Papageifinken (Pytilinae)

[327] Kernbeißer mit Hakenschnabel, kurzen Flügeln und langem Schwanze sind die Papageifinken (Pytilinae). Der Schnabel ist gewöhnlich sehr stark, dick, bauchig kegelförmig, die Spitze des Oberschnabels hakig über die des unteren gebogen und hinter dem Haken ausgekerbt, der Mundrand mehr oder weniger eingezogen, schwach winkelig, der kräftige Fuß hochläufig und langzehig, die erste Schwinge des Fittigs stets beträchtlich verkürzt, die dritte neben der vierten in der Regel am längsten, der lange Schwanz meist zugerundet, seltener abgestutzt oder ausgeschnitten, das Gefieder voll, weich, ohne Metallglanz, oft einfarbig grau oder grünlich olivengrau, seltener rothgelb oder schwarz und noch seltener durch lebhafte Farbenfelder ausgezeichnet.

Südamerika insbesondere muß als die Heimat dieser Vögel betrachtet werden; in Nordamerika kommen verhältnismäßig wenige Arten vor. Sie haben in ihrem Wesen viel mit unseren Kernbeißern, aber auch manches mit den Gimpeln gemein, bewohnen mehr die Gebüsche und Vorwälder [327] als den eigentlichen Urwald und fressen harte Sämereien, Beeren und Kerbthiere. Die meisten sind klanglose Geschöpfe, von denen man höchstens kurze Locktöne hört, andere hingegen berühmt wegen ihrer Lieder und deshalb hochbeliebte Stubenvögel.

»Einst, im August«, erzählt Audubon, »als ich mich mühselig längs der Ufer des Mohawkflusses dahinschleppte, überkam mich die Nacht. Ich war wenig bekannt in diesem Theile des Landes und beschloß deshalb, da zu übernachten, wo ich mich gerade befand. Der Abend war schön und warm; die Sterne spiegelten sich wieder im Flusse; von fern her schallte das Murmeln eines Wasserfalles. Mein kleines Feuer war unter einem Felsen bald angezündet, und ich lag neben ihm hingestreckt. In behaglicher Ruhe, mit geschlossenen Augen, ließ ich meinen Gedanken freien Lauf und befand mich in einer geträumten Welt. Da plötzlich drang mir in die Seele der Abendgesang eines Vogels, so klangvoll, so laut, wegen der Stille der Nacht, daß der Schlaf, welcher sich bereits auf meine Lider herabgesenkt hatte, wieder von hinnen floh. Niemals hat der Wohllaut der Töne mich mehr erfreut. Er bebte mir durchs Herz und machte mich glückselig. Fast hätte ich meinen mögen, daß selbst die Eule durch den süßen Wohllaut erfreut war; denn sie blieb still diese Nacht. Lange noch, nachdem die Töne verklungen waren, freute ich mich über sie, und in dieser Freude schlief ich ein.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 327-328.
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