Spratzen

[595] Spratzen (Spritzen, Spretzen), eine besondere Erscheinung beim Erkalten des reinen Silbers. Das reine Silber absorbirt beim Schmelzen unter Luftzutritt viel Sauerstoff, welcher aber im Erstarrungsmoment entweicht, indem er das S. veranlaßt, d.h. die schon erstarrte Metalldecke durchbricht u. das noch flüssige Metall zu einer schwammigen, blumenkohlartigen Masse unter Umherwerfen von Silberkügelchen u. Staub heraustreibt. Das S. läßt sich verhindern durch Rühren des geschmolzenen Silbers während des Erstarrens, am besten aber durch Aufstreuen von Kohlenpulver vor dem Erstarren. Nur reines Silber zeigt das S.; Silber mit 1–2 Procent Kupfer nicht. Setzt man zu schmelzendem Silber, welches Sauerstoff absorbirt hat, sein gleiches Gewicht Gold, so erfolgt sofort ein sehr heftiges S., indem sich das Volumen der Metalle um das Zwei- bis Dreifache vergrößert. Auch beim Schmelzen mit Salpeter kann das Silber viel Sauerstoff absorbiren; Gay-Lussac erhielt so, indem er solches Silber unter eine mit Wasser gefüllte Glocke brachte, das zwanzig- bis dreißigfache Volumen Sauerstoff beim bald eintretenden S. Das S. zeigt sich auch bei erstarrendem Kupfer u. hat ganz dieselbe Ursache wie das S. des Silbers.[595] Das umhergeworfene Metall heißt Spritzkupfer. Das unter gewöhnlichen Umständen geschmolzene Kupfer ist daher auch stets bläsig u. kann nicht zu Gußwaaren benutzt werden. Das spritzende Kupfer ist ziemlich spröde (in Folge der Bildung von Kupferoxydul durch den aufgenommenen Sauerstoff), wird aber geschmeidig, wenn man es unter einer Kohlendecke schmelzt od. mit Birkenstangen umrührt. Das auf dem Treibherd od. der Kapelle befindliche Werkblei wird zuweilen, wenn nämlich diese nicht gehörig abgeathmet u. abgewärmt sind, durch die sich entwickelnden Wasserdämpfe umhergeworfen, was man auch S. nennt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 595-596.
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