Livi, Carlo

[1027] Livi, Carlo, geb. in Prato (Toskana) 8. Sept. 1823, studierte in Pisa, nahm 1848 an dem revolutionären Feldzuge gegen Österreich teil, vollendete seine Studien[1027] in Florenz, ging bald nach seiner Promotion als Gemeindearzt aufs Land u. wirkte 1855 als Choleraarzt in Borberino di Mugello, in Radicofani und in Maremma. 1858 wurde er zum Direktor der Irrenanstalt in Siena ernannt, in welcher er viele Verbesserungen einführte und es durch seinen Einfluss soweit brachte, dass 1865 ein neues Irrenhaus nach modernen Grundsätzen erbaut wurde. 1859 wurde er nebenbei zum Prof. der Hygiene und ger. Med. an der Univ. Siena ernannt und befürwortete die Gründung von Seehospizen für skrofulöse und rhachitische Kinder. Ausser Stande, in seiner Anstalt die ihm notwendig erscheinenden Reformen durchzuführen, übernahm er 1874 die Leitung der Irrenanstalt von Reggio d'Emilia nebst der Lehrkanzel für gerichtl. Med. an der Univ. Modena und wusste aus dem alten und armseligen Irrenhause, das er vorfand, eine Musteranstalt mit ihrer grossen Ackerbau-, Garten- und Industrie-Kolonie zu schaffen, ebenso wie eine psychiatr. Klinik und die Gründung von Stellen zur prakt. Ausbildung junger Irrenärzte. Die von ihm ins Leben gerufene »Rivista sperimentale di Freniatria e di Medicina legale« und die »Gazzetta del Frenocomio di Reggio« zeugen von der wissenschaftlichen Thätigkeit, zu welcher jene Anstalt Anregung gab. L. hatte alles erreicht, was er sich wünschen konnte, als er in Livorno, wo er als Gerichtsarzt zu fungieren hatte, an einem Schlagflusse 4. Juni 1877 starb. Ein Verzeichnis seiner zahlreichen Schriften hat Cantani im alt. B. Lex. zusammengestellt. L. übte einen grossen Einfluss auf den Fortschritt der Wissenschaftl. und prakt. Psychiatrie seines Landes aus, glänzte als Lehrer u. bildete ausgezeichnete Schüler; er war ein Mann von hoher allgemeiner Bildung, grosser Thätigkeit und bedeutender Energie, von Charakter und Geist.

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Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1027-1028.
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