Polhöhe

[271] Polhöhe (Elevatio poli), für einen bestimmten Ort auf der Erde der Bogen, um welchen der von diesem Orte aus sichtbare Himmelspol (unter Rectification der Differenz wegen der Strahlenbrechung) über dem Horizont erhaben ist (also die Winkelhöhe des sichtbaren Himmelspols über dem Horizont). Er ist ein Bogen des Meridians. Die P. ist der geographischen Breite gleich, macht daher mit der Äquatorhöhe 90° aus; eine ist also das Complement der andern. Jedem Astronomen kommt es daher vor Allem darauf an, die P. seines Beobachtungsortes genau zu wissen. Methoden hierzu sind folgende: a) Man wählt in langen Winternächten einen Stern, welcher dem Pole nahe steht u. nicht untergeht; ein solcher Stern beschreibt um den Pol einen kleinen Tagekreis u. geht binnen 24 Stunden zwei Mal, einmal über, das andere Mal unter dem Pol, durch den Meridian; man wählt den Stern so, daß beide Durchgänge in Einer Nacht, einer Abends, der andere gegen Morgen, beobachtet u. die Höhe des Sternes über den Horizont beidemal gemessen werden können. Unter Berichtigung der Abweichung wegen der Strahlenbrechung wird zu der kleineren[271] der beiden gemessenen Culminationshöhen die halbe Differenz beider addirt, u. diese Erhöhung über dem Horizont ist die P. b) Man beobachte die Mittagshöhe eines Sternes, dessen senkrechter Abstand vom Äquator (Declination) bereits bekannt ist; diese Declination, von der Mittagshöhe abgezogen, gibt die Äquatorhöhe, u. diese von 90° abgezogen, läßt die P. übrig. Südliche Abweichungen sind, wenn man die Höhe des Nordpols sucht, als negative zu betrachten u. der Mittagshöhe zuzusetzen, um die Äquatorhöhe zu finden. Zu scharfer Bestimmung der P. sind mehre Beobachtungen nöthig, da wegen unvermeidlicher kleiner Fehler in den einzelnen Beobachtungen auch kleine Unterschiede vorkommen; man nimmt dann aus mehren Beobachtungen das Mittel. Von höchster Wichtigkeit ist die Bestimmung der P. für Seefahrer. Man bedient sich dazu des Hadleyschen Spiegeloctanten u. mißt damit den Abstand eines Sternes vom Horizont, wenn er nach der Gegend steht, wo, dem Compasse zu Folge, der Meridian ist. Um diese Gegend ändert ein Stern seine Höhe sehr langsam. Man findet also durch einige bald nach einander gemachte Beobachtungen leicht die größte Höhe, welche er gehabt hat; dieses ist seine Mittagshöhe. Aus den Schiffskalendern, worin sich Fixsternverzeichnisse finden, ersieht man die Abweichung desselben Sterns; diese, von der Höhe abgezogen, läßt die Äquatorhöhe u. diese von 90° abgezogen, die P. übrig. Wird die Sonne zur Beobachtung gewählt, so wird der Abstand ihres oberen u. unteren Randes gemessen u. ihr aus den Ephemeriden bekannter Halbmesser dazu addirt, od. gezogen. Es muß auch die geographische Länge des Schiffs beiläufig bekannt sein, damit man die Zeit wissen u. die Abweichung der Sonne für den Zeitpunkt der Beobachtung finden könne, da diese innerhalb einiger Stunden sich merkbar ändert. Bei trübem Himmel hat der Schiffer auch Methoden, den kleinsten Abstand eines Sterns vom Zenith zu berechnen, wenn er nur drei Abstände kurz vor od. nach der Culmination messen u. die Zwischenzeiten nach einer guten Seeuhr bestimmen kann.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 271-272.
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