Perl, Frau Henriette

[123] *Perl, Frau Henriette, Ps. Henry Perl und Mora, München, Schellingstrasse 96III, geboren zu Lemberg am 24. Dezember 1845, verliess sie schon im zartesten Kindesalter das Land, in dem sie zufällig das Licht der Welt erblickte und kam zu ihren Angehörigen mütterlicher Seite nach Italien, wo sie ihre Kindheit, abwechselnd in Neapel, Palermo, Florenz und Venedig, verlebte. Sie sollte gleich ihrer um sechzehn Jahre älteren Schwester (italienische Opernsängerin) für die Bühne ausgebildet werden. Während eines Aufenthaltes in Wien lernte das damals fünfzehnjährige Mädchen den Sohn eines angesehenen Wiener Fabrikanten kennen und wurde bald darauf dessen Gattin und Mutter mehrerer Kinder. So lebte sie fünfzehn Jahre hindurch in den behaglichsten Verhältnissen, teils in Wien, teils in Prag. Und da ihr lebhafter Geist und ihre Wissbegierde in dieser auf Haus und Gesellschaft beschränkten Lebensweise keine genügende Nahrung fanden, widmete Henriette Perl einen grossen Teil ihrer Zeit dem Studium mehrerer modernen Sprachen und deren litterarischen Schätzen. Ihr Lerneifer, der von Jahr zu Jahr mit den errungenen Kenntnissen und durch Reisen unterstützt, wuchs, wurde der jungen Frau vielfach als Überspanntheit zum Vorwurf gemacht und in ihren Kreisen als etwas gänzlich überflüssiges angesehen. Das Jahr des »Krachs« brachte eine vollständige Umwälzung in das Leben der bis dahin sorglosen und an vielfache Verfeinerungen gewöhnten Frau. Ein finanzieller Zusammenbruch fegte dem Sturmwinde gleich, alle Behaglichkeit aus dieser Existenz. Nahrungssorgen traten an die Stelle des Überflusses und der Kampf ums tägliche Brot begann. Jetzt sollten die allmählich gewonnenen geistigen Errungenschaften, die das Salonmass glücklicherweise um ein Erhebliches überstiegen, zur Waffe im Kampfe ums Dasein werden. Mit Übersetzungsarbeiten jeglicher Art fing die bisher an vielfachen Komfort gewöhnte Frau an, ihr Brot zu verdienen und erwarb sich durch angestrengten Fleiss bald einen ansehnlichen Kundenkreis, das heisst sehr viel Arbeit bei sehr kargem Verdienst. Mittlerweile hatte sich Henriette in »Henry« umgewandelt und begann als solcher selbständige[123] Arbeiten, meist Tagesfeuilletons und kleine Erzählungen (häufig sogar noch Originalarbeiten als Übersetzungen ausgebend) an Tagesblätter und Monatsschriften einzusenden. Diese Versuche glückten und bald wurde Henry Perl ein häufig gelesener Name unter dem Strich in den besten Tagesblättern von Wien und Prag. Eine Reise nach dem Norden Amerikas förderte und erweiterte den Kreis dieser Thätigkeit wesentlich und viele erste deutsche Blätter kamen nun zu den österreichischen hinzu, mit Schilderungen amerikanischen Lebens und sozialer Zustände. Bald darauf erfolgte die Rückkehr nach Italien, das Henry Perl-Mora, als ihre eigentliche Heimat anzusehen sich gewöhnt hatte und im Laufe eines achtzehnjährigen Aufenthaltes daselbst, erschienen Hunderte von Aufsätzen und eine grosse Anzahl Erzählungen, zu welchen das schöne Land Anregung geboten, in deutschen, österreichischen, amerikanischen und italienischen Blättern aus Henry Perls Feder, die zu einem Ganzen vereint, noch der Buch-Ausgabe harren.

Werke s. Henry Perl.

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 2. Berlin, 1898., S. 123-124.
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