Bildformkunst

[778] Bildformkunst (Plastik), die Kunst, aus irgend einem Stoffe, als: Thon, Gyps, Wachs, Stein, Holz, Metall, Elfenbein, im engern Sinne aber bes. aus den erstern 3 Stoffen, Figuren zu bilden. Um ein Bildwerk von weicher Masse, wie Thon, zu formen, ruht das Material auf der beweglichen Scheibe des Bossirstuhls, die sich nicht nur drehen, sondern auch erhöhen u. erniedrigen läßt. Die Formen werden aus freier Hand mittelst der Bossirhölzer od. des Bossirgrissels gebildet, nachdem die Theile aus dem Groben mit der Hand ausgearbeitet sind. Auch der nasse Schwamm wird angewendet u. die Flächen mit dem nassen Pinsel geebnet. Die fertigen Figuren werden an der Luft getrocknet, od., sollen sie länger halten, nach Art der Töpfer gebrannt. Über das Bildformen in Wachs s. Wachsbildnerei. Auch die Stuccaturarbeit gehört in das Bereich der B.– Die B. scheint schon 2000 Jahre vor Chr. geübt worden zu sein. So erwähnt schon die Bibel, daß dem Chaldäer Laban seine Tochter Rahel Götzenbilder, von getrockneter od. gebrannter Erde, entwendete. Die Griechen leiten die B. von Dibutades, einem Töpfer aus Sikyon, der auch als Erfinder des Pro- u. Ektypon genannt wird, her. Dessen Tochter Kallirrhoe soll das Schattenbild ihres Geliebten an die Wand gezeichnet u. der Vater diese Zeichnung mit Thon ausgesetzt u. das so entstandene erhabene Profil getrocknet u. im Ofen gebrannt haben. Später ward die B. eine Gehülfin der Bildhauerkunst, da in weichen Stoffen ausgeführte Modelle die Idee des Künstlers zuerst ins Leben brachten u. er nach diesen erst die Statuen in härteren Stoffen ausführte. Indessen ward die B. allein auch fortwährend zu wirklichen bleibenden Kunstwerken, zu Götterbildern für Ärmere, zu architektonischen Zierrathen, zu Vasen etc., in neuester Zeit aber zu Abgüssen u. Nachahmungen steinerner u. metallner Kunstwerke angewendet. Ihre Geschichte zeichnet sich indessen nicht aus, da alle geschichtl Bildgießer u. Bildhauer an u. für sich Bildformer sein mußten, u. was unter Bildgießerkunst u. Bildhauerkunst gesagt ist, gilt also auch für B.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 778.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: