Guttarama (Euphone violacea)

[373] Es wird genügen, wenn ich eine einzige Art der Gruppe, die in Brasilien und Guayana häufige Guttarama (Euphone violacea, Tanagra und Phonasca violacea), zu schildern versuche. Ihre Länge beträgt zehn, die Breite achtzehn, die Fittiglänge sechs, die Schwanzlänge vier Centimeter.


Guttarama (Euphone violacea). Natürliche Größe.
Guttarama (Euphone violacea). Natürliche Größe.

Bei dem Männchen ist die Stirne und die ganze Unterseite dottergelb, die Oberseite von der Stirne an violett stahlblau, auf den Flügeldeckfedern und an den Rändern der Schwingen, welche letztere am Grunde innen weiß gesäumt sind, ins Erzgrüne spielend; die Schwanzfedern sind oben stahlblaugrün, unten schwarz, die beiden äußeren jederseits auf der Innenfahne weiß, wie es auch der Schaft ist. Das Weibchen ist trüb olivengrün, auf der Unterseite gelbgrau; die Schwingen und Schwanzfedern sind graubraun. Die Jungen ähneln dem Weibchen. Die Männchen im Uebergangskleide sind oben stahlblau und unten gelbfleckig.

Ueber die Lebensweise lauten die Berichte sehr dürftig, obgleich der Vogel häufig im Käfige gehalten wird. Die Guttarama ist ein sehr niedliches, lebhaftes, bewegliches Geschöpf, welches gewandt in den Kronen der Bäume umherhüpft, schnell fliegt und oft seine kurze, klangvolle Lockstimme vernehmen läßt. Ihre Nahrung besteht in mancherlei Früchten; besonders Orangen, Bananen und Guaven werden von ihr arg gebrandschatzt. Wie mich gefangene Organisten[373] belehrt haben, frißt jedes dieser Vögelchen mindestens das Doppelte, wenn nicht das Dreifache des eigenen Gewichtes; und da nun die kleinen Näscher zuweilen in solcher Menge einfallen, daß sie einzelne Fruchtbäume förmlich bedecken, können sie in Pflanzungen erheblichen Schaden anrichten, werden daher nirgends gern gesehen, eher verfolgt, so erfreulich ihre Regsamkeit und meisenartige Gewandtheit für das Auge des Naturforschers auch sein mag. Von anderen Tangaren unterscheiden sich die Organisten nicht allein durch ihre Beweglichkeit, sondern auch durch ihren hübschen Gesang, welcher der Hauptsache nach aus einer Reihe abgebrochener Töne und sie verbindender spinnenden und knarrenden Laute besteht, ziemlich leise, aber fleißig vorgetragen wird und recht angenehm in das Ohr fällt.

Die Nester der Organisten, über deren Fortpflanzungsgeschäft Beobachtungen angestellt werden konnten, sind im Vergleiche zur Größe des Vogels sehr umfangreich, napfförmig und aus trockenem Grase, feinen Ranken und Baumwollflocken erbaut, innen aber mit feinen Halmen ausgekleidet. Drei bis fünf sehr dünnschalige, schön röthlichgelbe, äußerst zart rothbraun, meist kranzartig gefleckte Eier bilden das Gelege.

Gefangene Organisten sind selten in unseren Käfigen, verlangen auch sorgfältige Pflege und dauern schon aus dem Grunde nicht lange aus, als uns Früchte, wie sie solche lieben, mangeln.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 373-374.
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