Busch, Carl David Wilhelm

[288] Busch, Carl David Wilhelm, in Bonn, 5. Januar 1826 zu Marburg als Sohn von Dietrich Wilhelm Heinrich B. geboren, siedelte 1829 mit diesem nach Berlin über, studierte von 1844 bis 48 auf der dortigen Universität, wobei er sich besonders der Anleitung und des Wohlwollens von Johannes Müller zu erfreuen hatte, indem er zu denjenigen Schülern gehörte, die von ihm zur Mitarbeit auf dem Gebiete der ihn damals ausschliesslich beschäftigenden vergleichenden Anatomie herangezogen wurden. Dieser letzteren gehörten denn auch einige von B. noch als Student in Müller's Archiv (1847) veröffentlichte Arbeiten, seine Inaug.-Dissertation (1848), einige spätere Arbeiten (Müller's Archiv 1849, 50, 55), sowie eine eigene Schrift über einige wirbellose Seetiere (1851) an. Zu Untersuchungen über die letzteren hatte er, nachdem er im Sommer 1848 einige Monate in den Lazaretten zu Schleswig thätig gewesen, auf einer im folgenden Frühjahre unternommenen grösseren Reise nach Grossbritannien, Spanien, Algerien und darauf auch nach Paris, Wien und Triest Gelegenheit gehabt. 1851 trat er als Assistent in Langenbeck's Klinik, habilitierte sich 1852 als Privat-Dozent und veröffentlichte ausser einigen histologischen Arbeiten, seine »Chirurgischen Beobachtungen, gesammelt in der königl. chirurg. Universitäts-Klinik zu Berlin« (Berlin, 1854). 1855 wurde er zur Leitung der chirurgischen Klinik nach Bonn, zunächst als Prof. e. o., berufen und hat von da an, im Laufe der Jahre, bis zu seinem Tode nicht wenig dazu beigetragen, der medizinischen Fakultät dieser Universität neuen Glanz zu verleihen. Ein von ihm 1857 bereits begonnenes »Lehrbuch der Chirurgie« (Berlin, Bd. I, 1857; Bd. II, Abt. 1–3, 1860, 64, 69) wurde erst nach einer Reihe von Jahren vollendet; er war[288] aber inzwischen vielfach anderweitig litterarisch thätig. 1860 übernahm er auch die chirurgische Hospitalarzt-Stelle im Johannis-Hospital zu Bonn, war 1866 und 1870 bis 71 während der Kriege in Böhmen und Frankreich als konsultierender General-Arzt thätig, und wurde 1866 Geheimer Medizinal-Rat. Nachdem er weiter noch ein Decennium rastlos als Chirurg, Kliniker und Schriftsteller gewirkt hatte, raffte ihn am 24. November 1881 eine Perforations-Peritonitis dahin. – Neben seiner in hohem Grade anregenden Lehrthätigkeit hat B. eine ganz ausserordentliche schriftstellerische Fruchtbarkeit entwickelt, indem ein Verzeichnis seiner sämmtlichen Arbeiten auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie, der menschlichen Physiologie, der pathologischen Anatomie, Ophthalmologie und Chirurgie nicht weniger als 145 Nummern umfasst, von denen allerdings fast 2/3 auf Vorträge kommen, die von ihm in den Jahren 1856 bis 1881 in der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn gehalten worden sind. Es ist sehr schwer, in kurzen Zügen auch nur annähernd ein Bild von diesen höchst mannigfaltigen Arbeiten zu geben. Mit Übergehung derselben aus der Physiologie (Verdauung, Funktionen der Augenmuskeln, des M. serrat. antic. major), pathologischen Anatomie (Lupus, Epitheliome, Melanome, Lymphosarkome u.s.w.) und Ophthalmologie (Cysticercus, Cataract, Entropium) sei erwähnt, dass er mehrfach über Wundbehandlung, auch nach Verbrennung u.s.w. schrieb, ferner über Pyämie, Trismus, Erysipelas, Wunddiphtherie, Carbunkel, über die Anwendung der Narkose. Er beschäftigte sich vielfach mit den Kriegsverletzungen, den sogenannten Luftstreifschüssen und experimentell mit dem Mechanismus der Schussfrakturen, namentlich bei der Einwirkung aus grosser Nähe; er widmete den Geschwülsten viel Aufmerksamkeit, darunter besonders den retro-pharyngealen, dann auch den Harnorganen (Strikturen, andere mechanische Hindernisse der Urinentleerung). Die Lehre von den Luxationen und Frakturen bereicherte er durch experimentelle Untersuchungen und reiche eigene Erfahrungen; ebenso widmete er den Gelenkkrankheiten und deren Folgen,[289] auch der Brucheinklemmung und den Varietäten der Hernien seine besondere Aufmerksamkeit. Unter seinen operativen Errungenschaften sind namentlich die Beseitigung von Narben und anderen Kontrakturen, die Ausmeisselung eines Nerven aus einem Callus, verschiedene Verbesserungen plastischer Operationen u.s.w. anzuführen; überall aber zeigte er sich als Anhänger der konservativen Chirurgie. – Die hauptsächlichsten Publikationsorte von B.'s Arbeiten sind, ausser den angegebenen: Charité-Annalen (1857, 58), Virchow's Archiv (1858, 59), v. Graefe's Archiv (1858), v. Langenbeck's Archiv (IV, VII, XIV–XXII, XXVII, 1863–81), Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (1873, 74, 76, 77, 81), Cbl. f. Ch. (1874, 1881) und die Zeitschriften, in welchen die Verhandlungen der Niederrheinischen Gesellschaft in der angegebenen Zeit publiziert wurden.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 288-290.
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