Beim Ahnenopfer.

[512] Der Himmel hieß dem schwarzen Vogel:

Fleug nieder und erzeuge Schāng! –1

Das wohnt' im Lande Jīn, da sich's erschwang.2

Denn einst gebot der HErr dem tapfern Thâng:

Bestell' die Gränzen all' das Reich entlang!

Den Landen setzt' er ihre Fürsten.

Bald Herr der neun Gebiet' er war.3

Der erste von den Herrschern Schāng's,

Empfing das Amt er sonder Fahr.

Nun stellt es sich in Wù-tīng's Enkel dar.4

Der Enkel aus Wù-tīng's Geschlecht,

Der tapfre König, ist nicht ausgeschlagen.

Mit Drachenbannern auf zehn Wagen

Sind die da Opferhirsen tragen.5[513]

Hat tausend Feldwegs Krongut dann,

Allwo das Volk verharren kann;

Dann hebt das Gränzland der vier Meere an.6

Von den vier Meeren kommen sie,

Sie kommen haufenweis heran.

Der Hô umfließt des Kìng-Bergs Bug,7

Und Jīn empfing das Amt mit allem Fug,

Das alles Glück ihm übertrug.

1

Der schwarze Vogel ist die Schwalbe. Die Sage, auf welche hier angespielt ist, wird sehr verschieden erzählt. Tschū-hī sagt, Kiàn-tĭ, die Ahnfrau des Hauses, habe bei einem Opfer um Nachkommenschaft gebetet, da habe eine Schwalbe ein Ei verloren, dieses habe Kiàn-tĭ verschluckt und darauf den Siĕ geboren. Dieser wurde dann Fürst von Schāng.

2

Das Haus von Schāng nehmlich wohnte in Jīn und wurde dort groß.

3

Die Abtheilung des Reiches in neun Provinzen rührte schon vom Kaiser Jü (2205-2197 v. Chr.) her. Später worden ihrer achtzehn.

4

Wù-tīng regierte von 1324 bis 1265 v. Chr. Da hier von seinem Enkel die Rede ist, so wird das Lied etwa um die Mitte des 13. Jahrhunderts oder gegen dessen Anfang entstanden sein.

5

Die Wagen bringen Fürsten, welche demnächst beim Opfer assistiren.

6

Die alten Chinesen dachten sich ihre Welt nach allen vier Himmelsgegenden vom Meere umgeben.

7

Man vermuthet, Kìng sei eine Berghöhe gewesen, welche der Hoâng Hô umflossen und auf der die königliche Residenz gelegen habe.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 512-514.
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