Auerhuhn (Tetrao urogallus)

[30] Das größte und edelste aller Rauchfußhühner ist das Auer- oder Urhuhn, Wald-, Gurgel-, Riedhuhn, Bergfasan usw. (Tetrao urogallus, major, maculatus und crassirostris, Urogallus major), einer der größten Landvögel Deutschlands, die Zierde der Wälder, die Freude des Waidmanns. Es vertritt die Sippe der Waldhühner (Tetrao), deren besondere Merkmale in den eingangs erwähnten Horngebilden an den Zehen gefunden werden, und die gleichnamige Untersippe insbesondere, weil es sich von anderen Waldhühnern durch seine verlängerten Kehlfedern und seinen abgerundeten, aus achtzehn Federn bestehenden Schwanz unterscheidet. Der Scheitel und die Kehle sind schwärzlich; der Hals ist dunkel aschgrau, schwarz gewässert, der Vorderhals schwärzlich aschgrau gewässert, der Rücken auf schwärzlichem Grunde fein aschgrau und rostbraun überpudert, der Oberflügel schwarzbraun, stark rostbraun gewässert; die Schwanzfedern sind schwarz mit wenig weißen Flecken; die Brust ist glänzend stahlgrün, der übrige Unterkörper, besonders dicht der Steiß, schwarz und weiß gefleckt. Das Auge ist braun, die nackte, aus einzelnen dünnen Blättern bestehende oder mit solchen besetzte, einen besonderen Farbestoff enthaltende Braue über demselben und die nackte, warzige Stelle um dasselbe lackroth, der Schnabel hornweiß. Die Länge beträgt einhundert [30] bis einhundertundzehn, die Breite einhundertundsechsunddreißig bis einhundertundvierundvierzig, die Fittiglänge vierzig bis fünfundvierzig, die Schwanzlänge vierunddreißig bis sechsunddreißig Centimeter, das Gewicht fünf bis sechs Kilogramm. Jüngere Hähne unterscheiden sich nur wenig von den alten. Die Henne ist um ein Drittel kleiner und sehr bunt. Kopf und Oberhals sind schwärzlich, rostgelb und schwarzbraun in die Quere gestreift; auf dem übrigen Oberkörper zeigt sich die Befiederung als ein Gemisch von Schwarzbraun, Rostgelb und Rostgraugelb; die Steuerfedern sind auf schön rostrothem Grunde schwarz in die Quere ge bändert, die Kehle und der Flügelbug rostrothgelb; die Oberbrust ist rostroth, der Bauch auf rostgilblichem Grunde unterbrochen schwarz und weiß in die Quere gebändert. Hahnfederige, dem Männchen ungemein ähnliche Hennen kommen nicht selten vor. Die Länge beträgt zweiundsiebzig bis achtundsiebzig, die Breite einhundertundacht bis einhundertundzwölf, die Fittiglänge fünfunddreißig, die Schwanzlänge zweiundzwanzig Centimeter, das Gewicht drei Kilogramm.

In früheren Zeiten hat das Auerhuhn unzweifelhaft alle größeren und zusammenhängenden Waldungen Nordasiens und Europas bewohnt; gegenwärtig ist es in vielen Gegenden gänzlich ausgerottet. Doch ist sein Verbreitungskreis immer noch ein sehr ausgedehnter, da die Grenzen desselben wenig beschränkt worden zu sein scheinen, die Vernichtung sich vielmehr nur auf gewisse Stellen beschränkte. Blasius nahm die Alpen als südlichste Verbreitungsgrenze des stolzen Vogels an, kannte aber damals die neueren Forschungen einiger Beobachter im Süden unseres Erdtheiles noch nicht. Im Museum von Madrid stehen mehrere Auerhühner, welche auf der spanischen Seite der Pyrenäen erlegt worden waren; Graf von der Mühle erhielt ein Auerhuhn aus Vrachori, woselbst es, ebenso wie in Anatolien, nicht selten zu sein scheint, und erfuhr, daß der Vogel selbst auf Euböa vorkomme; Lindermayer bemerkt später, daß es in den Wäldern Akarnaniens ziemlich häufig ist und daselbst brütet. Von hieraus nach Norden hin findet man den Vogel noch heutigen Tages in allen Hoch-und Mittelgebirgen: so längs der ganzen Alpenkette und auf den Karpathen, auf dem Jura, in der Hardt, dem Odenwalde, dem Fichtelgebirge, Erzgebirge und Riesengebirge, dem Böhmer und Thüringer Walde und im Harze, überall aber einzeln, nirgends häufig. In Deutschland geht sein Bestand in demselben Maße zurück, wie der forstwirtschaftliche Betrieb der Waldungen sich hebt: die neuzeitliche Bewirtschaftung der Forsten, insbesondere wohl deren Entsumpfung, rottet es, trotz aller ihm gewährten Schonung, sicher und unaufhaltsam aus. Erst im Norden Europas, in den großen Waldungen Skandinaviens und Rußlands, tritt es zahlreich auf, und in den unermessenen Wäldern ganz Nordasiens ist es häufig. In Schottland, wo es vernichtet worden war, hat man es neuerdings mit Erfolg wieder eingeführt. In Schonen hat das Auerhuhn, laut Wallengreen, merkbar abgenommen; in den übrigen Theilen Schwedens, mit Ausnahme von Gothland, dagegen besonders in den mittleren und nördlicheren Provinzen, bis Lappmark hinauf, findet man es allgemein; erst der neunundsechzigste Grad nördlicher Breite bildet hier die Grenze seines Verbreitungskreises. Nach Radde ist es in den zusammenhängenden Waldungen Ostsibiriens nicht selten, wird aber östlich des Apfelgebirges durch eine kleinere Art (Tetrao urogalloides) ersetzt, und wahrscheinlich ist es diese, welcher Kittlitz in Kamtschatka begegnete.

Das Auerhuhn bevorzugt Gebirgswaldungen denen der Ebene, ohne jedoch letztere zu meiden. Vor allem anderen verlangt es zusammenhängende Bestände mit feuchtem, stellenweise moorigem Grunde. Da, wo es gemischte Waldungen gibt, nimmt es am liebsten in diesen seinen Stand; nächstdem siedelt es sich besonders gern im Schwarzwalde an, obgleich auch der Laubwald ausnahmsweise zu seinem Wohnsitze werden kann. Hartigs Behauptung des Gegentheiles wird durch die Erfahrungen aller übrigen Beobachter und durch die bekannte Thatsache, daß in Nordeuropa und Asien der Schwarzwald entschieden vorwiegt, genügend widerlegt. Ob die Angabe einiger Forscher, daß das Auerhuhn am liebsten auf der Mittagsseite der Bergketten Stand nehme, begründet ist oder nicht, lasse ich dahin gestellt sein; jedenfalls verlangt der Vogel altstämmige Forsten, in denen es nicht an Bächen, Quellen und anderen Wässern fehlt, und welche neben dem hohen [31] Bestande Dickichte oder Stellen mit Heide, niedrigem Gestrüppe und Beerengesträuch aufweisen. Es ist ein Standvogel, wenn auch nicht im vollsten Sinne des Wortes. Bei anhaltender strenger Kälte und tiefem Schnee verläßt es im Hochgebirge zuweilen seinen Stand und geht in einen tieferen Gürtel herab, pflegt aber bei eintretender milder Witterung regelmäßig nach der Höhe zurückzukehren; im Mittelgebirge oder im Hügellande zieht es sich zuweilen aus einem Gebiete nach dem anderen, ohne daß man einen eigentlich schlagenden Grund dafür anzugeben wüßte. Doch muß hierbei bemerkt werden, daß über dieses Streichen bei uns zu Lande noch nicht Beobachtungen gesammelt worden sind, welche jeden Zweifel ausschließen; denn wie schon mein Vater anführt und Geyer bestätigt, geschieht es, daß das Auerwild im strengen Winter zuweilen wochenlang auf den Bäumen sich aufhält, ohne auf den Boden herabzukommen, daß also der Beobachter dadurch leicht getäuscht und zu der Meinung verleitet werden kann, das Wild habe sich einem anderen Standorte zugewendet. »Merkwürdig ist es«, sagt mein Vater, »daß das Auerhuhn im Winter oft mehrere, sogar acht Tage auf einem Baume stehen bleibt und fast alle Nadeln auf demselben verzehrt.« Ganz ebenso spricht sich Geyer aus, ohne vorstehendes gekannt zu haben. »Es fiel mir bei Gelegenheit des Fuchsbestattens oder Einkreisens auf, daß ich kein Stück Auerwild spürte. Ich fragte hin und wieder nach der Ursache dieser Erscheinung, aber kein Mensch konnte mir einen Aufschluß geben über die ständig gewordene Behauptung, ›das Auerwild hat seinen Standort gewechselt‹. Als ich jedoch zufällig einmal eine Kette von einigen zwanzig Stück Hähnen und Hennen an einem Abhange, an welchen sich die Sonne stark anlehnte, aufgebäumt fand, war mir das Räthsel mit einem Male gelöst. In dieser Strecke haben wir sie tagelang beobachtet, Knospen und Nadeln von Fichten und Tannen äsend, ohne in der ganzen Strecke auch nur Ein Stück Auerwild auf dem Schnee zu spüren.« Anders ist es im Norden, insbesondere in Rußland. Im Ural z.B. durchwandert das Auerhuhn, den Wacholderbeeren nachgehend, ziemlich weite Strecken, tagtäglich zwölf bis funfzehn Kilometer zurücklegend. Sind die Beeren verzehrt, so kehrt es allmählich wieder auf seinen früheren Stand zurück, besucht die Lärchen, um hier von deren Knospen sich zu äsen, und nimmt endlich wiederum die zarten Triebe der Fichten an.

Bei gewöhnlichem Verlaufe der Dinge hält es sich übertages auf dem Boden auf und wählt sich, wenn es sein kann, solche Stellen, welche die ersten Strahlen der Morgensonne empfangen und kleine offene Weideplätze besitzen, die mit Dickicht aus Waldbäumen, Heidel-, Brombeer- und Heidengesträuch abwechseln, auch klares Wasser in der Nähe haben. Hier läuft es umher, durchkriecht das Gestrüpp und das niedere Gesträuch, sucht seine Nahrung und erhebt sich nur, wenn ihm etwas auffallendes begegnet. Gegen Abend steht es auf; Hahn und Henne trennen sich, und beide treten mit Einbruch der Nacht zu Baume, um hier ihre Nachtruhe zu halten. Sie erheben sich fast nie zum Wipfel, sondern bleiben regelmäßig in der Mitte des Baumes stehen, schlafen und bäumen mit Anbruch des Morgens wieder ab. Auf seinen beliebtesten Stand- und Schlafplätzen benehmen sie sich zuweilen ganz anders als sonst, lassen sich beispielsweise von Hunden verbellen und gestatten, ihre ganze Aufmerksamkeit dem Hunde zuwendend, dem Jäger, sie zu unterlaufen. Bei tiefem Schnee und strenger Kälte schläft übrigens auch das Auerwild im Schnee, indem es sich eine Höhle von anderthalb bis zwei Meter Länge ausscharrt und im blinden Ende derselben ruht. Merkt es Gefahr, so kehrt es nicht zum Ausgange zurück, sondern wirft beim Aufstehen die Schneedecke einfach ab und zur Seite. So erfuhr ich von erfahrenen Jägern des Ural.

Die Aesung des Auerwildes besteht in Baumknospen, Blättern oder Nadeln, Klee- und Grasblättern, Waldbeeren, Sämereien und Kerbthieren. Der Hahn nimmt mit gröberer Nahrung vorlieb als die Henne oder die Jungen. »Bei zehn Hähnen, deren Kropf ich in der Balzzeit untersuchte«, sagt mein Vater, »fand ich nichts als Tannen- oder Fichten- oder Kiefernadeln, und es scheint, daß sich der Hahn während der Balze gar nicht die Zeit nimmt, lange nach Nahrung zu suchen, vielmehr das frißt, was er gleich in der Nähe haben kann. Es ist mir aber auch wegen der gänzlichen Verschiedenheit im Geschmacke des Wildprets des Hahnes und der Henne höchst wahrscheinlich, [32] daß ersterer meist Knospen von Fichten, Tannen und Kiefern verzehrt, während die letztere sich gewöhnlich von zarteren Gewächstheilen nährt. Daher mag es wohl auch kommen, daß das Fleisch des alten Auerhahnes hart, zähe, strohern und bei gewöhnlicher Zubereitung kaum genießbar, das der Henne dagegen sehr zart und wohlschmeckend ist. Das Wildpret der halbjährigen Hähne ist ebenfalls sehr gut; aber bis zu diesem Alter sind sie auch mit der Mutter gelaufen und haben an ihrem Tische gegessen.« Ich will vorstehendes dahin erweitern, daß der Hahn im Frühjahre in Nadelwäldern fast ausschließlich von Nadeln, in Buchenwäldern ebenso von Buchenknospen sich äst, in gemischten Waldungen aber Nadeln bevorzugt. Kleine Kiesel, Erde oder Sand scheinen zur Verdauung der aufgenommenen Nahrung unbedingt nöthig zu sein. Zum Wasser kommt das Auerhuhn mehrmals im Laufe des Tages.

Unter den mir bekannten Beschreibungen der Eigenschaften unseres Wildes halte ich die von meinem Vater im Jahre 1822 veröffentlichte immer noch für die ausführlichste und beste. Ich werde sie deshalb hier folgen lassen und nur hier und da einige Worte einschieben, wobei ich namentlich die »Auerhahnbalze« meines werthen Freundes, des Forstmeisters Dominik Geyer, eines leidenschaftlichen Auerhahnjägers, zu berücksichtigen habe. »Das Auerwaldhuhn«, sagt mein Vater, »ist ein plumper, schwerfälliger und scheuer Vogel. Sein Gang ist geschwind, jedoch lange nicht so schnell wie der der Feldhühner, Trappen, Regenpfeifer und Läufer. Es trägt den Leib fast wagerecht, nur wenig nach hinten gesenkt und den Hals etwas vorgelegt. Auf den Bäumen ist seine Stellung verschieden. Der Körper wird bald wagerecht gehalten, bald aufgerichtet, der Hals bald vor-, bald in die Höhe gestreckt. Es steht übrigens auf den Bäumen nicht bloß auf den unteren Aesten, sondern, wenn die Wipfel stark genug sind, auch weit oben: ich habe Hähne und Hennen auf den Baumspitzen gesehen. Auf der Erde läuft es herum, wenn es Nahrung sucht. Der Flug ist schwerfällig, rauschend, durch schnelle Schwingenschläge beschleunigt, fast geradeaus und nicht anhaltend. Hahn und Henne fliegen nur kurze Strecken und stellen sich dann stets auf die Bäume. Beim Aufschwingen des Auerwildes von der Erde auf einen Baum ist das Getöse der rauschenden Schwingen sehr stark. Hahn und Henne sind in der Regel ungemein scheu. Ihr Gesicht und Gehör, nicht aber ihr Geruch, sind äußerst scharf, und sie benutzen diese Feinheit ihrer Sinne, um einer Gefahr von weitem zu entgehen.« Geyer sagt genau dasselbe und fügt zum Belege folgendes hinzu: »Um mich von der Feinheit der Geruchswerkzeuge zu überzeugen, habe ich während der Balze Auerhähne unter allen möglichen Winden angesprungen, ohne jemals bemerkt zu haben, daß sie mich mittels des Windes wahrgenommen hätten; hieraus schloß ich also, daß ihre Geruchswerkzeuge weniger ausgebildet sein müssen«. Schlechtes Wetter, auch bevorstehende Stürme scheinen die Scheu des Auerwildes zu vermindern. »Wir wissen ein Beispiel«, fährt mein Vater fort, »daß nach einem Auerhahne, welcher im Winter einige Tage auf einem Baume gestanden hatte, mehrere Schüsse gethan wurden, ohne daß er fortflog; überhaupt kommt man im Winter oft viel leichter als im Sommer schußrecht an dieses scheue Wild an. Die Hennen sind, weil sie geschont werden, weniger vorsichtig als die Hähne und zur Paarungszeit oft so kirr, daß sie sehr gut aushalten.« In seinem Wesen zeigt sich das Auerwild als echtes Huhn. Der Hahn ist ein unverträglicher, jähzorniger, streitsüchtiger Vogel, welcher, falls man von gefangenen auf freilebende schließen darf, jahraus jahrein mit anderen seines Geschlechtes im Streite liegt und deshalb nothwendigerweise ein einsiedlerisches Leben führen muß. Er zeigt sich aber auch den Hennen gegenüber herrschsüchtig und zornwüthig; denn so liebestoll er sich während der Paarungszeit geberdet, so gleichgültig scheint er außerdem gegen seine Gattin zu sein. Gefangene haben mich belehrt, daß es gefährlich sein kann, ein Paar Auerhühner zusammenzuhalten, weil der Hahn manchmal, ohne erklärliche Veranlassung, über die Henne herfällt und sie in abscheulicher Weise mißhandelt. Birkhennen darf man noch weniger mit ihm zusammenbringen, weil sie von ihm nicht allein beständig gequält, sondern unter Umständen getödtet werden. Das Gegentheil eines solchen Betragens ist allerdings auch beobachtet worden: hat man ja doch in der Gefangenschaft schon Blendlinge von Auerhahn [33] und Birkhennen erzielt. Zwischen zwei Hähnen entspinnen sich leicht ernste Kämpfe; aber auch in dieser Hinsicht finden Ausnahmen statt: es kommt vor, daß da, wo das Auerhuhn häufig ist, sich im Spätsommer und Herbste zuweilen viele Hähne zusammenscharen und, wie es scheint, längere Zeit gemeinschaftlich umherstreifen.

Wenn der Auerhahn zu balzen beginnt, ist es noch still im Walde. Höchstens Amsel-, Mistel- und Singdrossel lassen sich bereits vernehmen; für die übrigen Sänger ist der Frühling noch nicht erschienen. Im Hochgebirge liegt der Wald im Schnee begraben; selbst in der Tiefe hat er nur hier und da von ihm sich befreit. Ist der März reich an schönen Tagen, so hört man schon um diese Zeit einen und den anderen Hahn balzen; folgt den schönen Tagen schlechte Witterung, so gefriert den Hähnen, wie Gadamer passend sich ausdrückt, auch der Schnabel wieder zu. Im Mittelgebirge balzt der Auerhahn vom zehnten oder zwölften April an regelmäßig, während die eisige Kälte des Hochgebirges seine Liebe meist noch einen ganzen Monat in Banden legt. Die Balze selbst geschieht folgendermaßen: Mit Beginn derselben sammeln sich die Auerhähne, welche vorher sich vereinzelt hatten, auf bestimmten Waldplätzen, gewöhnlich auf Berglehnen, welche gegen Morgen abhängen und mit jungem und altem Holze bewachsen sind. Hier finden sich auch die Hennen aus der Umgegend ein, in der löblichen Absicht, den ihnen zu Ehren stattfindenden Liebesspielen beizuwohnen. Beide Geschlechter kommen abends gegen sieben Uhr stumm gestrichen und schwingen sich auf einzelne Bäume unter starkem Geprassel ein. Hartig hat manchmal beobachtet, daß die Hennen im Fluge einen hell kläffenden Ton, wie ein kleiner Jagdhund, von sich geben; Geyer sagt, im Einklange mit meinen Beobachtungen, daß der Hahn, nachdem er sich eingeschwungen, mehrere Minuten bewegungslos steht, alles um sich mit außergewöhnlicher Aufmerksamkeit mustert und beobachtet, auch durch das geringste Geräusch, welches ihm verdächtig vorkommt, zum Abstehen bewogen wird. Bleibt alles ruhig, so gibt er gewöhnlich unter sonderbarem Halsbewegen einen Laut von sich, welchen man mit dem Ausdruck »Worgen« oder »Kröpfen« bezeichnet, mit dem Grunzen eines jungen Schweines vergleicht und als ein gutes Zeichen für die nächstmorgige Balze hält. Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß diese am nächsten Morgen auch wirklich stattfinden wird; denn der Hahn beweist, wie alle selbst beobachtenden Jäger behaupten, ein außerordentlich seines Vorgefühl für kommende Witterung. »Man bemerkt nicht selten«, sagt Geyer, »während der Zeit der Balze, daß oft beim schönsten Morgen, an welchem dem Jäger ohnehin schon das Herz vor Freude lacht und er seiner Sache sicher zu sein glaubt, eine arge Täuschung der gehegten Erwartungen folgt, nämlich, daß kein Hahn sich meldet. Tritt ein solcher Fall ein, so kann man überzeugt sein, binnen vierundzwanzig Stunden schlechtes Wetter zu haben. Namentlich scheint der Hahn das Herannahen von Schnee zu wittern. Ebenso tritt oft der umgekehrte Fall ein. Ich beobachtete, daß in der Nacht heftiges Schneegestöber begann, bis Mitternacht fortdauerte und dann aufhörte, und daß die Hähne am nächsten Morgen sich dennoch meldeten, wie in der besten Zeit der Balze. Auf ein derartiges Vorkommnis folgt gewöhnlich anhaltend schönes Wetter.« Nicht allzu selten geschieht es, daß der Hahn schon am Abend förmlich balzt, d.h. gleich nach dem Einschwingen sich meldet, dann auch wohl auf die Erde herab fällt, hier spielt, die Hennen, wenn solche in der Nähe sind, unter allen möglichen, höchst erheiternden Sprüngen vor sich hertreibt und sie schließlich betritt. Dies aber sind Ausnahmen. Bei schlechtem Wetter, namentlich bei Schneegestöber, balzt der Hahn in seltenen Fällen, und wahrscheinlich hat Geyer Recht, wenn er annimmt, daß solche Liebestollheit bloß durch die Jugend der betreffenden Hähne erklärt werden kann. Sobald sich am Morgen weiße Streifen im Osten zeigen, ungefähr gegen drei oder etwas nach drei Uhr in der Frühe, beginnt die Balze.

Sie hebt mit dem sogenannten »Schnalzen« oder »Schnappen« an, »und von jetzt steigert sich die Aufmerksamkeit des Jägers, bis der erste Schlag hörbar wird, welcher für so viele Sphärenmusik ist und jedem, der die Balze kennt, die Pulsschläge beschleunigt«. »Der Hahn,« sagt mein Vater, »streckt bei der Balze den Kopf vor, jedoch nicht jedes Mal gegen Morgen, wie behauptet [34] worden ist, hält ihn in schräger Richtung nach vorn, sträubt die Kopf- und Kehlfedern und gibt nun die schnalzenden Töne von sich, welche immer schneller auf einander folgen, bis der Hauptschlag erschallt und das Schleifen anfängt. Dieses besteht auszischenden Lauten, welche dem Wetzen eines eisernen Werkzeuges sehr ähnlich sind und in mehreren, an einander gereihten Sätzen sich folgen; der letzte Ton wird lang gezogen. Gewöhnlich gleich beim Anfange des Balzens, seltener in der Mitte des aus klappenden Lauten bestehenden Satzes hebt er den Schwanz etwas, so daß derselbe zwischen senk-und wagerechter Richtung mitten inne steht, breitet ihn fächerförmig aus und hält die etwas gesenkten Flügel vom Leibe abstehend. Beim Klappen trippelt er bisweilen auf dem Aste; beim Schleifen sträubt er fast alle Federn und dreht sich nicht selten herum. Doch geht das Balzen nicht immer so regelmäßig vor sich. Einige hören im Klappen vor dem Hauptschlage, andere nach ihm, andere mitten im Schleifen auf, noch andere lassen nur einige klappende Töne hören; ja, zuweilen geschieht es, daß ein Auerhahn an einem und demselben Morgen mit ordentlichem und unordentlichem Balzen wechselt.« Besonders eigenthümlich ist die geringe Stärke der Laute. Sie klingen, als ob jemand zwei dünne, geglättete Stäbchen an einander schlage, lassen mit Bestimmtheit keinen Selbstlauter heraushören, sind weder dumpf noch voll, weder laut noch leise, obwohl schwach, so doch auf vier- bis sechshundert Schritte weit im Walde vernehmbar, fallen beim Näherkommen während des Anspringens kaum schärfer ins Ohr als vorher und können doch schon in ziemlich bedeutender Entfernung genau unterschieden werden. Der ganze Satz beginnt mit langsam auf einander folgenden, abgebrochenen Schlägen; die Zwischenzeiten werden aber in beinahe gleichmäßiger Steigerung immer kürzer und die Schläge zuletzt so rasch nach einander ausgestoßen, daß sie selbst sich verkürzen und erst nach dem Hauptschlage eine kurze Pause eintritt. »Der erste Schlag«, sagt Geyer, »ist vergleichbar mit dem Ausrufe ›Töd‹; dann folgt ›Töd, töd, töd, töd‹ und endlich immer schneller ›Töd öd öd öd öd öd‹ usw., bis der sogenannte Hauptschlag, welcher ungefähr wie, ›Glack‹ klingt und stärker hörbar als die vorhergehenden ist, geschieht. Dann beginnt das fabelhafte Schleifen, Wetzen, Einspielen, auch das, ›Vers- oder sogenannte Gesetzelmachen‹ benannt, welches bis jetzt, trotz aller möglichen Versuche und Bemühungen, keinem Sterblichen auch nur annäherungsweise nachzuahmen gelang und wahrscheinlich nie gelingen wird. Es dauert ungefähr drei und eine halbe, aber nie über vier Sekunden, läßt sich einigermaßen mit dem Wetzen eines langen Tischmessers an einer Sense vergleichen und klingt etwa wie ›Heide heide heide heide heide heide heide heiderei‹.« Ich will meinen alten Freund Geyer nicht des Irrthums zeihen, muß aber doch sagen, daß die von Lloyd gegebene Uebertragung der Laute des Einspielens: »Pellöp, pellöp, pellöp« usw. und des Hauptschlages »Klikop« mir besser zusagt als die seinige, bemerke dazu jedoch ausdrücklich, daß die Laute, welche man als Gaumenlaute bezeichnen darf, durch Schriftzeichen überhaupt nicht wiedergegeben werden können. Wohl aber ist es, wie mich zu nicht geringer Ueberraschung ein hochgestellter junger Waidmann belehrte, möglich, dieselben mit dem Munde so täuschend nachzuahmen, daß man schwören möchte, den Hahn zu hören. An einem von mir gepflegten Auerhahne, welcher in jedem Frühjahre regelmäßig und höchst eifrig balzte, habe ich, und zwar in einer Entfernung von kaum einem Meter, beobachtet, daß das Schnalzen bei geöffnetem Schnabel hervorgebracht und höchst wahrscheinlich durch eine große Anstrengung der Kehlkopfmuskeln bewirkt wird. Das Ausstoßen des Hauptschlages wenigstens erschüttert den Kehlkopf genau in derselben Weise wie ein kräftiges Zungenschnalzen den unserigen. Jedes neue Einspielen erregt den Hahn mehr und mehr. Er geht auf dem Aste auf und nieder, läßt häufig seine Losung fallen, greift mit einem oder dem anderen Ständer in die Luft, springt auch wohl von einem Aste zum anderen oder steht nach, wie der Jäger sagt, kurz, befindet sich in einer gewissen Verzückung, welche ihn zuweilen alles um sich her vergessen läßt. Dies geht so weit, daß er sich sogar um den Knall eines Feuergewehres nicht kümmert, selbst wenn der Schuß ihm gegolten hat, vorausgesetzt natürlich, daß er nicht von einem Schrotkorne berührt wurde. »Im Schwerhören beim Schleifen«, fährt mein Vater fort, »sind alle Auerhähne einander gleich; aber mit dem Sehen [35] ist es anders. Wir gingen einst auf die Auerhahnsbalze, und als einer von uns, um einen Auerhahn zu unterlaufen, eine Blöße überschreiten mußte, stiebte der Auerhahn mitten im Schleifen ab und schwieg gänzlich, ein deutlicher Beweis, daß er den Schützen bemerkt hatte. Ein anderes Mal schlugen wir während des Schleifens eines Auerhahnes Feuer unter ihm. Das Geräusch des Feuerschlagens hörte er nicht, aber die Funken sah er recht gut. Ein drittes Mal bemerkten wir, daß ein Auerhahn mitten im Schleifen abbrach, als ein weißes Taschentuch unter ihm geschwenkt wurde.« Mein Vater glaubte, daß die starke Pressung der von ihm bewegten Luft, das Geräusch, welches er selbst verursacht, die Ursache dieser Schwerhörigkeit sei; ich kann mich jedoch seiner Ansicht nicht anschließen, sondern muß Gadamer Recht geben, welcher die sogenannte Taub-und Blindheit ansieht als die Wirkung einer auf das höchste gestiegenen Brunst oder Sinnlichkeit, welche den Vogel alles um sich her vergessen läßt. Jeder Beobachter, welcher einen Auerhahn in der Gefangenschaft balzen sah, kommt zu der Ueberzeugung, daß die Sinnesthätigkeit des verliebten Gecken einzig und allein durch seine auf das höchste gesteigerte Aufregung beeinträchtigt werden kann. Während des eigentlichen Einspielens pflegt er den Kopf senkrecht in die Höhe zu heben, und so kann es recht wohl vor kommen, daß sein Auge das unter ihm vorgehende nicht wahrnimmt, auch abgesehen davon, daß sich die Nickhaut seines Auges während dieser Kopfbewegung regelmäßig über mehr als die Hälfte des Augapfels zieht. Daß er aber sieht und hört, unterliegt keinem Zweifel, und ich kann die von Gadamer geschickt angestellte Untersuchung durch eigene Beobachtungen an meinen Pfleglingen bestätigen. »Ich besaß«, so erzählt letztgenannter Forscher, »einen Auerhahn, welcher zahm war, an vier Jahre lebend und hatte das Vergnügen, ihn jedes Frühjahr balzen zu hören. Nun fiel es mir ein, sein Gehör und Gesicht zu prüfen, wozu mir mein Vater behülflich war. Wie genau der Versuch ausfallen mußte, erhellt daraus, daß der Hahn auch eifrig fortbalzte, wenn man so nahe bei ihm stand, daß man ihn mit der Hand berühren konnte. Ich selbst stellte mich neben ihn und ließ meinen Vater mit geladenem Gewehre an vierzig Schritte weit gehen, doch so, daß er den Beginn des Schleifens genau hören konnte, um im rechten Augenblicke den Schuß abzugeben. Als der Hahn schleifte, schoß mein Vater ab. Der Hahn wandte hastig den Kopf der Gegend zu, aus welcher der Schuß gekommen war, und bewies durch sein Benehmen, daß er den Knall wohl gehört hatte, ließ sich aber im Schleifen durchaus nicht stören. Dieser Versuch wurde wohl an zehnmal wiederholt und jedes Mal dieselbe Bewegung seitens des Hahnes bemerkt. Dann ließ ich Kupferhütchen abbrennen: auch diese hörte er. Während der Balzzeit war er sehr bösartig und hieb nach allem, was sich ihm näherte. Dies gab mir Veranlassung, sein Gesicht zu prüfen. Während er schleifte, streckte ich die Hand aus, als wolle ich seinen Kopf berühren. Ich mußte aber jedes Mal die Hand zurückziehen, denn im vollen Schleifen hieb er nach derselben; ja noch mehr, wenn er schleifte und uns den Rücken zuwendete, kam er sogleich angesprungen, wenn man ihn z.B. am Schwanze greifen wollte.«

Die ungewöhnliche Aufregung, in welcher sich der Vogel während der Balze befindet, läßt es einigermaßen erklärlich erscheinen, daß er zuweilen die unglaublichsten Tollheiten begeht. So berichtet Wildungen von einem Auerhahne, welcher sich plötzlich auf sägende Holzmacher stürzte, sie mit den Flügeln schlug, nach ihnen biß und sich kaum vertreiben ließ. Ein anderer flog, nach Angabe desselben Schriftstellers, sogar auf das Feld heraus, stellte sich den Pferden eines Ackersmannes in den Weg und machte diese scheu; ein dritter nahm jedermann an, welcher sich seinem Standorte näherte, versuchte sogar mit den Pferden der Forstleute anzubinden. »Vor mehreren Jahren«, erzählt mein Vater, »lebte in der Nähe meines Wohnortes ein Auerhahn, welcher die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog. Während und nach der Balzzeit hielt er sich in der Nähe eines ziemlich besuchten Weges auf und zeigte da, daß er alle Furcht vor den Menschen gänzlich abgelegt hatte. Anstatt vor ihnen zu fliehen, näherte er sich ihnen, lief neben ihnen her, biß sie in die Beine, schlug mit den Flügeln und war schwer zu entfernen. Ein Jäger ergriff ihn und trug ihn nach einem zwei Wegstunden von diesem Wege entfernten Orte. Am anderen Tage war er [36] schon wieder an der alten Stelle. Ein Jagdfreund nahm ihn von dem Boden weg und unter den Arm, um ihn dem Oberförster zu überbringen. Der Auerhahn verhielt sich anfangs ruhig; als er sich aber seiner Freiheit beraubt sah, begann er mit den Füßen zu scharren, so daß er dem Träger den Rock zerfetzte und freigelassen werden mußte. Für abergläubische Menschen war dieser Vogel ein furchtbares Thier. Da er oft Holzdiebe überraschte, so ging in der ganzen Gegend die Sage, die Jäger hätten einen bösen Geist in den Auerhahn gebannt und zwängen ihn, immer da zu erscheinen, wo sie sich nicht selbst einfinden könnten. Dieser Wahn erhielt unserem Vogel, welcher eine ganz besondere Kampflust gegen die Menschen zu haben schien, mehrere Monate das Leben, bis er verschwand, ohne daß man wußte, auf welche Weise. Wahrscheinlich hat ihn ein starker Geist, deren es in unserer Gegend auch gibt, ergriffen und getödtet.«

In der Regel versteigt sich der Muth des Auerhahnes nicht so hoch; eine gewisse Kampflust aber zeigt er während seiner Balze unter allen Umständen. Ein alter Hahn duldet keinen jungen in einem Umkreise von ungefähr dreihundert Schritten, gibt es auch nicht zu, daß ein junger balzt, und kämpft mit jedem Nebenbuhler, welcher sich widersetzt, nach Ritterart auf Leben und Tod. Im günstigsten Falle bringt einer dem anderen schwere Verwundungen am Kopfe bei; nicht allzu selten aber bleibt einer der Kämpen todt auf dem Platze liegen. Junge Hähne, welche in ihrer Nähe einen alten starken Balzhelden wissen, lassen sich, laut Geyer, nur leise hören.

Das Balzen währt bis nach Sonnenaufgang und pflegt am lebhaftesten zu sein, wenn der Tag anbricht. Man will bemerkt haben, daß alle Hähne besonders eifrig balzen, wenn in den Morgenstunden die Mondsichel am Himmel steht: die Ursache dürfte wahrscheinlich nur in der größeren Helle des Morgens zu suchen sein. Nachdem der Tag vollkommen angebrochen ist, steht der Hahn ab und verfügt sich zu den Hennen, welche in einiger Entfernung von ihm sich herumtreiben. Zuweilen geschieht es, daß eines der verliebten Weiber lockend dem balzenden Hahne naht und ihn mit zärtlichem »Bak, bak« zu sich einladet. Einer solchen Lockung vermag sein Herz nicht einen Augenblick lang zu widerstehen: er fällt, wenn er die Liebeslaute hört, wie ein Stein vom Baume herab und tanzt nun einen sonderbaren Reigen auf dem Boden. In der Regel aber muß er die Hennen aufsuchen und nicht selten ziemlich weit nach ihnen fliegen. »In der Nähe der Hennen«, schreibt mein Vater, »balzt er jedes Mal auf dem Boden, geht dabei um diese herum und betritt sie, nachdem sie sich ganz auf den Boden niedergekauert haben. Wie viele Hennen ein Hahn an einem Morgen betreten kann, läßt sich nicht bestimmen, weil er selten mehr als ihrer drei bis vier um sich hat und schwerlich so viele zusammen findet, als er sich wünschen mag. Die Hennen scheinen zu einem Hahne mehr Zuneigung zu haben als zum anderen; daher entstehen auch die hitzigen Kämpfe, welche übrigens niemals während der eigentlichen Balze, sondern stets in der Nähe der Hennen und auf dem Boden ausgefochten werden. Dabei werden die Hähne so wüthend, daß man zuweilen einen von ihnen mit Händen greifen kann. Manche Hähne gelangen gar nicht zur Begattung und balzen dann noch im Mai, ja selbst im Juni und Juli; doch ist dies ein äußerst seltener Fall.« Bei schöner, trockener Witterung ist das Balzen, laut Hartig, immer ein Vorspiel der Begattung; bei unfreundlichem, nassem Wetter hingegen geht diese ohne weiteres vor sich.

In der dritten oder vierten Woche der Balze streichen die befriedigten Hähne nach ihren gewohnten, von den Balzplätzen oft weit entfernten Standorten zurück, und die Hennen schreiten nunmehr zum Nestbaue. Jede von ihnen wählt hierfür einen passenden Platz und trennt sich von anderen ihres Geschlechtes. Das Nest ist eine seichte Vertiefung neben einem alten Baumstocke oder einer einzeln stehenden, buschigen, kleinen Fichte, zwischen Heidekraut oder im Beerengesträuch, und wird höchstens mit etwas dürrem Reisige ausgekleidet. »Leider«, sagt Geyer, »ist die Henne nicht vorsichtig genug, um einen Platz zu suchen, welcher dem Raubzeuge und ebenso bösen Menschen wenig ausgesetzt ist. In der Regel geschieht das Gegentheil, und die meisten Nester werden an gangbaren Wegen oder Fußsteigen jeden Schutzes bar gefunden, daher sich auch die geringe Fortpflanzung des Auerwildes erklären läßt.« Die Anzahl der Eier eines Geleges schwankt je nach dem[37] Alter der Mutter. Junge Hennen legen selten mehr als sechs bis acht Eier, ältere deren zehn bis zwölf. Die Eier sind im Verhältnisse zum Vogel klein, nur sechzig bis siebzig Millimeter lang und achtundvierzig bis zweiundfunfzig Millimeter breit, länglich, oben zugerundet, wenig bauchig, unten stumpfspitzig, ziemlich dünn- und glattschalig, glänzend, mit wenig bemerkbaren Poren und auf gelbgrauem oder schmutziggelbem, seltener graubräunlichgelbem Grunde dichter oder spärlicher mit graugelben, braun schmutziggelben, hellen und kastanienbraunen Flecken und Punkten gezeichnet, zuweilen auch dunkler gewässert. Die Brutzeit währt durchschnittlich siebenundzwanzig Tage, bei günstiger Witterung vielleicht einen weniger, bei ungünstiger einen mehr. Die Eier werden von der Mutter mit einer Hingabe bebrütet, welche wahrhaft ergreifend ist. So kann man z.B., laut Geyer, die Henne, wenigstens in der letzten Zeit der Bebrütung, mit den Händen von ihrem Neste aufheben und sie wieder hinsetzen, ohne daß sie irgend eine Furcht zeigt oder ihr Nest durch Wegfliegen verläßt. »Es ist somit die Möglichkeit geboten, alle jene Nester, welche größerer Gefahr ausgesetzt sind, zu schützen, indem man eine Art Einzäunung oder Einfriedigung ringsum zieht und für die Aus- und Einkehr der Henne einen Raum offen läßt, welcher gerade zum Durchschlüpfen genügt. Dieses Verfahren wird mit dem Ausdrucke ›Hudern‹ bezeichnet und seitens der Henne ohne Anstand geduldet.

Sind die Jungen einmal ausgefallen, so laufen sie nach Verlaufe einiger Stunden, nachdem sie gehörig abgetrocknet, mit der Mutter weg und werden von jetzt an mit einer ungewöhnlichen Liebe und Sorgfalt behütet. Es ist rührend zu sehen, wenn man so unverhofft unter eine Kette kommt, mit welchem Geschrei und Lärm die Alte einen empfängt. Im Nu sind alle Jungen verschwunden, und sie wissen sich so gut zu verstecken, daß es wirklich schwer hält, eines von ihnen zu entdecken. Dies verdanken sie hauptsächlich ihrer Färbung. Ich hatte öfters, namentlich auf alten Holzschlägen, die ganze Kette unter meinen Füßen; sie waren noch nicht flügge, und dennoch war ich selten so glücklich, eines von ihnen aufzufinden. Trauriger sieht es freilich mit einer Kette aus, wenn Herr Reineke mit seiner unfehlbaren Nase dahinter kommt. Glückt die allbekannte List der Mutter, immer drei bis vier Schritte vor dem Fuchse dahin zu laufen und dahin zu flattern, sich zu stellen, als wäre sie an den Flügeln gelähmt, und Reineke so aus dem Bereiche der Jungen zu führen, so steht sie plötzlich auf, streicht nach dem Platze, wo sie zuletzt ihre Jungen ließ, und gibt durch wohlbekannte Töne ›Gluck, gluck‹ kund, daß die Gefahr vorüber ist, worauf sie sich mit ihnen in entgegengesetzter Richtung eiligst auf und davon macht; gelingt dies aber nicht, so sieht es leider oft traurig aus, und nicht selten bleibt keines der Jungen übrig.«

Im günstigsten Falle wachsen die Küchlein unter dem treuen Geleite der Mutter rasch heran. Ihre Nahrung besteht fast nur in Kerbthieren. Die Alte führt sie an geeignete Stellen, scharrt versprechenden Boden auf, lockt sie mit dem zärtlichen »Back, back« herbei, legt ihnen eine Fliege, einen Käfer, Larve, Raupe, einen Wurm, eine kleine Schnecke und dergleichen auf den Schnabel und gewöhnt sie so zum Fressen. Eine Lieblingsnahrung von ihnen sind die Puppen aller deutschen Ameisenarten. Die Alte läuft oft mit den Jungen an die Ränder des Waldes, um die auf den Wiesen und Rainen stehenden Ameisenhaufen aufzusuchen. Findet sie einen, dann scharrt sie, bis die Larven zum Vorscheine kommen, und lockt nun das ganze Volk zusammen, welches eilig die gute Mahlzeit verschlingt. Wenn die Jungen heranwachsen, fressen sie fast alles, was die Mutter selbst verzehrt. Schon nach wenigen Wochen sind sie so weit befiedert, daß sie bäumen oder wenigstens flattern können; ihr eigentliches Federkleid erhalten sie aber erst viel später. Hierüber hat mein Vater die sorgfältigsten Beobachtungen gemacht, und sie sind es denn auch, welche die Grundlage aller bis jetzt veröffentlichten Beschreibungen der verschiedenen Jugendkleider bilden.

Im Nest- oder Flaumkleide sind Stirn und Zügel rostgelb, durch zwei braune, hinter den Nasenlöchern beginnende Längsstreifen und einen auf dem Zügel stehenden braunen Flecken gezeichnet; über die Augen zieht sich bogenförmig ein brauner Strich; zwischen ihnen verlaufen zwei hinten sich vereinigende schwarzbraune Streifen; der Hinterkopf ist rostfarben, hinten mit [38] einem schwärzlichen Bande gezeichnet, auf welchem ein längs der Mitte des rostgelben Halses herablaufender Streifen senkrecht steht; die Seiten des Kopfes sind rostgelb, mit einem braunen oder schwärzlichen Striche hinter den Augen, die Federn des Rückens rostfarben mit schwärzlichen und braunen Flecken und Streifen, die des Unterkörpers aber graulich schwefelgelb, an der Kehle am hellsten. Das Auge ist bläulichgrau, der Stern bleifarbig, der Schnabel an der oberen Kinnlade dunkel, an der unteren hell hornfarben; die Zehen und Nägel der bereits mit Dunen bedeckten Füße sind gilblich. Wenige Tage nach dem Auskriechen brechen die Schwungfedern hervor, nach ihnen die Rücken- und die Brustfedern, schließlich auch die des Kopfes, welcher am längsten unbefiedert bleibt, und nunmehr geht die Tracht ins erste Federkleid über. In ihm sind alle kleinen Federn des Kopfes, Hinterhalses und Rückens am Grunde grauschwarz, an der Spitze weißlich, längs des Schaftes rostgelb gestreift, übrigens schwarz und rostgelb in die Quere gefleckt, die Schwungfedern grauschwarz, rostgelb gefleckt und gebändert, die Oberflügeldeckfedern den Rückenfedern ähnlich, die des Unterkörpers rostgelb, braun gefleckt und gebändert. Im zweiten Federkleide ist das Gefieder des Kopfes und Hinterhalses rostgraugelb mit schwärzlichen und braunen Querbinden und Zickzacklinien, das des Rückens auf rostbraunem Grunde ebenso gezeichnet, die Stelle unter dem Auge bräunlich und weiß gefleckt, die Kehle grauweiß mit tiefgrauen Säumen und Querflecken, der Vorderhals rostgilblich weiß mit schwärzlichen Querbinden und rostfarbener Spitzenkante, an welcher zuweilen noch eine schwärzliche steht, der Kropf rostgelb mit weißlichen Federspitzen und Flecken, der übrige Unterkörper mit weißen und rostgelben, braunen und in die Quere gestreiften Federn, welche eine sehr unregelmäßige Zeichnung bilden, bekleidet. Das Auge ist bläulich, der Stern grau, der Schnabel hornfarbig; die Zehen sind horngrau, die Nägel hornweißlich, die Fußwurzeln immer noch mit grauen Dunen besetzt. Bis jetzt sind Männchen und Weibchen einander ähnlich gefärbt; doch zeigt sich schon der Größenunterschied. Das Weibchen geht nun allmählich in das ausgefärbte Kleid, ohne merklichen Farbenunterschied, über; das Männchen legt noch ein drittes Federkleid an. In ihm ist der Kopf schwarzgrau, auf der vorderen Hälfte rostfarben überflogen, überall hell aschgrau gewässert; der Hinterhals und die Halsseiten sind aschgrau, unmerklich ins Gelbgraue ziehend, mit sehr feinen Zickzacklinien; gleiche Färbung zeigt sich auf Unterrücken und Steiß, auf dem Oberrücken hingegen ein mattes Rostbraun mit schwarzbraunen Zickzacklinien. Die noch stumpfspitzigen Schwungfedern sind grauschwarz, matt rostgelb gefleckt und gekantet, die Oberarmfedern, wie die Oberflügeldeckfedern, dunkel rostbraun mit weißlichen Spitzenflecken und schwärzlichen, sehr schmalen Zickzacklinien. Das Kehlgefie der ist grauweiß mit schwärzlichen und tiefgrauen Spitzenkanten, das des Vorderhalses weißlich, schwärzlich und aschgrau gefleckt und gewässert, das des Kropfes in der Mitte und da, wo er an den Oberhals anstößt, schwarz mit rostfarbenen und grauen Spitzenkanten, übrigens rostfarben, schwärzlich und schwarzbraun gemischt. Auf der Mitte der Brust erscheinen alle Federn schwarz, rostfarben bespritzt und befleckt, an den Spitzen weiß, auf den Seiten matt rostbraun mit weißen Spitzen und schwarzen Zickzacklinien, auf Bauch und Schienbein weiß und grauweiß gemischt. Das Auge ist schwarz, der Stern braun, der Schnabel hornfarben, unten lichter, an der Kante hornweißlich, die Fußwurzel bis an den Ursprung der Zehen mit weißgrauen, dunenartigen Federn bekleidet; die Zehen sind hornfarbig, die Nägel hinten dunkel, vorn hell hornfarbig. Wenn der junge Auerhahn die Hälfte seiner Größe erreicht hat, brechen die Federn des ausgefärbten Kleides hervor und zwar zuerst in den Flügeln und im Schwanze, dann an den Seiten, der Brust und später am übrigen Körper. Der Wuchs derselben und die Erzeugung aller geht so langsam von statten, daß mit Vollendung des neuen Kleides der Vogel auch seine Größe so ziemlich erlangt hat. Später mausert er jährlich nur einmal, ersetzt dabei gleichzeitig aber auch die hornige Decke des Schnabels und der Krallen.

Im Spätherbste trennt sich die junge Familie nach dem Geschlechte: die Weibchen bleiben bei der Mutter; die jungen Hähne streifen gemeinsam umher, lassen ab und zu ihre Stimme vernehmen, kämpfen zuweilen und beginnen im nächsten Frühjahre die Lebensweise der alten.

[39] Außer dem Fuchse und dem Habichte stellen noch viele Feinde dem Auerhuhne nach. Die alten Hähne sind freilich vor den meisten Raubthieren gesichert, dank ihrer Vorsicht und ihres Baumlebens; die zarten Jungen hingegen und noch mehr die Eier werden von allerlei Raubgezüchte hart mitgenommen und auch die schwächeren Hennen größeren Raubthieren, so namentlich dem Adler und Uhu, öfters zur Beute. Die Eier sind von sämmtlichen Raubsäugethieren und außerdem noch von Krähen bedroht, fallen auch leider oft genug rücksichtslosen Menschen in die Hände: mancher Hirt, mancher Holzhauer erlabt sich abends an einem Eierkuchen, welchen er seinen Haushennen nicht verdankt. Da, wo die Jagd von zünftigen Grünröcken gehandhabt wird, verfährt man überall mit der nöthigen Schonung. Kein Waidmann erlegt eine Auerhenne: die Jagd gilt ausschließlich dem Hahne, und auch ihm nur während der Zeit seiner Balze. Das begreift derjenige, welcher, und wäre es auch nur einmal, selbst hinausgegangen ist in früher Morgenstunde, um den balzenden Auerhahn zu belauschen und womöglich zu erlegen. Es ist dies ein Jagdstück; denn der Hahn bleibt auch während seiner Liebestollheit in der Regel noch vorsichtig und läßt sich nur von dem geübten Jäger berücken. Aber gerade die Schwierigkeit erhöht die Jagdfreude. Ein Hauptreiz der Jagd liegt in der Zeit und Oertlichkeit. »Beim Mondschein vor Tage«, schildert von Kobell, »geht es in die waldigen Gründe, oder im Falle der Himmel trüb, zündet man eine Fackel an, bis man in die Nähe des Balzplatzes kommt. Da geht der Weg oft zwischen alten Bäumen hindurch, welche sich in der Beleuchtung der brennenden Späne phantastisch ausnehmen, oder er führt in einen Filzgrund mit verkrüppeltem Krummholze, welches einen in seltsamen Gestalten anschaut, und die Stimmung wird eine mehr und mehr gespannte. Von Zeit zu Zeit lauscht man in die Nacht hinein nach dem Balzrufe, nach dem sich der Jäger vielleicht noch mehr sehnt als die Henne, welcher er gilt. Dabei taucht mancherlei Besorgnis auf, daß der Hahn etwa nicht Lust habe zu balzen, wie es öfters geschieht. Sowie nun aber aus der dunklen Wildnis das Schnalzen ertönt und das leise Wetzen, da rührt sich das Jägerblut, da ist alle Aufmerksamkeit auf das Anspringen während des Wetzens oder Schleifens gerichtet.« Das Anspringen selbst will geübt sein; denn eine einzige unbedachtsame Bewegung reicht hin, den Hahn zu verscheuchen, während dieser dem geübten Jäger fast regelmäßig zum Opfer fällt. »Nach einem jedesmaligen Hören des Hauptschlages, bezüglich des sogenannten Einspielens«, lehrt Geyer, »nähert sich der Jäger mit zwei oder drei Sprüngen oder großen Schritten, und er wartet dann wieder ruhig den Vers ab, ohne aber nebenbei alle mögliche Vorsicht aus den Augen zu lassen. Auf diese Art wird das Anspringen fortgesetzt, bis man aus dem Balzen des Auerhahnes wahrnimmt, daß man sich demselben bis auf Schußweite genähert. Hat man endlich den Vogel erblickt, so spannt man den Hahn des Gewehres, schlägt während des Einspielens an, erwartet ruhig den nächsten Vers und schießt ihn herab.« Das klingt, als ob die ganze Jagd recht einfach wäre, während ich aus eigener Erfahrung versichern muß, daß solches keineswegs der Fall ist. Das Jagdfieber bemächtigt sich auch des ruhigsten Schützen; es wird diesem schwer, den lauten Herzschlag zu dämpfen, das Maß der Schritte einzuhalten, ruhig bis zum nächsten Einspielen zu warten. Gar häufig kommt es vor, daß man das Stillstehen kaum aushalten kann; nicht selten geschieht es, daß der Hahn den Schützen auch trotz der größten Vorsicht, welche dieser beobachtet, rechtzeitig erspäht und davonfliegt, während der Jäger ihn bereits in seiner Gewalt wähnt. Und selbst wenn man glücklich bis unter den Baum gelangte, hat man meist noch seine Noth, den großen Vogel zu sehen; denn die Morgendämmerung ist kaum erst eingetreten, wenn die rechte Zeit zur Jagd erschienen, und es hält trotz der Größe des Hahnes schwer, ihn in der dunklen Krone einer Fichte zu unterscheiden, noch schwerer, ihn mit Sicherheit aufs Korn zu nehmen. »Wenn aber der Schuß glückt, wenn er fallend herunterrauscht durch das Gezweige und schwer auf den Boden plumpt, wenn man ihn hat, den mächtigen Vogel, und der erste Morgenstrahl ihn beschauen läßt als einen federweichen, alten Pechvogel, dann ist es wohl lustig, und man steckt gern die schönen schwarzen, am Ende weißgesprenkelten Schaufelfedern auf den Hut.«

[40] Die norwegischen Bauern jagen den Auerhahn fast nur in der angegebenen Weise, weil es selbst unter ihnen als Unrecht gilt, Schlingen und Netze zu stellen, wie es freilich oft genug noch geschieht. Im Berner Oberlande war, laut Tschudi, die Auerhahnjagd bis auf die neueste Zeit sehr drollig und eigenthümlich. »Der Jäger pflegt ein weißes Hemd über den Kopf zu ziehen und wadet auf seinen Schneeschuhen, bis er das Kollerndes balzenden Hahnes vernimmt. Während dieser fingt und zugleich im Schnee oder auf dem Aste seine possirlichen Sprünge mit radförmig ausgebreitetem Schweife macht, wandelt der Schütze gerade auf das Thier los; in den Pausen steht er ganz still; der Hahn starrt ihn an, wenn er ihn gewahrt, und fährt dann zu balzen fort, bis der Schuß geht.« Auch die Russen springen ihn waidgerecht an, erbeuten jedoch ungleich mehr Auerwild im Herbste und Winter in Schlagfallen als mit dem Jagdgewehre. Am Jenisei sollen die Bauern nachts mit Fackeln in die Wälder gehen und die durch das Licht erschreckten und geblendeten Auerhühner mit Keulen todtschlagen.

Gefangene Auerhühner gehören zu den Seltenheiten in allen Thiergärten. Es ist nicht leicht, sie an ein ihnen zusagendes Futter zu gewöhnen, und überaus mühsam und schwierig, Junge aus Eiern aufzuziehen. Da, wo Auerwild noch ständig vorkommt, gelangt man ohne besondere Anstrengungen in Besitz der Eier, und eine Truthenne, selbst eine Haushenne, brütet diese auch aus, obgleich letztere sechs Tage länger als auf eigenen Eiern sitzen muß; eine große Schwierigkeit gedeihlicher Aufzucht beruht jedoch darin, daß die durch Haushennen ausgebrüteten Auerhühnchen auf den Ruf ihrer Pflegemutter durchaus nicht hören wollen und ihr fortlaufen. Dies mußten alle erfahren, welche die Aufzucht von Auerwild versuchten. »Ich habe«, schreibt mir Pohl, welcher in dieser Beziehung reichere Erfahrungen gesammelt hat als jeder andere, »die Auerhuhneier schließlich durch künstliche Wärme erbrüten und die Küchlein ohne Henne auffüttern müssen, unter so mißlichen Umständen freilich auch nur ab und zu ein Auerhuhn aufgezogen.« Sperrt man Bruthenne und Pflegeküchlein in einen engen Raum, so geschieht es, laut Pohl, wohl manchmal, daß die Küchlein, durch die Wärme angezogen, unter die Bruthenne schlüpfen und sich dann an letztere gewöhnen; am sichersten aber gelingt die Aufzucht, wenn man die wirkliche Mutter brüten läßt. Demungeachtet sind damit noch keineswegs alle Schwierigkeiten beseitigt. Pohl pflegt seit Jahren Auerwild und erhält von seinen zahmen Hennen regelmäßig befruchtete Eier, betrachtet es jedoch immer als besonderes Glück, wenn die Jungen die zweite Mauser überstehen. Der Hahn darf unter keinen Umständen bei der Henne belassen werden, weil derselbe die Küchlein tödtet; aber auch zwei Hennen in einem Raume vertragen sich nicht, weil sie in ein und dasselbe Nest legen wollen, überhaupt beim Brüten gegenseitig sich stören. Und selbst wenn die Jungen dem Anscheine nach trefflich gedeihen, gehen sie in der Regel an irgend welcher Krankheit zu Grunde. Können sie nach Belieben umherlaufen, so gelingt es schon eher, sie groß zu ziehen; dann aber fliegen sie davon, sobald sie sich selbständig fühlen. So bleibt für den, welcher Auerwild gefangen halten will, kaum etwas anderes übrig, als dasselbe aus Norwegen oder Rußland zu verschreiben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Sechster Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Dritter Band: Scharrvögel, Kurzflügler, Stelzvögel, Zahnschnäbler, Seeflieger, Ruderfüßler, Taucher. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 30-41.
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