paarung der Frettchen zu verhindern, weil Männchen wie Weibchen, wenn man ihren natürlichen Trieb unterdrückt, fast regelmäßig erkranken und zu Grunde gehen können. Bei sorgfältiger Pflege erhält man die Thierchen sechs bis acht Jahre lang am Leben und bei guter Gesundheit.

So treffliche Dienste das Frett bei der Kaninchenjagd leistet, so gering ist der wirkliche Nutzen, den es bringt, im Vergleiche zu den Kosten, welche es verursacht. Man darf die Kaninchenjagd mit dem Frett eben nur während der gewöhnlichen Jagdzeit, vom Oktober bis zum Februar, betreiben und muß das ganze übrige Jahr hindurch das Thierchen ernähren, ohne den geringsten Nutzen von ihm zu erzielen; zudem ist es bloß gegen halb oder ganz erwachsene Kaninchen zu gebrauchen, weil es Junge, welche es im Baue findet, augenblicklich tödtet und auffrißt, worauf es sich gewöhnlich in das weiche, warme Nest legt und nun den Herrn Gebieter draußen warten läßt, so lange es ihm behagt.

Zur Jagd zieht man am Morgen aus. Die Frettchen werden in einem weich ausgelegten Korbe oder Kästchen, unter Umständen auch in der Jagdtasche getragen. Am Baue sucht man alle befahrenen Röhren auf, legt vor jede ein sackartiges, etwa drei Fuß langes Netz, welches um einen großen Ring geflochten und an ihm befestigt ist, und läßt nun eins der Frettchen in die Hauptröhre, welche hierauf ebenfalls verschlossen wird. Sobald die Kaninchen den eingedrungenen Feind merken, fahren sie erschreckt heraus, gerathen in das Netz und werden in ihm erschlagen. Wenn die Röhren etwas breiter sind, und sich gerade mehrere Kaninchen in dem Baue aufhalten, rennen die ziemlich geängstigten Thiere zuweilen am Frett vorüber und zwar so schnell, daß dieses nicht einmal Zeit hat, sie zu packen. Das Frettchen selbst wird durch einen kleinen Beißkorb oder durch Abfeilen der Zähne gehindert, ein Kaninchen im Baue abzuschlachten und bekommt, um von seinem Treiben beständig Kunde zu geben, ein helltönendes Glöckchen um den Hals gehängt. In früheren Zeiten war man, namentlich in England, so grausam, zu gleichem Behufe die Lippen des armen Jagdgehülfen zusammenzunähen, ehe man ihn in die Höhle kriechen ließ; glücklicherweise hat man sich überzeugt, daß ein Beißkorb dieselben Dienste leistet. Sobald das Frettchen wieder an der Mündung der Höhle erscheint, wird es sofort aufgenommen; denn wenn es zum zweiten Male in den Bau geht, legt es sich in das Nest zur Ruhe und läßt dann oft stundenlang auf sich warten. Sehr wichtig ist es, wenn man es an einen Pfiff und Ruf gewöhnt. Kommt es dann nicht heraus, so sucht man es durch allerhand Lockungen wieder in seine Gewalt zu bringen. So bindet man an eine schwankende Stange ein Kaninchen und schiebt dieses in die Röhre. Einer solchen Aufforderung, der unser Thier beherrschenden Blutgier Folge zu leisten, kann kein Frett widerstehen; es beißt sich fest und wird sammt dem Kaninchen herausgezogen.

In England benutzt man das Frett häufiger noch, als zur Jagd der Kaninchen, zum Vertreiben der Ratten und noch lieber zu Kämpfen mit diesen bissigen Nagern, welche, wie bekannt, einen echten Engländer stets zu fesseln wissen. Mein englischer Gewährsmann versichert, daß verhältnismäßig wenige Fretts zur Rattenjagd zu gebrauchen sind, nachdem sie einige Male von den Zähnen der gefräßigen Langschwänze zu leiden gehabt haben. Ein Frett, welches bloß an Kaninchenjagd [78] gewöhnt ist, soll für die Rattenjagd gänzlich unbrauchbar sein, weil es sich vor jeder großen Ratte fürchtet. Der Rattenjäger muß also besonders erzogen werden. Man läßt ihn anfangs nur mit jungen und schwachen Ratten kämpfen und gewöhnt ihn nach und nach an Kampf und Sieg. Dann regt sich der angeborene Blutdurst; der Muth des kleinen Räubers wächst, und zuletzt erlangt er eine solche Fertigkeit in dem Kampfe mit dem schwarzen Wilde, daß er wahre Wunder verrichtet und die edlen Briten mit unsäglichem Entzücken erfüllt. Gewöhnlich ziehen sich alte, erfahrene Ratten, sobald sie angegriffen werden, in eine Ecke zurück und wissen von hier aus erfolgreiche Ausfälle zu machen und dem unvorsichtigen Feinde gefährliche Wunden beizubringen; ein gut abgerichtetes Frett aber schrecken solche ausgelernte Fechter nicht ab: es weiß doch den richtigen Augenblick zu wählen, um den tückischen Gegner zu fassen. Rodwell beschreibt mit wenigen Strichen einen dieser Kämpfe zwischen großen Ratten und einem besonders ausgezeichneten Frettchen, welches seine Kunst so weit gebracht hatte, daß es fünfzig Ratten in einer Stunde tödten konnte. »Die Ratten«, erzählt er, »befanden sich in einem viereckigen Raume von zwei bis drei Meter im Durchmesser, welcher mit einer meterhohen Planke umgeben war. Das Frett wurde unter sie geworfen, und es war bewunderungswürdig zu sehen, wie regelrecht das Thier sein Werk begann. Einige von den größten Ratten waren abscheuliche Feiglinge und übergaben sich, während mehrere von den kleineren, noch nicht einmal erwachsenen, wie Tiger kämpften. Diese hauptsächlich zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. Das Frett wurde, während es sie angriff, einige Male ganz empfindlich von den Ratten gebissen; allein dies vermehrte nur seine Wuth. Die Augen glühten vor Zorn, und plötzlich hatte es einen von seinen Feinden am Nacken und setzte hier sein furchtbares Gebiß mit einer solchen Gewalt ein, daß nur ein kurzer Angstschrei des Opfers noch gehört wurde, bevor es seinen Geist aufgab. Einige Male trat es geschickt auf die Ratten, hielt sie so am Boden fest und schien sich förmlich über die vergeblichen Anstrengungen zu freuen, welche das erboste Schwarzwild machte, um seinem Gegner einen gefährlichen Biß beizubringen. Dann sah man es schneller als der Blitz zufahren, und die Zähne vergruben sich einen Augenblick lang im Genicke. Ein verzweifelter Schrei wurde gehört, und ein neues Opfer lag regungslos bei den übrigen. Während das blutgierige Geschöpf im besten Kampfe war, nahte eine alte, erfahrene Ratte sich vorsichtig dem Feinde und schien über einen gefährlichen Gedanken zu brüten. Sie war augenscheinlich entsetzt über das Blutbad, welches das Frett unter ihren Genossen angerichtet hatte, und schien sich rächen zu wollen. Eben hatte das Frett eine neue Ratte am Genicke gepackt und war beschäftigt, ihr den Lebensnerv zu zerschneiden, da stürzte sich die andere nach ihm hin und versetzte ihm in den Kopf einen furchtbaren Biß, welchem alsbald ein Blutstrom folgte. Das Frett, welches glauben mochte, daß die empfangene Wunde von seinem eben gefaßten Gegner herrühre, biß die bereits getödtete Ratte mit dem fürchterlichsten Zorne, ohne den wahren Thäter zu erkennen, und erhielt von ihm einen neuen Biß. Endlich aber erkannte es seinen eigentlichen Feind und stürzte sich mit einer unglaublichen Wuth auf ihn. Ein unbeschreibliches Getümmel entstand. Man sah nichts mehr als einen verworrenen Knäuel von schwarzen Gestalten, aus welchem ab und zu das lichtgefärbte Raubthier vorleuchtete; man hörte dessen Knurren, das Quieken der Ratten und das ängstliche Geschrei der vom Frett ergriffenen Nager. Viele von den gehetzten Langschwänzen suchten sich zu retten, und immer toller wurde die Verwirrung: aber weniger und weniger Ratten bewegten sich; der Haufen der Leichen wurde immer größer, und lange, bevor die Stunde abgelaufen war, lagen wirklich alle fünfzig Ratten auf dem Boden, der wackere Kämpe, welcher in der Verwirrung den Blicken entgangen war, natürlich auch mit.«

Ich habe schon bemerkt, daß das Frett bei seinen Kaninchenjagden zuweilen auch auf andere Feinde trifft, welche in einem verlassenen Kaninchenbau Zuflucht gefunden haben. So ereignet es sich zuweilen, daß es in einer Kaninchenhöhle mit einem Iltis zusammenkommt. Dann beginnt ein furchtbarer Kampf zwischen beiden gleich starken und gewandten Thieren, keineswegs zur Freude des Besitzers des gezähmten Mitgliedes der Marderfamilie, weil er alle Ursache hat, für das Leben [79] seines Jagdgehülfen zu fürchten. »Ein Frett, welches in eine Kaninchenhöhle gesandt wurde«, erzählt ein Jäger, »verblieb so lange Zeit darin, daß ich ungeduldig wurde und bereits glauben wollte, mein Thier habe sich in das warme Nest gelegt und schlafe dort. Ich stampfte deshalb heftig auf den Boden, um es zu erwecken und wieder zu mir zu bringen. Freilich erfuhr ich bald, daß mein Frettchen sich keiner Unterlassungssünde schuldig gemacht hatte. Ich hörte ein ganz eigenthümliches Geschrei, welches dem Murren und Kreischen des Frettchens glich, aber doch noch von Tönen begleitet war, welche ich mir nicht enträthseln konnte. Der Lärm wurde lauter, und bald konnte ich unterscheiden, daß es von zwei Thieren herrühren mußte. Endlich sah ich in dem Dunkel der Höhle den Schwanz meines Frettchens und entdeckte nun zu gleicher Zeit, daß es mit einem Thiere im Kampfe lag. Das Frett bemühte sich nach Kräften, seine Beute nach der Mündung der Höhle zu schleppen, stieß aber auf einen bedeutenden Widerstand. Endlich kam es doch hervor, und ich entdeckte zu meiner nicht geringen Ueberraschung, daß es sich mit einem männlichen Iltis in den Kampf eingelassen hatte. Beide waren in einander verbissen; eines hatte das andere am Nacken gefaßt, und keines schien gewillt zu sein, seinen Gegner so leichten Kampfes davon zu lassen. Plötzlich erblickte mich der Iltis und versuchte nun, mein armes Frettchen nach der Tiefe der Höhle zu schleppen, um den Kampf dort weiter auszufechten. Das vorzügliche Thierchen hielt jedoch trefflich Stand und brachte seinen Feind nach kurzer Zeit nochmals an die Mündung der Höhle zurück. Aber es war zu schwach, um ihn vollends bis an das Tageslicht zu bringen. Der Iltis gewann wieder die Oberhand, und beide verschwanden von neuem. Nun sah und hörte ich wieder lange Zeit nichts von ihnen, und meine Aengstlichkeit nahm begreiflicherweise mit jeder Minute zu. Aber zum dritten Male sah ich das Frett, welches seinen Feind an das Tageslicht zu schleppen versuchte. An der Mündung der Höhle entstand ein verzweifeltes Ringen; das Frettchen kämpfte mit unübertrefflichem Geschicke, und ich hoffte schon die Niederlage des Iltis zu sehen, als jenes plötzlich den Kampf aufgab und mit zerfetzter Brust auf mich zusprang. Sein Feind erkühnte sich nicht, ihm zu folgen, sondern blieb vorsichtig schnüffelnd in der Mündung der Röhre stehen. Ich schlug auf ihn an; allein mein Gewehr versagte mir mehrere Male, und ehe ich noch schießen konnte, drehte sich der kleine Held plötzlich um und ließ seinen Gegner und dessen Helfershelfer im Stiche.«


Geripp des Iltis. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)
Geripp des Iltis. (Aus dem Berliner anatomischen Museum.)

Ungeachtet solcher Kämpfe paaren sich Frett und Iltis ohne viele Umstände mit einander und erzielen Blendlinge, welche von den Jägern sehr geschätzt werden. Solche Bastarde ähneln dem Iltis mehr als dem Frett, unterscheiden sich von ersterem auch bloß durch die lichtere Färbung im Gesichte und an der Kehle. Ihre Augen sind ganz schwarz und aus diesem Grunde feuriger als die des Frettchens. Sie vereinigen die Vorzüge beider Eltern in sich; denn sie lassen sich weit leichter zähmen, stinken auch nicht so heftig wie der Iltis, sind aber stärker, kühner und weniger frostig als das Frettchen. Ihr Muth ist unglaublich. Sie stürzen sich wie rasend auf jeden Feind, welchem sie in einer Höhle begegnen, und hängen sich wie Blutegel an ihm fest. Nicht selten sind sie aber auch gegen ihren Herrn heftig und beißen ihn ohne Rücksicht höchst empfindlich.


*


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 76-80.
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