Diederichs, Eugen

[1069] Diederichs, E. Der heute weit und breit bekannte und rühmlichst genannte Verlag von Eugen Diederichs in Jena entstand 1896 in Florenz und führt daher den Marzocco des Donatello im Wappen, der freilich nicht nur eine rein äußerliche Anknüpfung sein soll. Der eigentliche Geburtsort des Verlages ist der Malatesta-Tempel in Rimini, wo die humanistische Lebensauffassung in der Kunstsprache des Innenraums wohl am eindringlichsten die christliche Lehre zu einem Kultus des Schönen und der Liebe umgewandelt hat. Von Florenz siedelte der Verlag nach Leipzig über, befindet sich aber seit 1906 in Jena, der Stadt, wo der Schillersche Geist und die Romantik blühten, wo vor hundert Jahren der geistige Mittelpunkt Deutschlands war.

Die Ziele seines Verlages legt Diederichs in seinem großen, beinahe 100 Großoktavseiten umfassenden Verlagskatalog wie folgt dar: »So manche Bücher dieses Kataloges suchen bewußt den Weg zu einer neuen deutschen Kultur, andere verbreiten sauerteigartig neue Ideen, aber wenn sie auch meist in die Zukunft weisen, wollen sie doch dem gegenwärtigen Leben dienen. Unsere moderne Kunstentwicklung besinnt sich jetzt darauf, daß sie nichts absolut Neues schaffen kann, und sucht Anknüpfung an die Tradition. Auch unsere[1069] geistige Entwicklung sucht diese Anknüpfung und will sich nicht mehr begnügen, die ewigen Menschheitsprobleme in zufällig subjektiver Stimmung zu sehen und nur über vergangene Denker etwas zu hören, sondern sie will an den Quellen der Vergangenheit selbst trinken. Darum gehe ich in einer Reihe Neuausgaben alter Denker, die völlig frei von philologischen Zutaten sind, bis auf die griechische Kultur zurück.« Demgemäß hat Diederichs seinen Verlag auch in entsprechende Gruppen gegliedert, nämlich in Griechische, Romanische, Religiöse und künstlerische Kultur, in Deutsche Mystik, Humanismus, Geschichte und Kultur, Romantik und ältere sowie schöne Literatur; diesen folgt die Philosophische Neukultur, der Friedrichshagener Kreis sowie Soziales Leben.

Aus dem so reichhaltigen Verlage seien besonders hervorgehoben die Werke von F. Avenarius, Adolf Bartels, Wilhelm Bölsche, A. Bonus, H. und J. Hart, W. Holzamer, R. Huch, A. Kalthoff, L. v. Kunowski, H. Salus, P. Schultze-Naumburg, Helene Voigt-Diederichs und L. Ziegler; außerdem die gesammelten Werke von Giordano Bruno, Hölderlin, Emerson, Gorjki, Tolstoi, Ruskin, Stendhal, Tschechoff u.a., endlich die Sammelunternehmen: Monographien zur deutschen Kulturgeschichte, Erzieher zu deutscher Bildung, Leben und Wissen usw.

Quellen: Verlagskataloge 1906.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 6. Berlin/Eberswalde 1908, S. 1069-1070.
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