Selbstbewußtsein

[805] Selbstbewußtsein, diejenige Bestimmung des Bewußtseins, vermöge deren jeder in allem seinem Empfinden, Denken, Wollen, überhaupt in der ganzen Reihe seiner inneren Zustände u. Thätigkeiten sich als dasselbe identische Subject findet, welchem als einem u. demselben diese Zustände u. Thätigkeiten als Prädicate beigelegt werden. Der Begriff des S. fällt also zusammen mit dem des Ich od. der Persönlichkeit. Die darin liegende Thatsache ist jedem so geläufig, daß die Psychologie Jahrhunderte lang sie einfach als solche hingenommen hat; gleichwohl liegen in der Frage, wie es möglich sei, daß das wissende Subject zugleich das gewußte Object sei, wie die Einheit des Ich mit der unbestimmbaren Mannigfaltigkeit u. Verschiedenartigkeit seiner Zustände u. Thätigkeiten, der zeitliche Wechsel der letzteren mit der Beharrlichkeit des ersteren vereinbar sei, große Schwierigkeiten, welche wenigstens durch die Unterscheidung des empirischen Ich (d.h. derjenigen Bestimmungen seines S-s, welche jeder erfahrungsmäßig in sich findet) u. eines transscendentalen Ich (d.h. eines der inneren Erfahrung unzugänglichen, welches die Gründe für die Bestimmungen des empirischen enthalten soll) nicht gelöst werden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 805.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: