Sandflughuhn (Pterocles exustus)

[12] In wahrer Vollendung zeigt sich die Wüstenfarbe bei einer dritten Art der Sippe, dem Sandflughuhne (Pterocles exustus und senegalensis). Bei ihm ist die Gesammtfärbung ein schönes röthliches Isabell, welches auf den Wangen, im Gesichte und auf den Flügeldecken in lebhafteres Gelb übergeht und auf dem Rücken einen grünlichen Schimmer zeigt.


Sandflughuhn (Pterocles exustus). 1/2 natürl. Größe.
Sandflughuhn (Pterocles exustus). 1/2 natürl. Größe.

Diese Färbung wird durch ein schmales schwarzes Band, welches an den Halsseiten beginnt und sich über die Oberbrust wegzieht, von der tief chokoladebraunen Färbung der Unterbrust und des Bauches getrennt; die Befiederung der Fußwurzeln und der Unterschwanzdeckfedern ist wieder isabellfarbig; alle kleineren Flügeldeckfedern zeigen an ihrer Spitze einen chokoladebraunen Bandfleck; die Handschwingen sind schwarz, von der dritten an weiß an der Spitze und Innenfahne, die beiden mittleren sehr verlängerten und in feine Spitzen ausgezogenen Schwanzfedern isabellgelb, die seitlichen tiefbraun, blaßbraun gefleckt und gebändert. Das Auge ist dunkelbraun, ein breiter, nackter Ring um dasselbe citronengelb, der Schnabel und die Fußzehen sind bleifarben. Die Länge beträgt dreiunddreißig, die Breite sechzig, die Fittiglänge neunzehn, die Schwanzlänge vierzehn Centimeter. Das [12] Weibchen ist auf der Oberseite auf isabellfarbenem Grunde dunkler gefleckt und gestrichelt; der Kopf, mit Ausnahme der Kehle und Ohrgegend, der Nacken und der Hals sind graulich isabellgelb und durch dunkle Tropfenflecke gezeichnet; das Brustband ist nur angedeutet, der Bauch braun und schwarz gebändert; die mittleren Steuerfedern sind wenig über die übrigen verlängert.

Ganga und Khata haben ungefähr dieselbe Verbreitung; das Sandflughuhn gehört südlicheren Gegenden an. Unter den europäischen Ländern darf nur Spanien als die Heimat von Flughühnern betrachtet werden; denn wenn auch namentlich die Ganga in vielen anderen Ländern Südeuropas und selbst inmitten Deutschlands beobachtet worden ist, haben wir doch sie und jedes andere Flughuhn, welches hier sich zeigte, immer nur als Irrlinge anzusehen, während die beiden genannten Arten mit unter die Charaktervögel Spaniens gezählt werden müssen und in gewissen Provinzen der iberischen Halbinsel ebenso regelmäßig vorkommen wie andere oder dieselben Arten in Asien und in Afrika. Wie zu erwarten, erstreckt sich das Vaterland dieser Vögel über einen weiten Kreis der alten Erde. Ganga und Khata sind häufig in allen entsprechenden Gegenden Nordwestafrikas, östlich bis nach Tunis hin; aber sie verbreiten sich auch über den größten Theil Asiens, namentlich über das ganze Steppengebiet, und erscheinen, wenigstens im Winter, noch sehr regelmäßig in Indien. Hier, wie in Nordost-und Mittelafrika, werden sie übrigens außerdem durch das dort brütende Sandhuhn und Verwandte vertreten. In Spanien bewohnen die Flughühner Andalusien, Murcia, Valencia, beide Kastilien und Aragonien; doch herrscht in einer Provinz immer mehr die eine als die andere Art vor. Dasselbe gilt für Afrika, dasselbe, laut Jerdon, für Indien: die verschiedenen Arten leben neben, nicht unter einander.

Alle Flughühner bewohnen nur Wüsten oder Steppengegenden; auf Feldern sieht man sie bloß dann, wenn die Früchte abgeerntet sind. Die mit trockenem, dürrem, afrikanischem Riedgrase, der Halfa, bedeckten Ebenen, meist verwüstete Felder, sind ihre Lieblingsplätze. In Spanien leben sie auf ganz ähnlichen Stellen: hier beherbergt sie hauptsächlich das sogenannte »Campo«, ein Feld, welches eben auch nicht viel mehr als Wüste ist. Waldige Gegenden meiden sie ängstlich; dagegen scheinen sie sich da, wo niederes Gestrüppe spärlich den Boden deckt, wie es in den afrikanischen Steppen der Fall ist, recht wohl zu befinden. Sie fürchten den geschlossenen Wald, weil ihr zwar rascher, stürmischer, nicht aber gewandter Flug sie hier, wo sie beim Aufschwirren leicht an Zweige und Aeste stoßen können, gefährdet, während sie da, wo Gesträuch und Bäume sehr vereinzelt stehen, überall den nöthigen Spielraum für ihre Bewegungen finden. Unter allen Umständen wählen sie Stellen, deren Bodenfarbe der Färbung ihres Gefieders möglichst entspricht: das röthliche Grau der Ganga stimmt mit dem lehmigen »Campo« oder der bunten Steppe Asiens, das lebhafte Gelb des Sandflughuhns mit dem fast goldfarbenen Sande der Wüste überein.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Sechster Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Dritter Band: Scharrvögel, Kurzflügler, Stelzvögel, Zahnschnäbler, Seeflieger, Ruderfüßler, Taucher. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 12-13.
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