Freikarten

[213] Freikarten, Freifahrtscheine (free tickets; permis de circulation; biglietti di libera circolazione), die zur Inanspruchnahme unentgeltlicher Fahrt auf Eisenbahnen berechtigenden schriftlichen Anweisungen. F. werden entweder nur für eine einzelne Fahrt (Hin- und Rückfahrt) auf einer bestimmten Strecke oder für mehrere bzw. beliebige Fahrten innerhalb bestimmter Strecken und Gültigkeitsdauer ausgestellt.

F. lauten in der Regel auf bestimmte Personen; doch kommen auch F. vor, die nicht für namentlich bezeichnete Personen, sondern für Angehörige einer bestimmten Dienstkategorie lauten. Hierher gehören beispielsweise die F., die von den Eisenbahnverwaltungen, einzelnen Büros oder Dienststellen zur Benutzung seitens der ihnen zugeteilten Beamten zugewiesen werden, ferner die sogenannten Tauschkarten, d. s. temporäre F., die eine Eisenbahnverwaltung einer andern zur Benutzung durch beliebige Beamte der letzteren zur Verfügung stellt.

Die Ausstellung der F. erfolgt durch die Eisenbahnverwaltung oder einzelne Dienststellen derselben. Zuweilen gelten als F. auch anderweitige Legitimationen, die an Zoll-, Steuer-, Polizei- u. dgl. Beamte von ihren vorgesetzten Behörden zu dienstlichen Reisen ausgestellt werden. F. werden gewöhnlich von jeder Verwaltung für ihren eigenen Bahnbereich ausgestellt; für das Gebiet mehrerer Bahnen gelten die von Verbänden ausgestellten F. (Vereinskarten, Verbandkarten).

Die Ausstellung von F. beruht teils auf Verpflichtungen, die durch Gesetze (Konzessionen) der Eisenbahn auferlegt sind (F. für Organe der Zoll-, Polizei-, Steuerverwaltung, für Beamte der Eisenbahnaufsichtsbehörden), teils auf vertragsmäßigen Abmachungen (F. für Beamte der eigenen Verwaltung und für deren Familien, dann für Beamte fremder Verkehrsanstalten), teils auf fallweisem Zugeständnis.

Die Bahnverwaltungen sind in der Regel in der Ausstellung von F. nicht beschränkt, doch kommen auch einschränkende gesetzliche Bestimmungen vor (so dürfen in Österreich nach dem Gesetze vom 15. Juli 1877 auf Eisenbahnen, die die Staatsgarantie genießen, F., die nicht nur für einzelne Fahrten Gültigkeit haben, nur mit Genehmigung des Ministeriums ausgefolgt werden).

Was zunächst die Verband-F. betrifft, deren Zweck darin besteht, die Beratung und Verständigung über Angelegenheiten der dem betreffenden Verbande beigetretenen Verwaltungen durch persönlichen Verkehr der hiezu Berufenen zu erleichtern, so hatten unter diesen den größten Geltungsbereich die sog. Vereinskarten, d.h. die F., die von der geschäftsführenden Direktion des VDEV. ausgestellt wurden und für das ganze Gebiet des letzteren galten.

Jede dem Vereinskartenreglement beigetretene Verwaltung hatte nach Verhältnis der Länge ihres Netzes Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Vereinskarten für ihre Oberbeamten, bzw. für Mitglieder des Vorstandes (Verwaltungsrats) und bei Staatsbahnen für Mitglieder der den Betrieb leitenden Behörde. Die Vereinskarten, die unentgeltlich ausgefolgt wurden und in der Gültigkeitsdauer nicht beschränkt waren, fanden insbesondere aus dem Grunde vielseitige Anfechtung, weil sie auch an Vorstandsmitglieder von Privatbahnen ausgefolgt wurden, die nicht den Eisenbahndienst als Beruf ausübten. Nachdem anderseits die Privatbahnen auch zu einem Verzicht auf die Beteiligung ihrer Vorstandsmitglieder mit Vereinskarten nicht zu bestimmen waren, kam es mit Schluß des Jahres 1886 zur Aufhebung des Vereinskartenreglements und zur Bildung von Fahrkartenverbänden. So gründete der DEVV. den Deutschen Freikartenverband. (Gewährung freier Fahrt auf Grund der deutschen Freikartenordnung.)[213]

Außerdem entstanden der Fahrkartenverband der österreichischen und ungarischen Eisenbahnverwaltungen und der niederländisch-belgisch-luxemburgische Freikartenverband.

Die deutsche Freikartenordnung ist am 1. Januar 1887 in Kraft getreten; nach ihr werden für die Mitglieder und Oberbeamten der an der Freikartenordnung beteiligten deutschen Eisenbahnverwaltungen seitens der jeweiligen geschäftsführenden Direktion des DEVV. F. ausgefertigt und mit den übrigen, dem VDEV. zugehörigen Mitgliedern, sowie mit außerhalb des Vereines stehenden fremdländischen Eisenbahnverwaltungen besondere auf Namen lautende F. ausgetauscht. Bei diesen F. wird an dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit im Gegensatz zu den österreichisch-ungarischen Verbandkarten festgehalten. Die »deutschen Freikarten« berechtigen zur freien Fahrt auf allen Bahnstrecken der betreffenden Verwaltungen in den für die Personenbeförderung bestimmten Zügen in beliebiger Wagenklasse mit Ausnahme der von der Verwaltung nicht in Regie geführten Züge (insbesondere der Orientexpreßzüge). Sie berechtigen ferner zur gebührenfreien Mitnahme von 25 kg Reisegepäck.

Die »deutschen F.« werden auf Grund eines von dem deutschen Freikartenverband mit dem niederländisch-belgisch-luxemburgischen Freikartenverband geschlossenen Kartells auch an Mitglieder und Oberbeamte der letztgenannten Verwaltungen und auf Grund einer Vereinbarung mit dem österreichisch-ungarischen Fahrkartenverband auch an Beamte der dem letzteren angehörenden Bahnen verabfolgt.

Die vom österreichisch-ungarischen Fahrkartenverband (seit Aufhören der früheren »Vereinskarten«) ausgegebenen »Verbandkarten« berechtigen die, auf deren Namen sie ausgestellt sind, zur Fahrt auf allen, dem regelmäßigen Personenverkehre dienenden Bahnstrecken der dem Verbande angehörenden Eisenbahnverwaltungen.

Die Anzahl der jeder Verwaltung gebührenden Verbandkarten wird nach der Länge der von ihr zur Teilnahme an dem Verbande einbezogenen Eisenbahnstrecken mit regelmäßigem Personenverkehre bemessen. Die Verbandkarten dürfen nur ausgefolgt werden:


a) bei den Staatsbahnverwaltungen: An die zur obersten Leitung des Dienstes oder zur obersten Aufsicht berufenen Funktionäre des Eisenbahnministeriums, Finanzministeriums und obersten Rechnungshofes, dann an die zur obersten Leitung berufenen Funktionäre des ung. Handelsministeriums, des ung. Finanzministeriums, des ung. Staatsrechnungshofes, an die Mitglieder des Tarifkomitees des ung. Handelsministeriums, endlich an die obersten Beamten der ung. Generalinspektion für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt und an die Oberbeamten der Staatsbahnverwaltungen selbst;

b) bei den Landesbahnverwaltungen an die zur obersten Aufsicht berufenen Funktionäre des betreffenden Landesausschusses und an die Oberbeamten der Landeseisenbahnverwaltung;

c) bei den Privatbahnverwaltungen an die Mitglieder des nach Maßgabe der Bestimmungen des Handelsgesetzbuches und des Gesellschaftsstatutes zur Geschäftsführung berufenen Vorstandes und an die Oberbeamten dieser Verwaltungen.


Für jede ausgegebene Karte ist ein Betrag von 400 K für jedes Kalenderjahr an die die Geschäfte des Verbandes führende Verwaltung zu erlegen und wird die Gesamteinzahlung am Jahresschluß nach Bestreitung der ärarischen Stempelgebühren und laufenden Auslagen unter sämtliche Verbandverwaltungen im Verhältnis der auf jeder Bahn im vorangegangenen Jahre auf Grund bezahlter Zivilfahrkarten aller Wagenklassen erzielten Roheinnahmen verteilt.

Die österreichisch-ungarischen Verbandkarten gelten zur freien Fahrt in beliebiger Wagenklasse mit für Personenbeförderung bestimmten Zügen auf allen, den Verbandverwaltungen angehörenden Bahnstrecken und zur unentgeltlichen Beförderung des Reisegepäcks bis zum Höchstgewicht von 25 kg.

Mit dem deutschen und niederländischen Fahrkartenverband werden die Verbandkarten für Oberbeamte von Verband zu Verband unentgeltlich ausgetauscht.

Außerdem werden auf Grund besonderer Übereinkommen zwischen den österr. Staatsbahnen und dem Freikartenverband der russischen und dem der skandinavischen Eisenbahnverwaltungen besondere, für sämtliche Linien der vorgenannten Verwaltungen gültige Verbandfreikarten getauscht.

Der Verband schweizerischer Eisenbahnen stellt für das ganze Kalenderjahr und für die von den Verbandverwaltungen betriebenen Linien gültige Verbandsfreikarten für Verwaltungsratsmitglieder und Oberbeamte der Eisenbahn sowie bestimmte staatliche Organe (Mitglieder des Bundesrats, Bundesgerichts, Postbeamte u.s.w.) aus.

Die Anzahl der jeder Verwaltung zukommenden Karten wird nach der Länge der von ihr betriebenen Linien und nach dem Verhältnis der gesamten Transporteinnahmen der einzelnen Verwaltungen bestimmt. Verbandsfreikarten für staatliche Funktionäre fallen bei der Zuteilung der jeder Verwaltung zukommenden Anzahl außer Betracht.

Die Verbandsfreikarten lauten auf eine bestimmte Person, gewähren Freigepäck bis zum Gewichte von 30 kg und berechtigen zum freien Zutritt zu allen Bahnanlagen.[214]

Außerdem hat jede Verbandverwaltung das Recht, ihren Bediensteten und deren nächsten Angehörigen unter gewissen Beschränkungen, sowie den Bediensteten ausländischer Bahnen bei Zusicherung der Gegenseitigkeit Verbandsfreifahrtscheine für einzelne Fahrten auf das Netz der anderen Verbandverwaltungen auszustellen.

Außer den Verbandkarten pflegen F., die für sämtliche Linien mehrerer Bahnverwaltungen gelten, vorübergehend zu gunsten der Teilnehmer an größeren, namentlich internationalen Eisenbahnkonferenzen (internationalen Eisenbahnkongressen, Fahrplankonferenzen u.s.w.) von den Bahnen des Landes, in dem die Konferenz abgehalten wird, ausgegeben zu werden.

Was die F. betrifft, die von den einzelnen Bahnverwaltungen bloß für Linien ihres eigenen Netzes ausgestellt werden, so lassen sich im allgemeinen F., auf Grund deren während ihrer Gültigkeitsdauer eine beliebige Anzahl von Freifahrten innerhalb der betreffenden Strecken unternommen werden kann, und F. für einzelne Fahrten unterscheiden. Ersteren wird vielfach zur Ermöglichung der Feststellung der Identität des Besitzers eine Legitimation oder doch wenigstens die Photographie des letzteren beigegeben. Die F. für Einzelfahrten bestehen meist aus dem Fahrschein und einem gleichlautenden Stamm, der als Beleg bei der Ausgabestelle verbleibt. Fahrschein und Stamm sind mit derselben Nummer versehen. Die F. für einzelne Fahrten lauten immer auf eine bestimmte Person und müssen von letzterer unterfertigt werden. Die Ausstellung der temporären F. ist meist den Zentralstellen vorbehalten. Zur Ausstellung von Freischeinen für einzelne Fahrten sind vielfach auch andere Dienststellen der Bahn unter gewissen Beschränkungen berechtigt.

Die Ausgabe der F. ist bei den einzelnen Verwaltungen durch besondere Vorschriften geregelt, durch die die Arten der F., die Personen, denen F. gebühren oder ausgefolgt werden können, die zur Ausstellung der F. berechtigten Dienststellen und Organe, die Muster der Drucksorten für F., die Bedingungen für ihre Benutzung, die Kontrollmaßregeln u.s.w. festgesetzt sind.

In Deutschland bestehen für die Gewährung von F. bei den einzelnen Eisenbahnverwaltungen verschiedene, doch meist auf denselben Grundsätzen beruhende Vorschriften.

Bei den preußisch-hessischen Staatsbahnen werden F. bewilligt: Den eigenen Bediensteten für Dienstreisen, Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort, Urlaubsfahrten, bei Versetzung im Dienste und für Fahrten zu den Sitzungen des allg. Verbandes der Eisenbahnvereine, den Genannten und deren Familienangehörigen zum Kirchenbesuch, zum Zwecke der Ausbildung, zum Dienstantritt, Lebensmitteleinkauf, bei Erkrankungen und zu Fahrten in Heilanstalten, den Kindern der Bediensteten zum Schulbesuch (mit Ausschluß der Hochschulen), den Frauen der Bediensteten vor der Übersiedlung nach dem neuen Dienstort, den Vertretern der im Interesse der Bediensteten bestehenden Wohlfahrtsanstalten, Schiedsgerichten und Arbeitsausschüssen, dann den Bediensteten des Ruhestandes und ihren Familienangehörigen für die erste Übersiedlung, den Bediensteten fremder Verkehrsanstalten für dienstliche und außerdienstliche Reisen nach Maßgabe der mit fremden Transportunternehmungen abgeschlossenen Übereinkommen auf Grund von temporären F. (Verbandkarten) bzw. von Einzelfreischeinen (Empfehlungsschreiben, deutscher Freischeine), dann den Zoll-, Steuer- und Postbeamten für dienstliche Fahrten, den Mitgliedern des Reichstages, des preußischen Herrenhauses, der Ersten Kammer der Stände des Großherzogtums Hessen, des Ausschusses der Verkehrsinteressenten zu den Beratungen der ständigen Tarifkommissionen, den Sachverständigen, die zu den Beratungen des Landeseisenbahnrates, der Bezirkseisenbahnräte und der ständigen Tarifkommission zugezogen werden, den Mitgliedern der Linienkommandaturen, den Kommissären deutscher Bundesstaaten, Zöglingen der Militärwaisenhäuser und Militärerziehungsanstalten, den im Dienste der freiwilligen Krankenpflege reisenden Personen und Professionisten, die an der Bahn Arbeiten zu verrichten haben.

Die österreichischen Staatsbahnen gewähren freie Fahrt den eigenen Bediensteten für dienstliche Reisen, Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort, Urlaubsfahrten, Heilzwecke in Krankheitsfällen, Kirchenbesuch (in den letzten 2 Fällen auch deren Frauen und Kindern), den Genannten und deren Familienangehörigen zum Diensteintritt, bei Versetzungen und zum Lebensmitteleinkauf (monatlich 2 Fahrten), den Kindern der Bediensteten zum Schulbesuch, den Frauen, Kindern und Dienstboten der Bediensteten (Familienfreifahrt für jährlich höchstens 3 Reisefälle). Ferner genießen die Begünstigung der freien Fahrt die eigenen Bediensteten des Ruhestandes, Witwen und Waisen, u.zw. jährlich 3 (für Witwen 2) Familienfreikarten, dann für die 1. Übersiedlung (auch die Familienangehörigen), außerdem in berücksichtigungswürdigen Fällen, zur Ausbildung für Kinder (Waisen) und zum Lebensmitteleinkauf (monatlich 2 Fahrten), weiters die Bediensteten[215] fremder Verkehrsanstalten auf Grund der bestehenden Übereinkommen und eine Reihe anderer Personen, u.zw. aus öffentlichen Rücksichten (Funktionäre staatlicher Behörden), aus eisenbahndienstlichen Rücksichten, wegen Armut (auch Repatrianten) und für gemeinnützige Zwecke (wissenschaftliche Exkursionen, Erholungsausflüge von Waisenhäusern u.s.w.).

Die ungarischen Staatsbahnen gewähren F. den eigenen Bediensteten für Dienstreisen, Fahrten zwischen Wohn- und Dienstort, Privatreisen, den Bediensteten und deren Familienangehörigen beim Dienstein- und -austritt und bei Versetzungen, den Frauen der Bediensteten bei ärztlicher Behandlung oder Kurgebrauch, den Kindern der Bediensteten zum Schulbesuch, den Familienangehörigen und Dienstboten der Bediensteten zum Einkauf von Lebensmitteln und den Frauen, Kindern und Dienstboten der Bediensteten zu Privatreisen (jährlich 2–3 mal); dann den eigenen Bediensteten des Ruhestandes, deren Frauen und Kindern, den eine Pension genießenden Witwen der Bediensteten und deren Kindern, den Waisen nach Bediensteten (jährlich zweimal); weiters den Bediensteten der Eisenbahnsektion des Handelsministeriums und der Generalinspektion für Eisenbahnen und Schiffahrt, den Bediensteten der an dem »Allgemeinen Fahrbegünstigungs-Übereinkommen« beteiligten Eisenbahn- und Schiffahrtsverwaltungen, den Bediensteten in- und ausländischer Eisenbahn- und Schiffahrtsverwaltungen auf Grund der zugesicherten Gegenseitigkeit und den Kindern von Bediensteten der ungarischen Nachbarbahnen zum Schulbesuch.

Von Personen, die nicht mit dem Eisenbahndienst im Zusammenhange stehen, genießen in der Regel nur Arme (auch Repatrianten) die Begünstigung der freien Fahrt.


Auf den belgischen Staatsbahnen genießen die Begünstigung der freien Fahrt:

Die Mitglieder der Kammern für die Fahrten von ihrem Wohnort zum Sitz des Parlaments;

die Funktionäre und Beamten des Eisenbahnministeriums in Ausübung ihres Dienstes;

Bewerber um eine Anstellung, wenn sie sich zur ärztlichen Untersuchung und zum Dienstantritt begeben;

die gewesenen Funktionäre und Beamten für die Reise nach dem Domizilort;

die Eltern und nächsten Verwandten der im Dienste verunglückten Beamten für die Fahrt zu deren Krankenlager;

Sachwalter und Privatarchitekten, die mit Arbeiten auf Rechnung des Departements betraut sind;

Zollorgane in Ausübung ihres Dienstes;

Beamte der belgischen und fremden Bahnen unter Zusicherung der Gegenseitigkeit;

ambulante Postorgane Deutschlands und der Niederlande auf bestimmten Linien;

Organe der Schlafwagengesellschaft im Dienste;

das Personal der societes des carrières de Quenart et des charbonnages du Nord de Charleroy auf Grund des Übereinkommens mit derselben;

Militär, im Falle seiner Heranziehung bei außerordentlichen Ereignissen.

Auf den dänischen Staatsbahnen steht freie Fahrt mit sämtlichen fahrplanmäßigen Zügen zu: dem König und den Mitgliedern des Königshauses, den Ministern und den Mitgliedern des Reichstages. Außerdem kann den Inhabern von Stellungen im Hofstaate freie Fahrt auf einzelnen Strecken zugestanden werden. Mit anderen in- und ausländischen Beförderungsanstalten sowie mit der Tagespresse bestehen wegen Gewährung freier Fahrt Vereinbarungen. Im übrigen kann der Minister in einzelnen Fällen, wo besondere Verhältnisse dafür sprechen, freie Fahrt bewilligen. Sofern es die Regierung für angebracht hält, zur Förderung humaner, wissenschaftlicher, künstlerischer oder anderer Zwecke Anstalten oder einzelnen Personen dauernde oder regelmäßig wiederkehrende freie Fahrt zu gewähren, so sind die hiefür erforderlichen Mittel durch Finanzgesetz zu bewilligen. Dies gilt auch in Rücksicht auf das zu den Staatsbahnen gehörige Personal.

Auf den Netzen der französischen Hauptbahnen bekommen F. die Beamten (einmal im Jahre), ebenso unter gewissen Voraussetzungen deren Familien sowie die Bediensteten fremder Verkehrsanstalten, ferner die Administrateure der Gesellschaften, die staatlichen Kontrollbeamten, die Präfekten und deren Generalsekretäre bei Dienstreisen innerhalb ihres Bezirks u.s.w.

In Italien können auf den Staatsbahnen nach den allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes vom 7. Juli 1907 Dauerkarten und Fahrtausweise für einzelne Dienstreisen nur an Bedienstete der Staatseisenbahnverwaltung, an die Aufsichtsbeamten der Privateisenbahnen, sowie an Beamte des Staates ausgegeben werden, die zur Regelung der mit den Staatsbahnen in Verbindung stehenden Angelegenheiten Reisen auf diesen unternehmen müssen.

Fahrtausweise für private Reisen können an die Bediensteten der Staatseisenbahnverwaltung, an die Eisenbahnaufsichtsbeamten und deren Familien ausgegeben werden.

Die im Ruhestande befindlichen Beamten der Staatseisenbahnverwaltung, der Privatbahn-Aufsichtsbehörde, sowie der früheren Gesellschaften für den Betrieb der Mittelmeer-, Adriatischen- und Sizilischen Eisenbahnen und des aufgehobenen königlichen Aufsichtsamtes für Eisenbahnen haben für sich und ihre Familie in jedem Jahre Anspruch auf eine F.

Den im Ruhestande befindlichen Beamten höherer Rangklassen der vorher erwähnten Verwaltungen, können allgemeine F. gewährt werden.

Mit anderen Eisenbahnverwaltungen und größeren Schiffahrtsgesellschaften können Freifahrtausweise ausgetauscht werden.

Weiters haben Anspruch auf F. für die Staatsbahnlinien die Mitglieder des allgemeinen Verkehrsbeirates und der Bezirksverkehrsausschüsse, letztere jedoch nur für die in den betreffenden Bezirken gelegenen Linien.

In Ausführung dieser allgemeinen Bestimmungen sind die näheren Vorschriften über die Erteilung der Begünstigungen, Zuständigkeit zur Erteilung, Wagenklasse u.s.w. in dem Reglement, genehmigt durch königl. Verordnung vom 21. Juli 1910, enthalten.

Das Gesetz vom 9. Juli 1908 führt die sonstigen Personen (Mitglieder des Senats und der Abgeordnetenkammer, Staatswürdenträger, Journalisten u.s.w.) an, die für sich und teilweise auch für ihre Familie und ihr Gesinde freie Fahrt erhalten können.[216]

In den Niederlanden genießen bei der Gesellschaft für den Betrieb von Staatsbahnen freie Fahrt:

Die Räte und Kommissäre der Gesellschaft;

das Personal der Gesellschaft bei Dienstreisen, Urlaubsreisen und zur Ableistung der militärischen Dienstpflicht, bei Versetzungen und Reisen zum Zwecke des Dienstein- und -austrittes;

die Hausgenossen der Bediensteten in den letztgenannten 3 Fällen, dann für den Schul-, Kirchen- und Marktbesuch;

die pensionierten Bediensteten, deren Gattinnen, dann nahe Anverwandte des Personals;

ferner diejenigen Personen, die laut Pachtvertrag mit dem Staate Anspruch auf freie Fahrt haben, dann mit besonderer Erlaubnis des Generaldirektors andere Personen und die Direktoren und das übrige Personal von anderen Bahnverwaltungen.

Die schweizerischen Bundesbahnen gewähren freie Fahrt den eigenen Bediensteten für dienstliche Fahrten; Urlaubsfahrten (höchstens 12 F. im Jahr), deren Familienangehörigen für jährlich höchstens zwei Reisefälle, und deren auswärts behufs Erlernung eines Berufes oder zur Ausbildung wohnenden Kindern unter 20 Jahren, dann den Bediensteten fremder Verkehrsanstalten auf Grund von Verbandfreikarten gemäß den Bestimmungen des Freikartenvertrages, lautend auf Namen, für die im Vertrage taxativ aufgezählten Funktionäre, oder Freischeine für einzelne Fahrten (Verbandsfreischeine);

den Oberbeamten des schweizerischen Post- und Eisenbahndepartements und Beamten desselben;

den Mitgliedern der Kantonsregierungen, des Bundesrates, dem Bundeskanzler und dessen Stellvertreter, den diplomatischen Vertretern der Schweiz im Auslande;

mittellosen Schweizern zur Rückkehr in ihre Heimat.

In Rußland genießen die Bediensteten der Bahn und die bei ihr angestellten Regierungsbeamten, sowie deren Familien die Begünstigung der freien Fahrt aus dienstlicher Veranlassung, aus Gründen, die sich aus der amtlichen Stellung des Bediensteten ergeben (Dienstantritt, Versetzung, Umzug wegen Pensionierung, Militärdienstleistung, zur Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, Schulbesuch, zur Ablegung der Prüfungen, Kirchen- und Marktbesuch, für den Vororteverkehr, wenn die Wohnung außerhalb des Dienstortes liegt, u. dgl.) und aus persönlichen Gründen (jährlich einmal, doch nur den Bediensteten selbst). Den eigenen Bediensteten werden die Beamten der Eisenbahngendarmeriepolizei bezüglich F. gleichgehalten. Ferner erhalten F. die Regierungsbeamten, die die Kontrolle und Aufsicht über die Bahnverwaltung oder ihre Leitung auszuüben haben u.s.w.

Eigenartig sind die von russischen Privatbahnen an einzelne Persönlichkeiten in Würdigung besonderer Verdienste mit Genehmigung des Ministeriums für Lebensdauer ausgegebenen, in Metall geprägten Freifahrtjetons.

Die Freifahrtordnung der nordamerikanischen Eisenbahnen vom 1. Januar 1912 unterscheidet 4 Arten von F.:

1. Jahres- oder Zeitkarten für einen geringeren Zeitraum (annual or term passes);

2. Ausweise für Einzelreisen (trip passes);

3. Dauerausweise für regelmäßige Fahrten im Vorortverkehr (suburban passes);

4. Telegraphische Ausweise für eilige Fälle (telegraph passes).

In früherer Zeit wurde mit der Gewährung von Freifahrten arger Mißbrauch getrieben und wurden F. aus Konkurrenzrücksichten, zur Beeinflussung des Durchgangverkehrs und aus anderen Gründen in großem Umfang gewährt. Durch entsprechende Beschränkungen, die einzelne Eisenbahnverbände im gegenseitigen Interesse festsetzten, wurde diesem Vorgang teilweise eine Grenze gesetzt. So hat der Verband der Gesellschaften, die Eisenbahnlinien südlich der Flüsse Ohio und Potomac besitzen und betreiben, die Bestimmung getroffen, daß F. zur Beeinflussung des Verkehrs nicht ausgegeben werden dürfen.

Das Bundesverkehrsgesetz vom 4. Februar 1887 enthält im § 1, Absatz 6 eingehende Vorschriften, welche Personen freie Fahrt auf den dem zwischenstaatlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen erhalten dürfen. Der Kreis dieser Personen ist durch das zitierte Gesetz bedeutend eingeschränkt, aber immer noch wesentlich größer als in Deutschland.

Es bleibt jedoch nach dem Bundesverkehrsgesetz den Eisenbahnen gestattet, ihren eigenen Beamten und Angestellten F. auf ihren Linien zu gewähren und mit anderen Bahnen für die beiderseitigen Beamten und Angestellten F. auszutauschen.

Grünthal.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 213-217.
Lizenz:
Faksimiles:
213 | 214 | 215 | 216 | 217
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Blumen und andere Erzählungen

Blumen und andere Erzählungen

Vier Erzählungen aus den frühen 1890er Jahren. - Blumen - Die kleine Komödie - Komödiantinnen - Der Witwer

60 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon