6,33-38: Das Opfer und das Prâṇâgnihotram.

[354] Dieser vielfach dunkle und schwierige Abschnitt bildet den Abschluss des sechsten Prapâṭhaka, indem er die Hauptgedanken desselben zusammenfasst und in eigentümlicher Weise miteinander verwebt. Dieser Hauptgedanken waren drei: 1) die Identität von Âditya und Prâṇa als zweier Symbole des Brahman (6,1-8); 2) das Prâṇâgnihotram (6,9 fg).; 3) der Yoga als Aufgebung des individuellen Selbstes im Absolutum. Diese Elemente verschmelzt der Autor unseres Abschnittes, indem er das Opfer (agnicayanam, agnihotram und verschiedene Somaopfer) umdeutet zu einem Opfer an Âditya, von welchem der Opfernde weiter zu Brahman emporgehoben wird. Vermöge der Identität von Âditya und Prâṇa tritt dabei dem rituellen Opfer an Âditya das Opfer an Prâṇa, bestehend in einer sakramentalen Ernährung des eignen Leibes, als parallele Erscheinung zur Seite. Beide Opfer aber sind im tiefsten Sinne eine Hingabe und Auflösung des eignen Selbstes in dem Âtman im Sinne des Yoga. Wir wollen versuchen, diese mitunter etwas wirr durcheinanderlaufenden Gedankenströmungen so weit wie möglich durch spezielle Inhaltsangabe der einzelnen Abschnitte zu sondern.
[354]


33.

Die drei Opferfeuer (Gârhapatya, Dakshiṇa, Âhavanîya) werden von dem, »welcher den Purusha kennt«, angeschaut als die drei Weltgebiete und die in ihnen herrschenden Kräfte: Erde (Jahr), Luftraum (Vâyu, Prâṇa), Himmel (Indra, Âditya). Wer mit dieser Anschauung das Opfer veranstaltet, der wird (ähnlich wie Praçna 5 der, welcher den Laut Om meditiert) empor zu Luftraum, Himmel, Prajâpati und schliesslich zu Brahman geführt.


Dieses [erste] mit fünf Backsteinen geschichtete Feuer ist das Jahr, und seine Backsteine sind diese: der Frühling, der Sommer, die Regenzeit, der Herbst und der Winter; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist diese [Erde] hier, und als die erste Schichtung zu Prajâpati hin hebt sie den Opferherrn mit ihren Händen empor in den Luftraum und bietet ihn dem Winde dar.

Der Wind aber ist der Prâṇa; und dieses [zweite] Feuer ist der Prâṇa, und seine Backsteine sind diese: Prâṇa, Vyâna, Apâna, Samâna und Udâna; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Luftraum hier, und als die zweite Schichtung zu Prajâpati hin hebt er den Opferherrn mit seinen Händen empor in den Himmel und bietet ihn dem Indra dar.

Der Indra aber ist jener Âditya, und er ist dieses [dritte] Feuer, und seine Backsteine sind diese: die Ric's, die Yajus', die Sâman's, die Atharvâ giras', das Itihâsa-Purâṇam [die epischen und mythologischen Gedichte]; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Himmel hier, und als die dritte Schichtung zu Prajâpati hin vollbringt er die Überweisung des Opferherrn an den Âtmanwisser (Prajâpati), und der Âtmanwisser hebt ihn empor und bietet ihn dem Brahman dar; daselbst wird er wonnevoll und freudevoll.


34.

Die als Erde, Luftraum und Himmel aufgefassten drei Opferfeuer sind nur das offenbar gemachte Verdauungsfeuer (in dem das Prâṇâgnihotram[355] dargebracht wird), und dem entsprechend ist Savitar, dem die äussern Opfer gelten, identisch mit dem meditierenden Subjekte in uns, in welchem Manas und alle Organe sich auflösen, wodurch unaussprechliche Seligkeit erlangt wird. Darum ist der äussere Opferkultus beizubehalten.


Der Gârhapatya ist die Erde, der Dakshiṇâgni der Luftraum, der Âhavanîya der Himmel; und darum auch heissen sie10 Pavamâna (läuternd), Pâvaka (Läuterer) und Çuci (rein), weil dadurch [dass man in ihnen opfert] des [Opfernden] Opfer [das er als Prâṇâgnihotram innerlich, in seinem Leibe darbringt, oben 6,9] zur Offenbarung kommt; denn das Verdauungsfeuer [in welchem das Prâṇâgnihotram geopfert wird] ist ein Komplex von Pavamâna, Pâvaka und Çuci.11 – Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu preisen, zu überdenken.12 Der Opferherr ergreift die Opferspeise und sucht [mit folgendem Verse] die Gottheit zu überdenken:


Der Vogel, welcher goldfarbig

Im Herzen, in der Sonne wohnt,

Taucher und Wandrer, glutregnend,

Ihn hier im Feuer ehren wir.


Und in dieser Weise legt er sich auch den Sinn des Spruches [der Sâvitrî, Ṛigv. 3,62,10] aus: »des Savitar liebwerter Glanz« ist zu überdenken, nämlich desjenigen (Savitar), welcher, im[356] Innern des Bewusstseins als der Denkende hier weilend, das Manas in dem zur Stätte der Ruhe eilenden Âtman versenkt. – Darüber sind diese Verse:


Gleichwie das Feuer brennholzlos,

Zur Ruhe kommt an seinem Ort,

So kommt, betätigungslos, auch

Der Geist an seinem Ort zur Ruh,

Sobald an seinem Ort Manas

Zur Ruhe kommt, weil wahr sein Wunsch;

Doch wenn die Dinge es blenden,

Ist unwahr er, werkuntertan.


Gesinnung ist der Samsâra,

Sie soll man reinigen mit Fleiss;

Wie du gesinnt bist, so bist du, –

Ein Rätsel und doch ewig wahr!

Der Gesinnung zur-Ruh-Kommen

Hebt gutes Werk und böses auf,

Wer, ruhig selbst, im Selbst feststeht,

Erlangt Glück, unvergängliches.


Wenn der Geist nur so anhänglich,

Wie er an Sinnendinge ist,

Ebenso wäre an Brahman,

Wer würde nicht von Bindung frei!

Das Manas, sagt man, ist zweifach,

Entweder unrein oder rein,

Wenn wunschbesudelt, ist's unrein,

Rein, wenn es frei von Wünschen ist.


Wer von Zerstreuung, Anhaftung

Sein Manas frei macht, regungslos,

Und so zur Manaslosigkeit

Gelangt, der geht zum Höchsten ein.

So lange hemme dein Manas,

Bis im Herzen es wird zunicht;

Das ist Wissen, ist Erlösung,

Das andre ist gelehrter Kram.13
[357]

Wer, durch Nachsinnen reingewaschnen Geistes, sich

Versenkt im Âtman, was für Seligkeit der fühlt,

Das auszudrücken sind imstande Worte nicht,

Das muss im innern Herzen man erfahren selbst.


Wasser im Wasser, Glut in Glut,

Raum im Raum nicht mehr sichtbar ist;

So auch tritt, mit dem Eingange

Des Manas die Erlösung ein.

Das Manas also ist Ursach

Der Bindung und Erlösung uns:

Der Bindung, am Objekt hängend;

Von ihm Freiheit Erlösung heisst.14


Darum, wer nicht das Agnihotram darbringt, nicht die Feuer schichtet, nicht wissend, nicht meditierend ist, dem ist die Erinnerung an den Äther der Stätte des Brahman verschlossen. – Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu preisen, zu überdenken.


35.

Zunächst werden die Yajamâna-Sprüche aus Taitt. Samh. 7,5,24 an Agni, Vâyu, Âditya auf den neuen Yajamâna, wie er oben (33) geschildert wurde, bezogen und dem entsprechend durch einen vierten Spruch an Brahman vermehrt. Sodann wird weiter, im Anschluss an die etwas modifizierte Stelle Îçâ 15-16 (= Bṛih. 5,15), der Gedanke durchgeführt, dass nicht die Sonne als solche, nicht der in ihr befindliche Sonnennektar, auch nicht der in ihr glühende Opferspruch (vgl. zu diesen Vorstellungen Chând. 3,1 fg). das eigentliche Objekt der Verehrung sei; sie sind »nur ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft« (nabhaso 'ntargatasya tejaso 'ṅçamâtram), während diese selbst als Satyadharma »wahrhafter Satzung« und Vîshṇu »alldurchdringend« gepriesen wird. In dieser Kraft löst sich der Opferbringer, nach einem aus Bṛih. 2,4,12 (vgl. Chând. 6,13) entlehnten Bilde, wie der Salzklumpen im Wasser auf. Die zum Schlusse angehängten Zeilen in rhythmischer Prosa stellen, wie es scheint, den zur Einheit Gelangten und die noch in der Zweiheit Befangenen einander gegenüber.


Verehrung dem Agni, dem Erdbeherrscher, dem Weltgewährer (lokaspṛite mit Vâj. Samh. 7,5,24); verleihe diesem Opferherrn deine Welt![358]

Verehrung dem Vâyu, dem Luftraumbeherrscher, dem Weltgewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt!

Verehrung dem Âditya, dem Himmelsbeherrscher, dem Weltgewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt!

Verehrung dem Brahman, dem Allbeherrscher, dem Allgewährer; verleihe diesem Opferherrn das All!


»Mit einer Schale von Golde

Ist zugedeckt der Wahrheit Mund,

Die öffne, Pûshan, mir, lass mich

Zu Satyadharma, Vishṇu ein.


Ja, der Purusha, der dort in der Sonne weilt, der bin ich!« (Îçâ 15-16 = Bṛih. 5,15). Fürwahr, das ist Satyadharma, was an der Sonne das Sonnesein (das eigentliche Wesen) ist; das ist das Reine, ist das Purushawesen, das geschlechtlose [daher purusham statt purushaḥ].

Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was dort gleichsam mitten in der Sonne und im Auge und im Feuer glüht; sie aber [jene Kraft] ist Brahman, ist das Unsterbliche, ist der Glanz [des Savitar, Ṛigv. 3,62,10], ist Satyadharma.

Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne der Nektar ist [welcher aus den Veden in ihr zusammenfliesst, Chând. 3,1-11]; sie aber [die Kraft], von der auch der Soma und selbst die Lebenshauche blosse Sprösslinge sind, ist Brahman, ist das Unsterbliche, ist der Glanz, ist Satyadharma.

Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne als das Yajus [der höchste Veda, da zu ihm unsere Upanishad sich rechnet] erglänzt; [sie aber, die Kraft, ist] Om! Wasser, Licht, Essenz, Unsterbliches15, Brahman, Bhûr, Bhuvaḥ, Svar, Om!


Achtgegendhaft, Zugvogel, rein,

Dreisträhnig, ewig, unsichtbar,

Nicht gut noch böse, glutflammend, –

Ihn schaut nur, wer das Weltall schaut.16
[359]

Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne emporsteigend zu zwei Strahlen [Subjekt und Objekt, als Prototyp der Zweiheit?] wird; sie aber [jene Kraft] ist Einwissend [savit im Gegensatz zu dvai-tavit], Satyadharma, ist Yajus, ist Tapas, ist Vâyu, ist Prâṇa, ist Wasser, ist Mond, ist das Reine, ist das Unsterbliche, ist der Brahmanbereich, ist der wogende Glanz (Ṛigv. 3,22,2); in ihm zerschmelzen, wie der Salzklumpen (Bṛih. 2,4,12), die Opfernden, er ist die Brahman-Einheit, in ihm sind alle Wünsche beschlossen (Chând. 8,1,5).

Hier zitieren sie den Spruch:


Wie die Dochtträgerin, von sanftem Winde bewegt, nur leise zuckt, so auch er, der einging zu den Göttern;

Wer solches weiss, der ist einwissend und auch zweiheitwissend, der ist gelangt zur einigen Stätte und ihres Wesens.


Sie aber, die, gleichwie Wassertropfen, rastlos sprühen,

Gleichwie im höchsten Raume Blitzes Wolkenflammen,

Auch sie, da sie sich gründen in des Lichtes Herrlichkeit,

Sind an ihm nur was Flämmchenhaarlocken am Lohenden.


36.

Zwei Erscheinungsformen des Brahmanlichtes werden hier unterschieden; die eine ist die vorher geschilderte, »das Weltall durchdringende Kraft«; ihr Träger ist der Raum, sie ist ruhig (çânta) und bedarf der Opfer nicht. Die andre Erscheinungsform, welche in Âditya und Prâṇa hervortritt, ist die gedeihende (samṛiddha), und ihr Träger ist die Nahrung, welche einerseits als Opfer innerhalb der Vedi dem Âditya, anderseits als Opfer im Feuer des Mundes dem Prâṇa gespendet wird. Darum sind, wie durch ein Brâhmaṇazitat erhärtet wird, die Opfer auch weiterhin zu spenden. Auf den innigen Zusammenhang von Âditya und Prâṇa deutet der Schlussvers hin.


Dieses, fürwahr, sind die beiden Erscheinungsformen des Brahmanlichtes: die eine ist beruhigt, die andre gedeihend. Was die beruhigte ist, deren Träger ist der Raum; was aber die gedeihende betrifft, so ist ihr Träger diese Nahrung. Darum soll man [einerseits] mit Sprüchen, Pflanzenstoffen, Schmalz, Fleisch, Opferkuchen, Milchreis usw. auf der Vedi opfern und [anderseits] durch die in den Mund[360] geschobenen Speisen und Getränke, indem man den Mund als Âhavanîya-Feuer betrachtet, zum Gedeihen der Kraft, zur Erwerbung reiner Welten und zur Unsterblichkeit. Hierüber zitieren sie die Stelle: »Das Agnihotram soll opfern, wer nach dem Himmel begehrt; das Reich des Yama erobert man durch den Agnishṭoma, das Reich des Soma durch das Uktham17, das Reich der Sonne durch den Shoḍaçin, die Selbstweltherrschaft durch den Atirâtra, das Reich Prajâpati's durch das bis zu tausend Jahren fortgesetzte Somaopfer.«


Wie durch des Dochts, Gefässes und des Öles Verbindung der Bestand der Lampe ist,

So, durch Verbindung im Weltei, bestehn der Âtman und der Sonnenglanz.


37.

Jene »unendliche Kraft«, welche durch den Laut Om zu verehren ist, legt sich dreifach dar als Agni, Âditya und Prâṇa, zwischen denen steter Wechselverkehr, gleichsam ein Kanal (nâḍî) besteht, auf dem die Nahrung auf und nieder steigt.


Darum soll man durch den Laut Om jene unermessliche Kraft verehren; dieselbe kommt dreifach zum Ausdrucke, im Feuer, in der Sonne und im Prâṇa; da ist nun [zwischen ihnen] jener Kanal, welcher der Nahrung Menge, nämlich das im Feuer Geopferte, zur Sonne führt; und der Saft, der von ihr herabträufelt, der regnet herab [gleichwie] in einem Udgîtha, davon leben diese Prâṇa's, und von den Prâṇa's die Kreaturen. Hierbei zitieren sie die Stelle: »Die Opferspeise, die im Feuer geopfert wird, die führt es hinauf zur Sonne; die regnet die Sonne mit ihren Strahlen herab, daraus entsteht die Nahrung, und aus der Nahrung ist der Ursprung der Wesen.« Denn so heisst es (z.B. bei Manu 3,76):


Der Guss, wenn richtig im Feuer

Gespendet, steigt zur Sonne auf,

Aus der Sonne entsteht Regen,

Aus ihm Nahrung, aus ihr was lebt.


38.

[361] Der Schluss schildert, wie derjenige, welcher in der beschriebenen Weise das Feueropfer darbringt und dazu das gehörige ethische Verhalten übt, zur Vollendung eingeht.


Das Agnihotram opfernd, zerreisst er das Netz der Begierde, durchbricht die Verblendung, und indem er den Zorn nicht mehr billigt und den [wahren] Wunsch überdenkt, sodann weiter die viernetzige [annamaya, prâṇamaya, manomaya, vijñânamaya, Taitt. 2] Brahmanhülle durchdringt, ferner auch den Äther – denn daselbst sind die [vier konzentrischen] Kreise der Sonne, des Mondes, des Feuers und des Sattvam – durchdringt, so gelangt er geläutert zum Schauen der in dem Sattvam befindlichen, unbeweglichen, unsterblichen, unwankenden, festen, Vishṇu benannten, alles unter sich habenden Stätte, welche wahrhaften Wünschens und allwissend, frei und geistig nur auf ihre eigne Grösse sich gründet (Chând. 7,24,1). Hier zitieren sie den Vers:


In der Sonne verweilt der Mond,

In dem Monde das Feuer weilt,

In dem Feuer verweilt Sattvam,

Im Sattvam der Unwankende.


Nachdem er den im Leibe eine Spanne, eines Daumens Breite Grossen, ja noch als das Kleinste Kleineren überdacht hat, so gelangt er sodann zum höchsten Zustande, denn in dem sind die Wünsche beschlossen (Chând. 8,1,5). Hier zitieren sie den Vers:


Was daumengross, was spannegross an Leib nur,

Wie Fackelglanz verdoppelt und verdreifacht,

Dieses, als Brahman gepriesen,

Als grosser Gott ging ein in alle Welten.


Om! Verehrung sei dem Brahman, Verehrung!

Fußnoten

1 Vermutlich die Seihe des Soma, welcher unter den acht Vasu's aufgezählt zu werden pflegt. – Scholiast (vasor, vasu-nâmno devasya, pavitram, pâvayitṛi) erklärt, wie so oft, alles, mit Ausnahme dessen, was für uns und auch für ihn einer Erklärung bedürftig gewesen wäre.


2 Der Sinn ist weder »very doubtfull« noch »unintelligible«, sondern ganz klar. Nur der Purusha ist Subjekt (annâda); alles andre, und also auch der Bhûtâtman, stammt aus der Prakṛiti und gehört somit zum Objektiven (annam).


3 Das Li gam, der feine Leib, der im wesentlichen dasselbe ist, was bisher Bhûtâtman genannt wurde, reicht, genau betrachtet, allerdings nur bis zu den Aviçesha's, den keine Unterschiede in sich enthaltenden, auch Ta mâtra genannten, feinen Elementen (Sâ khya-Kârikâ v. 38-40). Es ist daher vielleicht, mit Tilgung des Anusvâra, mahad-âdi-aviçesha-antam li gam zu lesen.


4 Nur in ihren Umwandlungen wird Prakṛiti zur Nahrung (zum Objekt der Erkenntnis). Solche Umwandlungen derselben sind einerseits Mahad, Aha kâra, Manas usw., anderseits die drei Lebensalter.


5 Dieser Satz, und die ganze folgende Ausführung, nach welcher die Nahrung die Erscheinungsform des ganzen Âtman ist, steht in Einklang mit manchen Stellen der ältern Upanishad's, aber in hartem Widerspruche zu der vorhergehenden Betrachtung, welche in der Weise der Sâ khya's nur die eine, objektive Seite der Natur auf die Nahrung zurückführte und ihr den Purusha als Nahrungesser gegenüberstellte.


6 Wie der Mond in jeder Nacht des Monats in einem andern Nakshatram (Sternbild) steht, so durchläuft, nach der Vorstellung des Verfassers, auch die Sonne im Laufe des Jahres die 27 Nakshatra's; nämlich bei ihrem Krama (Weg nach Süden) von Juni bis Dezember (die Namenformen nach dem Çabdakalpadruma): 10) maghâ, 11) pûrvaphalgunî, 12) uttaraphalgunî, 13) hastâ, 14) citrâ, 15) svâtiḥ, 16) viçâkhâ, 17) anurâdhâ, 18) jyeshṭhâ, 19) mûlâ, 20) pûrvâshâḍhâ, 21) uttarâshâḍhâ, 22) çravaṇâ, 23) halb çravishṭhâḥ (dhanishṭhâ); und bei ihrem Utkrama (Weg nach Norden) von Dezember bis Juni: 23) die andre Hälfte von çravishṭhâḥ, 24) çatabhishâ, 25) pûrvabhâdrapadâ, 26) uttarabhâdrapadâ, 27) revatî, 1) açvinî, 2) bharaṇî, 3) kṛittikâ, 4) rohiṇî, 5) mṛigaçiras, 6) ârdrâ, 7) punarvasuḥ, 8) pushyaḥ, 9) sarpaḥ (açleshâ). Hierbei kommen auf jeden der 12 Monate 27/12 Nakshatra's, d.h. neun [Vier-] teile (navâṅçakam) derselben. (Auf den Tierkreis und die benachbarten Sternbilder verteilen sich, nach Whitney und Weber, obige 27 Nakshatra's wie folgt: 10.-12. Leo; 13. Corvus; 14. Virgo; 15. Bootes; 16. Libra; 17.-19. Scorpio; 20.-21. Sagittarius; 22. Aquila; 23. Delphinus; 24. Aquarius; 25. Pegasus; 26. Pegasus, Andromeda; 27. Pisces; 1.-2. Aries; 3.-4. Taurus; 5.-6. Orion; 7. Gemini; 8. Cancer; 9. Hydra).


7 Das li gam, nirâçrayam ist »der von der Aussenwelt abgewandte psychische Organismus«; diese Erklärung ergibt sich aus Sâ khyakârikâ 41: »wie ein Gemälde nicht ohne Hintergrund, wie ein Schatten nicht ohne Baumstämme oder andre Körper, so besteht auch nicht ohne die feinen Elemente (aviçesha, oder die groben Elemente, viçesha) der des Grundes beraubte feine Leib (nirâçrayam li gam). – Schon öfter begegneten wir, wie hier wieder, wörtlichen Übereinstimmungen mit der Sâ khyakârikâ.


8 Das einheitliche, aber als eine Vielheit von Wesen erscheinende Brahman wird trefflich verglichen mit dem im Kreise geschwungenen Funken (alâtacakram), welcher nur scheinbar eine Vielheit von Teilen nebeneinander besitzt, in Wahrheit aber nur einer bleibt. Weiter ausgeführt findet sich dieses Bild in Grauḍapâda's Mâṇḍûkya-kârikâ 4,47-52:


47. Wie Funkenschwingung den Schein gibt

Grader und krummer Linien,

So den Schein Bewusstseinsschwingung

Von Auffassen und Auffasser.


48. Wie ungeschwungen der Funke

Nicht erscheint, nicht entsteht (als Kreis),

So Bewusstsein, ungeschwungen,

Erscheint nicht und entsteht auch nicht.


49. Schwingt der Funke, so kommt der Schein

Nicht von aussen her irgendwie,

Nicht von anderm als dem Schwingen,

Nicht ist Zuwachs dem Funken er;


50. Auch nicht entflieht er dem Funken,

Weil er nicht hat ein Wirklichsein. –

Ebenso ist's beim Erkennen,

Denn auch dieses ist blosser Schein:


51. Schwingt Erkenntnis, so kommt der Schein

Nicht von aussen her irgendwie,

Nicht von anderm als dem Schwingen,

Nicht ist Bewusstseinszuwachs er.


52. Nicht entflieht er dem Bewusstsein,

Weil er nicht hat ein Wirklichsein;

Weil Verursachtsein unwirklich,

Ist als wirklich undenkbar er.


9 Vgl. das Bekannte: »Nicht gibt es einen andern Weg zum Gehen«, Vâj. Samh. 31,18 und öfter.


10 Die Feuer der Erde, des Luftraums und des Himmels; vgl. Kûrmapurâṇa 12 (im Çabdakalpadruma):


Pavamâna und Pâvaka

Und Çuci sind der Feuer drei:

Pavamâna ist, was man quirlt,

Pâvaka, was dem Blitz entspringt,

Was aber dort strahlt als Sonne,

Das Feuer Çuci wird genannt.


11 Warum? wird nicht gesagt. Vielleicht argumentierte der Autor so: die drei bekanntlich (Ind. Stud. X, 328) dem Agni als pavamâna, pâvaka und çuci im Verfolge des Agnyâdhânam dargebrachten Spenden heissen die drei »Leibspenden« (tanûhavis). Als solche bedeuten sie ursprünglich die im Verdauungsfeuer des eignen Leibes dargebrachten Spenden, und die drei Spenden in den äussern Feuern sind nur das offenbar gemachte (âvishkṛitam) Prâṇâgnihotram.


12 Alles Folgende, bis zur Wiederholung dieser Worte am Schlusse des Abschnittes, ist eine, vielleicht von späterer Hand eingeschobene Episode.


13 Die letzten zwölf Zeilen kehren ähnlich wieder Brahmabindu-Up. Vers 1. 4. 5.


14 Brahmabindu-Up. Vers 2.


15 âpo jyotî raso 'mṛitam, dieser Spruch ist das sogenannte Çiras.


16 Der Vers ist stark verderbt und die Erklärung desselben daher höchst problematisch. Mit bessern Lesarten findet er sich Cûlikâ-Up. 1.


17 Jacob vermutet ukthyam.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 354-362.
Lizenz:

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