Heine, Heinrich

[219] Heine, Heinrich, geboren 1800 in Düsseldorf, war für den Kaufmannsstand bestimmt, bezog aber frühzeitig die Universitäten Berlin und Göttingen, und gleich mächtig ergriffen von der Tiefe der Wissenschaften und der Größe der Ereignisse, welche in dieser Zeit die Welt erschütterten, entwickelte sich in ihm der Keim jener Schreibweise und Lyrik, deren Hauptelement der Humor, aber der tiefe Humor der Wahrheit und Größe ist. Wie ein liebendes Mädchen dem Geliebten, so warf sich Heine seiner Zeit in die Arme und wurde ihr treuester Ausdruck. Die Schule, deren Stifter er ist, hält die Geschichte selbst, die lebende That für den größten Künstler; seine Lieder zerrissen den Irrthum von poetischen und unpoetischen Gegenständen; Heine's größtes Verdienst und der Grundstein neuerer Dichtung ist, daß er eben Alles poetisch machte, daß er den Demokratismus der Poesie schuf, die Alles, selbst die Launen[219] zu schönen Bildern zusammendrängt. Seine »Reisebilder« erregten darum das größte Aufsehen, weil sie in überraschend neuer Form alle Arten von Interessen besprachen; sein »Buch der Lieder« aber, mit dem Ueberschwang von Geist und Talent, der thränenweichen Zartheit und der sinnlich wilden Kraft, mit der todten, kalten Verspottung des eigenen Grams und der ergreifendsten Tiefe des Gedankens, ist zur Grundsäule einer neuen Aera der Dichtkunst geworden. Von Paris aus, wo er seit dem Mai 1831 lebt, schrieb er die berühmten »französischen Zustände.« Die »Salons« enthalten einzelne Aufsätze, Gedichte und pariser Skizzen.

X.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 219-220.
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