Heine, Karl Wilhelm

Heine, Karl Wilhelm Ritter von
Heine, Karl Wilhelm Ritter von

[706] Heine, Karl Wilhelm Ritter von, in Prag, 26. April 1838 zu Cannstatt als Sohn von Jacob v. H. (1800 bis 79) geb., studierte in Tübingen und Würzburg und wurde 1861 in Tübingen Doktor. Er trat darauf eine wissenschaftliche Reise nach Prag, Wien und Berlin an, kehrte auf kurze Zeit 1862 nach Stuttgart zurück, um sein Staats-Examen abzulegen, und ging dann wieder für 1 1/2 Jahre auf Reisen ins Ausland, indem er seine Studien bis zum April 1863 zu Paris und dann in London, Edinburg, Glasgow und Dublin fortsetzte. Besonders zogen ihn die grossen englischen Chirurgen und Hospitäler an, über die er einige Erfahrungen (1864) veröffentlichte. Während des im Ausgange des Winters 1864 ausgebrochenen deutsch-dänischen Krieges[706] leistete er freiwillig in den preussischen Feldspitälern Dienste und veröffentlichte, als Frucht der dabei gemachten Erfahrungen und Studien, eine erste grössere Arbeit: »Die Schussverletzungen der unteren Extremitäten« (v. Langenbeck's Archiv, VII, 1866). 1865 wurde er bei Otto Weber Assistent in der chir. Klinik zu Heidelberg, habilitierte sich noch in demselben Jahre als Privatdozent und übernahm nach Weber's im Juni 1867 erfolgten frühzeitigen und unerwarteten Tode die provisorische Leitung der Klinik und die Vorlesungen über Chirurgie bis Ostern 1868, wurde darauf zum Prof. e. o. ernannt und 1869 als ord. Prof. der chir. Klinik an die neugegründete med. Fakultät der Univ. zu Innsbruck berufen. Er widmete sich daselbst einer rastlosen, auf die Entwicklung und Hebung der Fakultät gerichteten Thätigkeit und lebte blos seinem Berufe als Universitätslehrer und seinen wissenschaftl. Arbeiten. Hier entstand seine ausgezeichnete Arbeit: »Der Hospitalbrand« (Pitha-Billroth's Handb. der allgem. und spez. Chir. I, Abt. 2 A). Nach dem Ausbruch des deutsch-französischen Krieges benutzte H. die Univ.-Ferien 1870, um auch in diesem zweiten Kriege freiwillig seine Thätigkeit den Verwundeten zu widmen. Er leitete einen württembergischen Sanitätszug, stand längere Zeit einem Spital in Nancy vor und führte selbst die schwersten seiner Verwundeten und Operierten mittels Sanitätszuges in deutsche Hospitäler über. 1873 wurde ihm die Errichtung einer zweiten chir. Klinik in Prag übertragen, für die er ein Musterinstitut schuf. H. wurde von dem Verein deutscher Ärzte zum Präsidenten gewählt; auch erwarb er sich durch Anregung der Wasserversorgungsfrage ein grosses Verdienst um die Verbesserung der sanitären Verhältnisse Prags. An den Folgen der Diphtherie verstarb H. im väterlichen Hause zu Cannstatt 9. September 1877. Durch den für den Krieg von 1864 erhaltenen Orden der eisernen Krone war er, nachdem er österreichischer Staatsbürger geworden, in den Adelstand versetzt worden. Von seinen Arbeiten führen wir noch an aus v. Langenbeck's Archiv: »Anus praeternaturalis ileo-vaginalis, durch Enterotomie und Naht geheilt« (XI) – »Über parenchymatöse[707] Injection zur Zertheilung von Geschwülsten« (XV) – »Über Radicalbehandlung der Prostatahypertrophie« (XVI) – »Resection des Kehlkopfes bei Laryngostenose« (XIX) – »Über operative Behandlung der Pseudarthrosen« (XXI) u.s.w. H. war ein tüchtiger Operateur und nicht minder ausgezeichneter und beliebter Lehrer. Sein Andenken wurde durch Aufstellung seiner Marmorbüste in dem nach seinen Angaben erbauten Operationssaale und durch die »Heine-Stiftung«, eine von ihm herstammende Sammlung anatomischer Präparate, die der med. Fakultät in Prag geschenkt wurde, verewigt.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 706-708.
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