Schöngeist

[384] Schöngeist (Bel esprit), heißt nicht sowohl der, welcher eine leicht erregbare Empfänglichkeit für das Schöne u. einen richtig gebildeten Geschmack hat, als vielmehr der, welcher sich, im Gegensatze zu ernster u. schwerer Gelehrsamkeit, vorzugsweise mit der sogenannten Schönen Literatur beschäftigt u. namentlich die leichteren Gattungen derselben productiv cultivirt. Es haftet dem Worte in der Regel der Nebenbegriff des Oberflächlichen u. Ungründlichen an; wenigstens nennt Niemand Shakespeare, Goethe u. Schiller Schöngeister, weil sie große Dichter waren. Der Ausdruck Schöne Seele, zur Bezeichnung einer durch Wohlwollen, Güte, Geduld, milde Religiosität charakterisirten sittlichen Individualität, ist bes. durch Goethe's Bekenntnisse einer schönen Seele in dessen Wilhelm Meister gebräuchlich geworden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 384.
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