Aborte in Eisenbahnwagen

[28] Aborte in Eisenbahnwagen (water closet installations; cabinets de toilette; disposizione delle latrine) werden in Personen- und Dienstwagen für Fernverkehr angeordnet und meistens mit einer Wascheinrichtung vereinigt; für Einrichtung von Aborten und Waschräumen in Vorort- und Lokalzugwagen ist kein dringendes Bedürfnis vorhanden. Bei längeren Lokalstrecken werden Dienstwagen mit eingebautem Abort eingestellt, der von Reisenden benützt werden kann.

Bei Personenwagen soll der Abortraum von allen Abteilen aus bequem zugänglich sein. Diese Zugänglichkeit bietet gewisse Schwierigkeiten bei der Grundrißeinteilung von Abteilwagen. Es bestehen auch Abteilwagen mit sechs Aborträumen. Am zweckmäßigsten ist die Anordnung der Aborträume bei den Seitengangwagen durchgeführt. Bei diesen Wagen befindet sich an einem oder an beiden Enden des Wagenkastens ein Abortraum, der vom Seitengang zugänglich ist.

Der Abortraum soll möglichst groß sein; die Grundrißfläche soll mindestens 1 m2 betragen.[28] Die Eingangstür wird als Schub- oder Flügeltür ausgeführt; dieselbe ist von außen mit Fallenschloß schließbar und von innen mittels Vorlegarbe oder Schubriegel sperrbar.

Die Umfassungswände und der Fußboden sind gegen das Eindringen von Schmutz und Feuchtigkeit sorgfältig zu schützen. Der Fußboden wird daher aus wasserdichtem Materiale hergestellt. Sehr gut bewährt sich ein Terrazzo aus Zement, ferner Asphalt oder Steinplatten in einer Zinkblechunterlage mit aufgebogenen Rändern. In der Mitte des Fußbodens befindet sich ein Abflußrohr, gegen welches die Fußbodenfläche abfällt. Die Umfassungswände werden mindestens bis zur Fenstersockelhöhe mit emailliertem Zinkblech oder mit emaillierten Eisenplatten, oberhalb des Fenstersockels mit lackiertem Eisenblech oder lackiertem Linoleum verkleidet. Wände ohne Verkleidung müssen einen Lackanstrich erhalten. Die Decke wird ähnlich den Wänden ausgeführt.

Der Abortraum benötigt eine ausreichende Lüftung. Diese wird durch bewegliche Fenster in der Seitenwand oder durch besondere Ventilatoren am Dache besorgt.

Die Beleuchung des Abortes geschieht in ähnlicher Weise wie in den anderen Abteilen des Wagens. Die Aborträume der Dienstwagen, welche im Dienstraume eingebaut werden, erhalten gewöhnlich keine besondere Lampenbeleuchtung, sondern es werden die Abortwände mit Oberlichten aus mattem Glas versehen.

Die Aborteinrichtung selbst besteht aus einem emaillierten Gußeisengehäuse oder, in neuerer Zeit, aus einem Porzellantrichter; letztere werden freistehend (ohne Holzverschalung) angeordnet, mit aufklappbarer Brille und Deckel versehen und fast durchwegs für Wasserspülung eingerichtet. Die Höhe vom Fußboden bis zur oberen Fläche der Brille beträgt in der Regel 45 cm. Die Abortbrille wird, um Verunreinigungen derselben durch Urinieren zu vermeiden, durch Gegengewicht oder Federung für gewöhnlich in lotrechter Lage gehalten. Der Abortdeckel ist häufig durch Lenkstangen mit der Aborttüre derart in Verbindung gebracht, daß beim Schließen derselben der Deckel selbsttätig zuklappt. Zur Abführung der Fäkalien dient ein Abfallrohr aus emailliertem Gußeisen oder aus Zinkblech, das in einer Höhe von ca. 40 cm oberhalb der Schiene entweder frei ausmündet, oder es wird, wie dies zumeist der Fall ist, gegen den Luftzug in das Abfallrohr eine Klappe eingebaut, die durch einen Hebelmechanismus geöffnet[29] werden kann und gleichzeitig die Wasserspülung in Tätigkeit setzt und dem Laufwerk sowie den Bremsteilen ausweicht. Fällt das Abortgehäuse oberhalb des Drehgestelles (wie dies bei vier- und sechsachsigen Seitengangwagen der Fall ist), so empfiehlt es sich, das Abfallrohr am Drehgestelle zu befestigen. Alle metallischen Teile vom Abortmechanismus sind gewöhnlich aus Messing, um das Verrosten derselben zu verhüten.

Häufig finden sich auch besondere Pißschalen (zuweilen in eigenen Räumen) angeordnet vor. Die Personen- und Dienstwagen der österr. Staatsbahnen werden in neuerer Zeit mit freistehenden Aborten nach Abb. 33 versehen.

Die Behälter für das Spülwasser sind mit denen für das Wasser der Wascheinrichtung vereinigt; dieselben werden aus Zinkblech hergestellt, mit Distanzbolzen versteift und in einer entsprechenden Höhe montiert. Das Wasser wird entweder vermittels einer Pumpe gepumpt oder direkt eingegossen, was auch vom Dache aus geschehen kann. Die am Dache montierten Eingüsse sind sorgfältig gegen Staub und Flugasche zu schützen. Je nach der Bauart der Wagen wird der Inhalt der Wasserbehälter auf ca. 3–6 l per Sitzplatz bemessen. Gegen das Einfrieren des Wassers in den Wasserbehältern werden in neuerer Zeit die den Abortraum beheizenden Heizkörper dicht unter den Behältern montiert.

Der Abortraum wird gewöhnlich auch als Waschraum benützt.

Als Waschgelegenheiten werden entweder besondere Waschtische mit Kippbecken oder herausklappbare Waschschüsseln angeordnet.

Im Abortraume sind noch in der Regel Kleiderhaken, Wandspiegel, häufig auch Gelasse für Unterbringung von Wasserkannen, Nachttöpfen, eine Wasserflasche mit Glas, Seifenmühle, Handtücher, Klosettpapierbehälter u.s.w. vorhanden.

Rybak.

Abb. 33.
Abb. 33.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 28-30.
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Faksimiles:
28 | 29 | 30
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