Seelenschlaf

[749] Seelenschlaf (gr. Psychopannychie), die Meinung, daß die Seele nach dem Tode des Leibes so lange schlafe als der Leib im Grabe liegt u. verwest, bis sie mit demselben am Jüngsten Tage wieder aufersteht; der griechische Name Psychopannychie (Seelallnacht) soll die continuirliche Nacht[749] bezeichnen, in welcher, ohne Wechsel von Licht u. Tag, die Seele in jenem Zustand verweilt. Diese Meinung, im Orient unter arabischen u. armenischen Secten entstanden u. auch in die Griechische u. Lateinische Kirche hin u. wieder eingedrungen, ist seit dem 13. Jahrh. von den Concilien mehrmals u. zuletzt noch von dem Tridentinum als häretisch verworfen, aber nach der Reformation unter Arminianern u. Socianern, bes. aber von den Wiedertäufern wieder aufgenommen u. ausgebildet worden. Noch einen Schritt weiter gingen die Thnetopsychiten, welche einen Seelentod annahmen, d.h. einen Zustand, wo Seele u. Leib gleich todt bis zur Auferstehung am Jüngsten Tage sein sollten; dieser Meinung war z.B. im 16. Jahrh. Petrus Pomponatius. Zur Grundlage dieser Ansichten dienten Bibelstellen wie Hiob 14, 11, 12, Pf. 6, 6. 115, 17. 18. 88, 11. Thessal. 1, 4, 13–15. 5, 10. Gegen die Anhänger der Lehre vom S. schrieb u.a. Calvin seine Abhandlungen De Psychopannychia, 1534 u. 1545. Vgl. Seelenwanderung.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 749-750.
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