Schienensägen

[332] Schienensägen (rail-saws, circular saws; scies à rails; sege per rotaie), Vorrichtungen zum Abschneiden von Eisenbahnschienen. Die Notwendigkeit, die Schienen zu kürzen, ergibt sich bei der Schienenerzeugung (s. Art. Oberbau, Bd. VII) und beim Legen oder Auswechseln der Gleise. Im ersten Fall werden die Schienen von den Walzen weg in heißem Zustand, im zweiten Fall in kaltem Zustand gekürzt. Man unterscheidet deshalb zwischen Warm- und Kaltsägen. Hier sollen nur die letzteren näher erörtert werden.

Mit der allgemeinen Anwendung der Stahlschienen ist das Bedürfnis nach Vorrichtungen zum Abschneiden der Schienen in Werkstätten sowie auf der freien Bahnstrecke um so dringender hervorgetreten, als die früheren Arten des Kürzens der Schienen, nämlich das Einhauen mit einem Meißel und Aufwerfen auf eine harte Unterlage, oder das Abhauen mittels Kreuzmeißels bei Stahlschienen nicht mehr statthaft sind, da durch dieses rohe Verfahren die höchst gefährlichen Anbrüche der Schienen veranlaßt wurden.

Als Vorrichtungen zum Abschneiden dienen Kreissägen oder Kreissegmente aus gut gehärtetem Stahl oder auch Schneidestähle, die mittels Handhebel oder Räderübersetzungen bewegt werden. Für S. in Werkstätten sind Vorgelege mit Riemenantrieb notwendig. Die S. wird entweder an der Schiene selbst befestigt oder die Schiene ruht während des Abschneidens auf dem Sägegestell.


Eine der einfachsten für die freie Strecke geeigneten Ausführungen stellt die aus Abb. 204 ersichtliche tragbare S. von Smith dar.

Ihr Träger bildet eine Schraubenzwinge aus Quadrateisen, die mit der Druckschraube des einen und dem unter den Schienenkopf fassenden Backen des andern Bügelendes so am Schienensteg befestigt wird, daß der Bügel lotrecht in die Höhe steht. Zwischen diesen beiden Bügelarmen bewegt sich ein Lagerklotz, der mittels einer Druckschraube (die ihr Gewinde im oberen Bügelschluß hat) niedergedrückt werden kann. In dem Klotz befindet sich das Lager eines 3armigen Hebels; 2 seiner Arme gehen nach aufwärts und bilden zu beiden Seiten die Druckhebel für die Arbeiter, während der dritte, senkrechte, unten geteilte ein segmentförmiges Sägeblatt eingespannt enthält. Drückt man die beiden Hebel wechselweise nieder und zieht zugleich die Stellschraube des Lagerklotzes an, so tritt die Säge in Tätigkeit. Die Höhe der ganzen Vorrichtung beträgt 90 cm, ihr Gewicht rd. 80 kg.

Mit dieser Säge kann eine 35 kg schwere Schiene in 15 Minuten durchschnitten werden. Bei neueren Ausführungen solcher Pendelsägen ist der auf der Schiene aufgeklemmte Träger zur besseren Führung des Sägebogens und Erzielung eines geraden lotrechten Schnittes durch seitliche Füße nach beiden Seiten gegen den Boden abgestützt und an Stelle des 3armigen Hebels seitlich ein lotrechter Hebel angeordnet, der an seinem oberen Ende durch einfaches Hin- und Herbewegen leicht betätigt werden kann. Der Vorschub des Sägebogens erfolgt selbsttätig[332] durch eine regulierbare Federvorrichtung. Durch ein Tropfgefäß für Seifenwasser ist für gleichzeitige Schmierung der Schnittfläche vorgesorgt. Derartige Sägen werden vielfach mit Erfolg verwendet.

Gleichen Zwecken wie die S. dient der Schienenabschneider von Ehrhardt; bei diesem wird die umgelegte Schiene in den Apparat hineingeschoben und befestigt und nun werden 2 Handhebel auf- und niederbewegt. Dadurch werden 2 Schneidstähle in senkrechter Richtung gehoben und gesenkt, die am Schienenkopf und Fuß gleichzeitig zu schneiden beginnen und sich durch selbsttätige Schaltzeuge gegen die Mitte des Schienenquerschnitts zu bewegen.

Auch solche tragbare Sägen mit geraden Schneidstählen in lotrechter oder wagrechter Führung stehen in verschiedenen Ausbildungen in Gebrauch.

Die handlichste Form solcher Schienenkaltsägen zeigt die Abb. 205, die eine S. mit wagrechtem Schneideblatt darstellt. Das gerade Sägeblatt ist in einen Bügel eingespannt, der durch ein abnehmbares Gewicht beschwert ist, um eine selbsttätige Nachstellung zu bewirken; gleichzeitig drückt es das Sägeblatt an die zu schneidende Schiene an. Mittels der in der Abb. 205 ersichtlichen Stange wird die Säge betätigt; die Übertragung der Bewegung auf den Schneidbügel wird durch Gelenke ermöglicht.

Bei ähnlichen Bauarten erfolgt die Nachstellung mit Zahnrad und Schraube.

Größere, für den Streckendienst bestimmte, meist als Kreissägen für Handbetrieb ausgebildetes, werden in der Regel in Verbindung mit anderen Vorrichtungen (etwa einer Schienenbohr- und einer Schienenbiegemaschine) auf Rollwagen angebracht, können aber auch ohne Wagen für Werkstätten mit maschinellem Betrieb eingerichtet werden.

Die Kreissäge wird mittels eines Kurbelrades und doppelter Räderübersetzung in rasche Umdrehung versetzt und durch einen eisernen Hebel an die auf dem Untergestell liegende Schiene niedergedrückt; über der Säge ist der Wasserbehälter angebracht. Das Kurbelrad wird mittels eines Riemens auch als Antrieb für den am Wagen montierten Schienenbohrer verwendet. Das Vorschieben des letzteren wird durch ein Handrad bewirkt. An der vorderen Stirnseite befindet sich eine Schraubenpresse zum Biegen der Schienen, in der zur Erleichterung des Biegens ein Rädervorgelege eingeschaltet ist. Rückwärts ist eine Schleifmaschine angeordnet, um an Ort und Stelle die Zähne der Säge nachschleifen zu können.

Hiller.

Abb. 204.
Abb. 204.
Abb. 205.
Abb. 205.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 332-333.
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