29. Heilige in verschiedener Lage

[131] Yü und Dsi12 lebten in geordneten Zeiten. Dreimal kamen sie an ihrer Tür vorbei und traten nicht ein. Meister Kung pries sie darob. Yän Hui lebte in wirren Zeiten. Er wohnte in einer elenden Gasse, eine Holzschüssel zum Essen, eine Kürbisschale zum Trinken; andere konnten seine trostlose Lage nicht mit ansehen. Aber Yän Hui ließ sich seine Fröhlichkeit nicht rauben. Meister Kung pries ihn darob.

Mong Dsï sprach: »Yü und Dsi und Yän Hui stimmten in den Grundsätzen überein. Wenn irgendwo auf Erden Menschen in Wassersnot waren, so war es Yü, als sei er selbst in Wassersnot. Wenn irgendwo auf Erden Menschen in Hungersnot waren, so war es Dsi, als sei er selbst in Hungersnot. Darum waren sie so eifrig. Wenn Yü und Dsi und Yän Hui ihre Stellen vertauscht hätten, hätte jeder ebenso gehandelt.

Es verhält sich im einen Fall, wie wenn im selben Haus mit uns eine Schlägerei ausbricht. Man kommt zu Hilfe. Man braucht sich nicht erst Zeit zu nehmen, Haar und Kopfbedeckung in Ordnung zu bringen, ehe man zu Hilfe kommt. Im andern Fall ist es, wie wenn in der Nachbarschaft irgendwo eine Schlägerei ist. Wollte man da mit aufgelöstem Haar und ungeordneter Kopfbedeckung hingehen, um zu Hilfe zu kommen, man würde nur Argwohn erregen. Eher mag man die Tür vor dem Lärm schließen.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 131.
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